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Kapitalismus

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"Es gibt keinen gerechten Kapitalismus!" -
Stimmt, es gibt nur "gerechte" Armut und korrupte Genossen! Das hat jede Form von Sozialismus bewiesen.

Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts-[wp] und Gesellschaftsordnung[wp], zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte[wp]. Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismus­definitionen sowie welt­anschaulicher Unterschiede umstritten. Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschafts­ordnung verstanden, die auf Privateigentum[wp] an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt[wp] beruht.[1] Als weitere konstitutive Merkmale werden genannt: die Akkumulation[wp], für Marx[wp] und andere das "Herzstück" und Hauptmerkmal des Kapitalismus[2], und das "Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb".[3]

Als Epoche der Wirtschafts­geschichte versteht man unter Kapitalismus eine wirtschafts­geschichtliche Periode, die auf die Epochen des Feudalismus[wp] bzw. des Merkantilismus[wp] folgte und heute noch andauert.[4]

Zitat: «Der Kapitalismus basiert auf der seltsamen Überzeugung, dass widerwärtige Menschen mit widerwärtigen Motiven irgendwie für das Gemeinwohl sorgen werden.» - John Maynard Keynes[wp]
Zitat: «Mit 40 DM pro Kopf begann die Marktwirtschaft, mit 400.000 Euro Schulden pro Kopf wird sie enden.»

Etymologie

Etymologisch leitet sich das Wort Kapital von lateinisch capitalis ("den Kopf" oder "das Leben betreffend") ab, dieses selbst geht auf caput - "Kopf" zurück. Ab dem 16. Jahrhundert findet sich das italienische Lehnwort capitale - "Vermögen" im Sinne der Kopfzahl eines Viehbestandes, als Gegensatz zu den frisch geworfenen Tieren als "Zinsen". Nach anderen Quellen machte schon im Lateinischen caput und capitalis einen Bedeutungs­wandel durch, der im deutschen durch "Haupt-" nachvollzogen wird. Summa capitalis war die Hauptsumme in Wirtschafts­rechnungen, woraus "Kapital" entstanden sei.[5]

Verbreitung

Ausgehend von diesem Wortstock werden Worte wie "Kapital" und "kapitalistisch" bereits im 18. und 19. Jahrhundert gebraucht, jedoch mit vagem und unspezifischem Sinn. Das Wort capitaliste ist erstmals 1753 in Frankreich belegt und meint hier Person, die Güter besitzt. Julius von Soden[wp] verwendet in National-Oekonomie (1805) "kapitalistisch", um einen "Überschuss an Genußstoff, ein[en] Vorrat" zu bezeichnen. Theodor Mommsen[wp] verwendet "Kapital" in seiner Römischen Geschichte (1854–1856).

In seinem heutigen Sinn wird es erstmals von Richard de Radonvilliers 1842 verwandt. Weitere Belege für sein Auftreten finden sich bei Pierre Leroux[wp] 1848 und im Englischen erstmals bei William Thackeray[wp] 1854. Im Englischen geht seine weitere Verwendung wesentlich von David Ricardo[wp] aus. Zur Beschreibung einer Klassen­gesellschaft wird er vor Marx bereits 1840 in Louis Blancs[wp] Organisation du travail gebraucht; bereits dort ist er negativ wertend. Karl Marx[wp] und Friedrich Engels[wp] sprechen zunächst von "kapitalistischer Produktionsweise", später im ersten Bande von Das Kapital[wp] (1867) von "Kapitalist". Das Wort "Kapitalismus" wird dagegen nur einmal in dem 1885 von Friedrich Engels heraus­gegebenen zweiten Band von Das Kapital genannt.[6] Häufiger findet sich das Wort Kapitalismus in seiner Korrespondenz und in den späteren Schriften von Friedrich Engels.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts häuft sich seine Verwendung und erlangt Bekanntheit insbesondere durch Werner Sombarts[wp] Der moderne Kapitalismus[wp] (1902) sowie durch Max Webers[wp] Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus[wp] (1904).

Die Karikatur aus dem Jahr 1911
Die Karikatur aus dem Jahr 1900

Die Pyramide des kapitalistischen Systems

Die Pyramide des kapitalistischen Systems (englisch: Pyramid of Capitalist System) ist der gemeinsame Name einer kapitalismus­kritischen amerikanischen Cartoon-Karikatur aus dem Jahr 1911, eng angelehnt an einem russischen Flugblatt von etwa 1900.[7] Die Grafik richtet die Aufmerksamkeit auf die soziale Schichtung von sozialer Klasse und wirtschaftlicher Ungleichheit.[8][9]

Sie wurde in der Ausgabe von 1911 des Industriearbeiter (The International Publishing Co., Cleveland, Ohio, USA) veröffentlicht, einer Zeitung der Industrial Workers of the World[wp] und "Nedeljkovich, Brasnich & Kumarich" zugeschrieben.[10][11][9]

