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Konservatismus
Der Konservatismus (auch Konservativismus; vom lateinischen Wort conservare "erhalten, bewahren" oder auch "etwas in seinem Zusammenhang erhalten") ist - neben dem Liberalismus und dem Sozialismus - eine der drei großen politischen Ideologien bzw. Weltanschauungen, die sich im 18. und 19. Jahrhundert in Europa herausgebildet haben. Im Mittelpunkt seines Denkens und Handelns steht die Bewahrung von praktisch erfolgreichen Traditionen, Werten und Ideen sowie gesellschaftlichen Strukturen.
Zitat: | «Der Unterschied zwischen konservativen und linken Theorien liegt darin, daß die Theorie für den Konservativen ein zeitweiliges Hilfsmittel ist, um die Wirklichkeit zu erschließen, während die Theorie dem Linken dazu dient, sich in einem System gegen die Wirklichkeit zu verschließen.» - Caspar von Schrenck-Notzing[1] |
Historisches Schlagwörterbuch
Konservativ (aus engl. Conservative), von Murray 2, 855 ist seit 1831 als politisches Schlagwort belegt, wird noch in diesem Jahrzehnt auch ins Deutsche als Parteiname eingeführt und bildet dann das Gegenstück zu liberal. Siehe Grillparzer 3, 112 (1837), der damit ein Epigramm überschreibt. Vgl. auch Heines Bemerkungen 6, 278 und 369 f. über die französischen Konservativen. Gegen die deutschen wird aber ebenfalls schon seit Beginn des fünften Jahrzehnts polemisiert. Vgl. Grenzb. 1843, 147 und 151. Besonders heftig wurde die konservative Partei im Jahre 1848 befehdet. So schreiben die Grenzboten 1848, 1. Sem. 1, 47: "Die 'konservativen' Blätter, die fast beständig von den Anforderungen des Liberalismus an das gute, treue Volk appellierten, stimmten diesmal ein anderes Lied an, sie murmelten etwas vom beschränkten Untertanenverstand." Verwiesen sei aber auch aufs Volksbl. 1848, 283.
Sonst erinnere ich nur an Lagardes[wp] speziellen Aufsatz: Konservativ?, den er im Spätsommer 1853 niederschrieb und worin er seine Gedanken in der Definition zusammenfaßt: "Konservativ ist, wer die lebendigen Kräfte einer Nation, eines Staates erhalten wissen und erhalten will, liberal derjenige, welcher darüber wacht, dass die Produkte des Lebens dieser Nation, dieses Staates nicht der Lebenskraft gleich gesetzt und gleich geachtet werden, durch welche sie ins Dasein gerufen worden sind. Der Liberalismus ist, so gefaßt, die notwendige Ergänzung des Konservativismus."
Mit der Zeit haben sich verschiedene Spielarten herausgebildet. So besteht eine nach dem Kriege von 1866 begründete freikonservative Partei im preußischen Abgeordnetenhaus und eine seit 1876 bestehende deutschkonservative Partei im deutschen Reichstag.
Aber auch abgesehen von diesen besonderen Schattierungen, hat der alte, einfache Parteiname seine Rolle noch keineswegs ausgespielt.[2]
Werte- und Strukturkonservativismus im Rechts-Links-Spektrum
Wer weltanschaulich-politische Richtungsbegriffe näher begreifen und erklären will, kommt nach wie vor um eine Definition der bipolaren Rechts-Links-Semantik nicht herum. Das gilt heute angesichts der zunehmenden politisch-medialen Bezeichnungswillkür und der dadurch erzeugten desorientierenden Bedeutungsverschiebungen im Kontext der postmodernen Demontage wahrheitsorientierter wissenschaftlicher Analysestandards mehr denn je.
