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Estrela-Bericht

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Demonstration in Straßburg am 9. Dezember 2013

Der Estrela-Bericht steht für die Initiative der portugiesischen EU-Abgeordneten Edite Estrela im Dezember 2013, die die Einführung eines EU-weiten Sexual­kunde­unterricht in einer "sicheren, tabufreien und interaktiven Atmosphäre zwischen Schülern und Erziehern" gefordert hatte. Außerdem setzte sich der Bericht für die EU-weite Legalisierung von Abtreibung als Menschenrecht ein.[1]

Im Jahr 2021 unternimmt der Frauenausschuss des EU-Parlaments in Brüssel erneut den Versuch, mittels einer Parlaments­­entschließung ein "Menschenrecht auf Abtreibung" einzuführen. Es ist die Wiedervorlage des früheren Estrela-Berichts aus dem Jahr 2013.

2021

Zitat: «Die große Heuchelei in der Abtreibungsfrage - Vor einer neuen Abstimmung im Parlament

In Brüssel unternimmt der Frauenausschuss des EU-Parlaments erneut den Versuch, mittels einer Parlaments­entschließung ein "Menschenrecht auf Abtreibung" einzuführen. Schon in der Legislatur­periode zwischen 2009 und 2014 gab es einen Versuch unter der Feder­führung der portugiesischen Abgeordneten Edite Estrela. Gleichzeitig lief die Europäische Bürger­initiative "1-von-uns" zum Schutz des menschlichen Embryos in der EU-Politik. Anlass dieser Aus­einander­setzungen um das natürliche Recht auf Leben ab der Befruchtung und das politisch herbeigeredete "Menschenrecht auf Abtreibung" war ein Grundsatz­urteil des EuGHs zur jetzt unionsweit geltenden Definition des Ausdrucks "menschlicher Embryo": "Der Mensch ist ab der Befruchtung ein Mensch" (Urteil C-34/10 vom 18. Oktober 2011, Oliver Brüstle gegen Greeenpeace e.V.). Nach zwei Jahren intensiver parlamentarischer und öffentlicher Auseinandersetzung, zwei Anläufen im Ausschuss und im Plenum, scheiterte der "Estrela-Bericht" schließlich. Frau Estrela wurde nicht mehr als Kandidatin zur EU-Wahl in Portugal aufgestellt. Es herrschten fünf Jahre verhältnismäßige Ruhe (2014-2019). Kaum war jedoch das neue EU-Parlament nach den Wahlen 2019 konstituiert, beantragte der Frauenausschuss erneut, einen "Initiativ­bericht über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen" zu erarbeiten. Bericht­erstatter ist heute der kroatische Sozialdemokrat Predrag Fred Matic. Von alledem haben Sie bis jetzt noch nichts gehört? Kein Wunder. Die corona-bedingten Arbeits­bedingungen am Place Luxembourg im Brüsseler Europaviertel führen schließlich zu einem Höchstmaß an demokratischer Verschlossenheit.

Aber jetzt kommt der Berichtsentwurf von Predrag Fred Matic an die Öffentlichkeit. Er ist die Wiedervorlage des früheren Estrela-Berichts. Einzige substantielle Änderung ist die parlaments­interne Verfahrens­nummer, sie lautet nunmehr "2020/2215 (INI)". Über die inhaltliche Deckungs­gleichheit braucht man sich nicht zu wundern, weil diejenigen Abtreibungs­lobbyisten, die bereits Frau Estrela die Feder hielten, auch bei Herrn Matic aktiv waren. Der Titel des Initiativ­berichts ist erneut ein Beispiel dafür, wie eine Nicht­zuständigkeit der EU (nämlich Abtreibung in den Mitglieds­staaten) durch missverständliche Eurokraten-Schönwort­rhetorik zu einer EU-Zuständigkeit umgedichtet werden: "Lage im Hinblick auf" "Gesundheit", "Rechte der Frauen", "Gesundheit der Frauen" - selbstverständlich hat auf den ersten Blick niemand etwas gegen einen Lagebericht über den Zustand der Frauengesundheit in der EU. Doch darum geht es überhaupt nicht! Das EU-Parlament soll mit einfacher Mehrheit entscheiden, dass Abtreibung ein Menschenrecht sei, in der EU und überall auf der Welt.

