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Querfront

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Hauptseite » Politik » Querfront

Der Begriff Querfront wurde in den politisch-ideologischen Diskursen der Weimarer Republik[wp] erstmals zu Beginn der 1930er Jahre als Bezeichnung für politische Bündnisse auf Grundlage eines gemeinsamen Haupt­interesses zwischen ideologisch entgegen­gesetzt ausgerichteten Parteien, Organisationen und Bewegungen benutzt. Heute wird der Begriff in der politischen Diskussion verwendet, um personelle, organisatorische und ideologische Überschneidungen von rechts- und links­radikalen Gruppierungen zu beschreiben.

Zitat: «Der Begriff Querfront bezeichnet Versuche nationaler und sozialistischer/kommunistischer Gruppierungen, einen gemeinsamen Nenner zur Bekämpfung des Kapitalismus zu finden und diesen gegen ein aus ihrer Sicht besseres Wirtschafts­system aus­zu­tauschen, das den Interessen des Volkes eher entspricht. Erste Ansatz­punkte dieser Strategie gab es bereits zu Zeiten der Weimarer Republik.» - Metapedia[1]

Der historische Begriff

Der Begriff Querfront beziehungsweise "Querfront­strategie" tauchte in den politisch-ideologischen Diskursen der Weimarer Republik erstmals am Beginn der dreißiger Jahre vor dem Hintergrund des weitgehend autoritär regierenden Präsidial­regimes auf. Keiner der zwischen März 1930 und Januar 1933 amtierenden Reichs­kanzler Brüning[wp], Papen[wp] und Schleicher[wp] konnte sich auf parlamentarische Mehrheiten oder breiten gesellschaftlichen Rückhalt stützen. Zwar begrüßten die unterschiedlichen Fraktionen der politischen Rechten bis weit ins bürgerliche Lager die unübersehbare Aushöhlung der demokratischen Institutionen, über einheitliche politische Konzepte oder Strategien verfügten diese Gruppierungen jedoch nicht. Insbesondere der von Papen verfolgte neo­aristokratische, bedingungslos unternehmer­freundliche Kurs hatte das rechte Spektrum nicht einen können. Das Kabinett Papens scheiterte nach nur fünf Monaten im November 1932.

Kabinett Schleicher

Sein Nachfolger, der Reichswehrgeneral Kurt von Schleicher[wp], war daher bemüht, eine breitere gesellschaftliche und politische Verankerung seines Präsidial­regimes zu erreichen. In dieser Situation avancierte die Idee eines "quer" zu den ideologischen Trennungs­linien der Parteien liegenden Bündnisses, bestehend aus Reichswehr[wp], Gewerkschaften[wp] und dem "linken" Flügel der NSDAP[wp], für einen kurzen Zeitraum zu einer ernsthaften politischen Option.

Die jeweiligen Vorstellungen und Erwartungen, die die unterschiedlichen Propagandisten der "Querfront" mit dem Konzept verbanden, lagen allerdings zum Teil erheblich auseinander. Auf einer theoretisch-ideologischen Ebene war die "Querfront" maßgeblich von Vertretern des neo­nationalistischen TAT-Kreises[wp] entwickelt und in zahlreichen Publikationen, wie etwa der "TAT" oder der "Täglichen Rundschau" formuliert worden. Durch die Herrschaft Schleichers erhofften sich die Autoren die endgültige Beseitigung der Weimarer Demokratie[wp] sowie entscheidende Schritte hin zu einem "auf den Volkswillen" gestützten autoritären Staat. Schleichers politische Positionen wiederum schienen in zahlreichen Punkten denen des TAT-Kreises zu entsprechen. Bereits während des Ersten Weltkrieges war der General dafür eingetreten, Schlüssel­industrien einer strikteren staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, Kriegsgewinne zu besteuern und Preisbegrenzungen notfalls mit Hilfe bestimmter Formen von Zwangsverwaltung durchzusetzen. Auch als Reichskanzler postulierte er eine nachhaltigere Interessen­wahrung des Staates gegenüber der Industrie und erwog zudem, Teilverstaatlichungen durchzuführen.

