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Heinz

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Hauptseite » Personen-Portal » Heinz

Mit der fiktiven Biographie von "Heinz" hat der in Deutschland lebende türkische Schriftsteller Akif Pirinçci ein Sinnbild des deutschen Mannes geschaffen:

Zitat: «Heinz ist das Paradebeispiel eines von linker Deutungshoheit dressierten, von der Sozial- und Migrations­industrie zum Feind denunzierten, vom Staat zur Ausplünderung frei­gegebenen und von der staatlich sub­ventionierten Kultur als seelenloser Spießer, gar als Konservativer und Reaktionärer abgeurteilten und verspotteten Pseudo­mittel­schicht-Volltrottels.» - Akif Pirinçci

Akif Pirinçci zeichnete damit das Psychogramm des deutschen Mannes und porträtierte so die Illusion von der deutschen Mittelschicht:

Ausländerin zieht dem Deutschen Michel unbemerkt die Brieftasche aus der Hose, während sie, ihn umarmend, ausruft: "Cheri!"

Heinz kenne ich schon seit einiger Zeit. Er ist 40 Jahre alt, hat zwei Kinder, eine schöne Frau und ein Eigenheim. Und er gehört der Mittelschicht an. Die Mittelschicht ist der Fetisch des Deutschen, eigentlich dreht sich hierzulande alles um die Mittelschicht. Obgleich sich irgendwelche mittel­schichtigen schreibenden Doofs an Armen­berichten oder Trillionen von Manager­gehältern oder prekären Arbeits­ver­hältnissen oberahnung­habend und delirierend abarbeiten, ist und bleibt in Wahrheit stets die Mittelschicht das Ideal, weil es sich bei ihr um das Ideal sowohl der Wächter des öffentlichen Diskurses als auch das des so genannten kleinen Mannes handelt. Zu ihr strebt alles, zu ihr drängt alles und nach ihr verlangt alles. Das Ganze nimmt schon so groteske Züge an, daß in keinem deutschen Film oder Buch ein anderes Ambiente mehr vorkommt. RTL macht auf superlustig mit "Die Geissens" und das Staats­fernsehen auf super­betroffen mit Dokus über Leiharbeiter. Aber das ist alles nur Show. Wenn die Fernseher abgeschaltet sind und die Radaktions­büros verlassen, dann wird wieder von der Zugehörigkeit zu der Mittelschicht geträumt.

Das geht so weit, daß diejenigen, die ums Verrecken zur Mittelschicht gehören wollen, die Mittelschicht hassen und sich über deren ehefrau­fahrenden Geländewagen und ballett- und klavier­unterricht­nehmenden Kinder lustig machen und bekritteln, daß diese Schicht zu Ghetto­bildung tendiere, obgleich sie selber nirgendswo lieber wohnen würden als in einem Mittel­schichts­ghetto. Es ist eine Haßliebe. Nicht einmal immenser Reichtum mit Yachten und Villen bringt sie so sehr in Wallung, weil sie ahnen, daß sie nie und nimmer solche Gipfel erklimmen werden, als vielmehr der neu angeschaffte E-Klasse-Mercedes des Mittel­schichtlers von nebenan.

Über die Mittelschicht wird permanent geforscht, schlaue Bücher werden über sie geschrieben, sie ist das Thema mehrerer Talkshows jährlich. Mal schrumpft sie, mal bleibt sie konstant und mal geht sie den Bach runter. Worüber jedoch fast nie gesprochen wird, ist das schmutzige Geheimnis der Mittelschicht, nämlich ihre heutige Struktur, die sich von der, sagen wir mal, vor 20 oder 30 Jahren fundamental unterscheidet. Die Mittelschicht ist inzwischen zwie­gespalten, und zwar in eine getürkten Mittelschicht und der echten. Die Täuschung kommt daher, daß heutzutage diese Schicht ausschließlich anhand des Einkommens einer Familie spezifiziert wird und nicht mehr anhand der Umstände, wie dieses Einkommen zustande kommt. Wenn also ein Finanz­beamter monatlich 3100 Euro nach Hause schleppt und seine Frau als städtische Beamtin 2800 Euro, so gehören sie eindeutig der Mittelschicht an. Früher hätte man gesagt, die beiden sind doch Beamte, was haben die mit uns, der Mittelschicht, zu tun, die wir uns unsere Brötchen auf dem freien Markt verdienen müssen? Ich möchte aufzeigen, daß inzwischen zwei Mittelschichten existieren, nämlich die im Verlauf der letzten Jahrzehnte neu entstandene und wahre und eine getürkte Mittelschicht, die sich nur so vorkommt und krampfhaft den Schein bewahrt, dieser magischen Schicht anzugehören.

