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Russland

Aus WikiMANNia
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Information icon.svg Deutschland ist seit 1032 Tagen im Krieg mit Russland.

Wenn man Waffen an eine Kriegspartei liefert, wird man selbst zur Konfliktpartei. Deutschland liefert seit dem 26. Februar 2022 Waffen an die Ukraine. Schon die Lieferung von Waffen ist eine Kriegsbeteiligung, wenn die Waffen tödlich sind.[1]

"Deutschland lieferte zuerst nur Helme, das ist noch keine Beteiligung am Krieg... Aber sobald es um tödliche Waffen geht, ist es eine Beteiligung am Krieg." - Völkerrechtler Norman Paech[wp]: Youtube-link-icon.svg Deutschland mit Russland im Krieg? - proFakt (10. März 2022) (Länge: 12:47 Min.) , siehe auch: Deutschland ist Kriegspartei, NachDenkSeiten am 10. März 2022
"In Deutschland werden ukrainische Soldaten an NATO-Waffen auf dem Truppen­übungs­platz Grafenwöhr in Bayern von US-Soldaten an Haubitzen des Typs M777 ausgebildet. Völkerrechtlich kann dies laut einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages[wp] bereits als Kriegsteilnahme gewertet werden." - Quelle: Ukrainische Soldaten üben im US-Stützpunkt Grafenwöhr das Schießen mit NATO-Haubitzen, Nordbayern 2, 2. Mai 2022
Hauptseite » Staat » BRICS-Staaten » Russland
Putin und der respektlose Bär

Russland ist ein Bundesstaat in Osteuropa und Nordasien. Russland ist eine Großmacht und der wichtigste Nachfolgestaat des implodierten Imperiums Sowjetunion[wp].

Wo der Teufel nicht selbst hin will, schickt er einen Pfaffen oder ein altes Weib. - Russisches Sprichwort
Zitat: «Es gibt in Europa keine Stabilität ohne Russland, und erst recht nicht gegen Russland.» - Hans-Dietrich Genscher[2]
Zitat: «Egon Bahr, einer der Architekten der Entspannungspolitik, hat einmal gesagt, die USA seien für Europa unverzichtbar, Russland hingegen unverrückbar. Er spielte damit auf Russlands Größe und seine Ressourcen an. Daran hat sich nichts geändert.»
Zitat: «Wenn Deutschland und Russland Freunde sind, dann haben wir Frieden und Wohlstand in Europa, aber einige Leute werden unruhig schlafen, aber das ist uns wurscht.» - Dmitri Rogosin[wp][3][4]
Zitat: «Russland hat einen neuen Werbefilm für sich vorgestellt "Das ist Russland", die Highlights:

Günstiges Benzin
Günstiger Strom und Wasser
Keine Cancel Culture
Eine Wirtschaft, die Tausende von Sanktionen standhält
Zeit, nach Russland zu ziehen
Zögern Sie nicht, der Winter kommt.

Mp4-icon-intern.svg "This is Russia" (0:53 Min.)» - Zentrale Ermittlungsstelle[5]
Zitat: «Russland ist wie die Zwiebel der Welt. Wenn Du mit ihr ordentlich umgehst, ist sie gesund und verfeinert fast jedes Essen. Wer gut mit Russland umgeht, den beliefert es mit Öl, Gas, Rohstoffen und Lebensmitteln. Wer aber mit dem Messer auf Russland losgeht, der bleibt ohne Essen, Strom und Heizung und ihm kommen die Tränen!» - Anti-Spiegel[6]

Über Russland und Deutschland

Zitat: «Wenn Preußen und Russland in einem Bündnis zusammenstanden, ging es den Ländern gut und Europa.

Wenn irgendwelche Kräfte auf dieser Welt es geschafft haben, dass beide Länder in Konfrontation gegeneinander gestanden haben, war es eine Katastrophe für beide Länder und für Europa.» - Otto von Bismarck[wp] (deutscher Reichskanzler)

Zitat: «Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse galt sicherzustellen, dass dieser Fall nicht eintritt.» - George Friedman (US-Denkfabrik STRATFOR)[7]

Deutsch-russische Beziehungen

Zitat: «Die deutsch-russischen Beziehungen waren mal vorbildlich und einer der wichtigen Grundsteine für die Beendigung des Kalten Krieges[wp]. Obwohl Deutschland damals ein - sogar offiziell - von den USA besetztes Land war, ist es erstaunlich, dass die Kanzler Brandt und Schmidt gegen den Wunsch der US-Regierung die "neue Ostpolitik"[wp] begonnen haben, die Kohl dann fortgesetzt hat.