Die Vorstellungen Schleichers verfolgten jedoch im Gegensatz zu denen des TAT-Kreis nicht das Ziel, eine neue Staatsform zu schaffen und einem "nationalen Sozialismus" zum Durchbruch zu verhelfen. Vielmehr war das Denken und Handeln des Reichskanzlers von pragmatischen militärischen Kategorien geprägt. Schleicher ging es vor allem darum, für sein Präsidialregime, das langfristig zumindest partiell Züge einer Militärdiktatur getragen hätte, eine Massenbasis zu schaffen. Tatsächlich wurden im Herbst 1932 sowohl innerhalb des ADGB[wp] als auch im "linken" Flügel der NSDAP Stimmen laut, die die Beteiligung an einer "Querfront" nicht ausschlossen. So konnten seit dem Beginn der 30er Jahre nationalistische Strömungen im ADGB Fuß fassen, während gleichzeitig inner­gewerkschaftliche Debatten über die rasant wachsende national­sozialistische Bewegung weitgehend ausblieben. Zudem wurde im ADGB sowie in den Einzel­gewerkschaften angesichts dramatisch steigender Arbeits­losen­zahlen verstärkt Forderungen nach staatlichen Arbeits­beschaffungs­maßnahmen erhoben, was erhebliche Konflikte mit der SPD-Führung hervorrief. Die traditionell enge Bindung zwischen den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie schien sich somit zu lockern. Auf der anderen Seite hatte Gregor Strasser, der Fraktions­vorsitzende der NSDAP und Exponent eines "antikapitalistischen" Flügels der Partei, im Mai 1932 in einer Reichstagsrede ein wirtschaftliches Sofort­programm vorgestellt, das in zahlreichen Punkten Ähnlichkeiten mit den gewerkschaftlichen Arbeits­beschaffungs­programmen aufwies. Im Sommer und Herbst 1932 kam es zu einer Reihe von Sondierungs­gesprächen zwischen der Führung des ADGB und Reichsregierung, um die Optionen einer "Regierung aller Volkskreise", unter Einschluss der NSDAP, auszuloten. Gregor Strasser wiederum traf sich sowohl mit Schleicher, als auch mit dem Führer des (sozial­demokratischen) Reichsbanners. Zum ADGB hielt er über Mittelsmänner Kontakt. Ob darüber hinaus direkte Verhandlungen hinsichtlich einer möglichen "Querfront" zwischen Schleicher, Gewerkschafts­funktionären und national­sozialistischen Wirtschafts­theoretikern stattfanden, ist bis heute umstritten.

Ab Ende August 1932 erschien zeitgenössischen Beobachtern die Bildung eines Kabinetts Schleicher-Strasser-Leipart (der Vorsitzende des ADGB) jedoch durchaus als ein ernsthaftes real­politisches Szenario. Dabei blieb es dann aber auch. Als Schleicher Anfang Dezember 1932 zum Reichskanzler ernannt wurde, war das Quer­front­konzept bereits Makulatur. Innerhalb der NSDAP hatte sich Strasser mit seinen Positionen nicht durch­setzen können. Am 8. Dezember trat er von seinem Parteiamt zurück. Die Gewerkschaften schreckten letztendlich vor einer eindeutigen Positionierung zugunsten des Präsidial­regimes zurück, zumal die SPD massiven Druck auf die Führung des ADGB ausübte. Das Kabinett Schleicher bestand nicht einmal zwei Monate.[2]

Aktuelle Verwendung

Linke und Antifa

Der Begriff Querfront hat vor allem in antifaschistischen Diskussionen neue Verwendung gefunden. Spätestens seit Anhänger der so genannten Freien Kameradschaften[wp] bei ihren Aufmärschen verstärkt mit Palästinenser­tüchern[wp], Schildern mit anti­kapitalistischen Slogans und Che Guevara-T-Shirts in Erscheinung traten, findet es als Schlagwort der Linken verstärkte Verwendung. Die Versuche von Rechts­extremisten unterschiedlicher Couleur, linke Symboliken, Stile, Dress- und Sprach­kodes zu adaptieren, führen unter Antifaschisten nicht selten zu Verunsicherungen und der Frage, wie die neuen Formen rechts­extremer Inszenierungen theoretisch und terminologisch gefasst werden können. Oftmals erfolgt in diesem Zusammenhang dann der pauschale Hinweis auf die angeblichen Querfront­strategien militanter Neonazis oder neurechter Vordenker.