503 Änderungsanträge wurden eingereicht, bis heute wurden daraus 43 Kompromisse zusammen­geschustert. Die Truppen bringen sich in Stellung. Es bedarf einer erneuerten, motivierten und effizienten Lebens­rechts­schutz­bewegung in Deutschland und in den anderen Mitgliedsstaaten der Union, um diese Abstimmung zu verhindern. Zumal die personelle Aufstellung bei den Christdemokraten kein gutes Ende voraussehen lässt. Die Europa­abgeordneten von CDU, CSU und ÖVP lassen sich ausgerechnet von Frau Francis Fitzgerald aus Irland bei den Verhandlungen vertreten. Frau Fitzgerald war Justizministerin in Dublin und eine der Gallions­figuren im Referendum zur weitgehenden Liberalisierung von Abtreibung in Irland. Klartext: die schärfste Abtreibungs­befürworterin bei den Christ­demokraten leitet die Verhandlungen. Warum lassen CDU, CSU und ÖVP das zu?

Die Christdemokraten von Manfred Weber[wp] (CSU) sind in Brüssel offenbar nicht mehr wirklich gegen ein "Menschenrecht auf Abtreibung". Sie waschen, Pilatus gleich, ihre Hände in Unschuld und schieben ihr "Mittun durch unterlassenen Widerstand" auf die bestehenden Mehrheits­verhältnisse. Da kann Manfred Weber, Söders Vize-Chef im Münchner CSU-Parteipräsidium, noch so viele schöne Zeitungsartikel in Auftrag geben, um seine Kindheit als katholischer Oberministrant in Wahlkampf­argumente der Blau-Weißen umzumünzen. In Brüssel täuschen die rhetorisch-kosmetischen Änderungs­anträge einen politischen Widerstand der Christdemokraten nur vor. Sie ebnen so den Weg für die gemeinsame Sache mit den Grünen und den Sozialdemokraten. Es nützt also wenig, dass CDU und CSU nach dem Weggang der ungarischen Fidesz-Abgeordneten in der EVP zahlenmäßig noch mehr Einfluss haben. Sie nutzen ihn ja nicht. Wer die 274 Seiten Änderungs­anträge zum Matić-Bericht aufmerksam durchliest, stellt fest, dass die einzigen Streichungs­anträge und substantiellen inhaltlichen Änderungen zugunsten des Schutzes des ungeborenen Lebens sowie von Ehe und Familie von Christine Anderson und Nicolaus Fest eingereicht wurden, die für die AfD im Frauen­ausschuss des Europa­parlaments sitzen. Wer das nachprüfen will, findet die Änderungs­antragsbücher jeweils unter den Kennziffern PE662.044v01-00 und PE662.097v01-00 im Internet.

Doch auch die Abtreibungs­befürworter sind sich ihrer Sache noch nicht ganz sicher. Deswegen veranstaltete der Frauen­ausschuss in Zusammenarbeit mit dem "Sonder­ausschuss zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation" eine öffentliche Anhörung am 25. März zum Thema "Ausländische Finanzierung und Einflussnahme von Lebens­rechts­schutz­organisationen in der EU". Eine fatale Première, die einmal mehr die Ehre des EU-Parlaments infrage stellt. Im Rahmen einer offiziellen Parlaments­veranstaltung wurden Lebens­rechts­schutz­organisationen von ihren Opponenten öffentlich diffamiert. Das kam seit 1999 nicht mehr vor. Aber es zeigt, wie sehr die Nerven blank liegen - und das auch die Abtreibungs­lobbyisten nicht auf eine solide Mehrheit im EU-Parlament rechnen können.