Heinz und seine Familie sind so ein Fall. Auf den ersten Blick sprechen alle Insignien dafür. Er arbeitet als Ingenieur für einen mittel­ständischen Betrieb, seine Frau in einer Werbe­agentur als Assistentin. Der frühere Mittel­schichtler hatte es nicht nötig, daß seine Frau arbeiten ging, im Gegenteil, er war ungeheuer stolz darauf, daß er seine Familie ganz alleine versorgen, sich trotzdem alle fünf Jahre ein fabrikneues Auto leisten und nebenbei das Eigenheim abbezahlen konnte. Jetzt denkt der Leser über den Verfasser bestimmt, was ist das denn für ein Neander­taler?, auch Frauen arbeiten gern, weil sie eine Erfüllung darin finden und sich in ihrem Job selbst­verwirklichen können. Nein, das tun sie nicht! Es ist eine Lüge.

Wer so denkt, weil ihm jahrzehntelang von linken Medien und geradezu abartig häßlichen Emanzen und Politikerinnen ins Hirn geschissen wurde, kennt keine "normale" Frau. Ich schätze den Anteil der Frauen, die sich ab ihrem 30sten Lebensalter einem beinharten wirtschaftlichen Konkurrenz­kampf und den Anstrengungen eines Berufes mit Freuden ausliefern würden auf nicht mehr als 10 Prozent. Am liebsten möchten sie ihre Kinder aufziehen, das (Mittelschichts-)Haus verschönern, sich um den Garten kümmern, den Urlaub planen, ein paar Stündchen einer Blabla-Tätigkeit nachgehen, damit sie unter die Leute kommen, und vielleicht nebenbei einen Roman schreiben. Ich kenne zwei Lesben, die sehr gute Freundinnen von mir sind, und sie haben mir mit traurigen Gesichtern das aller­traurigste Geheimnis eines Lesben­lebens anvertraut, das seltsamerweise kein einziges Mal in einer Homosexuellen-Diskussionen vorkommt: Wir werden niemals einen männlichen Versorger haben! Jaja ...

Alle Familienmitglieder im Heinzschen Haus sind gepflegt angezogen, nichts wirkt abgetragen oder unmodern. Doch mittels des Zaubertricks der heutigen Textil­industrie kann der Außenstehende kaum mehr unterscheiden, ob es sich um hochwertige Ware oder um das billige Zeug von H&M oder Outlet­stores handelt. Die Autos für ihn und seine Frau sind geleast. Vor dreißig Jahren kannte man so etwas gar nicht. Wenn ein Mittel­ständler damals gesagt hätte, ich bezahle für mein Auto Miete, hätte man ihn ausgelacht und ihn zu den Armen verwiesen. Das Haus gehört in Wahrheit der Bank, und mit Zinsen, Tilgung, Grund­erwerb­steuer, Grund­besitz­abgaben usw. hätte Heinz eigentlich finanziell besser dagestanden, wenn er es gemietet hätte. Die Familie macht zweimal im Jahr Urlaub, doch protzte man früher in der Mittelschicht mit teuren Urlauben, so ist es heute exakt umgekehrt, man protzt damit, was für ein sagenhaft günstiges Angebot man im Internet gefunden habe. Tief in seinem Herzen ahnt aber Heinz, daß er sich eigentlich schämen müßte, wenn er sich mit seinen Freunden über solche Sachen unterhält, genauso wie es ihm heute peinlich ist, als er vor zehn Jahren auf den fröhlich frechen Auch-Begüterte-kaufen-bei-Aldi-ein-Zug aufgesprungen ist, obwohl er es in Wahrheit mangels Geld tat.

Es gibt Dinge für Heinz, daran rüttelt er nicht. Jedes Kind hat seinen eigenen Laptop, ein eigenes Handy und ziemlich kostspielige Hobbys, aller zwei Wochen geht er mit seiner Frau ins Kino oder ins Tanzlokal und dann fein essen, damit die Liebe frisch bleibt (zirka 200 €), vieles macht er im Haus selbst, aber hin und wieder muß doch ein Handwerker kommen, und das kostet, und am Weihnachten müssen die Geschenke auch etwas hermachen.

Bei all dem bisher Beschriebenen ist es für Heinz unmöglich, nennenswerte Rücklagen zu bilden. Er führt in Wahrheit eine Fassaden­existenz, hinter der die ganze Energie dafür verwendet wird, die Fassade aufrecht­zu­erhalten. Alles und jede Ausgabe ist minutiös geplant, nichts Unvorgesehenes darf passieren, damit die Mittel­schicht­fassade nicht in sich zusammenbricht. Das Hamsterrad, in dem Heinz läuft, ist gut geölt. Insbesondere dürfen zwei Dinge auf gar keinen Fall eintreten: Er oder seine Frau dürfen nicht arbeitslos werden, und sie darf sich nicht von ihm scheiden lassen. Dann nämlich entschwindet das Sparkassen-Prospekt mit dem Hochglanzfoto, auf dem eine junge Familie bei strahlendem Sonnenschein vor ihrem neuen Eigenheim abgebildet ist, in zappen­dusterem Nebel, und Heinz stürzt innerhalb eines Jahres ins Bodenlose. Er wird aus dem Land der Mittel­schichtler vertrieben.

