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Südafrikanisierung

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Der Begriff Südafrikanisierung bezeichnet schlagwortartig die Entstehung grassierender Korruption und oligarchischer Machtstrukturen in Staat und Privatwirtschaft sowie neuer sozialer und Berufsgruppen in Folge einer egalitaristisch motivierten politischen und gesellschaftlichen Umwälzung.

Verwendung

"Die Entwicklung der persönlichen Dienst­leistungen ist also nur im Kontext wachsender sozialer Ungleichheit möglich, in der ein Teil der Bevölkerung die wohlbezahlten Aktivitäten ergattert und einen anderen Teil in die Rolle der Dienstboten zwingt."

Die Entstehung einer neuen Dienstboten­klasse bezeichnet Gorz[wp] hier als "Südafrikanisierung" der Gesellschaft[1]; Robert Castel[wp] verwendet im gleichen Zusammenhang den Ausdruck "Ver­dritt­weltlichung"[2], Ulrich Beck[wp] den der "Brasilianisierung".[3]

Südafrikanisierung Deutschland

Darf man die Fehlentscheidungen der Politik in Wirtschafts­fragen in Südafrika und in Deutschland miteinander vergleichen? Man sollte es sogar, sage ich - und bekomme sofort Zunder. "Ich weiß gar nicht, was du hast. Der Laden hier brummt doch! Im Gegensatz zu Südafrika!" Solche und ähnliche Aussagen bekommt man aber immer zu hören, wenn die heimische Wirtschaft Thema von Gesprächen ist und man Zweifel an der Zukunfts­fähigkeit Deutschlands äußert. Es ist in der Tat nicht so einfach, von strukturellen Problemen zu sprechen, wenn gleichzeitig von überallher scheinbar nur Jubel­meldungen kommen. Die Wirtschaft sucht händeringend nach Fachkräften und die Politik spricht von "sprudelnden Steuer­einnahmen". Doch ersteres zeigt eben nur, dass die Fachkräfte schlicht fehlen und das zweite ist ein ziemlich vulgärer Euphemismus dafür, dass der Staat die Nadel im Arm seiner Steuer­zahler hat und kräftig am Kolben zieht. Von allein sprudelt da nämlich nichts, man muss kräftig nachhelfen. Hinzu kommt, dass die deutsche Politik systematisch einen Industrie­zweig nach dem anderen erst in den Wahnsinn und dann in die Flucht treibt.

Die Energiewirtschaft ist nur noch ein Schatten und muss diesen Schatten auch noch fürchten, falls er zu einem ungünstigen Zeitpunkt auf die Solar­anlagen fallen sollte und das Netz am Ende doch mal zusammenbricht. Die Auto­industrie beerdigt man unter aber­witzigen Grenz­werten und Feinstaub­hysterie, selbst wenn dieser nur zu ca. 4 % aus den Motoren kommt.[a 1] Die Gentechnik haben wir aus Angst und Unkenntnis abgewürgt, den Wohnungs­markt durch Bürokratie, Willkommeritis und Mietpreis­bremse[4] ruiniert und die Digitalisierung wird absehbar in einer Datenschutz- und Regulierungs­paranoia und der latenten Start-Up-Feindlichkeit in diesem Lande stecken­bleiben. Aber sie brummt noch, die deutsche Wirtschaft. Man hat kaum Gelegenheit, sich die Gesichter der Liefer­fahrer von DHL, UPS und Konsorten zu merken, so schnell wechseln die. Und brummen tun sie auch - vor allem dann, wenn man sie auf ihre Löhne anspricht. Die Personallage spitzt sich überall zu, auch wenn die Medien sich fast ausschließlich auf den Pflege­notstand kaprizieren. Es fehlen aber auch Lehrer, Ärzte, Ingenieure... eigentlich fehlen alle, die Kurve zeigt überall nach unten. Die einzigen vakanten Stellen, die sich scheinbar wie von selbst besetzen, sind die des professionellen Asylbewerbers Asylforderers.

