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Verfassungsbeschwerde zum Wechselmodell
Am 29.06.2012 wurde eine Verfassungsbeschwerde zum Wechselmodell zur Einrichtung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen der Mutter eingereicht. Mit Datum vom 12.11.2012 hat die 2. Kammer des 1. Senats die Annahme der Beschwerde ohne Begründung abgelehnt.
Ein Kommentar zur Einführung
Kontext der Beschwerde
Im deutschen Sorge- und Umgangsrecht herrschen nackte Willkür und anachronistische Vorstellungen von der familialen Rollenverteilung der Geschlechter.
Jedes Jahr werden Kinder bei Scheidungen und Trennungen in zigtausenden Fällen - oft gegen ihren Willen - der Mutter quasi als alleiniger Besitz zugesprochen. Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sind die Gerichtsverfahren häufig ausgesprochen fragwürdig und nicht selten werden Entscheidungen mit äußerst dubiosen familienpsychologischen Gutachten oder unqualifizierten Gefälligkeitsaussagen von Jugendamtsmitarbeitern oder Verfahrensbeiständen bemäntelt.
Dabei werden wissenschaftlich evaluierte Erkenntnisse, wonach Väter bei der Erziehung und Förderung nicht minder wichtig sind als Mütter ebenso ignoriert wie die Tatsache, dass sich seit längerem immer mehr Väter aktiv an der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder beteiligen oder diese sogar in Umkehr der tradierten Rollenverteilungen komplett übernehmen.
Einmal mehr wurde das unselige Wirken der deutschen Justiz bei einer Kundgebung des Väteraufbruchs für Kinder zum Tag der Menschenrechte am 8. Dezember 2012 in Karlsruhe von Jürgen Griese sehr zutreffend widergegeben.[1] Die von Herrn Griese in seiner Rede "Rechtsbruch[wp] in Deutschland" geschilderten Erlebnisse decken sich sehr weitgehend mit dem, was der Beschwerdeführer im zurückliegenden Verfahren erlebt hat.
Das deutsche Sorge- und Umgangsrecht im internationalen Vergleich
Im Kreis der europäischen Nationen ist Deutschland zu einem trägen, selbstzufriedenen Koloss geworden. Zum Thema "Reformstau" - der Begriff war 1997 in Deutschland das "Wort des Jahres" - bemerkt Prof. Dr. Gerd Strohmeier vom Institut für Politikwissenschaften der TU Chemnitz, die Umsetzbarkeit von Reformen hänge von den verfassungspolitischen Rahmenbedingungen eines Staates ab. Diese würden in Deutschland überwiegend reformhemmend wirken:
Zitat: | «In keinem Land der Welt haben so viele Instanzen Verhinderungsgewalt wie in Deutschland - vielleicht mit Ausnahme der Schweizer Konkordanzdemokratie.» |
Im Bereich des Sorge- bzw. Umgangsrechts wurde Deutschland von den meisten europäischen Ländern überholt. Nicht nur die traditionell liberalen, neuen Gedanken gegenüber aufgeschlossenen skandinavischen Staaten, Frankreich oder die Niederlande, sondern auch Länder wie Großbritannien, Belgien, Italien oder auch einige teils sehr junge osteuropäische Staaten haben ein fortschrittlicheres Familienrecht als Deutschland. Das gleiche gilt für die USA und Australien.
Hierzulande hat sich dagegen eine Art Wagenburg bestehend aus Feministinnen der ersten Generation und erzkonservativen Verteidigern der Hausfrauen-Ehe gebildet. Vertreter dieser unheiligen Allianz finden sich in allen Parteien (Beitrag Gesetzgeber), sind bestens vernetzt und haben damit eine Blockademacht. Die Richter in Karlsruhe sind politische Richter. Sie werden von den politischen Parteien in einem fragwürdigen, nicht transparenten Verfahren ernannt - teilweise, wie z. B. der frühere saarländische Ministerpräsident Müller, kommen sie auch aus der Politik - und gewiss werden sie in einer derart zentralen gesellschaftspolitischen Frage keine Entscheidung treffen, die der in allen Parteien des Bundestages vorherrschenden Meinung widerspricht. Einige von ihnen, wie z. B. Susanne Baer, haben ihren Posten mutmaßlich einzig wegen ihres eindeutig frauen- und mütterbegünstigenden Engagements erhalten.
Karlsruhe ignoriert klare Verstöße gegen Verfassungsrecht und Grundgesetz
Weil Karlsruhe die Annahme der Beschwerde verweigert hat, blieben die glasklaren und zahlreichen Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG, der den Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert, ungerügt.
