Gerd Schultze-Rhonhof
Gerd Schultze-Rhonhof | |
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Geboren | 26. Mai 1939 |
Beruf | Soldat, Publizist |
Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof (* 1939) ist ein deutscher Publizist und Buchautor sowie ehemaliger General der Bundeswehr.
Ausbildung
Er trat nach dem Abitur 1959 in Koblenz beim Panzerbataillon 14 (Panzerbrigade 34) in die Bundeswehr ein.
Er durchlief die Ausbildung zum Truppenoffizier des Heeres und war in der Panzertruppe unter anderem als Kompaniechef tätig. Studienreisen führten ihn 1964 und 1965 nach Namibia und Südafrika. Schultze-Rhonhof absolvierte den Generalstabslehrgang (H) an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.
Berufliches
Er war als Generalstabsoffizier im NATO-Hauptquartier der Northern Army Group (NORTHAG) und später im Bundesministerium der Verteidigung und als Kommandeur eines Panzerbataillons eingesetzt.
Er fungierte von 1980 bis 1984 als Lehrgangsleiter an der Führungsakademie der Bundeswehr. Schultze-Rhonhof diente von April 1985 bis September 1989, im Rang eines Brigadegenerals, als Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 19 in Ahlen. Anschließend leistete er Dienst als Kommandeur der Panzertruppenschule in Munster.
Nach der Beförderung zum Generalmajor war Schultze-Rhonhof von September 1991 bis September 1994 zunächst Kommandeur der 3. Panzerdivision in Buxtehude und von September 1994 bis März 1996 Kommandeur der 1. Panzerdivision in Hannover. Außerdem war er Territorialer Befehlshaber für den Wehrbereich II, zuständig für Bremen und Niedersachsen. Zuletzt leitete er die erste "Partnership for Peace"-Übung der NATO in Ungarn. Im März 1996 wurde er auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt. Er gab als Begründung an, in damaligen Diskussionen um die Verkürzung des Grundwehrdienstes auf zehn Monate eine mangelnde Verteidigungsbereitschaft zu erkennen.
Zuvor hatte er öffentlich das Bundesverfassungsgericht wegen dessen "Soldaten sind Mörder"[wp]-Urteilen (1994/95) kritisiert. Der Deutsche Bundeswehrverband teilte die durch Schultze-Rhonhof geführte Art der Auseinandersetzung nicht. Das Bundesverteidigungsministerium unter Volker Rühe verwies auf die Zurückhaltungspflicht der Soldaten und den Primat der Politik, erkannte aber die Motivation des Generals an.
Privates
1947 flohen seine Eltern mit ihm aus der Sowjetischen Besatzungszone[wp] (SBZ) nach Kassel. Er wuchs in Bonn auf. Schultze-Rhonhof ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er lebt in Haldensleben.
Vorträge
Der Krieg der viele Väter hatte - Gerd Schultze-Rhonhof, Generalmajor a.D. (7. AZK-Konferenz am 29. Oktober 2011) (Länge: 72:17 Min.)
- Wikipedia bezeichnet Gerd Schultze-Rhonhof (* 1939) als ehemaligen Generalmajor der Bundeswehr und "geschichtsrevisionistischen Autor". - Wikipedia: Gerd Schultze-Rhonhof (Stand: 21. August 2014)
Stellungnahme zum Ukrainekrieg
Die Dringlichkeit des KriegsendesDas Leiden und Elend der ukrainischen Bevölkerung und die Zerstörung ihres Landes sowie die deutsche Co-Finanzierung des dortigen Krieges müssen schnellstmöglich beendet werden, auch wenn dem die EU- und NATO-Politik derzeit entgegenstehen. Es wird Zeit, den streitenden Parteien die Illusion zu nehmen, sie könnten bei Fortdauer der Kämpfe ihre Positionen bei einem Friedensschluss noch wesentlich verbessern. Insbesondere die ukrainische Staatsführung muss begreifen, dass die Ukraine der völligen Selbstzerstörung näher ist, als der Rückeroberung von Gebieten, deren Bevölkerung mehrheitlich nicht ukrainisch bleiben will. Dazu ist es nötig, dass die Deutsche Bundesregierung ihre Unterstützungen und Beistandsversprechen an die Ukraine herunterfährt und nicht pausenlos erneuert. Die Versprechen aus Berlin und anderen Hauptstädten wirken auf die Kiewer Regierung psychologisch wie ein "Blanko-Scheck zum Weitermachen". Die Zeit ist reif für ein rasches Kriegsende und eine dementsprechende sofortige deutsche Initiative. Für ein baldiges Kriegsende sprechen auch die Entwicklungen in Deutschland, in den USA und in der EU. In den USA schwinden offensichtlich Stimmung und Bereitschaft in der Politik und der Bevölkerung, den Ukraine-Krieg mit Zuschüssen und Darlehen weiter zu finanzieren. Das ist so, weil kein Ende abzusehen ist und die bisherigen US-amerikanische Waffenlieferungen in Form von Darlehen offensichtlich später abgeschrieben werden müssen. In der EU wird die Kluft zwischen Ukraine-Förderern und Ukraine-Kritikern langsam größer. Ein Kriegsende würde die EU finanziell und von einem internen Zwist entlasten. In Deutschland nimmt die Bereitschaft ab, Milliarden