Genderstudies, Gerechtigkeits-Summsumm, Größenwahnsinn

Bekam eine Werbeagentur noch vor zehn Jahren regelmäßig aufwendige und kreative Bewerbungen von Abiturienten, unterbieten heutige Bewerber das Niveau mühelos. Ein paar Zeichnungen von Prinzessinnen auf glubsch­äugigen Einhörnern, angefertigt auf Karopapier, das aus einem Ringbuch heraus­gerissen wurde, sollen heute oft bereits als hinreichende Belege für Eignung und Begabung gelten. Heute lacht man noch über derlei mangelhafte Selbst­einschätzung, doch die Empfehlungen kommen ausgerechnet von Lehrern, die offenbar auch nicht mehr zu der Erkenntnis in der Lage sind, worin die Eignung für bestimmte Berufe besteht. Das Lachen wird uns allen aber sehr schnell im Halse stecken bleiben, und wir werden das Anforderungs­niveau auch weiterhin Stück für Stück dem Angebots­niveau anpassen müssen, um die vielen kleinen und großen Rädchen, die Deutschland am Laufen halten, personell auch nur halbwegs besetzen zu können. Ich weiß, dass der Lieblings­philosoph der Deutschen, ein gewisser Precht[wp], schon das Ende der Arbeit dräuen sieht, weil die Roboter und die Digitalisierung uns alle bald überflüssig machen werden. Doch da sehe ich das Ende der Wirtschaft, wie wir sie gewohnt sind, noch weitaus schneller kommen. Denn die Erhaltung unserer Infra­struktur, auf der sämtliche Robotik und Digitalisierung aufbauen muss, kostet uns bereits heute extreme Anstrengungen und wir scheitern immer häufiger an dieser Aufgabe. Wenn die letzte Brücke marode ist, der letzte Wasserhahn tropft, die letzte Fliese von der Wand gefallen und der letzte Chemie­ingenieur Deutschland verlassen hat, werden wir feststellen, dass auch Elektroautos Straßen und Brücken brauchen und auch IT-Nerds gelegentlich die Toilette benutzen müssen bzw. Deos benutzen sollten.

Gute Konjunktur haben indes Verwaltung, Politik­betrieb sowie Europadies und Europadas. Dort wird das Gift zusammen­gerührt, dass die Wirtschaft stranguliert oder lähmt. Genderstudies, Gerechtigkeits-Summsumm und Größenwahnsinn in Sachen Regulierung[wp] sorgen für die rechtliche und mediale Begleitmusik, an die wir uns schon so sehr gewöhnt haben, dass wir kaum noch in Frage stellen, was uns da als fortschrittlich und folglich zwingend richtig präsentiert wird. Dabei kann es bis zum Crash in der Tat noch eine ganze Weile dauern, was vor allem davon abhängt, wie lange sich der Euro noch wird halten können, der keine Währung ist, sondern ein ideologisches Groß-Experiment mit Ihnen und mir als Laborratten. Bis es soweit ist, schauen wir vielleicht mal auf ein anderes Land, das den Weg von einem hoffnungs­vollen Aufbruch hin zu einem Failed-State mit beinahe Bürgerkrieg in atemberaubender Geschwindigkeit geht und nun fast am Ziel ist. Die Mechanismen, die in Deutschland am Werk sind, erleben wir in Südafrika ebenfalls. Nur um ein Vielfaches beschleunigt.

Rainbow-Nation

Als ich 1988 wie gebannt das "Tribute Concert" in Wembley zu Ehren Mandelas[wp] im Fernsehen verfolgte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass Mandela etwa 20 Monate später ein freier Mann sein würde. Aber dass die deutsche Teilung auch nur noch 28 Monate dauern würde, ahnte ja auch niemand. Als Mandela 1994 Präsident wurde, stellte sich nur die eine Frage: Würde ihm genug Zeit bleiben, um aus den Strukturen eines Apartheits­staates, einer rechtlosen 90 %-Mehrheit und der militanten Untergrund­bewegung ANC[wp] ein zukunfts­fähiges Land zu machen? Es sieht im Moment gerade nicht danach aus, als sei ihm das gelungen. Doch dass der politischen und rechtlichen Gleichstellung von schwarzen und weißen Süd­afrikanern nicht auch unmittelbar die materielle folgte, ist eigentlich logisch. Eine Ökonomie, die für eine privilegierte Schicht von 10 % funktionierte, soll nun für alle funktionieren. Dazu kann man nicht einfach ein Gesetz unterzeichnen[5] und mit einem Federstrich Ungleichheiten beseitigen - hier gibt es den langsamen Weg, der über Chancen­gleichheit führt, welche wiederum nur das Bildungs­system schaffen kann, und den schnellen Weg, der über eine staatlich alimentierte und koordinierte Umverteilung und erneuter Ausgrenzung führt.