Des Weiteren waren für den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts (jenes hatte das AG für alle drei Kinder allein der Mutter zugesprochen) die vom BVerfG selbst in diversen Urteilen exakt definierten Kriterien im vorliegenden Fall nicht einmal im Ansatz gegeben. Anders gesagt war der Entzug des ABR durch das Familiengericht nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG eindeutig rechtswidrig, wurde jedoch mangels Annahme der Beschwerde ebenfalls nicht beanstandet bzw. korrigiert.
Drittens wurde der von zwei älteren Kindern über einen längeren Zeitraum konstant, nachvollziehbar und unerschütterlich geäußerte Wille sowohl vom AG als auch vom OLG komplett ignoriert. Auch dies kümmerte die Karlsruher Richter nicht, obwohl es auch zu diesem Punkt entgegengesetzte Beschlüsse des BVerfG gibt (siehe im Beitrag Kindeswille).
Viertens war die in zwei Passagen der Begründung des AG Cochem klar zutage tretende Diskriminierung des Vaters aufgrund seines Geschlechts offenbar unbeachtlich.
Für den Laien ist die Karlsruher Entscheidung zunächst einmal unverständlich. Weil den Hütern der Verfassung die Sache keine Begründung wert war, muss spekuliert werden. Nach juristischer Logik ergibt sich aber folgende mögliche Erklärung.
Das Bundesverfassungsgericht kann Beschwerden abweisen, wenn keine Erfolgsaussichten bestehen und anscheinend ist genau das der Fall, wenn Väter eine paritätische Doppelresidenz gegen den Willen der Mutter erreichen wollen. Mutmaßlich messen die Karlsruher Richter dem Art. 6 Abs. 4 GG, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft hat, eine höherrangige Bedeutung zu als Verstößen gegen die eigene Rechtsprechung oder den verletzten Grundrechten von Vätern.
Legt man die Rechts- bzw. Gesetzeslage in vielen anderen Ländern der westlichen Welt zugrunde, sind die Karlsruher Richter mit ihrer Entscheidung vom 12.11.2012 zum Gralshüter im Königreich der Betonköpfe avanciert und haben sich zu Hohepriestern des familienpolitischen Fundamentalismus gemacht.
Originaltext der Verfassungsbeschwerde
[Seite 1 und 2 nicht wiedergegeben (hier wurden die am Verfahren Beteiligten und Mitwirkenden genannt sowie die vom AG Cochem verfügte und vom OLG Koblenz bestätigte Umgangsregelung aufgeführt).]
Die beiden vorliegenden gerichtlichen Entscheidungen dürfen nach diesseitiger Ansicht keinen Bestand haben.
Der Schutz des Elternrechts durch Artikel 6 GG erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts. Die Erziehung von Kindern ist damit primär in die Verantwortung der Eltern gelegt. Eine Aufspaltung der Eltern in einen betreuenden und einen nichtbetreuenden Elternteil läuft dem Kerngedanken des Art. 6 zuwider, wonach sowohl der Mutter als auch dem Vater das Recht zugesichert und die Pflicht auferlegt wird, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen. Im Beschluss des OLG Koblenz klingt dagegen an, dass der Senat selbstverständlich von der Notwendigkeit eines Lebensmittelpunkts ausgeht. Allein dadurch nimmt er zwangsläufig eine Verletzung des Elternrechts in Kauf.
Das Oberlandesgericht hat nicht nachvollziehbar begründet, aus welchen Gründen die Auflösung der elterlichen Sorge und der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Wohl der Kinder erforderlich sind. Insbesondere hat es den bekundeten Willen der Kinder nicht hinreichend berücksichtigt. Alle drei Kinder haben ausdrücklich erklärt, dass sie eine überwiegende Betreuung durch einen Elternteil nicht wünschten (vergleiche BVerfG Beschluss vom 30.06.2009 - 1 BvR 1868/08). Der bei insgesamt fünf Befragungen - im Einzelnen durch den Sachverständigen, die Familienrichterin des AG Cochem, den Verfahrensbeistand (zweimal) und den Senat - konstant, nachvollziehbar und verstehbar erklärte Wille der Kinder wurde vom Senat zwar zur Kenntnis genommen, jedoch mit willkürlichen Aussagen abgewertet und blieb damit gänzlich unberücksichtigt. Hierdurch wurde das Wohl der Kinder grob missachtet.