Halten wir deshalb zunächst Folgendes fest: Als heftig umkämpfte weltanschaulich-politische Richtungsbegriffe reflektieren die Bezeichnungen "rechts" und "links" im Wesenskern zwei gegensätzliche Grundauffassungen, wie sie sich nach der Überwindung der feudalen Gesellschaftsordnung in Europa im Anschluss an die französische Revolution[wp] herausgebildet haben. Im Zentrum steht hierbei das subjektive Verhältnis zu vorgegebenen (überlieferten) Strukturen zwischenmenschlicher Herrschaftsverhältnisse: "Rechts" bezeichnet das subjektive (Klassen-)Interesse an der Aufrechterhaltung/Bewahrung (Konservierung) bzw. Wiederherstellung oder gar Vertiefung und Perfektionierung überlieferter zwischenmenschlicher Herrschafts- bzw. hierarchisch-ständisch gegliederter Sozialbeziehungen. Dabei spielen immer die Verteidigung bzw. Rückeroberung "angestammter" Vormachtpositionen und Privilegien etc. einschließlich der darauf gerichteten Legitimationsideologien, Ethiken, Moralkonzepte etc. eine wesentliche Rolle. In klassischer Form geht es hierbei um die Verteidigung/Restauration einer vormodernen Herrschaftsordnung mit einer religiös-absolutistischen Legitimationsideologie. Mit dem Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus und der Etablierung expansiver kapitalistischer Systeme (Kolonialismus, Imperialismus) treten dann - an die Stelle ständisch-feudaler Herrschaftsideologie und neben die religiöse Legitimation - 'Nation', 'Ethnie' und 'Rasse' als neue herrschaftsfundierende Konzepte. Das rechte Konzept nach der Etablierung der kapitalistischen Moderne lautet nun: Rekonstruktion bzw. totalitäre Perfektionierung autoritär-hierarchischer Sozialbeziehungen mit modernen Mitteln, aber im weltanschaulichen bzw. geistig-moralischen Horizont vormoderner antiegalitärer Herrschaftsideologie und in scharfer Negation der Grundprinzipien der kulturellen Moderne. "Links" bezeichnet hingegen das subjektive Streben nach der Überwindung/Veränderung der vorgefundenen Herrschaftsverhältnisse im Interesse der individuellen und kollektiven Emanzipation bzw. Befreiung aus beherrschten, ausgebeuteten, unterdrückten, chancenungleichen etc. Lebenspositionen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Erzeugung und Aneignung neuer/kritischer geistig-moralischer Leitkonzepte und praktisch-kritischer Tätigkeitsformen. Von herausragender Bedeutung war hier die Entwicklung einer aufklärungshumanistischen Weltanschauung im Kontrast zur traditionellen christlich-feudalen Legitimationsideologie der Adelsherrschaft und als Grundlage für eine kritisch-rationale Wissenschaftsentwicklung. Am treffendsten und tragfähigsten hat dann Karl Marx[wp] den "linken Impetus" auf den Begriff gebracht: "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (Marx 1988, S. 385). Damit ist ein universalistisch (transkulturell) ausgerichteter herrschaftskritisch-emanzipatorischer Humanismus als "klassisch-linke" Leitorientierung anzusehen. Diese bildet den unverrückbaren Widerpart insbesondere auch gegenüber allen nichtwestlich-vormodernen Herrschaftssystemen und Legitimationsideologien. Vor diesem definitorischen Hintergrund lässt sich nun der Konservatismus - abgeleitet vom lateinischen Verb 'conservare' = erhalten/bewahren - zunächst abstrakt-allgemein als eine weltanschaulich-politische Position bestimmen, der es um die Bewahrung/Erhaltung des Gegebenen, Altbewährten, Tradierten oder um deren Wiederherstellung unter veränderten Bedingungen geht. Richtet sich die konservative Intention auf die Bewahrung/Erhaltung gegebener/tradierter gesellschaftlicher Ordnungsstrukturen, so handelt es sich um "Strukturkonservatismus". Da