Beide Ausschüsse werden von Sozial­demokraten geleitet. Das erweitert den Handlungs­spielraum der Abtreibungs­aktivisten, zumal von der christlichen Volkspartei kein Widerstand kommt. Es war die Fraktionsvize der Grünen im EU-Parlament, Alice Bah Kuhnke[wp] aus Schweden, die den Bezug zwischen der institutionellen Diffamierung von Lebens­rechts­schutz­organisationen und dem neuen Versuch, ein Lebensrecht auf Abtreibung einzuführen, herstellte. Auf der Tages­ordnung standen vier "europäische Experten", die jedoch nicht nur alle aus demselben politischen Lager kamen, sondern auch ausnahmslos von US-Stiftungen und US-Konzernen für ihre Abtreibungs­lobby­tätigkeit finanziert werden: Caroline Hickson (IPPF Europa), Véronique Sehier (IPPF Frankreich), Neil Datta[ext] (General­sekretär der Arbeitsgruppe für Abtreibung und Bevölkerungs­planung des EU-Parlaments) und Claire Provost[ext] ("Open Society"[wp]).

Diese "Experten", die über die ausländische Finanzierung von europäischen Lebens­rechts­schutz­initiativen lamentierten, werden maßgeblich von US-amerikanischen Stiftungen und Konzernen finanziert. An diesem 25. März wohnte man im EU-Parlament einer dem europäischen Gedanken wirklich unwürdigen Inszenierung altbackener links­liberaler Politik-Aktivisten bei, die im Grunde nichts Anderes machen, als das, was sie von der hoch­offiziellen Tribüne des EU-Parlaments aus ihren politischen Konkurrenten vorwerfen: nämlich ihre politischen Ideen maximal­effizient zu vertreten und in die demokratischen Entscheidungs­prozesse der zuständigen Institutionen einfließen zu lassen. Sie beschwerten sich, dass sich Bürger, denen das Recht auf Leben der ungeborenen Kinder wichtig ist, sich in das demokratische Leben der Gesellschaft einmischen. Dabei wird doch das genau immer wieder gefordert. Nun jedoch wird das Recht auf freie Meinungs­äußerung stigmatisiert, wenn es dieses Recht zugunsten des ungeborenen Lebens wahrgenommen wird. Auf gut deutsch: Das ist Heuchelei hoch drei.

Vielleicht erinnern wir kurz vor Ostern an ein Datum aus der Religions­geschichte. Die Staatsbürger katholischer Religions­zugehörigkeit feierten weltweit am 25. März das Hochfest der "Verkündigung des Herrn": neun Monate vor dem 24. Dezember sagt Maria gemäß der Überlieferung "Fiat - mir geschehe nach Deinem Wort" und seitdem trug sie das Leben ihres Sohnes Jesus in sich. Hätte es damals schon das Bevölkerungs­programm der Vereinten Nationen, Entwicklungs­hilfe­ministerien und "Pro Familia" gegeben, wäre die Weltgeschichte vielleicht anders verlaufen. Und so ist es vielleicht kein Zufall, dass das argumentative Elend der Abtreibungs­befürworter in einer öffentlichen Anhörung des EU-Parlaments an einem 25. März offenbar wurde. Positiv gesehen: Es könnte der Weckruf sein, um die Bewegungen für den Schutz des Lebensrechts in den Mitglieds­staaten aus ihrem gemeinschaftlichen Dornröschen­schlaf zu befreien, in den sie seit der erfolgreichen Bürger­initiative "1-von-uns" gefallen sind, und jetzt die neue Herausforderung annehmen, den Matic-Bericht zum Scheitern zu bringen, so wie 2014 den Vorläufer namens Estrela. Es wäre eine Art Auferstehung für das Leben.»[2]

Kommentare

Zitat: «Die Rechtslage ist eigentlich eindeutig, und sie steht der Absicht Estrelas diametral entgegen. Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs hatte 2011 höchst­richterlich entschieden, dass der Mensch ab der Befruchtung ein Mensch ist.[3] Der Beginn des Menschseins lässt sich demzufolge präzise bestimmen - und ab diesem Zeitpunkt kommt ihm, dem Embryo, Würde zu, die durch europäische und inter­nationale Rechts­instrumente geschützt ist und die zu garantieren die Institutionen verpflichtet sind.»[4]

Einzelnachweise

Querverweise

Netzverweise