Der ANC hat mit verheerenden Konsequenzen seit Mandelas Abgang den zweiten Weg eingeschlagen und auch der neue Präsident Ramaphosa[wp] scheint nicht in der Lage, daran etwas zu ändern.[6] Das BEE-Programm (Black Economic Empowerment[wp]) sorgt seit langem durch ein Quotierungs- und Punkte­system dafür, dass Firmen, wenn sie zu viele weiße Angestellte haben (es gilt der Proporz der Gesamt­bevölkerung, also etwa 10 %), mit Sanktionen zu rechnen haben und zum Beispiel bei Aus­schreibungen benachteiligt werden. Das führt zu teils absurden Problemen, wenn zum Beispiel in Frage steht, wie schwarz ein Mitarbeiter tatsächlich ist oder ob etwa Menschen indischer oder chinesischer Abstammung, die ebenfalls etwa 10 % der süd­afrikanischen Bevölkerung ausmachen, als "schwarz" gelten. Die gute Nachricht der Regierung Südafrika für alle Inder und Chinesen: sie sind schwarz - zumindest in Bezug auf das Punkte­system. Bezogen auf die Parallelität zu Deutschland bedeutet dies, dass es hier wie dort praktisch und von Vorteil ist, zu einer bestimmten Gruppe zu gehören, weil diese Gruppe staatlich gefördert und subventioniert wird. Die Systeme "Quotierung" und "Leistung" schließen einander jedoch aus.

Am einfachsten lässt sich diese absurde Quote, die ja nicht nach Fähigkeit, sondern nach Hautfarbe ordnet, in staatlichen und halb­staatlichen Firmen und in Behörden umsetzen. Und das geschieht dann auch. So darf man wohl annehmen, dass der sich abzeichnende Mangel an qualifiziertem Personal in der Wasser­versorgung die extreme Wasser­knappheit Anfang des Jahres gerade in der Millionen­metropole Kapstadt nicht gerade günstig beeinflusst hat. Ebenso darf man annehmen, dass die ANC-Regierung bei der Abhilfe der Wasser­probleme Kapstadts nicht gerade mit großem Eifer ans Werk gingen, wird die Stadt doch nicht vom ANC regiert, sondern von der mittlerweile parteilosen Patricia de Lille[wp] (ehemals Democratic Alliance[wp]).

Das BEE-Programm betrifft aber nicht nur einheimische Unternehmen, sondern in besonderer Weise auch Investoren aus dem Ausland. Auf dem Reiseportal "kapstadt.de" heißt es denn auch diplomatisch verklausuliert:

"In Bezug auf die Quantifizierung der benötigten Fachkräfte in Südafrika, kann es durchaus zu Unklarheiten kommen... Die vorgeschlagenen Kriterien werden potentielle Investoren entmutigen."[7]

Das ist wohl noch sehr gelinde formuliert für die Tatsache, dass sich der süd­afrikanische Staat hier direkt in die Personal­planung privater Firmen einmischt und dafür, dass durch diese Quotierung die Hautfarbe eines Mitarbeiters von einer eigentlichen Neben­sächlichkeit zur Haupt­qualifikation umdefiniert wird. Das Ende der Apartheit war so gesehen nur der Beginn einer anderen. Besonders absurd wirkt das Quoten­system übrigens dort, wo es nach Ansicht jedes Beobachters wie kaum in einem anderen Bereich ausschließlich um Leistungen gehen sollte: dem Sport. Selbst das südafrikanische Cricket-Team muss nun eine Quote erfüllen. Mindestens sechs schwarze Spieler müssen in der National­mannschaft sein. Das war 2016! Vielleicht müssen es heute schon sieben sein? Warum eigentlich nicht fünf oder zehn?

Ein weiteres Problem sind die Strukturen aus Korruption und Vettern­wirtschaft, die der vorherrschende ANC geschaffen hat. Besonders deutlich wird dies bei Escom, dem größten Energie­versorgungs­unternehmen Südafrikas.

