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Brandmauer

Aus WikiMANNia
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Das politische Schlagwort Brandmauer beschreibt metaphorisch eine konsequente und kompromisslose politische Ablehnungs­haltung der politischen Klasse und der Kartellparteien in Deutschland gegenüber tatsächlich oder vermeintlich rechts­populistischen oder rechts­extremistischen Parteien, Organisationen, zivil­gesellschaftlichen Bewegungen, einzelnen Politikern oder Aktivisten sowie Meinungs­standpunkten.

Hintergrund

Die Metapher der "Brandmauer" hat einen beschwörenden Charakter: Drüben brennt es, aber wir hier sind in Sicherheit. Diese Eindeutigkeit gibt es aber nicht. Das wird sofort deutlich, wenn man betrachtet, wer den Begriff im Zusammenhang mit der AfD zum ersten Mal verwendete.

"Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben", sagte Friedrich Merz im Dezember 2021 bei seinem Amtsantritt als CDU-Parteichef - und benutzte dabei eine Metapher, die maximale Klarheit signalisiert, in jüngster Zeit allerdings immer mehr Verwirrung stiftet.

Aber woher kommt sie eigentlich? Durchsucht man die Archive nach Zeitungs­artikeln über die AfD, die das Wort "Brandmauer" enthalten, so taucht als frühester Beleg ausgerechnet ein im Mai 2014 erschienenes "Stern"-Porträt über Hans-Olaf Henkel auf, damals Vize-Chef der noch jungen Protestpartei: Er sähe sich, heißt es dort über den ehemaligen BDI-Präsidenten, "auch als eine Art Brandmauer gegen rechtes Gedankengut".

Ironischerweise scheint die "Brandmauer" im Umgang mit Positionen am rechten Rand des politischen Spektrums also eine rhetorische Erfindung der AfD zu sein. Sie wollte mit dem Sprachbild in ihrer frühen Phase signalisieren, sie befände sich auf der sicheren Seite der Demokratie und lasse in Sachen Rechtsextremismus nichts anbrennen.

Darauf deutet auch der nächste Fund aus dem Mai 2015 hin, wieder im "Stern", diesmal geht es um den AfD-Mitbegründer Bernd Lucke[wp]: "Verzweifelt versucht Lucke jetzt, eine Brandmauer gegen das rechte Milieu hochzuziehen, das ihm bei früheren Wahlerfolgen nicht unwillkommen war."

Erst mit der Flüchtlings­krise und dem Aufstieg von Pegida verschiebt sich die Metapher durch die politische Landschaft - und taucht nun vermehrt auf, um das Verhältnis der bürgerlichen Parteien zu den neuen Protest­bewegungen zu charakterisieren. So heißt es im Februar 2016 in der "Süddeutschen Zeitung" über eine von Dresdner Politologen vorgestellte Studie: "Eine 'Brandmauer' haben die TU-Forscher ausgemacht, gezogen von den etablierten Parteien: Bloß keinen Kontakt zu Pegida und Co."

Nach dem Bundestagseinzug der AfD im Herbst 2017 verbreitet sich das Stichwort rasant. So wirft die bayerische Grüne Katharina Schulze der Seehofer-CSU im Juli 2018 in WELT vor, sie habe "die Brandmauer der Demokraten am rechten Rand nieder­gerissen". Thüringens Kurzzeit-Minister­präsident Thomas Kemmerich (FDP) sagt im März 2020 in der ersten Landtagsrede nach seiner mit Stimmen der AfD erfolgten Wahl: "Die Brandmauer gegenüber der AfD bleibt bestehen." Aber auch AfD-Chef Jörg Meuthen fordert noch im Juli 2020 im Zusammenhang des Richtungsstreits in seiner Partei: "Wir brauchen eine klare Brandmauer zum Rechtsextremismus."