für den Ukraine-Krieg und die ukrainischen Flüchtlinge aus den ohnehin knappen Haushalten des Bundes, der Länder und Kommunen bereitzustellen. Gelder aus dem 100 Milliarden Sondervermögen-Bundeswehr für die Ukraine abzuzweigen, immer wieder Waffen aus dem Bestand der ohnehin gebeutelten Bundeswehr in die Ukraine abzugeben und die Abgabe von acht Milliarden Euro an die Ukraine in 2024 plus drei Milliarden deutscher Anteil in 2024 an der EU-Ukraine-Unterstützung sind angesichts der Haushaltsmisere im eigenen Lande ohnehin den deutschen Wählern kaum noch zu vermitteln. Im Sinne eines baldigen Kriegsendes auf der Grundlage eines eiligen Friedensschlusses ist es geboten, die Zahl der beteiligten Verhandlungs- und Signatarstaaten auf ein Minimum zu begrenzen und vor allem alle Staaten von den Verhandlungen auszuschließen, die Eigeninteressen in der Ukraine verfolgen. Im Sinne eines baldigen Kriegsendes auf der Grundlage eines eiligen Friedensschlusses sollte beiden Kriegsparteien ein voll ausformulierter Vertragstext angeboten werden, der nötige Verhandlungen abkürzt und das sonst übliche monate- oder jahrelange Feilschen, Pokern und Streiten weitgehend umschifft. Dem dient der in der Anlage 2 dem Herrn Bundeskanzler bereits zugesandte Entwurf eines Friedensvertrags, der alle in Friedensverträgen üblichen politischen, territorialen, ökonomischen, rechtlichen, militärischen und sonstigen Regelungen enthält. Kriegsgefahr für DeutschlandDie bisherigen Reaktionen der Bundesregierungen auf die russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen steigerten sich nach der anfänglich erfolgreichen Vermittlung des Minsk II Abkommens seit Kriegsbeginn zu immer intensiverer, mittelbarer Kriegsbeteiligung. Das führte trotz des immer wieder einsetzenden Bedenkens und Sträubens von Bundeskanzler Scholz zunächst zur Lieferung von Schutzwesten und Stahlhelmen, dann zur Lieferung von Radfahrzeugen, dann Artilleriegeschützen und Munition, dann Flugabwehr-Panzern und Flugabwehrraketen bis hin zu Kampfpanzern. Nach sorgfältigem Abwägen und Zögern hat die deutsche Bundesregierung letztendlich stets den sich steigernden Forderungen der Ukraine, dem Druck der Bündnispartner und vieler deutscher Medien und deutscher Parlamentarier nachgegeben und geliefert. Jetzt stehen eine deutsch-ukrainische-Rüstungskooperation auf der Tagesordnung, und die Lieferung von Kampfflugzeugen und Marschflugkörpern steht auf der ukrainischen Forderungsliste. Wegen der ukrainischen militärischen Erfolglosigkeit und Erschöpfung und wegen des nicht nachlassenden Drucks auf die Bundesregierung ist nicht zu erwarten, dass sie dieser zunehmenden Verstrickung in die mittelbare Kriegsbeteiligung widerstehen wird. Dem können Deutschland und die Bundesregierung nur entkommen, wenn der Krieg ein rasches Ende findet. Selbst eine direkte Beteiligung von Teilen der Bundeswehr ist bei anhaltender Kriegsdauer und weiterer Abnutzung der ukrainischen Streitkräfte nicht mehr auszuschließen. Je öfter die Bundesregierung die Solidaritätsbekundungen und Versprechungen der EU und der NATO an die Ukraine übernimmt, desto schwieriger wird es für Deutschland werden, aus dieser Sackgasse der mittelbaren Kriegsbeteiligung heraus und zu einer Konfliktlösung zu finden. Einer der ganz wenigen strategisch denkenden deutschen Kommentatoren, der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses und frühere Vorsitzende des NATO-Russland-Rats General Kujat[wp], bezeichnete die Lage in einem Interview bereits am 31. August und wiederholt danach nicht mehr nur als ein Risiko, sondern als "reale Gefahr", dass der noch lokale Russisch-Ukrainische Krieg zu einem Dritten Weltkrieg ausufert. Das Wort "strategisch" bedeutet in diesem Zusammenhang, eine Entwicklung bis zu ihrem Ende zu durchdenken. Fataler Weise hat die Deutsche Bundesregierung ihre politische und moralische Entscheidungsfreiheit über eine spätere Kriegsbeteiligung Deutschlands an einem gegebenenfalls ausufernden Ukraine-Krieg de facto an die Ukraine abgetreten. Sie hat der ukrainischen Regierung durch ihre immer wiederholten Beistandsversprechen, verbunden mit den Solidaritätsbekundungen innerhalb von NATO und EU einen Blanko-Scheck für die Endlos-Fortsetzung des Krieges ausgestellt. Dieser Tage, am 16. Februar in Berlin, ist das nächste Ewigkeitsversprechen Deutschlands zur Kriegsunterstützung der Ukraine in Form einer schriftlichen, bilateralen "Sicherheitsvereinbarung" vorgesehen. Sie soll einem Rundfunkkommentar zu Folge bis zur Aufnahme der Ukraine in die NATO gelten. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre "Ermunterungen" in Richtung Kiew und ihre Bekräftigungen in Richtung NATO einstellt. Mit jeder neuen, solchen Zusage wird die Tür zu Friedensverhandlungen ein weiteres Mal verschlossen. Die ukrainisch-russische Auseinandersetzung wird in den deutschen Medien und im "Politikbetrieb" seit Jahren asymmetrisch beschrieben. Es werden dabei sowohl die ukrainische Vorgeschichte als auch die russische Vorgeschichte ausgeblendet und die ukrainischen Rechts- und Vertragsbrüche und die massiven ukrainischen Kriegsverbrechen unterschlagen. Ich schildere diese Bereiche nacheinander, ehe ich auf die erforderlichen Modalitäten des vorgeschlagenen ukrainisch-russischen Friedensvertrags eingehe. Die ukrainische VorgeschichteUkraine und EUDie Ukraine schloss im November 2011 ein Freihandelsabkommen mit Russland und verhandelte 2012 und 13 mit der EU über ein Assoziierungsabkommen. Sie versuchte, sich den einen Markt zu erschließen, ohne den anderen zu verlieren. Die ukrainische Regierung unter Ministerpräsident Asarow[wp] hatte dabei die Absicht, die EU-Annäherung mit der Mitgliedschaft in Russlands Freihandelszone zu verbinden, was die Russen nach anfänglichem Widerstand bereit waren zu verhandeln, was die EU-Kommission unter Kommissionspräsident Barroso[wp] aber rundheraus abgelehnt hat. Die EU versuchte de facto, einen "Alleinvertretungsanspruch" für den zukünftigen Außenhandel der Ukraine durchzusetzen. Damit war Staatspräsident Janukowytschs[wp] ursprüngliche Absicht gescheitert, die Ukraine wirtschaftlich und politisch als Brücke zwischen Ost und West zu etablierten. Als die Verhandlungen mit der EU in ihre "heiße Phase" traten, befürchtete der ukrainische Staatspräsident Janukowytsch realistisch, dass die Wirtschaft der Ukraine bei der Anpassung an die EU deren Konkurrenzdruck wirtschaftlich und technisch nicht gewachsen sein würde, wie zuvor die DDR der BRD. Er fordert eine 160 Milliarden Euro umfassende Anpassungs-Beihilfe von der EU, und die EU lehnte ab, was verständlich war. Ein zweites Hindernis war der von der EU angebotene Assoziierungsvertrag. Die Ukraine sollte sich nach dem Vertrag den Westimporten öffnen, ihr selbst aber wurden nur minimale Ausfuhrquoten zugestanden. Die Ukraine bekam bei Verlust des Russland-Marktes für Ihre jährlich 30 Millionen Tonnen Export-Weizen nur eine 200.00 Tonnen Ausfuhrquote in die EU zugestanden. Das waren 0,7 % des Weizens, auf dessen Ausfuhr und die Einnahmen die Ukraine angewiesen war. Bei Fleischwaren waren es 2 % und bei Stahlexporten ähnlich wenig. Daraufhin legte Janukowytsch den Assoziierungsvertrag erst einmal für ein Jahr auf Eis, um Zeit für Neuverhandlungen zu haben. EU Kommissionspräsident Barroso drohte Janukowytsch daraufhin unverhohlen "Wenn Sie nicht unterschreiben, tut es der nächste Präsident". (als wüsste er, dass ein Machtwechsel bereits in Vorbereitung wäre.) Barrosos Anmaßung war neben der unglücklichen Staatszuordnung der Krim das zweite Samenkorn, das später als Ukraine-Krieg aufging. Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat den Versuch der EU-Kommission, "die Ukraine vor die Wahl zu stellen, sich zwischen West und Ost zu entscheiden" damals scharf verurteilt und als "Größenwahnsinn der EU" bezeichnet. Er hat dabei 2014 schon gewarnt, dass solch' Verhalten zu einem Kriege führen kann. Staatspräsident Janukowitsch hat also die Assoziierung der Ukraine mit der EU nicht aus Russlandaffinität "platzen lassen", wie eine Nachrichtensprecherin der ARD (22.11.2023) berichtet hat, sondern er hat sie aus Verantwortung für die ukrainische Wirtschaft um ein Jahr verschoben. Der Meinungsdruck in der Ukraine für einen wirtschaftlichen Westanschluss und eine spätere EU-Mitgliedschaft war aber inzwischen in der ukrainischen Bevölkerung so stark, dass Janukowytsch diese Entscheidung nicht überstand. Er wurde gestürzt, und es kam zum so genannten Maidan-Aufstand. Der SprachenstreitDer Janukowytsch-Sturz löste den innerukrainischen Sprachenstreit und in dessen unmittelbarer Folge den innerukrainischen Separationskrieg aus. Am 22. Februar 2014 war der ukrainische Staatspräsident Janukowytsch an der geplanten EU-Assoziation gescheitert und gestürzt worden. Tags darauf, am 23. Februar erließ der Übergangspräsident Turtschynow[wp] ein Sprachengesetz, das Ukrainisch zur alleinigen Landessprache erklärte und damit Russisch - die bisher zweite Landessprache - als Amts-, Schul- und Gerichtssprache in den russischsprachigen Städten und Oblasten verbot. Die Muttersprache ist jedoch - mehr noch als die formale Staatsangehörigkeit - ein wesentlicher Teil der persönlichen Identität. So kam es sofort nach Erlass des Gesetzes zu Unruhen in den mehrheitlich russischsprachigen