Wesentliches Vorbringen des Beschwerdeführers zur Erklärung der vom Gutachter behaupteten Anspannung der Kinder bei ihrer Befragung am 08.04.2011 wurde nicht berücksichtigt und den Beweisanträgen nach Herausgabe der Bandaufzeichnungen dieses Gespräch sowie der Aufzeichnung des ersten Gesprächs, das die Kinder mit dem Verfahrensbeistand geführt haben, wurden nicht stattgegeben.
In dem Beschluss des AG Cochem, dem das OLG zustimmt, heißt es, die Kinder hätten das Recht auf unbelasteten Umgang mit beiden Elternteilen. Hierbei ist es allerdings nicht einzusehen, warum ein hälftiger Umgang das Verhältnis der Mutter zu ihren Kindern stärker belasten sollte, als die Zuerkennung des Lebensmittelpunkt und ein deutlicher Aufenthaltsschwerpunkt bei der Mutter das Verhältnis zum Antragsteller belastet.
Jener hatte vor der Trennung - beim ältesten Kind seit Oktober 2000 - den überwiegenden Anteil an der Betreuung, Versorgung, Erziehung und Förderung inne. Auch nach der Trennung im April 2010 hat er hieran in erheblichem Maße mitgewirkt. Die gefühlsmäßigen Bindungen der Kinder an den Vater sind stärker als die an ihre Mutter, was auch Familienrichterin S. noch im November 2011, also 19 Monate nach der Trennung, bestätigt hat.
Insofern ist es nicht, wie vom Senat angenommen, Ausdruck eines Loyalitätskonfliktes zum Vater, sondern nur natürlich, wenn alle drei Kinder gegenüber der jetzigen Umgangsregelung häufigeren (der 4-½-jährige R.) bzw. hälftigen Umgang mit dem Vater wünschen. Dabei artikulieren die beiden älteren Kinder klare Bedürfnisse, indem sie - wie auch gegenüber dem Verfahrensbeistand und dem Senat - unter anderem Aussagen zur konkreten Ausgestaltung des Umgangs treffen. Ich verweise insoweit auf die nach der mündlichen Verhandlung vom 07.05.2012 vor dem OLG durch den Kindsvater am 09.05.2012 durchgeführte Befragung; dies insbesondere bezüglich der Dauer des Aufenthalts bei einem Elternteil, die nach ihrem Willen nicht länger als drei (die Tochter A.) bzw. höchstens 4 Tage (der Sohn K.) sein soll.
Dagegen sieht die vom Familiengericht am 06. März 2012 verfügte und vom Senat bestätigte Umgangsregelung zweiwöchentlich eine 8-½-tägige Trennungsphase vor. Gegen diese haben bei der Befragung durch den Senat am 07.05.2012 alle drei Kinder - selbst der 4-½-jährige R. - klar ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht.
Die beiden älteren Kinder haben ihre Wünsche und ihr Bedürfnis bezüglich der Regelung des Umgangs über einen Zeitraum von nunmehr 21 Monaten mehrfach konstant, nachvollziehbar und verstehbar geäußert. Ihre Willensäußerungen waren auch durch Vorhalte nicht zu erschüttern. Sie konnten ihren Willen gut und differenziert formulieren. Auch geht ihr Wille auf eine langjährige förderliche Betreuung durch den Vater zurück. Die Beachtung des Kindeswillens ist ein wesentlicher Beitrag im Sinne einer Erziehung zur Autonomie. Dies betont auch die zentrale Studie des Bundesfamilienministeriums zur Erziehung aus dem Jahre 2006. Eine Missachtung gefährdet die Sozialisation der Kinder. Mit der Äußerung seines Willens macht das Kind von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch, wodurch die gerichtliche Lösung des Elternkonflikts das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Dabei kommt dem Willen des Kindes mit zunehmendem Alter vermehrt Bedeutung zu. Nur dadurch, dass Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis ihres Kindes zu selbständigem verantwortungsvollem Handeln berücksichtigen, können sie das Kind zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit erziehen, die dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht.
Auch kann ein vom Kind kundgetaner Wille Ausdruck von Bindungen zu einem Elternteil sein, die es geboten erscheinen lassen können, ihn in dieser Hinsicht zu berücksichtigen. Hat ein Kind zu einem Elternteil eine stärkere innere Beziehung entwickelt, so muss das bei der Sorgerechtsentscheidung berücksichtigt werden (Beschluss 1 BvR 142/09 vom 18.5.2009, Beschluss 1 BvR 311/08 vom 27. Juni 2008). Dies gilt aber auch für eine Umgangsregelung.