Politik ist auf prägnante, wiedererkennbare Metaphern angewiesen, um komplizierte Sachverhalte so auf den Punkt zu bringen, dass jeder sofort weiß, was gemeint ist. Der Terminus "Brandmauer" ist ein Musterbeispiel dafür: Er signalisiert eine undurchdringliche, unverrückbare Grenze - denn Brandmauern haben weder Türen noch Fenster. Sie sind besonders dick und dienen allein dem Zweck, zu verhindern, dass ein Feuer zwischen benachbarten Häusern überspringt.

Zudem hat das Wort "Brandmauer" alarmierenden Charakter: Wer es benutzt, legt nahe, dass es schon brennt, bringt aber zugleich zum Ausdruck, die Gefahr erkannt und damit auch fast schon gebannt zu haben. Aber schon die kurze Geschichte dieser politischen Metapher führt vor, dass keineswegs klar ist, wo genau die Brandmauer verläuft - abgesehen davon, dass der jeweilige Sprecher sich immer diesseits von ihr befindet.

Die Brandmauer wird von den einen behauptet, von den anderen eingefordert, mal "steht" sie, mal "bröckelt" sie. Doch was die scheinbar so mauerfeste Metapher als konkrete Strategie bedeuten soll, bleibt unklar: Dass man lediglich Koalitionen mit der AfD ablehnt, dass man nicht gemeinsam mit ihr abstimmt, dass man jede Form der Zusammenarbeit, ja sogar Gespräche ausschließt?

Die "Brandmauer", das dokumentiert ihre Verwendungs­geschichte, hat vor allem beschwörenden Charakter: Das Feuer ist nebenan, bei den anderen, man selbst befindet sich auf der richtigen, auf der sicheren Seite. Doch eine Brandmauer löscht keinen Brand. Eine Antwort auf die komplexe Frage, wie denn mit dem inzwischen ein Jahrzehnt andauernden Aufstieg der AfD umzugehen ist, liefert das statische Sprachbild nicht.

Vielleicht wäre es an der Zeit, sich einzugestehen, dass das Signalwort "Brandmauer" eine Eindeutigkeit verspricht, die es nicht einlösen kann - und stattdessen Begriffe zu verwenden, die weniger pathetisch klingen, aber die Realität besser erfassen: Abgrenzung zum Beispiel - und Auseinander­setzung.

– Die Welt[1]

Der Antifaschistische Schutzwall[wp] ist wieder da:

Die Begründung ist dieselbe:
Zitat: «Die Zivilgesellschaft baut gerade eine Brandmauer wieder auf, die in den letzten Jahren zu oft gebröckelt hat.

Eine Haltung, die aus den Demonstrationen folgen muss: keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien, nirgendwo. #WirSindDieBrandmauer» - Ricarda Lang[2]

Heißt jetzt nur "Brandmauer".

Wird bald "Mauer der Toleranz" heißen.

Hadmut Danisch[3]

Brandmauer-Taktik

Zitat: «Die Brandmauer-Taktik ist eine Taktik in der Politik, die darauf abzielt, eine klare Abgrenzung zwischen etablierten Parteien und einem unerwünschten politischen Gegner durch das strikte Verbot einer Koalition[wp] zu schaffen. In der Bundesrepublik Deutschland und einigen anderen Staaten wird diese Taktik vor allem von demokratischen Parteien gegen rechtsextreme und linksextreme Parteien angewandt. Diese Taktik ist umstritten, und ihre Wirksamkeit wird in Frage gestellt, weil die jeweils ausgrenzte Partei trotzdem stärker werden und politische Erfolge erzielen kann.»[4]

Einzelnachweise

  1. Andreas Rosenfelder: AfD-Diskussion: Das Problem mit dem Wort "Brandmauer", Die Welt am 31. Juli 2023
  2. Twitter: @Ricarda_Lang - 4. Febr. 2024 - 14:15 Uhr
  3. Hadmut Danisch: Der Antifaschistische Schutzwall ist wieder da, Ansichten eines Informatikers am 4. Februar 2024
  4. PlusPediaBrandmauer (Stand: 2. August 2023) (Anmerkung: Erstellt und gelöscht auf Wikipedia am 7. Oktober 2023.)