Zitat: «Mit der Querfront-Strategie wollen Neonazis vor allem Linke verwirren.»[3]

Die Begrifflichkeit Querfront wird gerne von Gruppierungen in den Diskurs gebracht, die vorgeben, sich dem "Kampf gegen Rechts­extremismus und Antisemitismus" verschrieben zu haben, um sie nicht zuletzt als Instrument für allfällige Diskreditierung zu verwenden. Der Gebrauch des Begriffs Querfront erfolgt oftmals in Kombination mit rhetorischen Kampfmitteln wie der Nazikeule und dem Antisemitismusvorwurf.

Verfassungsschutz

Auch beim Verfassungsschutz findet der Begriff Querfront Verwendung:

Zitat: «Rechtsextremistische Querfront­überlegungen wurzeln in einer politischen Sicht, nach der die Globalisierung, der "Völker zersetzende Kapitalismus" und der weltweit ausgreifende kulturelle Hegemonial­anspruch des Westens Ausdruck eines von der "US-Ostküste" ausgehenden Imperialismus ist. Querfront­strategen im Rechtsextremismus sehen hier den entscheidenden Bezugs­rahmen für eine Kooperation mit Linksextremisten: die kompromisslose Gegnerschaft gegenüber dem liberalen modernen Verfassungsstaat und einer pluralistischen Gesellschaft, die das Ergebnis einer Zersetzungs­strategie sei.» - Verfassungsschutz Sachsen[4]

Weibliche Querfront

Zitat: «Das ist eine weibliche Querfront durch alle Parteien. Denen ist Frauenpolitik wichtiger als die jeweilige Parteipolitik. Siehe auch die "Überparteiliche Fraueninitiative" in Berlin.»[5]
Kommentar dazu: «Was meint ihr, was da los wäre, wenn jemand solche "Männerbünde" gründen würde.»[6]

Otto Brenner Stiftung

Zitat: «Wer die offizielle Version der Anschläge bezweifelt, glaubt eben auch an den lebenden Elvis, die reptiloide Alien­regierung[ew] resp. jüdische Weltverschwörung und geht nur mit Aluhut[ew] außer Haus. Und zur neuen "Querfront" gehört er oder sie, wenn er oder sie mit jemanden aus diesem "Netzwerk" einmal gesprochen hat, oder verlinkt wurde. Dass es sich bei der von ihnen behaupteten Front um ein Konstrukt handelt, merken die Autoren dann auf S. 27 zwar selbst - "Ein gemeinsames operatives Ziel des hier untersuchten Netzwerks ist nicht zu erkennen,weder ein publizistisches noch ein ökonomisches oder politisches. Es ist auch keine Strategie zu erkennen, wie das Netzwerk oder einzelne seiner Akteure systematisch mehr Einfluss gewinnen wollen..." - sehen darin aber keinen Grund, den selbst gebastelten Popanz in die Tonne zu treten.»[7]

Mischszene

Es sieht so aus, als wenn der Begriff Querfront vom Begriff "Mischszene" abgelöst würde.

Kritik

Am Begriff wird kritisiert, dass bei Übertragungen auf die heutige Zeit der konkrete geschichtliche Kontext, aus dem der Begriff stammt, nicht mit heutigen Verhältnissen vergleichbar sei. Ebenfalls kritisiert wird, dass der Begriff auf eine Reihe unterschiedlicher, zum Teil schwer vergleichbare Phänomene verweise.