Wie oben gesagt, hatte Familienrichterin S. solche stärken emotionalen Bindungen der Kinder an den Vater festgestellt. Das Gericht zieht nicht in Erwägung, inwieweit der kontinuierlich geäußerte Wunsch nach häufigerem Umgang mit dem Vater Ausdruck engerer persönlicher Bindungen zum Beschwerdeführer sein könnte und der Wunsch nach lediglich hälftigem Umgang mit jenem möglicherweise aus Loyalitätskonflikten zur Mutter herrührt.
Die Begründung des OLG, die Kinder hätten bei ihren Willensäußerungen keine konkreten Bedürfnisse artikulieren können, widerlegt das vom Antragsteller gefertigte Befragungsprotokoll vom 09.05.2012. Von Kindern dieses Alters kann keine bis ins Einzelne gehende Begründung erwartet werden. Genau dies fordert aber das OLG im Ergebnis von K. und A., ohne darzustellen, wie zehn- oder elfjährige Kinder ihre natürlichen Wünsche noch stärker zum Ausdruck bringen oder plausibel machen müssen, um das Gericht zu überzeugen. Mögliche Gründe für die gefühlsmäßigen Bindungen der Kinder hat der Beschwerdeführer in seinem schriftlichen Vorbringen genügend dargelegt. Außerdem können solche Bindungen nicht immer bzw. nur teilweise rational erfasst und begründet werden, weil sie ein inneres Faktum sind.
Daneben verkennt das Oberlandesgericht die Tragweite des trotz grosser Widerstände über einen langen Zeitraum hinweg geäußerten Willens nach mehr Umgang mit dem Vater. Ferner hätte es sich damit beschäftigen müssen, dass die starre Ablehnung des von allen drei Kindern nachhaltig geäußerten Wunsches durch die Mutter angesichts ihres parallel fortschreitenden Alters das Verhältnis zur Mutter zunehmend belastet und verschlechtert.
Die schulischen Leistungen der beiden älteren Kinder haben stark nachgelassen. Hier hätte das Gericht sich damit befassen müssen, in welchem Umfang und warum die schulischen Leistungen nachgelassen haben. Dezidiertes Vorbringen des Beschwerdeführers wurde nicht gewürdigt, seinen Beweisanträgen wurde nicht nachgegangen. K. war in der Grundschule noch nach erfolgter Trennung bei der intensiven Betreuung durch den Vater im Rahmen des täglichen Wechselmodells ein klarer Anwärter für das Gymnasium, A. galt sogar als hochbegabt. Inzwischen benötigt K. selbst auf der Realschule plus mit integrierter Hauptschule Nachhilfe, die Leistungen von A. sind nur noch durchschnittlich mit weiter abnehmender Tendenz. Als mögliche Erklärung hätte das Oberlandesgericht in Betracht ziehen müssen, dass sich die fortwährende Missachtung ihrer Wünsche bereits negativ ausgewirkt hat.
Konkrete Anhaltspunkte für Defizite bei der Betreuung und Erziehung der Kinder durch den Beschwerdeführer konnten weder der Sachverständige noch die Gerichte aufzeigen. Insofern stellt die fortgesetzte Mißachtung des Willens der Kinder zugleich eine schwere Mißachtung ihres Wohls dar, stößt bei allen drei Kindern zunehmend auf Unverständnis und belastet sie. Letzteres gilt im besonderen Maße für R., der Verhaltensauffälligkeiten zeigt und K., bei dem im Verlauf des Jahres 2011 eindeutig somatisch bedingte Magenprobleme auftraten, die sich seit Inkrafttreten der jetzigen Umgangsregelung deutlich verstärkt haben.
Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist. Die Übertragung des Lebensmittelpunktes und eines wesentlichen Teils der elterlichen Sorge auf die Mutter allein wegen angeblich schlechter Kommunikation und der behaupteten größeren psychischen Stabilität der Antragsgegnerin ist unverhältnismäßig. Zum einen werden sowohl die nicht nachgewiesene größere psychische Stabilität der Mutter als auch die schlechte Kommunikation bestritten.
[Absatz aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes weggelassen]
Zum anderen wurde weder die geringere psychische Stabilität des Antragstellers nachgewiesen noch wurde konkretisiert, wie sich seine angeblich geringere psychische Stabilität, so sie denn zuträfe, zeigt bzw. in welcher Form sie sich äußert, auf welche Weise sie seine Erziehungsfähigkeit einschränkt und in welcher Form sie sich konkret zum Nachteil der Kinder negativ auswirkt.