Der Kern dieser Politik war ein geheimer Gesprächskanal zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Kreml, für den eine wichtige Regel galt: Man ist ehrlich zueinander. Auch wenn die politische Situation harte Worte und sogar Beschimpfungen in Richtung der anderen Seite nötig machten, wurde über diesen Kanal jahrzehntelang ein vertrauensvoller Kontakt gepflegt, der wohl auch unter Kanzler Schröder erhalten blieb.

Diese Geschichte ist bekannt, weil Egon Bahr und Horst Teltschik[wp] inzwischen offen über den Kanal gesprochen haben. Unter Kanzlerin Merkel dürfte der Kanal irgendwann abgeschaltet worden sein, spätestens als Merkel Russland in Sachen Nawalny[wp] belogen hatte[8], woraufhin sich der russische Außenminister sehr deutlich zu den deutsch-russischen Beziehungen geäußert hat.[9] Wahrscheinlich werden wir die Details erst in Jahrzehnten erfahren, wenn die Zeitzeugen alt sind und darüber zu reden beginnen.

Deutschland außenpolitisch ins Abseits manövriert

Die deutschen Regierungen der letzten Jahre haben die erfolgreiche Ostpolitik beendet, die seit 50 Jahren eine der größten Stärken der deutschen Außenpolitik war, weil sie zeigte, dass Deutschland bei Konflikten Brücken bauen konnte. Deutschland ist inzwischen international als Vermittler nicht mehr gefragt, oder können Sie einen internationalen Konflikt der letzten, sagen wir, fünf Jahre nennen, bei dem Deutschland als von allen Seiten respektierter Vermittler tätig war?

Diese Rolle haben jetzt andere Länder übernommen, zum Beispiel die Türkei im Ukraine-Konflikt oder China im Nahen Osten. In Deutschland ruft niemand mehr an, weil Deutschland in den internationalen Konflikten zu einem Teil des Problems geworden, anstatt als Vermittler tätig werden zu können.» - Anti-Spiegel[10]

Exemplarische Liste sowjetischer und russischer Kriege und Militärinterventionen

19. Jahrhundert
  • 1804–1813: Russisch-Persischer Krieg
  • 1816–1825: Russisch-Georgischer Krieg
  • 1817–1864: Kaukasuskrieg
  • 1826–1828: Russisch-Persischer Krieg
  • 1849: Militärische Intervention zugunsten Österreichs in der Ungarischen Revolution 1848/1849
  • 1857–1858: Russisch-Georgischer Krieg
  • 1865–1868: Eroberung des Emirats Buchara
  • 1865–1869: Eroberung des Khanats von Kokand
  • 1899–1901: Niederschlagung des Boxeraufstands[wp] im Rahmen der Beteiligung an der Militär­intervention der Acht-Nationen-Allianz
20. Jahrhundert
  • 1900: Russisch-Chinesischer Krieg[wp]
  • 1904–1905: Russisch-Japanischer Krieg[wp]
  • 1911–1914: Russische Invasion in Täbris, Persien
  • 1914–1921 Besetzung des neutralen Persien im Ersten Weltkrieg in Zusammenarbeit mit dem Britischen Weltreich im Rahmen der Kriegführung gegen das Osmanische Reich und im Russischen Bürgerkrieg
  • 1917–1921: Ukrainisch-Sowjetrussischer Krieg
  • 1918: Militärische Unterstützung der Sozialisten im Finnischen Bürgerkrieg
  • 1918–1920: Kampfhandlungen in den Unabhängigkeits­kriegen Estlands, Lettlands und Litauens
  • 1918–1920: Militärisches Engagement im Georgisch-Südossetischen Konflikt
  • 1920–1921: Polnisch-Sowjetrussischer Krieg
  • 1921: Besetzung der Mongolei durch die Roten Armee der bolschewistischen Revolutions­regierung im Rahmen des Russischen Bürgerkrieges nach Vertreibung der Weißen Armee unter Roman von Ungern-Sternberg
  • 1929: Sowjetisch-chinesischer Grenzkrieg
  • 1934: Militärische Intervention in Xinjiang während des Chinesischen Bürgerkrieges
  • 1937–1938: Militärische Unterstützung der Spanischen Republik im Spanischen Bürgerkrieg
  • 1938–1939: Japanisch-Sowjetischer Grenzkonflikt