es dabei bei näherer Betrachtung um den Willen zur Erhaltung oder Wiederherstellung von (ökonomischen, politischen und legitimationsideologischen) Herrschaftsstrukturen geht, haben wir es mit "Rechtskonservatismus" zu tun. So tritt der klassische (Rechts-)Konservatismus als Gegner der Aufklärung sowie der Französischen Revolution[wp] und Verteidiger des Ancien Régime[wp] bzw. der christlich-religiös legitimierten Feudalordnung[wp] auf, die als "natürliche Ordnung" verklärt wird. Dieser ideologische Hang zur Naturalisierung in Verbindung mit der Anthropologisierung und Enthistorisierung gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse gehört fortan zum Signum des Rechtskonservatismus und bringt ihn auch immer wieder in Konflikt mit dem wertenihilistischen Innovatismus der Kapitalakteure. Richtet sich die konservative Intention auf die Bewahrung/Erhaltung überlieferter ideeller Güter (Ideen, theoretische Konzepte, Normen, Werte etc.), so handelt es sich um "Wertekonservatismus". Dieses Bestreben kann mit der rechtskonservativen Intention zusammenfallen, muss es aber nicht. Nämlich dann nicht, wenn es sich um die Bewahrung/Erhaltung und Weiterentwicklung/Anwendung unabgegoltener (uneingelöster) Ideen, Theorien, Werte und Prinzipen handelt, die auf die emanzipatorische Überwindung fortbestehender ökonomischer, politischer und ideologischer Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse ausgerichtet sind. So haben die praktisch-kritisch aktiven Teile der beherrschten und ausgebeuteten Volksmassen in jeweils konkret-historischen Kämpfen gegen die unterdrückenden Gewalten ein Ensemble von Ideen, Theorien, Programmen, vergegenständlichten Erfahrungen in Romanen, Bildern, Liedern etc. als "Zweite Kultur" hervorgebracht, das die Grundlage für ein tradierbares und aneignungsfähiges "revolutionäres Sozialerbe" bildet, an das angeknüpft und das weiterentwickelt werden kann. Das gilt gerade auch heute angesichts der globalen Koexistenz und Verflechtung moderner (kapitalistisch-marktreligiöser) und vormoderner (totalitär-gottesreligiöser) Entfremdung. Das heißt: Es gibt selbstverständlich einen linken bzw. progressiven Wertekonservatismus, der sich insbesondere auf die Leitprinzipien oder besser: auf das revolutionäre geistig-kulturelle Sozialerbe der herrschafts- und religionskritischen (Radikal-)Aufklärung sowie der anschließenden herrschaftskritischen Theorieentwicklung bezieht und dieses wissenschaftlich-analytische und normative Fundament sowohl gegen die strukturkonservative Rechte und die neoliberal-wertenihilistischen Träger des globalkapitalistischen Herrschaftssystems als auch gegen die postmodern-antiaufklärerische Pseudolinke zur Geltung bringt. Dabei hat sich längst herausgestellt, dass diese Scheinlinke lediglich als korrumpierter Gehilfe des regressiven Innovatismus fungiert, wie er von der spätkapitalistischen Globalisierungselite kommandiert wird. |
– Hartmut Krauss[3] |
Abwertung des Konservativen
Historisch betrachtet haben Intellektuelle die Manipulation der Wissenschaft als Mittel zur Diskreditierung politischer Gegner stets kritisiert - das gilt für die Kraniologie[wp] des 19. Jahrhunderts bis hin zu den stalinistischen und nationalsozialistischen Theorien des 20. Jahrhunderts. Im Gegensatz dazu sind es heute selbsternannte Intellektuelle, und zwar besonders solche mit "liberalem" oder "linkem" Selbstverständnis, die mit solchen pseudo-wissenschaftlichen Taktiken ihre Gegner als Angehörige einer ihnen selbst mental und intellektuell unterlegenen Personengruppe darstellen wollen, wobei gegen diese Praxis selten Widerspruch eingelegt wird.