[Absatz aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes weggelassen]
Darüber hinaus zeigen weder das Gutachten noch die Urteilsbegründungen auf, worin genau eine nachhaltige Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls der Kinder besteht oder wie sich die lediglich von der Mutter für die Vergangenheit behaupteten Verhaltensweisen des Vaters auf die Kinder zu ihrem Nachteil auswirken. Auch fehlen sowohl im Gutachten als auch in den Urteilen konkrete Aussagen dazu, wie sich die dem Vater durch das Gutachter zugeschriebene Veranlagungen bzw. Eigenschaften zu Beeinträchtigungen der Kinder führen.
Die lediglich von der Mutter behaupteten Verhaltensweisen des Vaters während der Ehe und die ihm durch das Gutachten allein aufgrund der Aussagen der Mutter zugeschriebenen Veranlagungen bzw. Eigenschaften werden im Übrigen bestritten. Den diesbezüglichen Beweisanträgen und Beweisangeboten des Beschwerdeführer wurde nicht nachgegangen, die von ihm benannten Zeugen wurden nicht geladen, sein Vorbringen zu den zahlreichen Lücken, Widersprüchen und fachlichen Mängeln des Gutachtens, zur Qualifikation und Sachkunde sowie insbesondere den dezidiert aufgezeigten Falschaussagen des Gutachters und der Antragsgegnerin wurde nicht berücksichtigt.
Die Kommunikation und Kooperation war von April 2010 bis Februar 2011 sehr gut. In diesem Zeitraum fanden regelmäßig Elterngespräche bei der Lebensberatung statt. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers wurde nicht gewürdigt. Ab März 2011 trat zwar eine Verschlechterung ein. Gründe hierfür waren die schleppende Abwicklung des Verfahrens, die einseitige Begünstigung der Mutter durch den Sachverständigen und die Weigerung des Vaters, überzogenen finanziellen Ansprüchen der Mutter nachzukommen. Auch seither ist die Kommunikation durch zahlreiche nachgewiesene Telefon- und E-Mailkontakte sowie gelegentliche persönliche Begegnungen aber immer noch in genügendem Maße vorhanden. Entsprechenden Beweisangeboten des Beschwerdeführers wurde nicht nachgegangen.
Im Beschluss des AG heißt es, das Paritätsmodell werde durch Widerstand eines Elternteils außer Funktion gesetzt. Auch sei die Bereitschaft zur Mitwirkung eine Grundvoraussetzung für das Wechselmodell. Dagegen funktioniere das Residenzmodell auch ohne Einverständnis eines Elternteils. Als Argument für den Vorschlag des Verfahrensbeistands spreche, dass ein Elternteil bereit sei, mitzuwirken bzw. bereit sei, dessen Vorschläge umzusetzen.
Mit dieser Begründung privilegiert das Gericht die Mutter, da jene durch schlichte Verweigerung ein ihr nicht genehmes Umgangsmodell verhindern kann. Weiter sagt das Gericht damit, dass die Mitwirkung des Vaters an der Betreuung nicht wichtig ist. In dieselbe Richtung geht die Aussage im Urteil des OLG Koblenz, wonach es keinen Vorrang der gemeinschaftlichen Sorge vor der Alleinsorge gebe.
Der Vorschlag des Antragstellers, an dem auch ein Elternteil zur Mitwirkung bereit ist, hat offenbar weniger Gewicht. Für das Gericht zählt allein die Akzeptanz der Mutter, während die Ablehnung der verfügten Umgangsregelung durch den Vater unerheblich ist. Hierin liegt ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 3 GG.
Weder das AG noch das OLG haben ausgeführt, warum das Paritätsmodell durch den Widerstand eines Elternteils außer Funktion gesetzt werde. Es wird verkannt, dass ein paritätischer Umgang auch gegen den Willen der Mutter funktionieren könnte, so das Gericht seine Möglichkeiten nutzen würde, sie zur Mitwirkung zu veranlassen. Ein entsprechender Versuch ist nicht unternommen worden. Außerdem wird verkannt, dass bei der verfügten Umgangsregelung kein unbelasteter Umgang der Kinder mit der Mutter möglich ist, da die Kinder ihre Mutter für die von ihnen vehement abgelehnte Umgangsregelung verantwortlich machen.