Es wird eine bildliche Darstellung der "sozialen Pyramide" oder Hierarchie gezeigt, mit der wenigen Reichen auf der Spitze, und die verarmten Massen an der Unterseite. Gekrönt wird die Pyramide mit einem Geldsack, der den Kapitalismus symbolisiert, die oberste Schicht, "wir regieren dich", ist besetzt von Königen und Staats­ober­häuptern. Unter ihnen sind die Geistlichen ("wir täuschen dich"), gefolgt von den Militärs ("wir schießen auf dich") und der Bourgeoisie ("wir essen für sich"). Die Basis der Pyramide wird von den Arbeitern ("wir arbeiten für alle ... füttern wir alle") bebildet.[8][9][12][13]

Die Arbeit basiert auf einer anonymen Karikatur der Hierarchie des Russischen Reiches von der Union der russischen Sozialisten aus dem Jahr 1900.[7][14] Das ursprüngliche Bild zeigt Arbeiter, welche auf ihrem Rücken eine Pyramide tragen, mit der Strophe: "Die Zeit wird kommen, wenn die Menschen in ihrer Wut ihre gebeugten Rücken gerade und bringen den Struktur mit einem mächtigen Druck auf ihren Schultern." ("The time will come when the people in their fury will straighten their bent backs and bring down the structure with one mighty push of their shoulders.")[7] Zu den bemerkenswerten Unterschieden zwischen dem russischen Original aus dem Jahr 1900 und der abgeleitete Version aus dem Jahr 1911 gehören der Ersatz des Schwarzen Adlers, der das russische Reich symbolisiert, mit einem Geldsack, der russische Zar und die Zarin mit einem typischen Trio, bestehend aus einem Monarchen und Staats­ober­häuptern in Anzügen; zwei aus der Gruppe des russisch-orthodoxen Klerus sind ersetzt mit einem katholischen Kardinal und einem protestantischer Pfarrer, und die Armee des russischen Reiches mit einer typischen Gruppe von Soldaten; die Arbeiter sind nicht mehr gebogen und keine revolutionäre Strophe ist mehr vorhanden. Auf beiden Bildern symbolisiert ein gefallenes Kind oder Arbeiter im Kindesalter[wp] die Not der Arbeiter.[8] Eine weitere gemeinsame Element ist eine rote Fahne, die unter den Arbeitern hochgehalten wird, als Symbol für die Entstehung der sozialistischen Bewegung.[15]

Die grundlegende Botschaft des Bildes ist die Kritik am kapitalistischen System, mit seiner Hierarchie von Macht und Reichtum. Es zeigt auch, dass die Arbeiterklasse alle anderen unterstützen, und würde sie die Unterstützung aus dem System zurückziehen, könnte es buchstäblich die bestehende soziale Ordnung zusammen­stürzen.[9] Diese Art von Kapitalismuskritik[wp] wird dem französischen Sozialisten Louis Blanc[wp] zugeschrieben.[12]

Die Arbeit wurde als "berühmt"[12] und als "bekannt und weithin nachgebildet"[8] beschrieben. [2] Es sind eine Reihe von abgeleiteten Werken bekannt.[16]

Zitate

  • "Im Kapitalismus ist die Konkurrenz die soziale Währung, in der kommuniziert wird." [17]
  • "Was tut der verunsicherte Kleinbürger angesichts von atomarem GAU, Klimaschäden, Arbeitslosigkeit und Krisenpolitik? Er sucht sich ein gebär­williges Weibchen, feiert einen feudalen Hochzeits­traum, zeugt weitere Klein­bürger, verschanzt sich in einem burg­ähnlichen Eigenheim, vor dem er vielleicht noch seine Nationalflagge aufzieht, und fährt pünktlich mit einem allrad­getriebenen Wehrfahrzeug durch feindliches Gebiet ins Büro seines Ausbeuters." [17]
  • "Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen Profit, wie die Natur von der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv und waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens." - Karl Marx[wp], Fußnote in Das Kapital
  • "Auf dem Grabstein des Kapitalismus wird später stehen: Zuviel war nicht genug." - Volker Pispers
  • "Eigentlich ist es gut, dass die Menschen unser Banken- und Währungssystem nicht verstehen. Würden sie es nämlich, so hätten wir eine Revolution vor morgen früh." - Henry Ford[wp]
  • "Geld wurde erfunden, um Tauschhandlungen zu tätigen. Und deshalb ist es an sich unerlaubt, für den Gebrauch des geliehenen Geldes eine Belohnung zu nehmen, die man Zins nennt." - Thomas von Aquin[wp]
  • "Wir werden uns von vielen der scheinsittlichen Grundsätze lossagen, die uns seit zweihundert Jahren wie ein Alpdruck verfolgt haben, wobei wir einige der abstoßendsten menschlichen Eigenschaften in die Stellung höchster Tugenden emporgehoben haben. Die Liebe zum Geld als Besitz (wird) als eine jener halb verbrecherischen, halb krankhaften Neigungen erkannt werden, die man mit Schaudern an die Fachleute für geistig Erkrankungen verweist." - John Maynard Keynes[wp]
  • "Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank." - Bertolt Brecht[wp]
  • "Gebt mir die Kontrolle über die Währung einer Nation, und es ist mir gleichgültig, wer die Gesetze macht!" - Amschel Mayer Rothschild[wp]
  • "Rechnet man die Kapitalverzinsung aller Produktionsebenen zusammen, bestehen Produktionspreise, Steuern, Gebühren, und Mieten zu durchschnittlich mindestens 30% aus Zinsen. Wessen Zinseinnahmen weniger als 30% seiner Lebenshaltungskosten betragen, ist somit ein Verlierer unseres Geld- und Zinssystems. Das sind über 90% der Bevölkerung einer jeden Volkswirtschaft." - Helmut Creutz[wp]
  • "Ihr könnt kein kapitalistisches System betreiben, wenn ihr keine Geier seid; ihr müsst das Blut von jemand anderem saugen, um Kapitalist zu sein." - Malcolm X[wp]
  • "Was unterscheidet den Kapitalismus vom Kommunismus? Im Kommunismus werden die Betriebe zuerst verstaatlicht und dann ruiniert. Im Kapitalismus werden sie erst ruiniert und dann verstaatlicht." - Václav Klaus