Städten von Odessa bis Mariupol, auf der Krim und in den zwei Ostoblasten Lugansk und Donezk. Mit dem Turtschynowschen Sprachengesetz hatte die ukrainische Zentralregierung außerdem gegen die "Europäische Charta der Regionalsprachen"[wp] verstoßen. Mit der Ratifizierung dieser Charta hatte sich die Ukraine 2003 verpflichtet, die Regionalsprachen im eigenen Land zu schützen. Acht Jahre Donbass-KriegZeitgleich mit der Abspaltung der Krim brodelte es auch in den ostukrainischen Städten und Oblasten. In Städten wie Odessa mit 65 % Russisch Sprechenden und Mariupol mit 90 % Russisch Sprechenden und im heiß umkämpften Krematorsk mit 68 % solchen Bewohnern und in den Oblasten Lugansk und Donezk herrschte Russisch als Muttersprache vor. (Zahlen aus der Volkszählung 2001) Damit waren die Unruhen 2014 als Folge des antirussischen Sprachengesetzes vorprogrammiert. Am 7. und 28. April 2014 - zwei bis fünf Wochen nach Turtschinows Sprachengesetz - erklären sich zuerst der Oblast Donezk mit 75 % russischsprachiger Bevölkerung, dann der Oblast Lugansk mit 69 % russischsprachiger Bevölkerung, zu selbständigen Volksrepubliken. In einem Referendum im Mai 2014 stimmen über 90 % der Befragten in beiden Oblasten für ihre Unabhängigkeit von Kiew. Die ukrainische Zentralregierung setzte daraufhin Militär dagegen ein und schlug dort und andernorts ähnliche Bestrebungen in wochenlangen Straßenkämpfen nieder. So wurden vom 12. April bis zum 5. Juli die "Putschisten" in einer "Anti-Terror-Operation" in Odessa, Mariupol und im westlichen Donbass, beispielsweise in Kramatorsk, Slowjansk und weiteren Städten geschlagen und vertrieben. Seitdem tobt im Donbass der lokale Sezessionskrieg. Was zur Beurteilung der Kriegshandlungen der "Anti-Terror-Operation" fehlt, ist eine Berichterstattung in den westlichen Medien. Nach nicht überprüfbaren Berichten begann die Operation mit einem Einsatz von etwa 100.000 Soldaten der regulären ukrainischen Streitkräfte gegen etwa 30.000 Separatisten. 80 % der Gefallenen sollen am Anfang separatistische Kämpfer gewesen sein. Berichte, die dennoch zur Verfügung stehen, stammen in der Regel aus der Schweiz. So ist auf diesem Umweg bekannt geworden, dass 2014 ukrainische Kompanien und ganze Bataillone mit russischsprachigen Soldaten mit ihren Waffen auf die Seite der Separatisten übergelaufen sind, und dass Russisch sprechende Ukrainer zu Hunderttausenden aus den umkämpften Gebieten in Auffanglager ins benachbarte Russland geflohen sind. Unsere Medien berichteten stattdessen nur von "nach Russland entführten Ukrainern". Russland unterstützte zwar die russischen Separatisten in den abtrünnigen Oblasten, aber es griff den territorialen Bestand der Ukraine bis 2022 selbst nicht an. Dennoch behauptete der damalige NATO-Generalsekretär Rasmussen schon im September 2014, "Russland greife die Ukraine an", was die im Land befindlichen OSZE-Beobachter nicht bestätigen konnten. Putin forderte stattdessen Anfang Mai 2014 die Anführer der zwei abtrünnigen Oblaste auf, ihre geplanten Referenden zu verschieben, um mögliche Verhandlungen nicht zu blockieren. Nach den Referenden erkannte er die Selbständigkeit von Lugansk und Donezk acht Jahre lang nicht an. Vielmehr versuchte er, auf den zwei Minsker Konferenzen im September 2014 und im Februar 2015 zusammen mit Frankreich und Deutschland eine gedeihliche Regelung für Lugansk und Donezk als halbautonome Oblaste innerhalb der Ukraine zu arrangieren. Was an den deutschen Berichterstattungen von damals auffällt, ist, dass von 2014 bis 2022 nichts über das Leid der betroffenen Bevölkerungen, über die Zerstörungen im Donbass, über das Flüchtlingselend und über ukrainische Kriegsverbrechen berichtet worden ist. Immerhin meldete die OSZE für diesen Zeitraum etwa 14.000 Todesopfer in den zwei umkämpften Ostoblasten. Damit gab es auch keine allgemeine Empörung darüber im Deutschen Bundestag und in der Bevölkerung, wie sie acht Jahre später beim russischen Angriff auf die Ukraine losbrach. Der Anschluss der Krim an die Russische Föderation und der innerukrainische Separationskrieg waren die Folge einer verhängnisvollen Kette, begonnen vom unglücklichen Assoziierungsangebot der EU an die Ukraine, über die Vertragsverschiebung um ein Jahr durch Janukowytsch, über den Janukowytsch-Sturz bis hin zum verhängnisvollen Verprellen des russischsprechenden großen Anteils des ukrainischen Staatsvolks durch Turtschynow mit seinem Sprachengesetz. Ich rate, diese unglückliche Verkettung beim Versuch eines ukrainisch-russischen Interessenausgleichs nicht außer Acht zu lassen und die Entwicklung zum Kriege hin nicht vor allem Russland anzulasten. Zur