Zu 100 % in Staatsbesitz konnte die Regierung jahrelang in einem so genannten "cadre deployment", dem "Kader-Einsatz" ausgediente ANC-Funktionäre auf Versorgungs­posten bei Escom schieben und gleichzeitig weiße Techniker entlassen. Seit 2008 kommt es immer wieder zu Netz­ausfällen und Energie­engpässen und dass es bisher noch nicht zum totalen Kollaps kam, ist der Tatsache zu "verdanken", dass die süd­afrikanische Wirtschaft stagniert und der Strombedarf sinkt.[8] Die Parallelen zu Deutschland mit seinen Stadtwerken, die früher so gern als Endlager für abgewählte Politiker dienten und seinem auf Kante genähten Stromnetz, dem die Energiewende jederzeit den Rest geben könnte, (weshalb man sich im Stillen über jedes geschlossene Stahlwerk und jede verlagerte Chemiefabrik freut) sind mit Händen zu greifen. In Südafrika schreitet die De-Industrialisierung nur etwas schneller voran, und wird, weil es nicht so viel Industrie gibt, schneller sichtbar.

Land issue

Südafrika hat innerhalb weniger Jahre den Weg von "black life matters" über "black life first" bis hin zu "black life only" zurückgelegt und nirgends ist dies so deutlich zu sehen, wie in der Frage des Landbesitzes. Simbabwe hat vorgemacht, wie schnell man eine prosperierende Land­wirtschaft, die stark export­orientiert war, durch Raub und Mord in ein Trümmerfeld verwandelt. In Südafrika, so dachte man, würde man aus den negativen Erfahrungen des nördlichen Nachbarn lernen. Man lernte in der Tat, wenn auch anders, als gedacht. Man begriff, dass die über­fallenen Farmer in Simbabwe kein gutes Echo in der internationalen Öffentlichkeit bewirkten. Auch die Serie von bestialischen Morden an weißen Farmer­familien in Südafrika drohte das Bild der "Rainbow-Nation" zu beschädigen, weshalb der ANC, getrieben von der linksradikalen "Economic Freedom Fighters" und der marxistischen Ultra­gruppe "Black First Land First"[wp] nun den stärksten Verbündeten ins Feld schicken will: Das Gesetz! Enteignung ohne Entschädigung heißt das Programm, über das im September abgestimmt werden soll und derzeit sieht es nicht so aus, als sei diese kalte Enteignung auf dem Verordnungs­weg noch abzuwenden. Fraglich bleibt indes die Ausgestaltung, viele Farmer machen sich Hoffnung, dass es sie vielleicht nicht treffen werde, weil ihr Land zu klein und unbedeutend sei. Kommt es jedoch dazu, wird sich der ANC auf ein Gesetz berufen. Man handele ja nicht illegal, man vollstrecke lediglich das Gesetz. Ein ANC-Mitglied bringt es im Interview so auf den Punkt:

"Es ist nicht die Absicht des ANC irgendetwas illegal wegzunehmen, wir tun das im Einklang mit den Gesetzen dieses Landes. Und wenn es nötig ist, schaffen wir die gesetzliche Grundlage, die uns das erlaubt. Wenn es Gesetz ist, kann kein Farmer, kann niemand kommen und sagen "ich beuge mich dem Gesetz nicht". Das tut er dann auf eigene Gefahr!"

Wenn es nötig ist, schafft der Staat eben die Gesetze, die er braucht, um an das Eigentum seiner Bürger zu kommen. Dabei geht es vordringlich nicht einmal um die Enteignung als solche - auch andere Staaten nehmen sich solche "Freiheiten" heraus. Zugute kommt solchem Treiben, wenn die Landes­verfassung keine Anschauung davon liefert, was Eigentum eigentlich bedeutet.

Keine Rechtssicherheit

Auch das deutsche Grundgesetz bleibt vage. Es behauptet zwar, Eigentum verpflichte (zu was eigentlich), definiert aber nicht, was das eigentlich ist, ob es unverletzlich sein kann oder ob dem Staat im Grunde der ganze Laden gehört, wenn ihm danach gelüstet. Doch nur in wirklichen Unrechts­staaten kann dies auch ohne Entschädigung geschehen. Bei uns undenkbar? Überlegen sie kurz: Wieviele Städte denken bereits darüber nach, Wohnungen zu requirieren und wird "Fehlnutzung" nicht bereits teils bestraft? Auf der Webseite des "Amtes für Enteignungen" in Berlin heißt es lapidar:

"Durch eine Enteignung wird in das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art. 14 Grundgesetz eines Betroffenen eingegriffen. Enteignung bedeutet dabei verkürzt ausgedrückt Entzug oder Belastung von Rechten an einem Grundstück."