Die geistige Abwertung des Konservatismus nimmt ihren Ausgang im 19. Jahrhundert mit der Bezeichnung der britischen Tories[wp] als "dümmste Partei". Diese Formulierung geht wohl auf John Stuart Mill[wp] zurück, der im Jahr 1861 schrieb, obwohl es sowohl den Whigs[wp] als auch den Tories an Prinzipien mangele, seien es doch die Tories, die "Kraft ihrer Existenz die dümmste Partei wären".[4] Damals wurde die Assoziation von Konservatismus mit Dummheit dadurch gerechtfertigt, dass die Wahrung von Tradition und Status Quo - wie von den Konservativen angestrebt - angeblich kaum geistige Beweglichkeit oder Phantasie erfordert. Entsprechend behauptete man andererseits, eine kritischere und hinterfragende Einstellung zur Politik erfordere die Fähigkeit zu hoch entwickeltem und abstraktem Denken.
Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte die Pathologisierung des Konservatismus echte intellektuelle Glaubwürdigkeit. Linke Beobachter betrachteten die mit rechten Einstellungen verbundenen Vorurteile nicht als Resultat verschiedener kultureller und sozialer Einflüsse, sondern eher als psychisches und durch die Anwendung psychologischer Mittel und Verfahren zu lösendes Problem. Theodor W. Adornos[wp] Studien zum autoritären Charakter haben der Auffassung entscheidend Vorschub geleistet, bestimmte Formen von Intoleranz seien vor allem ein psychisches Defizit. Von diesem Standpunkt aus betrachtet leiden Konservative nicht nur an intellektuellen, sondern auch an seelischen Defiziten.
Seit Beendigung des zweiten Weltkriegs wurden rechte und konservative politischer Ideen in den wichtigsten kulturellen und intellektuellen Institutionen der westlichen Gesellschaft an den Rand gedrängt. In einer häufig zitierten Aussage, aus dem Vorwort einer Sammlung von Essays, erklärte der US-amerikanische Literaturkritiker Lionel Trilling[wp] 1949, rechte politische Vorstellungen seien kulturell irrelevant geworden:
- "In den Vereinigten Staaten ist der Liberalismus derzeitig nicht nur die dominierende, sondern sogar die einzige Tradition. Denn es ist eine nackte Tatsache, dass heutzutage keine konservativen oder reaktionären Ideen mehr im Umlauf sind. Das bedeutet natürlich nicht, dass es keine Neigung zu Konservatismus und Reaktion gibt. Solche Neigungen sind gewiss sehr stark, vielleicht sogar stärker, als die meisten von uns vermuten. Aber die konservativen und reaktionären Regungen, äußern sich nicht in Ideen, sondern lediglich in Handlungen oder irritierenden mentalen Gesten, die versuchen, sich als Ideen auszugeben." [5]
Trillings Äußerung war zwar etwas übertrieben, aber sie hat zweifellos einen wichtigen Aspekt der politischen Entwicklungen in den 1940er Jahren erfasst. Die Erfahrungen der Zwischenkriegsjahre und des zweiten Weltkriegs selbst haben dazu beigetragen, den Einfluss der rechten und konservativen geistigen Traditionen in Verruf zu bringen. Die Depression[wp] in den 1930ern, gefolgt vom Aufstieg des Faschismus, hat die Attraktivität rechter politischer Ideen deutlich verringert. So verfestigte sich die Vorstellung, als Intellektueller habe man einer linken Philosophie anzuhängen, soweit, dass Universitäten für Konservative praktisch kaum noch zugänglich waren.
Der Trend hat sich in dieser Richtung mittlerweile soweit fortgesetzt, dass wir heute im 21. Jahrhundert kaum noch die Tatsache anerkennen können, dass rechtspositionierte Denker bis zur zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts einen bedeutenden Teil der Intelligenzija[wp] ausgemacht hatten.[6]
Was ist konservativ?