Einzelnachweise

  1. MetapediaQuerfront (Stand: 29. Juni 2012)
  2. Querfront - Eine historische Betrachtung, Nadir 2/2004 (Antifaschistisches Infoblatt)
  3. Netz gegen Nazis: Lexikon: Querfront
  4. Verfassungsschutz Sachsen: Querfront - was ist das?, 16. Mai 2006
  5. Ansichten eines Informatikers: Emil am 22. August 2015 um 11:20 Uhr
  6. Ansichten eines Informatikers: Hadmut am 22. August 2015 um 11:24 Uhr
  7. Der Journalismus produziert seine Kritiker und Gegner selbst, Mathias Broeckers am 26. August 2015

Querverweise

Netzverweise

  • Wikipedia führt einen Artikel über Querfront
  • Anarchopedia führt einen Artikel über Querfront
  • Metapedia führt einen Artikel über Querfront
  • Alexander Wallasch: Öffentlich-rechtliche Querfront von Georg Restle bei Monitor, Tichys Einblick am 25. Mai 2020
    Schauen wir zu Georg Restle[wp] und zu einer von ihm moderierten Monitor-Sendung vom 2. April 2020 - und auf den Tenor der Sendung: "Es scheint, als wenn im Krieg gegen das Virus die Gesetze schwiegen."
  • Das Querfrontnetzwerk um die Nachdenkseiten, Erinnerung! - Gegen politische Verwahrlosung am 24. Juli 2016
    Es existiert ein Querfront­netzwerk, bestehend aus mehr oder weniger losen und verbandelten medialen Knoten­punkten. Alternative Medien, die sich unabhängig nennen, aber nicht nur inhaltliche, sondern auch personelle Über­schneidungen aufweisen, und weit weniger unabhängig agieren, als sie den Eindruck machen. Und wenn man nicht verbandelt ist - so wird zusammen aufgetreten, oder auch nacheinander, in Kampagnen wie Stopp Ramstein zusammen­gearbeitet, und so Desinformation betrieben und agitiert. Die Verbindungen zwischen alternativen Querfront­medien, Medien mit starkem ideologischen und inhaltlichen Überschneidungen zwischen als links verstandenen Themen mit solchen vom rechtsextremen Rand, reichen von Personen wie Oskar Lafontaine[wp], Willy Wimmer, Diether Dehm, Daniele Ganser, Reiner Braun, über KenFM und RT Deutsch, bis zu dem rechtsextremen Kopp-Verlag und Jürgen Elsässers Compact, Quer-Denken.TV von Michael Vogt, NuoViso.TV, Wissensmanufaktur und der Propagandaschau. Die Nachdenkseiten, deren Macher sich in diesem eher braunem als rotem Sumpf offenbar wohlfühlen, und deren Ziel die politische Verrohung der Leserschaft sein muss, wähnte man vor Jahren schon immer wieder als ganz unten angekommen.
  • Die Querfront-Kampagne gegen die Friedensbewegung, NachDenkSeiten am 12. November 2015
    Haben Sie es auch schon gelesen: Auf Friedens­demonstrationen trifft man heutzutage angeblich viele Rechte an. Die meisten, die das Völkerrecht verteidigen oder die Auswüchse des Casino-Kapitalismus kritisieren, sind latente Antisemiten. Wer gegen TTIP ist, verbirgt hinter linker Attitüde vielleicht nur dumpfen Nationalismus und Querfront-Sympathie. Und diejenigen, die nicht gleich alles glauben, sondern auf Ungereimtheiten auch hinweisen und sich der Mehrheits­meinung nicht per se beugen: das sollen alles Spinner sein, weil sie an "Verschwörungstheorien" glauben. Wie schwer es bei all den aktuell gängigen Verleumdungen, Verkürzungen und Verdrehungen heutzutage mitunter sein kann, für Frieden aktiv zu sein - darüber sprach Jens Wernicke mit der Autorin Katrin McClean[wp], die beim "Friedens­winter" aktiv war.) (Ein langjähriger Aktivist aus der bundes­deutschen Friedensbewegung sagte mal zu mir: Seit dem Jugoslawien­krieg 1999[wp] sei die deutsche Friedens­bewegung praktisch ausgeschaltet. Ein letztes Aufbäumen in Form von großen Demonstrationen gab es noch einmal gegen die Invasion der USA im Irak 2003. Bis 2014 ist dann aber nicht mehr viel passiert. Und das, obwohl es in den letzten Jahren immer mehr Kriege auf dieser Erde gibt, die fast alle unter Beteiligung der NATO-Länder, insbesondere der USA stattfinden.
  • U. Gellermann: Querfront verstorben: Otto-Brenner-Stiftung spendiert Beerdigung, RationalGalerie am 10. September 2015 (Otto-Brenner-Stiftung[wp] der IG Metall[wp])