rechtlichen Bewertung der Abspaltung von Staatsteilen aus der bisherigen Ukraine ist ein Grundsatzurteil zu bedenken, das der Internationale UN-Gerichtshof in den Haag im Fall der Kosovo-Unabhängigkeit am 22. Juli 2010 entschieden und ausgeführt hat. Die Entscheidung besagt, dass "das allgemeine Völkerrecht kein irgendwie festgelegtes Verbot einer Unabhängigkeitserklärung" kennt, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eines zusammenhängenden Gebiets sich in demokratisch herbeigeführter Willensbildung dafür entscheidet, sich vom bisher zugehörigen Staatsgebiet abzuspalten. Es muss sich auch dem juristisch nicht vorgebildeten Betrachter die Frage stellen, warum die Abspaltung Estlands, Lettlands und Litauens mit je 2 Millionen Einwohnern plus/minus von der Sowjetunion von allen NATO- und EU-Staaten begrüßt und anerkannt worden ist und die Abspaltung der Krim-Bevölkerung mit ihren 2,3 Millionen Einwohnern ein Völkerrechtsverstoß gewesen sein soll. Der Sprachenstreit seit 2014 und der achtjährige Bürgerkrieg mit seiner Härte und den Kriegsverbrechen an einem Teil der ostukrainischen Bevölkerung schließen ein gedeihliches Miteinander von Ukrainern und der starken russischen Minderheit in einem Staat in Zukunft aus. Die ukrainische Regierung hat ihre Chance, den Zweivölkerstaat zu erhalten, verspielt, als sie das Minsker Abkommen mit seiner Autonomielösung für die Ostukraine nicht respektiert und nicht umgesetzt hat. Das ist bei einem russisch-ukrainischen Friedensschluss zu berücksichtigen, wenn der Frieden auf Dauer halten soll. Gegenwärtiger SachstandDie Ukraine ist an Menschenkraft durch Kriegsverluste, Abwanderung und Abspaltung "ausgeblutet" (von ehem. 42.000 Einwohnern auf jetzt 23.000), an Waffen und Munition weitgehend verbraucht und an Finanzkraft auf Jahrzehnte hinaus hoch verschuldet. Sie war auch nicht in der Lage, ihre letzten versuchten Großoffensiven zum Erfolg zu führen. Der Ukraine-Krieg ist damit de facto zum andauernden Stellungskrieg à la Erster Weltkrieg geworden. Ohne weitere umfangreiche Aufrüstung durch die NATO-Staaten und sonstige Unterstützung dritter Staaten wird die Ukraine auch in Zukunft nicht in der Lage sein, noch eines ihrer selbst gesteckten territorialen Kriegsziele zu erreichen. Auch ansonsten ist die Kriegsunterstützung der Ukraine gegen Russland nach wie vor höchst fragwürdig. Zum Ersten hat die Ukraine den ersten Kriegsgrund mit dem Sprachenstreit und dem Einsatz der Armee gegen die eigene Bevölkerung im Donbass selbst geliefert. Und zum Zweiten stehen sich die Ukraine und die Russische Föderation mit ihren autoritären Staatsführungen, der Häufigkeit politischer Morde und Korruptionsfälle und in der Anzahl der seit 1995 verletzten internationalen Verträge, Resolutionen und Chartas gegenseitig in nichts nach. Dasselbe trifft ganz offensichtlich auf die Häufigkeit begangener Kriegsverbrechen zu. (Dazu Details zwei Kapitel später) In Summa bedeutet das, dass die Ukraine weder "westliche Werte" noch die Freiheit Europas mit verteidigt, wie ein Teil der westlichen politischen Eliten ihren Bevölkerungen suggeriert. Staatspräsident Selenskyj fürchtet offensichtlich um sein Amt, nachdem der im Lande angesehene Armeechef General Saluschnyj[wp] ein eigenes Interesse am Präsidentenamt bekundet und der Bürgermeister von Kiew Klitschko Selenskyjs Amtsführung hart kritisiert hat. Saluschnyj liegt in der Beliebheitsskala im Dezember 2023 mit 88 % deutlich vor Selenskyj mit 62 %. Es ist durchaus möglich, dass Selenskyj trotz seiner häufig wiederholten Ablehnung von Verhandlungen bereit sein würde, einem schnellen Kriegsende mit vernünftigen Konditionen zuzustimmen, wenn er damit selbst zum Schluss als Friedensbringer dastehen und wieder erfolgreich für das Präsidentenamt kandidieren könnte. Die russische VorgeschichteRussland und die USAAm Anfang des russisch-ukrainischen Zerwürfnisses stand neben anderen Schwierigkeiten der Zerfall des gegenseitigen Vertrauens und die zunehmenden Interessengegensätze zwischen den USA und Russland. Die amerikanisch-russische Annäherung ab 1997 mit der NATO-Russland-Grundakte[wp] und dem NATO-Russland-Rat wich ab 2002 einer erneuten Entfremdung. Die USA hatten 2002 den ABM-Vertrag gekündigt, ohne ihn, wie von Russland erbeten und nach der NATO-Russland-Grundakte grundsätzlich vorgesehen, erneut mit Russland zu verhandeln. Des Weiteren hatten 30 Staaten 1999 einen KSE-Nachfolgevertrag ausgehandelt, den die NATO-Mitgliedstaaten, im Gegensatz zu Russland, anschließend nicht ratifizierten. Zu "schlechter Letzt" hatten die USA 2008 unter dem Vorwand einer Krise in Georgien die Aufnahme der Ukraine