Das Konservativsein ist eine menschliche Eigenschaft, eine humanistische Haltung, die das Leben licht, warm, froh und nachhaltig werden lässt. Konservatismus ist ein Ideal. Dieses Ideal verpflichtet zu permanenter, inspirierter, empathischer, kreativer und das alles zusammen heißt, informierter Weise darüber nachzudenken, wozu ein Individuum oder ein Gemeinwesen befähigt ist. Im Bestreben nach der kontinuierlichen Optimierung unter Berücksichtigung der Machbarkeitsgrenzen liegt bereits der ideelle Kern des Konservatismus. Neuerungen, gleich welcher Art, müssen nämlich auf Grundlage aktueller Maßstäben nach ihrer praktischen Nützlichkeit und Ausführbarkeit beurteilt werden. Die politische Praxis des Konservativismus basiert also auf einem permanenten intellektuellen Vergleich zwischen sich in der Vergangenheit als praktikabel erwiesenen und gegenwärtig angewandten Ideen, Werten, Strukturen und Handlungsweisen einerseits, und deren idealtypisch möglichen Optimierungszuständen andererseits. Die zentrale Schlussfolgerung lautet folglich, dass das, was war und zur Zeit nicht verbesserungsfähig ist, was sich also im Hinblick auf seine Praktikabilität schon als annähernd optimal heraus stellt und bewährt hat, allerdings in einer bewussten Durchdringungsarbeit, unbedingt zu erhalten ist. Konservatismus ist also im Prinzip eine systematisch vorgehende, eine im historischen Kontext denkende Herangehensweise. Und zwar eine Herangehensweise an die Menschen, die Gesellschaft und die Welt. Konservatismus ist demnach eine wissenschaftliche Methodik mit Herz und Verstand. Vergessen Sie unbedingt den fanatischen und grenzenlos ideologischen, sich irreführend wissenschaftlich nennenden Sozialismus! Sozialismus ist Fiktion, ein Ersatz für irgendeine furchtbare, aber für edel und hehr erklärte Scheinrealität, Utopie genannt.
Ein konservativer Mensch ist ein geordneter, in sich und in seiner gesellschaftlichen und natürlichen Umwelt ruhender, Ordnung fördernder, systematisch denkender, auf inneren Frieden und inneres Glück sinnender, sich für sozialen Ausgleich einsetzender, kommunikativer Mensch, der sich aus intelligentem Altruismus auch um die Glückschancen seiner Mitmenschen kümmert, sprich dem das Wohl der Gesellschaft, in der er lebt, wichtig ist. Der Konservative bemüht sich wirtschaftlichen Erfolg zu generieren. Er bemüht sich wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu erzeugen oder zu fördern und er weiß, dass eine gesunde Seele und ein gesunder Körper die Voraussetzung für ein gelungenes konservatives Leben sind.
Der demokratische und soziale Rechtsstaat, wie ihn das Grundgesetz beispielhaft ausgestaltet, ist die geradezu klassische Inkarnation konservativen Denkens. Konservative sind Frauen und Männer, die wissen, dass die Errungenschaften der Freiheit, der Gleichheit aller Menschen und der Mitmenschlichkeit fragil sind und täglich neu errungen werden müssen. Konservative lehnen Ideologien nicht einfach ab, sondern setzen sich mit ihnen kritisch auseinander und führen sie aus einer überlegenen Position heraus ad absurdum.