Zweiter Weltkrieg:

  • 1939: Besetzung und Annexion Ostpolens[wp][anm 1]
  • 1939–1940: Sowjetisch-Finnischer Krieg (Winterkrieg[wp])[anm 2]
  • 1940: Besetzung und Annexion der baltischen Staaten[wp]
  • 1940: Besetzung und Annexion Bessarabiens und der Nordbukowina
  • 1941–1944: Finnisch-Sowjetischer Fortsetzungskrieg[wp]
  • 1941–1946: Besetzung des neutralen Persiens in Zusammenarbeit mit dem Britischen Weltreich und den USA bzw. nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Nordpersiens
  • 1945: Beteiligung am Krieg gegen Japan in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges

Nach dem Zweiten Weltkrieg als Sowjetunion:

  • 1946–1954: Militärische Unterstützung Nordvietnams, Kambodschas und Laos im Französischen Indochinakrieg
  • 1950–1953: Militärische Unterstützung Nordkoreas im Koreakrieg[anm 3]
  • 1953: Niederschlagung des Aufstands vom 17. Juni 1953 in der DDR
  • 1955–1975: Militärische Unterstützung Nordvietnams und des Vietkongs im Vietnamkrieg
  • 1956: Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstands
  • 1968: Niederschlagung des Prager Frühlings in Zusammenarbeit mit Ungarn, Polen und Bulgarien
  • 1969: Chinesisch-Sowjetischer Grenzkrieg
  • 1974–1991: Militärische Unterstützung des kommunistischen Regimes im Äthiopischen Bürgerkrieg
  • 1975–2002: Militärische Unterstützung der MPLA im Angolanischen Bürgerkrieg
  • 1977–1990: Militärische Unterstützung der FRELIMO im Mosambikanischen Bürgerkrieg
  • 1977–1978: Militärische Unterstützung Äthiopiens im Ogadenkrieg gegen Somalia
  • 1979–1989: Militärintervention in den Afghanischen Bürgerkrieg[wp][anm 4]

Nach dem Zerfall der Sowjetunion[wp] als Russische Föderation[wp]:

  • 1991–1992: Militärisches Eingreifen in den Georgisch-Südossetischen Krieg[wp]
  • 1992-1994: Militärische Unterstützung Armeniens im Ersten Bergkarabach-Krieg[wp]
  • 1992: Militärintervention in den Transnistrien-Konflikt[wp]
  • 1992–1997: Militäreingriff in den Bürgerkrieg in Tadschikistan[wp]
  • 1992–1993: Militärische Unterstützung abchasischer Freischärler im Georgisch-Abchasischen Krieg[wp]
  • 1994–1996: Erster Tschetschenienkrieg[wp]
  • 1999–2009: Zweiter Tschetschenienkrieg[wp]
  • 1999: Dagestankrieg[wp]
  • 1999–2003: Vorstoß nach Priština, danach Teilnahme an der KFOR-Mission im Kosovo
21. Jahrhundert
  • 2008: Militäreinsatz im Kaukasuskrieg[wp] zugunsten der konsolidierten Protostaaten Südossetien[wp] und Abchasien[wp][anm 5]
  • seit 2009: Militäroperationen gegen das Kaukasus-Emirat, das sich seit 2015 als Teil des IS bis zu dessen weitgehender Zerschlagung verstand
  • Seit 2014: Militärische Unterstützung der prorussischen de-facto-Regime Volksrepublik Donezk und Lugansk im Bürgerkrieg im Donbass gegen die pro-amerikanische und von den USA (u.a. mit Academi-Söldnern) unterstützte Regierung der Ukraine
  • Seit 2015: Militäreinsatz zur Unterstützung Syriens im Syrienkrieg[anm 6]
  • Seit 2015: Militärische Unterstützung des Kampfes gegen den Islamischen Staat in Syrien
  • Seit 2018: Militärische Unterstützung des Marschalls Khalifa Haftar mit Wagner-Söldnern
  • Seit 2018: Militärische Unterstützung der Regierung der Zentral­afrikanischen Republik mit Wagner-Söldnern bei der Bekämpfung der islamistischen Rebellen­organisation Séléka
  • 2021: Militärischer Eingriff zur Beendigung des Zweiten Bergkarabach-Krieges[wp]
  • Seit 2021: Militärische Unterstützung der Regierung von Mali bei der Bekämpfung islamistischer Aufständischer mit Wagner-Söldnern
  • Seit 2021: Militärische Unterstützung der Regierung Tschads bei der Bekämpfung islamistischer Aufständischer mit Wagner-Söldnern
  • Seit 2021: Militärische Unterstützung der Regierung Mosambiks bei der Bekämpfung der Guerilla-Bewegung Ahlu Sunnah Wa-Jama mit Wagner-Söldnern
  • Seit 2022: Militärintervention in die Ukraine zur Unterstützung der pro-russischen Protostaaten Volksrepublik Donezk und Lugansk.

