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Transatlantiker

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Transatlantiker ist eine von den Medien benutzte Chiffre.

Ein als "überzeugter Transatlantiker" bezeichneter Politiker ist fest davon überzeugt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland nur als Klientelstaat[wp] fest angeschlossener Junior­partner der Vereinigten Staaten von Amerika gedeihlich entwickeln könne. Es gibt da gar keine Alternative für Deutschland dazu, im Militär­bündnis NATO ein Organ im Körper der Macht­architektur der USA zu sein. Zudem ist für den Trans­atlantiker unstrittig, dass die Art, wie in den USA Politik und Wirtschaft organisiert sind, für uns vorbildlich und möglichst eins zu eins bei uns umzusetzen ist.


Die Transatlantiker arbeiten an der Umsetzung dieser Agenda praktisch seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Sie organisieren sich in netzwerk­artig gegliederten Gruppen, die abseits der Öffentlichkeit operieren. Ihr Selbst­verständnis ist elitär. Sie sind der Überzeugung, dass das gemeine Volk die Not­wendig­keiten der politischen Agenda nicht begreifen kann, und man deswegen in nicht öffentlichen Zirkeln politische Richtlinien erarbeiten muss, die dann über Netzwerke in praktische Politik umgesetzt und über trans­atlantisch eingestellte Führungs­kräfte in Medien und Verbänden den Menschen draußen im Lande nahegebracht werden.

Zu diesen elitären und diskret arbeitenden Gruppen gehört etwa die Atlantik-Brücke. Deren langjährige Geschäfts­führerin Beate Lindemann hat das Credo dieser selbst ernannten Eliten einmal in die treffenden Worte gefasst: "Man kann mehr erreichen, wenn man nicht in der Öffentlichkeit arbeitet." Demokratie ist aber ohne Öffentlichkeit gar nicht möglich. Und diese trans­atlantischen Elite­menschen wissen das ganz genau. Wissen, dass ihre Agenda, beispielsweise die totale Ökonomisierung Europas durch TTIP, niemals auf demokratischem Wege und öffentliche Abstimmungen durchsetzbar ist. Insofern unter­minieren sie eben die Demokratie, wo immer es ihrer Agenda dient und möglich ist.


Um zu verstehen, welche Interessen diese Netzwerke vertreten, muss die Genese dieser Netzwerke betrachtet werden. Quasi die "Mutter" aller trans­atlantischen Netzwerk­gruppen ist der Council on Foreign Relations[wp], kurz CFR. Dieser Rat für Auswärtige Angelegenheiten wurde 1921 in New York gegründet. Zuvor gab es bereits so genannte Runde Tische[wp] in Großbritannien und den USA. An denen saßen die reichsten und mächtigsten Männer aus Politik, Wirtschaft und Finanzen. Diese Leute erkannten, dass eine komplexer werdende Welt ohne wissenschaftliche Expertise nicht mehr effizient wirtschaftlich ausgebeutet werden kann. Der Council verstärkte daher die Interessen­vertretung der Eliten durch eine wissenschaftlich untermauerte Wissens- und Strategie­produktion im Sinne eben dieser.

So machte er nach dem Ersten Weltkrieg etwa Druck auf die Politik, um die Sowjetunion anzuerkennen. Denn US-Industrielle wollten die immensen Öl- und Mangan­schätze der Sowjetunion ausbeuten. Den Herren vom CFR schwebte dabei schon damals eine entfesselte Weltwirtschaft ohne Grenzen vor, in der das Handeln der Nationalstaaten sich auf die Garantie der Vertrags­sicherheit, der sicheren Handelswege und des Schutzes von Privat­eigentum beschränkt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Vision des entfesselten Welthandels durch die Ordnung von Bretton Woods[wp] dann Wirklichkeit. Um die Eliten weltweit möglichst geschmeidig in diese neue Ordnung einzubinden, gründete der CFR seit diesem Zeitpunkt in 170 Staaten "Partner­organisationen", Filialen also, die den direkten Kontakt mit den Eliten der USA sowie eine Anbindung an deren Interessen herstellen. Doch das reichte nicht aus. Die Bilderberger-Gruppe[wp] stiftet daher den persönlichen Kontakt zwischen nord­amerikanischen und europäischen Eliten. Und die Trilaterale Kommission[wp] verbindet die genannten Eliten mit jenen Ostasiens.

In Deutschland stellt die Atlantik-Brücke Kontakte her zwischen den Eliten der USA und jenen Deutschlands. Und Denkfabriken wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik[wp] sowie die Stiftung Wissenschaft und Politik[wp] produzieren die Strategien, um Deutschland optimal in die Pax Americana[wp] einzubauen.


Durch die geduldige Arbeit der oben genannten trans­atlantischen Netzwerke ist in Politik und Medien Deutschlands schließlich jene Hegemonie­struktur entstanden, in der man ungehemmt die Eskalation eines Konflikts provoziert, die aus deutscher Perspektive - beispielsweise in Hinblick auf Russland und die Ukraine-Krise - schlicht selbst­mörderisch ist.[1]

Zitat: «Tatsächlich gibt es zahlreiche trans­atlantische Organisationen wie die Atlantik-Brücke[wp], die Bilderberg-Konferenz und viele andere, in denen Politiker Militärs, Mitarbeiter amerikanischer Thinktanks und eben Journalisten zusammenkommen. Diese Veranstaltungen, von denen nicht berichtet werden darf, haben einen bestimmten Zweck - in der Regel: offiziell die Stärkung der trans­atlantischen Zusammenarbeit. De facto sind sie auch ein Trans­missions­riemen für die amerikanische Denkart in der Außen­politik, für die je angesagte Politik Washingtons. In diesen Netzwerken wurde in den Jahren der Mittel­ost­kriege eine Politik vordiskutiert und rationalisiert, die aus heutiger Sicht als stellenweise durchgeknallt bezeichnet werden muss. [...] Durch dieses journalistische Ein­gebettet­sein hat die außen­politische Debatte hierzulande zuweilen einen merkwürdigen amerikanischen Akzent, oft gewinnt man beim Lesen den Eindruck, als würde einem in Leitartikeln etwas beigebogen, als gäbe es Argumente hinter den Argumenten, fast glaubt man, eine Souffleur­stimme zu hören.» - Stellvertretender Chefredakteur der Zeit Bernd Ulrich[wp] in seinem Buch Sagt uns die Wahrheit![2]

Einzelnachweise

  1. Transatlantische Netzwerke: Die Demokratie im Visier, Le Bohémien am 6. März 2015
  2. Zitiert in: Mal Nato-Hure, mal Putin-Pudel, Kontext-Wochenzeitung am 23. Dezember 2015

Querverweise

Netzverweise

Dieser Artikel basiert maßgeblich auf dem Artikel Transatlantische Netzwerke: Die Demokratie im Visier von Jens Wernicke, Le Bohémien.