Ideologien, die nicht die Wirklichkeit erklären, sondern die Realität anhand von auf fixen Ideen basierenden, weltanschaulichen Lehren interpretieren, bilden die permanente Herausforderung des Konservativen, da Ideologien im politischen Wettstreit immer wieder unter der Führung verschiedenster, mehr oder weniger charismatischer Führungspersönlichkeiten erheblichen Zuspruch seitens großer Teil der Allgemeingesellschaft erfuhren und weiterhin erfahren. Der aufrichtig von den Idealen seiner politischen Grundeinstellung überzeugte und politisch engagierte Konservative ist, anders als viele Personen, die sich lediglich konservativ nennen, ein höchst kommunikativer und streitbarer Intellektueller und er ist einer, der sich nicht (routiniert) der Auseinandersetzung im Meinungskampf verweigert. Last, but not least: der Konservative ist ein Mensch, der sich im besten Sinne um höchst mögliche Distanz zu seiner eigenen Person bemüht und er ist jemand, der stets versucht die Kenntnisnahme der Realität, wo notwendig und möglich, mit Humor erträglicher zu machen. Mit anderen Worten, der sprichwörtliche Himmel, so es einen gibt, ist konservativ und das Paradies ohnehin.[7]
Konservativer Charaktertypus
Zitat: | «Rechte stützen sich naturgemäß zu einem erheblichen Teil auf den Charaktertypus des Konservativen und dies wird in dem Moment zum Problem, wo man als Konservativer oppositionell sein müßte, weil die herrschenden Eliten eine Politik des Verrats betreiben. All das, was den Konservativen in normalen Zeiten zu einer wertvollen Stütze von Staat und Gesellschaft macht - Loyalität, konstruktives Denken, Seriosität, Pragmatismus -, macht ihn unter der Herrschaft des Verrats, selbst wenn er ihn kritisiert, zu einer Stütze dieses Verrats und ihn selbst zum Verräter.
Zum konservativen Charakter gehört Statusbewußtsein: die verinnerlichte Selbstverständlichkeit, daß der Status eines Menschen von dessen Nähe zu den gesellschaftlichen Eliten abhängt. Menschen, die er in der Statushierarchie als unter ihm selbst stehend wahrnimmt, kann der Konservative nicht als gleichberechtigt behandeln: Er würde seinen eigenen Status gefährden, wenn er es täte.
Solidarisch zu sein, hieße, diesen Status zu gefährden. Daher ist es durchaus folgerichtig, daß dieselben Leute, die doch selbst täglich Opfer politischer Diffamierungen sind, ihrerseits Andersdenkende mit derselben Skrupellosigkeit und demselben Vokabular verleumden, mit dem sie selber diffamiert werden. Es handelt sich um eine Hierarchie des Spuckens und Bespucktwerdens.
Und so wird seine Reaktion nicht das Aufbegehren sein, sondern der Versuch, den Spucker davon zu überzeugen, daß er den Falschen bespuckt, da er es doch gar nicht verdient habe. Der andere aber - ja, der habe es sehr wohl verdient.» - Manfred Kleine-Hartlage[8] |
In seinem Vortrag "Warum ich kein Linker mehr bin" am 24. März 2012 erläuterte Manfred Kleine-Hartlage, warum die Jugend links ist:
Zitat: | «Es gibt noch andere Gründe für junge Menschen, die sie daran hindern, ein Konservativer zu sein. Es war der Anblick derjenigen Altersgenossen, die konservativ zu sein behaupteten und in den achtziger Jahren zur Jungen Union[wp] gingen; also das, was man als "Generation Kohl" nennen kann. Das waren alles Windkanaltypen. Die sahen alle aus wie Christian Wulff[wp] und sie hatten dieselbe verlotterte Moral - schon als Sechzehnjährige. Wenn die von "konservativen Werten" sprachen, dann stand ihnen auf der Stirn geschrieben, dass sie dabei ihre Karriere und ihr Bankkonto im Sinn hatten. Man sah es ihnen wirklich an der Nasenspitze an: Wenn es wirklich einmal darauf ankommen würde, dass sie zu diesen Werten stehen müssten, und zwar auch dann, wenn es Gegenwind gibt - dann werden das die Ersten sein, die umfallen und uns erklären: "Der Islam gehört zu Deutschland."»[9] |