Beide Elternteile waren sich ihrer aus der gemeinsamen Sorgerechtsausübung ergebenden Verpflichtung für die Kinder bewusst. So wurde von April bis September 2010 an den Werktagen ein tägliches Wechselmodell mit jeweils langen Wochenenden bei Mutter und Vater praktiziert. Wie oben gesagt, hatten sich die schulischen Leistungen der beiden älteren Kinder während dieser Umgangsregelung mit intensiver Hausaufgabenbetreuung durch den Vater trotz des Trennungsschocks sogar noch verbessert. Dem Beweisantrag des Beschwerdeführers, die Zeugnisse der letzten zwei Jahre einzuholen, wurde nicht nachgegangen. Nach der vor dem Familiengericht Cochem am 15.10.2010 getroffenen Zwischenvereinbarung wurde 17 Monate lang ein Wechselmodell praktiziert, nachdem die Kinder längstens 3 Tage vom Vater getrennt waren. Diese Umgangsregelung hatte den schwerwiegenden Nachteil, dass der Vater weitgehend von der schulischen Förderung ausgeschlossen war, weshalb die schulischen Leistungen von K. und A. stark nachgelassen haben. Unabhängig hiervon wurden beide Umgangsregelungen von den Elternteilen ohne nachgewiesene Probleme umgesetzt.
Aber auch wenn das OLG davon überzeugt ist, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung nicht gegeben, rechtfertigt das nicht die Übertragung des Lebensmittelpunktes und des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter. Um dem Willen der Kindes zu entsprechen und ihnen insbesondere eine angemessene Förderung zuteil werden zu lassen, gäbe es alternativ die Möglichkeit, eine Pflegschaft beim Jugendamt einzurichten.
Weder das AG noch das OLG haben auf die Mutter einzuwirken versucht, damit diese sich zu einer Umgangsregelung bereitfindet, die den erklärten Willen der Kinder berücksichtigt und ihrem Wohl dient. Dabei ist gerade das paritätische Wechselmodell geeignet, der vom Senat behaupteten schlechten Kommunikation entgegen zu wirken. Umgekehrt wurden das Bestreben nach Abgrenzung und alleiniger Entscheidungsmacht der Mutter durch die Übertragung des Lebensmittelpunktes und des Aufenthaltsbestimmungsrechts unterstützt. Bemühungen der Gerichte, durch eine Familienhilfe oder eine neutrale Mediation zum Wohl der Kinder einen positiven Frieden zwischen den Eltern zu schaffen und die Mutter zur Akzeptanz des von allen drei Kindern gewollten häufigeren (der 4-½-jährige R.) bzw. hälftigen Umgangs (K., bald 12 Jahre und die 10-jährige A.) zu bewegen, sind nicht erkennbar. Anstatt die Gestaltung des Umgangs am Kindeswohl auszurichten, wurde vom Gutachter eine rigide Selektion vorgenommen, die sich allein an den Bedürfnissen der Mutter orientiert. Letzteres ist an verschiedenen Äußerungen des Sachverständigen zu erkennen, die Antragsteller in seinem Schreiben vom 04.10.2011 aufgezeigt hat. Bezeichnend sind die überholten Aussagen des Sachverständigen zur Bindungstheorie bzw. zum Vorrang der Mutter als primärer Bindungsperson und vor allem Sätze, die er in einem Mediationsgespräch am 12.05.2011 geäußert hat. Hier sagte der Sachverständige u. a.:
"Der Wunsch mit seinen Kindern viel Zeit zu verbringen und sie intensiv zu betreuen, ist für einen Mann nicht normal, vielmehr sollte es einem Mann genügen, seine Kinder gut aufgehoben und versorgt zu wissen."
und
"Männer, die 6 Monate im Jahr auf Montage in Kuwait sind, haben auch intensive Bindungen zu ihren Kindern".
Insbesondere im ersten Zitat, das die Vorurteile des Sachverständigen hinsichtlich der Übernahme von Betreuungs- und Erziehungsleistungen durch Väter belegt, sieht der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers wurde vom OLG nicht gewürdigt.
Wie der Antragsteller in seiner Stellungnahme zur Verhandlung am 20.01.2012 aufgezeigt hat, haben weder die Vertreterin des Jugendamts - [aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes gekürzt] - noch der Verfahrensbeistand ihre Empfehlungen plausibel begründet. Auch dieses Vorbringen wurde nicht berücksichtigt.