Und was ist es anderes als eine Enteignung, wenn unsere Regierung eine mediale Kampagne gegen den Dieselmotor fährt, und durch völlig nutzlose Maßnahmen wie Fahrverbote für einen eklatanten Wertverlust ihres Eigentums sorgt?

Tritt das Gesetz zur "Enteignung ohne Entschädigung" tatsächlich in Kraft, werden internationale Investoren künftig einen noch größeren Bogen um Südafrika machen. Denn wo keine Rechts­sicherheit herrscht, weil der Staat sich die Gesetze bastelt, die seine Raubzüge juristisch legitimieren sollen, fehlt das Vertrauen in die Zukunfts­sicherheit jeder Investition. Man darf sich aber auch fragen, wie lange noch Deutschland Investoren anlocken kann, wenn auch hierzulande Fachkräfte­mangel, Energie­unsicherheit und mangelhafte Rechts­sicherheit für Investitionen immer stärker um sich greifen. Im Moment ist es noch die Regierung, die zur Durchsetzung ihrer Ziele die Gesetze bricht. Wir müssen genau im Auge behalten, wann die Gesetze so geändert werden sollen, dass der Rechtsbruch legitimiert wird.


  1. Der verlinkte Artikel bezieht sich allerdings auf Berliner Feinstaub. Die Feinstäube in Stuttgart und Hamburg sind selbstredend von ganz anderer Natur! Der in Stuttgart bestehen zum größten Teil aus den in Rauch auf­gegangenen Versprechen grüner Landes­politiker, der in Hamburg aus der Asche, die beim finanzieren der Elphi und von den brennenden Barrikaden beim G20-Gipfel in die Luft geblasen wurde.
– Roger Letsch[9]

Südafrikanisierung der USA

Um die Plünderungen[wp] in Chicago, von denen ich ja schon berichtet und die Frage gestellt hatte, seit wann es eigentlich üblich ist, dass sich die Täter bei Straftaten gleich selbst filmen und die Filme ins Netz stellen.[10]

Zur Erhellung berichtet die Presse nun, dass Black Lives Matter da offiziell den Standpunkt einnähme, dass Schwarze zu Plünderungen befugt seien, weil sie sich ja nur die Reparations­leistungen[wp] für die Sklaverei nähmen. Was die Läden mit der Sklaverei zu tun haben, wird wohl als nachrangig angesehen, denn die seien ja schließlich versichert und müssten das nicht selbst bezahlen.

Seltsame Auffassung, dass man einfach mal so Läden aufbricht, ausplündert, und dann sagt, das wären ja nur die Reparations­ansprüche und die Läden seien ja versichert. Einer der Leser fragt an, ob man nicht mit derselben Denkweise die Sklaven­arbeit als "Ehrenamtliches Engagement" klassifizieren könnte.

Auslöser war wohl, dass ein Krimineller, hinter dem die Polizei her war, auf die Polizei (!) geschossen hat, die dann zurück­geschossen, aber besser getroffen haben, und zwar ihn. Das nun wieder habe andere dazu veranlasst, nach Down Town auf Shopping Tour zu gehen und die Ladenkassen gleich mitzunehmen, und alles andere, was nicht niet- und nagelfest war, auch:

Zitat: «Officers had responded to a call about a man with a gun in the Englewood neighborhood. While being pursued by police, the man, who was on foot, "turned and fired shots" at officers before being struck himself and taken to a local hospital, Deputy Chief Delonda Tally told Fox 32 Chicago.

Latrell Allen, 20, was charged with attempted murder Monday after firing on officers, according to Chicago police. A video posted on Facebook around 6:30 p.m. falsely claimed that officers had shot and killed a 15-year-old boy.

The shooting prompted hundreds of people to descend on downtown Chicago early Monday with vandals smashing the windows of dozens of businesses and making off with merchandise, cash machines and anything else they could carry, police said.»[11]

Die Meinungen darüber gehen freilich auseinander:

Zitat: «"This was not an organized protest. Rather, this was an incident of pure criminality," Police Superintendent David Brown told reporters. "This was an act of violence against our police officers and against our city."