in die NATO gefordert und damit das Standbein russischer Sicherheitspolitik in Frage gestellt. Dies Standbein war der Reaktions- und Sicherheitsabstand zum NATO-Gebiet mit der damit gegebenen gegenseitigen atomaren Verwundbarkeit. Die Georgien-Affäre ist allerdings verdreht in das Gedächtnis der deutschen "politischen Welt" eingegangen. Georgien, Amerikas VorwandDer Sachverhalt der Vorgeschichte des Georgienkonflikts[wp] war folgender: Südossetien, bis dato ein autonomer Staatsteil Georgiens, hatte sich bereits 1989 von Georgien getrennt, noch bevor sich Georgien selbst 1991 von der Sowjetunion loslöste. Danach versuchte das nun selbständige Georgien, sich das abtrünnige Südossetien in zwei "Georgischen Kriegen" wieder anzuschließen. Bei Vermittlungsversuchen der EU und Russlands trat Russland als Schutzmacht der Osseten und mit einer Friedenstruppe in Südossetien auf. Im November 2006 hielt die regionale südossetische Regierung ein Referendum ab, das zu einem über 90-prozentigen Ergebnis für die Unabhängigkeit von Georgien führte. Trotzdem erkannte Russland die Unabhängigkeit Südossetiens von Georgien mit Hinweis auf die damals gleichzeitig offene Unabhängigkeitsfrage des Kosovo von Serbien nicht an. (Russland stand auf der Seite Serbiens und war gegen die Abspaltung des Kosovo) Am 17. Februar 2008 erklärte sich das Kosovo für unabhängig. Schon tags darauf, am 18. Feb. erkannten die USA die Unabhängigkeit des Kosovo an. (am 20. Feb. folgte die Anerkennung durch Deutschland) Einen Monat später, am 21. März, erkannte Russland die südossetischen Unabhängigkeit mit Hinweis auf den vorherigen Kosovo-Fall an. Wiederum zwei Wochen später, am 3. April, beantragten die USA auf dem NATO-Gipfel in Bukarest die Aufnahme Georgiens und ohne weiteren Anlass auch gleich noch der Ukraine in die NATO. Drei Monate später, ab Mitte Juli 2008 hielten russische Streitkräfte im Nordkaukasus[wp] auf russischem Staatsgebiet das Manöver "Caucasus Frontier" und US-amerikanischen Streitkräfte zusammen mit georgischen das Manöver "Immediate Response" in Georgien ab. Putin reagierte auf den US-Vorschlag, Georgien in die NATO aufzunehmen, und stärkte nun russischerseits die Selbständigkeitsbemühungen der Südosseten. Er verfügte am 16. April die engere Zusammenarbeit der russischen mit den südossetischen Behörden und ließ im Mai die dortigen russischen Friedenstruppen um 500 Soldaten verstärken. Die Georgier werteten das als Einmischung Russlands in ihre inneren Angelegenheiten und als russische Bedrohung. Der georgische Präsident Saakaschwili[wp] ließ daraufhin am 8. August 2008 in Hoffnung auf die Unterstützung von US-amerikanischen Manövertruppen in seinem Land Südossetien angreifen und deren Hauptstadt bombardieren. Als Russland daraufhin eingriff und die Georgier in fünf Tagen aus Südossetien vertrieb, war das US-amerikanisch-georgische Bedrohungsnarrativ für die NATO manifest. Seitdem hängt das Damoklesschwert einer NATO-Erweiterung nicht nur um Georgien, sondern auch um die Ukraine über Russlands Sicherheitsarchitektur. Das war ein früher Meilenstein auf dem Weg in den heutigen Ukraine Krieg. Es mutet schon eigenartig an, wie nahezu vergleichbare Vorgänge je nach Betrachtungsrichtung unterschiedlich bewertet und bezeichnet werden. Das Eingreifen der NATO in Serbien zum Schutz der bedrohten Kosovaren war ein Akt der "humanitären Schutzpflicht". Und das Eingreifen der Russen in Südossetien zum Schutz der bedrohten Osseten war ein "verbrecherischer Angriff". Das Eingreifen von NATO-Truppen in Serbien ohne UN-Mandat war "selbstmandatiert" und das Eingreifen der Russen in Südossetien ohne UN-Mandat war völkerrechtswidrig. Diese Bewertungsasymmetrie wiederholte sich 2022 beim Eingreifen Russlands in den seit acht Jahren laufenden innerukrainischen Separationskrieg[wp]. Russland und die NATODas russische Bemühen, die Entfremdung zwischen Ost und West nicht zum Äußersten kommen zu lassen, wird an den russischen Anstrengungen deutlich, den Risiko- und Sicherheitsabstand zwischen dem Militärgebiet der NATO und dem der Russischen Föderation aufrecht zu erhalten. Es ist hierbei die NATO mit der Atommacht USA, die sich mit ihrer Interessen-, Einfluss- und Militärzone auf Russland zubewegt und nicht Russland, das sich nach Westen ausdehnt. Putin hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 deutlich formuliert, dass "eine weitere NATO-Osterweiterung auf den ehemaligen Gebieten der Sowjetunion das Überschreiten einer roten Linie bedeuten würde." Danach war der Bukarester Vorschlag der USA schon 2008, Georgien und die Ukraine in die NATO aufzunehmen, eine unübersehbare Herausforderung