Der Verfahrensbeistand stützte sich unkritisch allein auf das Gutachten des Sachverständigen. Genau dies taten auch das AG und das OLG. Dabei wurde verkannt, dass sich die Beurteilung des Sachverständigen weitgehend auf Aussagen der Antragsgegnerin gründet, die der Sachverständige einseitig übernommen hat. Auch lagen die am 06.11.2010 mit den Elternteilen geführten Explorationsgespräche (es waren die einzigen zur Erforschung der Beziehungs- und Trennungsgeschichte - bei der Entscheidung des AG bereits 16 Monate, bei der Entscheidung des OLG sogar 19 Monate zurück. Auch das letzte, am 12.05.2011 durchgeführte Mediationsgespräch lag schon weit zurück. Somit konnten bei beiden Elternteilen wesentliche Entwicklungen nicht berücksichtigt werden.
Weiter hat das OLG nicht berücksichtigt, dass die Übertragung des Lebensmittelpunktes auf die Mutter vielfach zu einer Entfremdung der Kinder führt und es regelmäßig zu einem völligen Abbruch des Kontakts der Kinder zu ihrem Vater kommt oder solche Kontakte nur noch selten stattfinden. Im vorliegenden Fall werden die Kinder sogar dem Elternteil entfremdet, zu dem sie die tieferen Bindungen haben.
Bei einer Studie der Universität Bremen gaben 85 Prozent von mehr als 3800 befragten Männern an, bei der Sorgerechtsregelung hätten sie ursprünglich das gemeinsame Sorgerecht angestrebt. Nach der Trennung haben laut der Studie dann allerdings 30 Prozent gar keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern, 18 Prozent haben nur noch weniger häufig bis seltenen Kontakt. Die Gründe hierfür liegen laut der Studie darin, dass selbst Väter, die ihre Kinder häufig sehen, sich gegenüber der Mutter, die den Lebensmittelpunkt innehat, als machtlos erleben. Etwa zwei Drittel der Väter fühlen sich von den wichtigen Entscheidungen im Leben ihrer Kinder ausgeschlossen.[2]
In die gleiche Richtung weisen eine Studie von Anneke Napp-Peters, (Familien nach der Scheidung, Verlag Antje Kustmann, München 1995, ISBN 3-88897-159-4) und die Aussagen von Robert Bögle, einem Mitarbeiter der "Pädagogisch-psychologischen Informations- und Beratungsstelle für Schüler/innen, Eltern und Lehrer/innen" der Erzdiözese München. Laut Bögle haben 70 % der Väter drei Jahre nach der Scheidung gar keinen Kontakt mehr oder nur noch seltenen Umgang mit ihren Kindern (Beitrag "Scheidungsfolgen von Kindern und Jugendlichen"). Vor diesem Hintergrund nimmt das OLG, wenn er der Mutter den Lebensmittelpunkt zuerkennt, das völlige Verschwinden des Vaters aus dem Leben der Kinder billigend in Kauf. Auch hierin ist ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 3 GG zu sehen.
Im Übrigen widerspricht es dem Prinzip der gemeinsamen Sorge, wenn die Umsetzung des vom Gesetzgeber gewollten Sorgerechts vom Einverständnis der Mutter abhängig gemacht wird.
Laut einer 2004 vom Bundesjustizministerium gestarteten Umfrage und einer anschließenden Studie lehnen unverheiratete Mütter in bis zu 75 % der Fälle die gemeinsame Sorge aus kindeswohlfernen Motiven ab, nämlich weil es ihren Abgrenzungsbestrebungen dient und sie ein Bedürfnis nach alleiniger Entscheidungsmacht über ihre Kinder haben. Auf dieser Grundlage gab das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss 1 BvR 420/09 vom 21.07.2010 zu bedenken, dass in nicht unbeträchtlicher Zahl Mütter allein deshalb die Zustimmung zur gemeinsamen Sorge verweigern, weil sie ihr angestammtes Sorgerecht nicht mit dem Vater ihres Kindes teilen wollen. Dazu wurde ausdrücklich festgestellt, dass bei den Entscheidungen von Müttern kindswohlferne emotionale Gründe wie Kontrollbedürfnis und eigene Verletztheit eine große Rolle spielten. Diese Sätze lassen sich unschwer auf die mangelnde Zustimmung von Müttern hinsichtlich einer paritätischen Regelung des Umgangs nach dem Scheitern der Paarbeziehung übertragen. Insofern muss es Bedenken hervorrufen, wenn die gemeinsame Sorge, welche bei paritätischem Umgang tatsächlich gelebt werden kann, vom Einverständnis der Mutter abhängig gemacht wird.