BLM organizers criticized police reports surrounding the shooting, noting that none of the officers involved had body cameras, which investigators confirmed, according to NBC Chicago.»[11]

Die Polizei meint also, das wäre nicht organisiert, sondern einfach nur die blanke Kriminalität und Gewalt gegen Polizei und Stadt. Die wären einfach so.

Black Lives Matter sieht das anders:

Zitat: «"I don't care if someone decides to loot a Gucci or a Macy's or a Nike store, because that makes sure that person eats," said Ariel Atkins, a BLM organizer, according to NBC Chicago. "That makes sure that person has clothes."

"That is reparations," Atkins continued. "Anything they wanted to take, they can take it because these businesses have insurance."»[11]

Ladendiebstahl aus einem versichterten Geschäft ist kein Laden­diebstahl, sagen sie. Und sich Gucci[wp]-Jacken oder Nike[wp]-Schuhe zu klauen stellt sicher, dass man was zu essen hat. (Ich hab's mal probiert: Nike schmecken nicht. Gucci geht, je nach Modell angebraten mit Senf oder gedünstet mit Thymian. Aber gern esse ich beide nicht.)

Ich bin mal gespannt, wie lange das so weiter geht und wann es den Läden und den Versicherungen zu dumm wird.

In Zusammenwirkung mit Corona könnte das irgendwann das Ende des Laden­geschäftes sein und dann irgendwann nur noch Amazon gegen Vorkasse.


Erinnert mich an einen Tankstellen-Shop, in dem ich mal auf der Südafrika­reise in einer Gegend mit sehr hoher Kriminalität war. Das Kassenbüro war mit dickem Panzerglas wie ein Bankschalter gesichert und gepanzert. Benzin gegen Vorkasse. Im Laden kam an sich vor wie ein Zirkuslöwe, weil man im Laden nur durch einen Gang aus massiven Stahl­gittern gehen konnte, die Regale außer Reichweite. Man lief den Gang entlang, und sagte einem Angestellten, der in Manndeckung mit einem Einkaufskorb neben einem (aber auf der anderen Seite der Gitter) her lief und dem man sagte, was man will. Das packte der dann in den Korb. Dann hat man bezahlt. Und erst nach dem Bezahlen den Inhalt des Korbes in Einkaufs­tüten verpackt durch eine Klappe heraus­gereicht bekommen. Weil es da anders nicht mehr ging. Läden wurden einfach massiv und in kürzester Zeit komplett geplündert.

Hadmut Danisch[12]