Einzelnachweise

  1. # Karl Bachinger, Herbert Matis[wp]: Sozioökonomische Entwicklung: Konzeptionen und Analysen von Adam Smith bis Amartya K. Sen. Band 3074, UTB 2008, ISBN 3-8252-3074-0, Seite 75-76
  2. Herzstück: Gerhard Willke: Kapitalismus. Campus, Frankfurt am Main 2006, S. 16. Hauptmerkmal: Luc Boltanski[wp] und Ève Chiapello[wp]: Der neue Geist des Kapitalismus. UKV, Konstanz 1999, S. 39.
  3. Für Max Weber[wp] ist das Streben nach Gewinn und immer erneutem Gewinn im kapitalistischen Einzelbetrieb mit dem Kapitalismus identisch, während das bloße "Streben nach Gewinn, nach Geldgewinn, nach möglichst hohem Geldgewinn" mit Kapitalismus an sich nichts zu schaffen habe. Vgl. Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religions­soziologie. Mohr 1963, S. 4. Die Webersche Definition korrespondiert mit der Marxschen Definition der kapitalistischen Produktions­weise, der zufolge Gewinne in der Produktion (Mehrwert­produktion) entstehen.
  4. Wikipedia: Kapitalismus
  5. Wikipedia: Kapital
  6. Karl Marx:Das Kapital II, MEW, Berlin 1968, Bd. 24, S. 123
  7. 7,0 7,1 7,2 Reinhard Bendix: Kings Or People: Power and the Mandate to Rule, University of California Press 1980, ISBN 0-520-04090-2, Seite 540
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 N. Krieger: Ladders, pyramids and champagne: the iconography of health inequities, Journal of Epidemiology & Community Health am 1. Dezember 2008, 62 (12); Seite 1098-1104
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 Labor Arts, Labor Arts
  10. Nancy Krieger, Professor Harvard School of Public Health: Epidemiology and the People's Health. Theory and Context: Theory and Context, Oxford University Press am 23. März 2011, ISBN 0-19-975035-1, Seite 338ff.
  11. Kristina Lange: Historisches Bildverstehen oder Wie lernen Schüler mit Bildquellen?: ein Beitrag zur geschichts­didaktischen Lehr-Lern-Forschung, LIT Verlag Münster 2011, ISBN 3-643-11354-4, Seite 189ff.
  12. 12,0 12,1 12,2 Geoff Mulgan: The Locust and the Bee: Predators and Creators in Capitalism's Future, Princeton University Press 2013, ISBN 1-4008-4665-X, Seite 79-80
  13. John A. Marino: Early Modern History and the Social Sciences: Testing the Limits of Braudel's Mediterranean, Truman State Univ Press 2002, ISBN 1-931112-06-1, Seite 121
  14. Ronald Hingley: A concise history of Russia, Viking Press am 1. März 1972
  15. Rune Nordin: Fackföreningsrörelsen i Sverige: Uppkomst och utveckling, Prisma i samarbete med Landsorganisationen i Sverige 1981, ISBN 91-518-1470-6, Seite 28
  16. Consider a number of modern derivative works found at the following websites: Staines Anarchists Pyramid Poster | stainesanarchists, Stainesanarchists.wordpress.com am 29. Juni 2012, The Pyramid of Capitalism, Speldwright.com, Capitalist society poster, Libcom.org am 27. Dezember 2010, CWC Books : Work, capitalism . economics . resistance, Crimethinc.com am 22. Mai 2011
  17. 17,0 17,1 Linke Identität: Weltrevolution in der Szenekneipe, Le Bohémien am 1. März 2013 (Ein Diskurs unter Marxisten. Im Mittelpunkt steht der unter Pseudonym antwortende "Viktor Vladimirowitsch Starogin". Heraus kommt eine schonungslose Dialektik über die Probleme einer zersplitterten Linken aus ungewohnter Perspektive. Das Gespräch führte Sascha Becker, Blogger des DWR-Autorenkollektivs.)

Querverweise

Netzverweise


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