Anmerkungen
  1. Die gewaltsame Überführung Ostpolens in die eigene Territorialhoheit durch die UdSSR war aus Sicht des Völkerrechts als Wiedererlangung der durch die polnische Eroberung der westlichen Teile Weißrusslands und der Ukraine im Jahre 1920 verlorenen Souveränität über dieselben legal.
  2. Der Winterkrieg[wp] war möglicherweise eine Folge der finnischen Ostkriegszüge[wp] (1918-1920). Insbesondere nach dem Staatsstreich 1933 in Deutschland dürften in der sowjetischen Führung Bedenken in Bezug auf die Sicherheit des Leningarder Gebiets entstanden sein. In den Befürchtungen dürfte man sich nach dem Fortsetzungskrieg[wp], wobei die finnische Armee 1940 bei der Belagerung Leningrads[wp] die Stadt von Norden abriegelte, bestätigt gefühlt haben.
  3. Der Koreakrieg wurde vom US-amerikanischen Klientelstaat Südkorea begonnen, die Initiative zur Teilung Koreas ging von den USA aus und das militärische Engagement der USA übertraf im Hinblick auf seinen Umfang dasjenige der UdSSR. Der Krieg war insgesamt in erster Linie ein Stellvertreterkrieg zwischen der Volksrepublik China (deren Militär­engagement hinsichtlich seines Umfangs vergleichbar war mit demjenigen der USA) und den USA als ein solcher zwischen der UdSSR und den USA.
  4. Der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan war die Erfüllung eines gegenüber der eigeninitiativ und eigenständig ohne sowjetische Anleitung oder Unterstützung durch einen Putsch an die Macht gelangten linken (und nicht ausschließlich kommunistischen) Regierung gegebenen Versprechens nach einem vorangegangenen Gesuch derselben um militärischen Beistand gegen die bereits vor der sowjetischen Militär­intervention von den USA finanzierten, bewaffneten, ausgebildeten sowie logistisch und technisch unterstützten Mudschahidin[wp]. Die USA brachten die linke Putsch­regierung Afghanistans durch die Unterstützung der islamistischen Rebellen in Bedrängnis, um diese zum Gesuch um Militärbeistand bei der UdSSR zu nötigen, mit dem Ziel der UdSSR nach ihrer militärischen Intervention in Afghanistan einen Abnutzungskrieg aufzuzwingen.
  5. Der Kaukasuskrieg von 2008 war ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA. Dieser begann durch einen von der ursprünglich durch einen verdeckten Eingriff der USA an die Macht gelangten (Rosenrevolution[wp]) Regierung Georgiens angeordneten Militär­einsatz gegen die seit den 1990er Jahren de facto souveränen Protostaaten Abchasien und Südossetien (deren Einwohner mehrheitlich russische Staats­angehörige waren und bis heute sind), wobei auch Streubomben zum Einsatz kamen und Angriffe schwerer Artillerie auf zivile Wohngebiete unter Inkaufnahme der Tötung von Zivil­personen stattfanden sowie der Versuch der gewaltsamen Vertreibung der legal stationierten russischen Friedens­truppen in den betreffenden Gebieten. Die russische Militär­intervention war aus völker­rechtlicher Sicht als Nothilfe (Schutz eigener Bürger) und Notwehr (Unterstützung von einer fremden Macht angegriffenen eigenen Militär­personals) mit Ausnahme bestimmter Fehlhandlungen legal.
  6. Der Syrienkrieg ist kein Bürgerkrieg, sondern ein mit dem Contra-Krieg[wp] vergleichbarer Krieg der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Israels, der Türkei, Saudi-Arabiens und Katars, in welchem die genannten Mächte überwiegend aus ausländischen Söldnern und Terroristen bestehende Milizen finanzieren, bewaffnen, ausbilden sowie logistisch und technisch unterstützen. Russland unterstützt in diesem Krieg die legale Staatsführung Syriens mit dessen ausdrücklicher Erlaubnis, weshalb die Präsenz und die Aktivitäten der russischen Streitkräfte in Syrien im Gegensatz zu denjenigen anderer Staaten völker­rechts­konform sind. Die Behauptung Russland würde vorsätzlich und systematisch zivile Einrichtungen und Infra­struktur­objekte bombardieren, ist nicht belegt und höchst­wahrscheinlich Propaganda der mit al-Quaida verbundenen Weißhelme.
Bei Reitschuster ist ein Artikel mit der Überschrift "Putin - ein Ehrenmann? - Warum der Kremlchef so stark fehlgedeutet wird" erschienen, [in dem ein] Bild gezeigt [wird], auf das ich eingehen möchte, denn das zeigt recht eindrücklich, was von dem zu halten ist, was die Gegner der russischen Politik Russland so alles vorwerfen.
Sowjetisch-russische Kriege und Militärinterventionen seit 1945[11]