Moskaus. Ab 2021 wiederholten sich die Wünsche der Ukraine nach NATO-Mitgliedschaft und die Andeutungen und Offerten dazu seitens des damaligen NATO-Generalsekretärs, der US-amerikanischen Regierung und der Regierungen anderer NATO-Mitgliedstaaten. Zeitgleich schlug Russland mehrmals und vergeblich gegenseitige Sicherheitsabkommen vor und Präsident Putin telefonierte und konferierte etwa zwölfmal mit westlichen Staats- und Regierungschefs, um die NATO-Aufnahme der Ukraine doch noch abzuwenden. Als dann NATO-Generalsekretär Stoltenberg[wp] erst am 13. Dezember 2021 Putin aufforderte, "zur Diplomatie zurückzukehren" und derselbe Stoltenberg drei Wochen später, am 12. Januar 2022, der russischen Delegation im NATO-Russland-Rat erklärte, dass die NATO und beitrittswillige Staaten allein über NATO-Beitritte entschieden und dass "da niemand reinzureden hätte" und als Staatspräsident Selenskyj am 19. Februar 2022 die atomare Wiederaufrüstung der Ukraine ansprach, war das Maß aus russischer Sicht voll. Am 24. Februar 2022 ließ Staatspräsident Putin russische Truppen in die Ukraine einmarschieren. Ein Schweizer OSZE-Beobachter in der Ukraine teilte kurz nach Kriegsausbruch zu den von polnischen Geheimdiensten gemeldeten russischen Waffenlieferungen an die Separatisten mit: "Wir konnten vor Kriegsausbruch keine Waffenlieferungen feststellen." Die offensichtlich vorgesehene NATO-Mitgliedschaft der Ukraine war der eine Grund des russischen Einmarschs in die Ukraine, und der seit acht Jahren währende innerukrainische Separationskrieg der Kiewer Zentralregierung gegen die russischsprachige Donbass-Bevölkerung war der andere Grund für das Eingreifen Moskaus in den Bürgerkrieg im Nachbarland. Insofern war der russische Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 kein "verbrecherischer Angriffskrieg", sondern das Eingreifen in einen seit acht Jahren stattfindenden Bürgerkrieg im Nachbarland. Als solches war es nach westlicher Terminologie ein "selbstmandatiertes" Nachkommen einer "humanitären Schutzpflicht". Bei der Formulierung eines Friedensvertrags sollte man bei dem unübersichtlichen Geflecht von Aktionen und Reaktionen und der internationalen, nicht eindeutigen Bewertung von Schutzpflichten gegenüber nationalen Minderheiten jenseits der eigenen Grenzen auf jede Schuldzuweisung verzichten und den Vertrag ausschließlich auf das sofortige Schweigen der Waffen, die eilige Beendigung des Krieges und die Änderung der zukünftigen Grenzen nach den Bedürfnissen der jeweiligen Ethnien. Die KrimDie Frage, die im Raume steht, ist, warum die westliche Welt 1990 die Abspaltung der 1,3 Millionen Esten, der 2 Millionen Letten und des 2,8 Millionen Litauer von der Sowjetunion gut geheißen hat, genauso wie 1991 die Abspaltung der 2,1 Millionen Slowenen und der 3,9 Millionen Kroaten von Jugoslawien und im Gegensatz dazu 2014 die Loslösung der 2,3 Millionen Krimbewohner von der Ukraine als Bruch des Völkerrechts verurteilt? Im Falle der Sezession[wp] der Krim von der Ukraine 2014 und ihrem anschließenden Beitritt zur Russischen Föderation liefen zwei synchrone Vorgänge zusammen, erstens die Abschaffung des Russischen als zweite Amtssprache für die gesamte Ukraine und zweitens die Befürchtung der russischen Regierung, dass sie bei fortschreitender Entwicklung ihren Kriegshafen Sewastopol an die US Navy abtreten müsste. Auf der Krim sprachen 77 % der Bewohner Russisch und nur 10,1 % Ukrainisch. Schon im Januar 1991 hatte sich der Oberste Sowjet der Krim für eine Autonomie und den Verbleib bei der Sowjetunion entschieden. Das hatte die Kiewer Zentralregierung später, im August 1991, bei ihrer eigenen Unabhängigkeitserklärung von der Sowjetunion - und auch zuvor - nicht anerkannt. Danach, im Dezember 1991, stimmten 54 % der Krim-Bewohner in einem erneuten, lokalen Referendum - jedoch auch erneut erfolglos - für ihren Wiederanschluss an Russland. Diese alte Wunde brach am 24. Februar 2014 mit dem ukrainischen Sprachgesetz und der Abschaffung des Russischen als zweiter Amtssprache wieder auf. Es kam, wie im Donbass, zu Unruhen. Am 27. Februar 2014 wandte sich der Krim-Präsident Aksjonow mit einem Ersuchen an die russische Regierung. Er bat um "Hilfe bei der Gewährleistung von Frieden und Ruhe auf dem Territorium der Autonomen Republik Krim[wp]." Dem folgte am 16. März ein weiteres Referendum, in dem 95 % der abgegebenen Stimmen für den Wiederanschluss an Russland optierten. Zu diesem Referendum waren Beobachter von OSZE, EU und UNO eingeladen. Sie erschienen aber nicht. Am 21. März folgte der Anschluss der Krim an Russland. Zum Schluss setzte Russland Fallschirmjäger (die sog. grünen Männer) zur "Absicherung" der Wahl auf der Krim ein. Putin berief sich dabei auf die "russische Schutzpflicht" wie es die USA oft in vergleichbaren Fällen unter Berufung auf ihre US-amerikanische "humanitäre Schutzpflicht" getan haben. Im Fall der vorherigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo hatte der Internationale Gerichtshof der UN schon vor vier Jahre auch entschieden, dass das Ausscheiden eines Staatsteils oder Teilstaates aus einem Staat nicht gegen das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht verstößt (Urteil vom 22. Juli 2010). Alle vernünftigen Voraussetzungen waren dazu auch im Fall der Krim gegeben, nämlich ein geschlossenes Gebiet mit mehrheitlich gemeinsamer Nationalität, die sich mehrheitlich in einem Referendum gegen die weitere Staatsbürgerschaft in ihrem bisherigen Staat entscheidet und damit für eine Abspaltung. Der zweite synchrone Vorgang war der Streit der USA und Russlands um die Dominanz im Schwarzen Meer. Die seit 2008 von den USA öffentlich angestrebte NATO-Mitgliedschaft der Ukraine hätte bedeutet, dass die Krim in Zukunft für die USA geöffnet und für Russland geschlossen sein würde. Russland hätte seine seestrategische Position im Schwarzen Meer mit dem Verlust seines Kriegshafens auf der Krim an die US-Navy abgeben müssen und damit auch die Kontrolle über den Seeweg zum größten Handelshafen Russlands Noworossijsk[wp]. Auch der Handelshafen der Ukraine Odessa hätte amerikanischer Kontrolle unterstanden. Dass Russlands Sorge nicht unbegründet war, zeigte das Verhalten der USA schon vor Moskaus Eingreifen in den innerukrainischen Bürgerkrieg 2022. Die USA hatten schon vorher ihr Marinekommando "73. Maritime Special Operations Center" nach Otschakiw[wp] 150 Kilometer westlich der Krim an der Dnjeprmündung eingerichtet und damit ihren seestrategischen Arm bis am Russlands Hintereingang ausgestreckt. Die Angliederung der Krim ist mit der US-amerikanischen Abwehr der sowjetischen Raketenstationierung auf Kuba[wp] 1962 vergleichbar. Auch die USA hatten damals keinen Gegner direkt an ihrer Hintertür geduldet. Und, was wäre, wenn sich China mit Kubas Einverständnis anschickte, den US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay[wp] auf Kuba zu übernehmen? (Die USA hatten den Stützpunkt 1934 vertragslos ohne Rechtsgrundlage übernommen.) Vergleiche sind meist etwas schief, aber oft dennoch nicht schief genug, um nicht damit deutlich zu machen, worum es geht. Vier Tage nach dem Anschluss der Krim an Russland, am 26. März, bewertete Altbundeskanzler Helmut Schmidt das russische Vorgehen auf der Krim als "durchaus verständlich", wenn auch für gefährlich. Die anschließenden Sanktionen hielt er für "dummes Zeug" und die Schuld für die Situation in der Ukraine sah er beim Westen. Die westliche Welt erklärte die Abspaltung der Krim und ihren Anschluss an Russland 2014 umgehend zur gewaltsamen Annexion. Die USA verhängten sofort ihre ersten Sanktionen gegen Russland. Und, noch während der Entscheidungsprozess auf der Krim ablief, wurde das ukrainische Staatsgold von 42,37 Tonnen am 11. März 2014 verladen und in die USA geflogen. (nach Schweizer Quelle) Nach Staatspräsident Putins Erfahrungen mit den USA und der NATO muss man davon ausgehen, dass er dem Westen nicht mehr über den Weg traut. Er hatte die Unwirksamkeit mündlicher Zusagen erlebt (Baker-Zusage der Nicht-Osterweiterung der NATO 1990), dann die Doppelzüngigkeit des NATO-Generalsekretärs Stoltenberg (erst die Aufforderung, "zur Diplomatie zurückzukehren" im Dezember 2021 und kurz darauf die Stoltenberg-Belehrung, Russland habe in die Osterweiterung "nicht reinzureden" im Januar 2022) und über die Jahre die US-amerikanischen Weigerungen, neue Sicherheitsabkommen mit Russland abzuschließen (1999-2022). Putin akzeptiert keine vorkonditionierten Verhandlungsaufforderungen. Er braucht offensichtlich ein konkretes Angebot, den Vorschlag eines für Russland verhandelbaren Friedensvertrags mit der Ukraine. |
– Gerd Schultze-Rhonhof[1] |
Einzelnachweise
- ↑ Gerd Schultze-Rhonhof: Auszug aus den Anlagen 1 und 2 von zwei offenen Brief von Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof, Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V. 24.12.2023 und 02.02.2023
Netzverweise
- Wikipedia führt einen Artikel über Gerd Schultze-Rhonhof
- Kai Burkhardt: So wird man zum Reichsbürger, Die Welt am 6. April 2023
- Anreißer: Wie konnte es zur Reichsbürgerbewegung kommen? Der Fall eines Bundeswehrgenerals erweist sich als exemplarisch. Entscheidend ist seine Deutung der Ursachen des Zweiten Weltkriegs. Als Einstiegsdroge in die Radikalität dient besonders eine Theorie.