Zitat
- "Konservativ wird man nicht geboren, das muss man sich erarbeiten. Nur der Denkfaule bleibt 'links' und 'für alles offen'." [10]
- "Die Progressiven stellen Ansprüche, die Konservativen leisten etwas." - Norbert Bolz[11]
- "Ein bürgerlicher Konservativer sieht sich als Stütze von Staat und Gesellschaft. Das ist sein tief verinnerlichtes Selbstverständnis. In einem Land wie unserem, das von Verfassungsfeinden regiert wird mit dem Ziel der Zerstörung der Grundlagen der staatlichen Ordnung, ist ein Konservativer objektiv ein Staatsfeind. Selbst Konservative, die das rational verstanden haben, können das aber nicht verinnerlichen, weil es quer zu ihrem ganzen Selbstverständnis steht. Sie neigen zu einer vornehmen Attitüde, die zwar für eine herrschende Klasse guter Stil wäre, aber nicht von der realen Lage ausgeht, dass Konservative für die wirklich herrschende Klasse Feinde sind und als solche behandelt werden. Sie denken nicht strategisch, weil sie dazu dieser ihrer tatsächlichen Lage ins Gesicht sehen müßten. (...) Dass aber der Staat, den sie tragen wollen, längst tot ist, ist eine Erkenntnis, die deutsche Konservative in eine existenzielle Orientierungskrise stürzen würde." [12]
- "Das Misstrauen gegenüber den Menschen, ihrer Rationalität und ihrer modernen Technik, das seit jeher den ureigensten Kern des Konservatismus ausmachte, fand in der feministischen "Anti-Mann"-Haltung unverhofft einen neuen Bündnispartner." [13]
- "Satte, selbstzufriedene und mehrheitsverwöhnte Konservative sind es definitiv nicht gewohnt, im gesellschaftlichen Diskurs selber kämpfen zu müssen. Politik macht man nicht auf der Straße. Nur allzu lange hatte man Adenauer[wp] und Kohl, den Strauß[wp] aus Bayern und die FAZ in der Hand, hinter der sich der kluge Kopf verstecken konnte. Urgemütlich war es in Spießerdeutschland. Nur so konnte eigentlich der Marsch durch die Institutionen[wp] gelingen. Lasst die Hippies[wp] und Gammler[wp] es doch probieren, hörten die 50-jährigen als Kind die Alten sagen. Heute sitzen genau die an den Schaltstellen der Gesellschaft, nämlich in Behörden, Schulen, Gerichten und Redaktionen, auf die die Altvorderen verächtlich herabgeschaut haben.
Dadurch haben wir keine echte linke Mehrheit in unserem Land, wir haben lediglich eine linke Dominanz an neuralgischen Punkten in Staat und Gesellschaft. Minderheiten aus linken Dunstkreisen majorisieren so die öffentliche Wahrnehmung und minorisieren die Mehrheit und deren Denken in der veröffentlichten Meinung. Sprech- und Denkverbote ersetzen so die inhaltliche Auseinandersetzung. Da kommen die 'Hüter der Toleranz' gerade recht, um auch auf der Straße und in den Sälen die nicht genehmen Stimmen zum Schweigen zu bringen." [14] - "Lohnt es sich noch konservativ zu sein? Konservative Werte wie Kinder und Familie, Ehre und Anstand, Blut, Schweiß und Tränen, Treue und Vaterland? Igittigitt." - Achim Winter[15]