Wir wollen uns hier die Vorwürfe anschauen, die dem heutigen Russland auf dem Bild gemacht werden. Es geht hier um das, was das "neue Russland" betrifft, wie es in Russland selbst auch genannt wird, also um die Zeit seit dem Ende der Sowjetunion im Dezember 1991.

1988-1994 Bergkarabachkrieg
Der Konflikt um die Region Berg-Karabach[wp] ist 1988 ausgebrochen und war Anfang der 1990er Jahre zeitweise ein heißer Krieg, bevor unter Vermittlung Russlands 1994 ein Waffen­stillstand ausgehandelt wurde. Ein Schuldiger ist schwer zu benennen, der Konflikt hat seine Wurzeln noch im 19. Jahrhundert. Die Region, also der Kaukasus, ist ein Flicken­teppich unzähliger kleiner und größerer Ethnien und daher ein traditionelles Pulverfass.
In der gemischt besiedelten Region Bergkarabach[wp] kam es ab 1988 zu Konflikten zwischen den christlichen Armeniern[wp] und den islamischen Aserbaidschanern. Im Ergebnis hat Armenien den Krieg damals gewonnen und die Aserbeidschaner wurden aus Bergkarabach vertrieben. Zu einer Aussöhnung ist es danach nicht gekommen.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland gar nicht in den Krieg verwickelt.
1991-92 Südossetienkrieg[wp]
Der Krieg, um den es hier geht, war auch einer der Bürgerkriege, die in der Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion ausgebrochen sind. Die Osseten[wp] und Abchasen[wp] gehörten in der Sowjetunion zur georgischen Teilrepublik, aber sie wollten nie Teil eines unabhängigen georgischen Staates sein. Der Grund ist, dass es im Zuge des Bürgerkrieges nach der Oktober­revolution[wp] auch Konflikte zwischen Georgiern einerseits und den Osseten und Abchasen andererseits gegeben hat, bei denen tausende Osseten und Abchasier getötet wurden. Ossetien spricht von einem Genozid der Georgier. In die danach entvölkerten Orte sind dann Georgier eingezogen.
In der Sowjetunion war es egal, zu welcher Sowjetrepublik ein Landstrich gehörte, so wie es auch egal ist, ob ein Dorf in Deutschland zu Hessen oder Niedersachsen gehört. Wichtig wurde das erst, als Georgien unabhängig wurde und der Konflikt wieder aufbrach.
So kam es zu dem Krieg ab 1991, bei dem die Osseten dafür gekämpft haben, nicht unter georgische Kontrolle zu geraten. Der Krieg wurde dann beendet, wobei Südosstien und Abchasien de facto (aber international nicht anerkannt) unabhängig von Georgien wurden. Die Kontaktlinie wurde seit 1992 von russischen Friedens­truppen gesichert.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland gar nicht in den Krieg verwickelt.
1992 Transnistrienkrieg[wp]
Auch das war ein Bürgerkrieg im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion. Die kleine ehemalige Sowjetrepublik Moldawien[wp] liegt heute zwischen der Ukraine und Rumänien und ist ein Viel­völker­staat. 1992 brach dort ein Krieg aus, weil das kleine Gebiet Transnistrien[wp], in dem sehr viele Russen leben, sich nicht an Moldawien anschließen wollte, in dem es starke nationalistische rumänische Tendenzen gab. Übrigens kamen den Russen in Transnistrien damals auch Freiwillige aus der Ukraine zu Hilfe, so waren die Zeiten damals, als es die inzwischen künstlich geschaffene Spaltung zwischen Ukrainern und Russen noch nicht gab.