Wir haben Gründe, die Grünen zu wählen

Hält man Heinz all dies vor Augen, leugnet er es, im Gegenteil, er ist sehr stolz darauf, daß er die Fassade aufrechterhält und im Hamsterrad läuft. Da er von den allgegenwärtigen linken Mainstream-Medien hirn­gewaschen wurde, hält er sämtliche Steuern und Abgaben, die der Staat von ihm abpreßt, für rechtens, ja er hält den Staat sogar für eine Art Lebens­versicherung in der Not, auch wenn er in diese Lebens­versicherung bereits das Dreißigfache dessen eingezahlt hat, was er in solch einem Notfall heraus­bekommen würde. Heinz wählt die Grünen. Wenn man ihn fragt, warum?, weiß er im ersten Moment auch keine rechte Antwort, bis ihm einfällt: "Die machen halt so gute Sachen, sind für die Umwelt und erneuerbare Energien und so."

Selbstverständlich weiß er als Ingenieur, daß die "alternative Strom­erzeugung" physikalisch unmöglich ist, aber weil er in einer links manipulierten Medienwelt aufgewachsen ist, glaubt er, daß bei den Grünen noch schlauere Ingenieure als er sitzen würden. Heinz findet es super, daß Deutschland inzwischen multi­kulturell geworden ist, auch wenn er ahnt, daß die meisten "Menschen mit Migrations­hinter­grund" nur hier sind, um Sozial­leistungen abzuzocken. Ansonsten hat er mit denen nicht viel am Hut, weil sie in seinem Mittel­schichts­idyll nicht vorkommen. Er zahlt die Fernseh­steuer gern, weil er die Öffentlich Rechtlichen für kulturell höherwertiger als die Privaten hält, auch wenn er bei seinem anstrengenden Job nur dazu kommt, den "Tatort" zu gucken. Obwohl Heinz sich zu den Wohlhabenden zählt, ist er der Meinung, daß man es mit dem Reichtum nicht übertreiben sollte. Zwar kennt er keine wirklich Reiche - der Inhaber der Firma, wo er arbeitet, verdient nur unwesentlich mehr als er, doch ist er der Meinung, daß sie wegen der "sozialen Gerechtigkeit" mehr an den Staat abgeben sollten. Dabei hat er gar nicht mitbekommen, daß er bei den Soziale-Gerechtigkeit-Heinis bereits selber als "Reicher" gilt, den man stärker als bisher abziehen will.

Heinz ist das Paradebeispiel eines von linker Deutungshoheit dressierten, von der Sozial- und Migrations­industrie zum Feind denunzierten, vom Staat zur Ausplünderung freigegebenen und von der staatlich subventionierten Kultur als seelen­loser Spießer, gar als Konservativer und Reaktionärer abgeurteilten und verspotteten Pseudo­mittel­schicht-Voll­trottels. So sehr ist er die ganze Zeit mit der Wahrung des Scheins beschäftigt, zu einem wohlhabenden Milieu zu gehören, daß ihm gar nicht mehr auffällt, wer in dieser Fetischschicht inzwischen wirklich das Sagen hat. Unter seinen Nachbarn sind immer weniger Leute aus Wirtschaft und Industrie. Für die ist das Pflaster hier mittlerweile zu teuer geworden. Nein, es sind Studienräte, Akademiker, die für irgendwelche staatlichen Sozial- und Umweltinstitute arbeiten, frühpensionierte Beamte, Leute, die was in Bio machen, hohe Tiere von Wohlfahrtsverbänden, vollsubventionierte Künstler, EU-Beamte und - hauptberufliche Grüne! Alles Leute, die von Heinz' Steuern leben, der jedoch den Knall noch nicht gehört hat.

Heinz findet diese Mischung umwerfend, weil sie etwas von Bürgerlichkeit, kulturell Hochstehendem, und - das würde er zwar niemals sagen, aber ab und an denkt er es - etwas von Besser­ver­dienenden versprüht, und merkt gar nicht, daß er der letzte seiner Art ist. Schon bald wird die deutsche Mittelschicht gänzlich vom Staat übernommen und bezahlt werden. Es ist dann die Neue Mittelschicht. Doch dann ist Heinz vielleicht schon von seiner Frau geschieden und von der Familie getrennt und wohnt in einer 40-Quadratmeter-Wohnung in Nachbarschaft mit denen, die er früher zu der Unterschicht zählte. Das einzig Positive an der Sache: Ihm bleiben ja noch die schönen Erinnerungen an die Mittelschicht.

Akif Pirinçci: Die Mittelschichtillusion, Die Achse des Guten am 16. März 2013

Querverweise

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Die Mittelschichtillusion von Akif Pirinçci, Die Achse des Guten am 16. März 2013.