- "Konservative glauben an den (Rechts)Staat und verstehen nicht, dass er von den Linken unterwandert wurde und innerlich verfault ist." [16]
Literatur
- Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter[wp]: Im Wirbel des Wandels. Konservativ heute., 1. Auflage Februar 2017
Einzelnachweise
- ↑ zitiert von Karlheinz Weißmann: Das konservative Minimum II: Neigung zum Konkreten, Mißtrauen gegenüber Utopien, Junge Freiheit am 20. Juli 2007
- ↑ Otto Ladendorf: Historisches Schlagwörterbuch (1906)
- ↑ Essay von Hartmut Krauss zum Unterschied zwischen Werte- und Strukturkonservativismus im Rahmen des Rechts-Links-Schema: Reaktionärer und progressiver Konservatismus im Spannungsfeld zwischen "Rechts" und "Links", Hintergrund-Verlag am 28. Dezember 2020
- ↑ Zitiert nach M.F. Proudman: "The stupid party: Intellectual repute as a category of ideological analysis" in Journal of Political Ideologies, 2005, Jahrgang 10, Nr. 2, S. 199-217
- ↑ Lionel Trilling: The liberal Imagination, NYRB Classics, 2008
- ↑ Frank Furedi: Diskussionskultur: Der dumme Konservative!, Novo-Argumente am 18. November 2013
- ↑ Bettina Röhl: Was ist konservativ?, Wirtschaftswoche am 24. Dezember 2013
- ↑ Manfred Kleine-Hartlage: Die Kultur des Verrats - oder: warum Abgrenzung nach rechts nicht funktioniert, Philosophia Perennis am 21. März 2017
- Anreißer: Linke können sich untereinander bis aufs Messer streiten: Doch im Verhältnis zur Außenwelt herrscht bei ihnen eine Kultur der Solidarität. Auf der Rechten - und daher rührt ein Gutteil ihres Misserfolgs - herrscht eine Kultur des Verrats.
- ↑ Manfred Kleine Hartlage: Warum ich kein Linker mehr bin (Länge: 72:20 Min., ab 11:40 Min.) (Gastrede vom 24. März 2012 bei der "Bürgerbewegung pro Deutschland"[wp])
- ↑ WGvdL-Forum (Archiv 2): Mus Lim am 24. Oktober 2011 - 13:49 Uhr
- ↑ Twitter: @NorbertBolz - 23. Mai 2016 - 10:17 Uhr
- ↑ Manfred Kleine-Hartlage: Interview mit "Zuerst!": die Lebenslügen des Konservatismus, Korrektheiten am 7. Januar 2013
- ↑ Eva Balzer und Matthias Heitmann: Von der Frauenbewegung zur "feminisierten Gesellschaft", Novo-Magazin 45
- ↑ Peter Winnemöller: Der lausige Terror der Meinungsfreiheit, Freie Welt am 6. März 2014
- ↑ Achim Winter: Konservativ: Der schwitzende, dicke Onkel in der Ein-Frau-Ehe, Tichys Einblick am 2. Mai 2015
- Anreißer: Achim Winter warnt: Bloß konservativ sein, sondern mit der CDU und Claudia Roth dahin, wo der Regenbogen den Boden berührt. - Warum es keinen Sinn mehr macht, konservativ zu sein (23. April 2015) (Länge: 2:35 Min.)
- ↑ Kommentar von diehassrede am 9. Juni 2018 um 21:02 Uhr in Luisman's Blog
Querverweise
Netzverweise
- Wikipedia führt einen Artikel über Konservatismus
- Greg Johnson: Warum Konservative gar nichts bewahren, Counter-Currents Publishing am 15. März 2016 (Übersetzt von Frank Miller)
- Greg Johnson: Why Conservatives Conserve Nothing, Counter-Currents Publishing am 18. Februar 2016
- Warum ich kein Linker mehr bin - Manfred Kleine-Hartlage anlässlich der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Berlin-Spandau der Bürgerbewegung Pro Deutschland (24. März 2012) (Länge: 72:52 Min.) (Manfred Kleine-Hartlage über junge Konservative ab 12:00-13:25 Min.)
- Was heißt konservativ?[ext] (20 Seiten)
- Bettina Röhl: Der Himmel ist konservativ, Wirtschaftswoche am 19. September 2013
Dieser Artikel basiert zusätzlich auf dem Artikel Historisches Schlagwörterbuch - Stichwort: Konservativ von Otto Ladendorf, 1906. |