Der Krieg wurde beendet, als die in Transnistrien stationierte 14. sowjetische Armee die Parteien trennte. Anschließend gab es einen Waffen­stillstand und seitdem patrouillieren moldawische, transnistrische und russische Friedens­truppen die Kontaktlinie gemeinsam.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russlands einzige Rolle darin, die Kampf­handlungen zu beenden.
1992-93 erster Abchasienkrieg[wp]
Hier gilt das Gleiche, wie schon bei dem Südossetien­krieg. Es war der Konflikt Georgiens mit den Minderheiten der Osseten und Abchasen.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland gar nicht in den Krieg verwickelt.
1992 Ost-Progorodny-Konflikt[wp]
Auch dieser Konflikt gehört zu den Konflikten um Ossetien und Abchasien. Der Kaukasus ist nun einmal ein Schmelztiegel der Kulturen und vor allem der (kleinen) Völker, die sich beim Zerfall der Sowjetunion[wp] teilweise bekriegt haben. Nordossetien[wp] und Inguschetien[wp] sind beide Teile Russlands, es war also ein ethnischer inner-russischer Konflikt, in den russische Einheiten eingegriffen haben, um die Übergriffe militanter islamistischer Inguscheten auf Osseten zu unterbinden.
Dieser Konflikt wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war es ethnischer Konflikt zwischen zwei Völkern, den russische Einheiten beendet haben.
1992-97 Tadschikischer Bürgerkrieg[wp]
Tadschikistan[wp] war eine sowjetische Teilrepublik, die nach dem Zerfall der Sowjetunion unabhängig wurde. In dem darauf folgenden Bürgerkrieg kämpften verschiedene Strömungen (von ehemaligen Kommunisten über pro-westliche Kräfte bis hin zu Islamisten) gegeneinander. 1994 gab es einen Waffen­stillstand, der von russischen Friedens­truppen gesichert werden sollte, der aber nicht hielt. Erst 1997 kam es zu einem in Moskau ausgehandelten Frieden.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland gar nicht in den Krieg verwickelt, sondern nur Vermittler zwischen den Kriegs­parteien.
1993 Georgischer Bürgerkrieg[wp]
Georgien war, wie an den Konflikten um Ossetien und Abchasien gesehen, eine sowjetische Teilrepublik, die nach dem Zerfall der Sowjetunion unabhängig wurde. Im Zuge der Konflikte kam es auch zu Putschen in Georgien und zu einem Bürgerkrieg verschiedener Kräfte, die in dem jungen Staat an die Macht wollten.
Dieser georgische Bürgerkrieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland gar nicht in den Krieg verwickelt.
1994-96 Erster Tschetschenienkrieg[wp]
Zum Tschetschenien­krieg gibt es zwei Sichtweisen. Die westliche Sichtweise spricht von dem Unabhängigkeits­kampf des tschetschenischen Volkes, die russische Sichtweise ist eine andere: Es waren keineswegs die Tschetschenen, die für ihre Unabhängigkeit kämpften, sondern eingesickerte arabische Salafisten, die dort - Zitat der Rebellen damals - "einen islamischen Staat, ein Kalifat" errichten wollten. Diese Begriffe, die im Westen erst ab 2012 bekannt wurden, als arabische wahhabitische Islamisten im Irak und in Syrien ihr Terrorregime errichteten, waren in Russland bereits seit 1994 ein Thema.
Das Ziel der Islamisten war es, den gesamten Kaukasus, also das russische, aber islamisch geprägte Gebiet zwischen Schwarzem Meer und Kaspischen Meer unter Kontrolle zu bekommen.