Einzelnachweise

  1. André Gorz[wp]: Kritik der ökonomischen Vernunft, 222f.
  2. Robert Castel[wp]: Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit., 2. Auflage, 2008, S. 390 (FN)
  3. Ulrich Beck[wp]: Schöne neue Arbeitswelt. Vision: Weltbürgergesellschaft., Campus, 1999, S. 126ff.
  4. Georg Anastasiadis: Einbruch am Mietwohungsmarkt - Kommentar: Berlins Mietendeckel wird zum Albtraum, Der Merkur am 30. Juli 2020
    Anreißer: Seit die Stadt Berlin die Mieten gedeckelt hat, ist die Zahl der Mietangebote um fast die Hälfte eingebrochen. Wohnungssuchende sind verzweifelt. Sie zahlen den Preis für die ideologische Verbohrtheit des rot-rot-grünen Senats.
    WGvdL-Forum: Rot-rot-grünes Mieterparadies in Berlin, 2020 am 30. Juli - 20:53 Uhr ("Linke vor! Noch ein Tor!")
  5. Das ist wie beim Cargo-Kult in der Südsee. Man imitiert das Handeln der Weißen, und weil man das europäische Handeln nicht begriffen hat, nicht begreifen kann, führt es dazu, einfach so zu tun "als ob". Das ist sehr nahe dran an dem magischen Handeln in spiritistischen Kulten.
  6. Wolfgang Drechsler: Ernüchterung nach der "Ramaphoria", Finanz und Wirtschaft am 6. Juli 2018 (Anreißer: Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa versucht zwar, das üble Erbe Jacob Zumas zu beseitigen, doch die Wirtschaft ist skeptisch.) ("Die Politik des ANC hat eine Kaste unproduktiver, aber reicher 'Kumpel-Kapitalisten' geschaffen.")
  7. Aufenthaltsgenehmigung für Südafrika aufgrund von Quotenregelung, kapstadt.de
  8. Wolfgang Drechsler: Rassenquote in Südafrika: Weiße Techniker unerwünscht, Handelsblatt am 5. Februar 2017 (Anreißer: Frederik Willem de Klerk[wp] war der letzte weiße Präsident Südafrikas. Zum Jahrestag des Beginns des "neuen Südafrika" zeigt er sich besorgt über die ohne Rücksicht auf die gesellschaftlichen Realitäten forcierte rassische Quotenregelung.) (Auszug: Bei der heutigen Demographie sei eine "mathematische Gewissheit", so de Klerk, dass die wirtschaftlich noch immer dominanten Weißen in Südafrika schon in 50 bis 60 Jahren "nicht mehr repräsentiert", also quasi von der Bildfläche verschwinden würden. Zwar stellten die Weißen derzeit noch knapp 25 % aller Südafrikaner über 65 Jahre, doch gleichzeitig weniger als 5 % der Südafrikaner unter 5 Jahren. Verwaltung, Armee und Polizei zahlen bereits seit Jahren mit ihrer immer größeren Ineffizienz den Preis für den überstürzten und nicht am Verdienst, sondern inzwischen allein an der Hautfarbe ausgerichteten Umbau der Gesellschaft. [...] Das inzwischen fast schon besessene Streben des ANC nach einem künstlichen Rassen­proporz hat, wie De Klerk zutreffend feststellte, alle Institutionen nachhaltig und womöglich dauerhaft geschwächt. Unterstützt wurde er in dieser Sicht der Dinge von Moeletsi Mbeki[wp], dem ebenfalls auf dem Podium sitzenden Bruder des früheren Präsidenten Thabo Mbeki[wp]. Der Unternehmens­berater und Buchautor sieht in der gegenwärtigen Regierungs­politik einen verheerenden Schlag gegen das schwarze Unternehmertum, weil die Politik eine kleine Kaste unproduktiver aber sehr reicher "Kumpel-Kapitalisten" schaffe, die fast nur aus ANC-Politikern bestehe. Wohin das führen kann, zeigt das Beispiel des staatlichen Stromkonzerns Eskom. Die Regierung hat hier im Zuge des so genannten "cadre deployment" viele ausgediente ANC-Partei­mitglieder entsorgt, um gleichzeitig - in Einklang mit den von ihr verordneten, strikten Rassenquoten - viele weiße Techniker zu entlassen. Dass Südafrika zurzeit dennoch ausreichend Strom produziert, liegt allein daran, dass sein Wirtschafts­wachstum inzwischen auf Null abgestürzt ist und die Strom­nachfrage deshalb seit zehn Jahren stagniert. Ein "Erfolg" also aus all den falschen Gründen.)
  9. Roger Letsch: Deutschland und Südafrika - over, the Rainbow!, unbesorgt am 23. Juli 2018
    Die Südafrikanisierung der Industrienation Deutschland, AchGut-Blog am 25. Juli 2018
  10. Hadmut Danisch: Noch'n Fall von "I can't breathe", Ansichten eines Informatikers am 10. August 2020 (Eine Frau in Chicago ruft "I can't breathe", weil sie beim Plündern eines Klamotten­ladens von Kasse zu Kasse rennt, um endlich ein Gerät zum Entfernen der Sicherheits-Tags von Diebesgut und die Schlüssel für die Sicherheits­stahlseile zu finden, und dabei außer Atem gerät.)
  11. 11,0 11,1 11,2 David Aaro: Black Lives Matter holds rally in Chicago to support those arrested after looting, unrest, Fox News am 11. August 2020
    'Looting is reparations': BLM protesters gather outside Chicago PD in support of looters who ransacked city Sunday night, as organizer claims 'anything they wanted to take, they can take because these businesses have insurance', Daily Mail Online am 11. August 2020
    Sophie Mann: Looting in Chicago should be viewed as reparations, BLM rally organizer reportedly says, Just the News am 11. August 2020
  12. Hadmut Danisch: Reparationsplünderungen, Ansichten eines Informatikers am 11. August 2020

Netzverweise

  • Hadmut Danisch: Sozialistisches Einkaufen in Chicago, Ansichten eines Informatikers am 10. August 2020
    "Hundreds of people smashed windows, stole from stores and clashed with police overnight in Chicago's Magnificent Mile shopping district and other parts of the city's downtown."
    "Looks like they're Peacefully Protesting™ the high price of shoes in Chicago."