Im vorliegenden Fall ist die Antragsgegnerin auch mehr als zwei Jahre nach der Trennung noch stark im Paarkonflikt verhaftet, wie insbesondere die nach dem Wechsel des Verfahrensbevollmächtigten aus den von diesem verfassten Schriftsätzen zu ersehen ist. Die dort erhobenen Vorwürfe sind unzutreffend und dienen allein dazu, den Vater zu diffamieren, dies letztlich auch zur Durchsetzung erheblicher finanzieller Forderungen. Auch hierzu wurden, wie in der Anhörungsrüge erwähnt, vom Antragsteller benannte Zeugen nicht geladen und Beweisanträgen nicht nachgegangen.
Des Weiteren hat die Mutter in der Vergangenheit wiederholt Macht ausgeübt. [Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes gekürzt] Diese und weitere, in der Anlage 3 vom 29.01.2012 geschilderte Handlungen und Verhaltensweisen der Mutter verdeutlichen, dass im vorliegenden Fall auf Seiten der Mutter sehr wohl kindswohlferne Motive und emotionale Gründe vorhanden sind. Auch ist ihre Bindungstoleranz eingeschränkt. Der bloße Umstand, dass die jene dem Beschwerdeführer in dem vom Gericht auferlegten Rahmen Umgang gewährt, ist noch kein hinreichendes Indiz für Bindungstoleranz. Entsprechendes Vorbringen des Beschwerdeführers und seine Beweisanträge wurden jedoch nicht gewürdigt.
Zum Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts, der nicht schlüssig begründet wurde und den Beschwerdeführer in seinem Elternrecht verletzt, sei ansonsten, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen im Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung verwiesen.
Neben den bereits erwähnten Punkten erstreckt sich die Verfassungsbeschwerde gegen Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG auch auf das weitere, in der Anhörungsrüge und im Nachtrag zur Anhörungsrüge angeführte Nichtberücksichtigen von Vorträgen und Beweisanträgen. Erwähnt seien hier nur noch das Vorbringen zu einem Widerspruch in der Beschlussbegründung des OLG, wo auf die angebliche Weigerung der Kinder, auch ohne ihre Geschwister zum Vater zu gehen, abgehoben wird. In der Anhörungsrüge wurde darauf hingewiesen, dass der älteste Sohn K. vor dem OLG ausgesagt hat, er wolle auch schon mal alleine zu einem Elternteil.
Ich weise noch darauf hin, dass der Beschluss des AG mit ausdrücklichem Verweis auf die Rechtsprechung des OLG Koblenz begründet wurde. Darin liegt eindeutig das Eingeständnis, dass das Paritätsmodell vom AG Cochem und dem OLG Koblenz entgegen anderweitiger Rechtsprechung abgelehnt wird, obwohl es in Deutschland ansonsten vielfältig angewandt wird. Etliche OLG sehen in Fällen, bei denen die Kommunikation zwischen den Elternteilen schwierig ist und in Konfliktfällen das Paritätsmodell als sinnvoll für Kinder und Eltern an.
Anlagen
Anhörungsrüge
Nachtrag zur Anhörungsrüge
Protokoll der Befragung der Kinder durch den Antragsteller am 09.05.2012
Epilog
Der Bescheid des BVerfG wurde am 25.11.2012 zugestellt. Innerhalb einer Frist von 6 Monaten kann eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereicht werden. Eine solche Klage ist in Vorbereitung. Konkret wird der EGMR zu prüfen haben, ob in den Verfahren vom AG Cochem, dem OLG Koblenz und dem Bundesverfassungsgericht die Menschenrechte auf ein faires Verfahren, auf Achtung des Privat- und Familienlebens und auf ein Verbot der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts geachtet wurden. Außerdem macht der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 3 der "Europäischen Menschenrechtskonvention" geltend. Konkret rügt er eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung durch das AG Cochem und das OLG Koblenz.
Einzelnachweise
- ↑ Väteraufbruch für Kinder e.V. - Landesverband Baden-Württemberg: Kundgebung zum Tag der Menschenrechte 2012
- ↑ Prof. Gerhard Amendt: "Scheidungsväter - Wie Männer die Trennung von ihren Kindern erleben", Campus-Verlag 2006, ISBN 3-593-38216-4
- ↑ Karl Albrecht Schachtschneider: "Rechtsproblem Familie", S. 23, S. 28-31
Rechtsproblem Familie in Deutschland (41 Seiten)