1996 endete der Krieg mit einer faktischen Autonomie für Tschetschenien[wp], weil die russische Armee in dem unter Jelzin[wp] chronisch bankrotten Russland sich nicht gegen die eingewanderten Islamisten durchsetzen konnte.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, obwohl es sich um einen Konflikt innerhalb des russischen Staates gehandelt hat, der eingesickerten ausländischen Islamisten ausgelöst worden ist.
1998 Zweiter Abchasienkrieg
Was der Zweite Abchasienkrieg sein soll, erschließt sich nicht. Abchasien hat sich 1994 für unabhängig von Georgien erklärt und das 1999 in einem Referendum bestätigt. Es gab - wie auch bei Südossetien - immer wieder kleine Scharmützel mit Georgien, aber von einem Krieg, der dort 1998 getobt haben soll, konnte ich nicht einmal auf russisch­sprachigen Internetseiten etwas finden.
Das wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, obwohl anscheinend gar nichts los gewesen ist, sondern bestenfalls irgendjemand ein kleines Scharmützel als "Krieg" bezeichnet.
1999 Dagestankrieg[wp] und 1999-2009 Zweiter Tschetschenienkrieg[wp]
Die Ereignisse von 1999 werden auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als zwei Kriege aufgelistet, was aber schlicht nicht stimmt. Tatsächlich begann der Zweite Tschetschenienkrieg mit einem Angriff der Islamisten, die Tschetschenien seit 1996 kontrollierten, auf Dagestan[wp], denn sie wollten ihr "Kalifat" vergrößern. Zum 20. Jahrestag der Ereignisse habe ich darüber berichtet.[12]
Ansonsten gilt für den Zweiten Tschetschenienkrieg das gleiche, wie bei dem Ersten Tschetschenienkrieg, nur dass Russland den Krieg dieses Mal gewonnen hat. Interessant ist, wie das möglich wurde, denn es straft die westliche Legende, die Tschetschenen hätten für ihre Unabhängigkeit von Russland gekämpft, Lügen.
Putin hatte sich vom "pro-russischen" Tschetschen­führer Kadyrow[wp] (dessen Sohn heute Präsident von Tschetschenien ist) überreden lassen, eine Amnestie auszurufen. Daraufhin wechselten die Tschetschenen, die vorher Angst vor russischer Strafverfolgung für ihre Teilnahme an dem Krieg hatten, die Seiten. So gelang es - mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung -, die eingesickerten ausländischen Islamisten aus Tschetschenien zu vertreiben.
2002-04 Pankisi-Gorge-Krise[wp]
Das Pankisi-Tal liegt in Georgien und wird unter anderem von Tschetschenen bewohnt. Das Tal war Anfang der 2000er Jahre ein Rückzugsort für Kriminelle aus den Bereichen Waffen- und Drogen­schmuggel. Georgien wurde vom Ausland gedrängt, dagegen vorzugehen. Übrigens keineswegs nur von Russland, sondern auch von den USA, weil sich in dem Tal auch Araber von Al-Kaida[wp] und anderen Terror­organisationen versteckt hielten.
Wenn diese Terroristen in Tschetschenien kämpften, wurden sie von den USA unterstützt, wenn sie sich hingegen in Georgien niederließen, das die USA als Vorposten gegen Russland aufbauen wollten (was es danach ja auch geworden ist), dann sind die USA gegen sie vorgegangen.
Übrigens gehörte auch der Tschetschene, der beim so genannten "Tiergartenmord"[wp] in Berlin erschossen worden ist[13], zu einer der Pankisi-Gruppen und er war ebenfalls in islamistische Terror­anschläge und die organisierte Kriminalität verstrickt. Russland hat mehrmals seine Auslieferung aus Deutschland beantragt, was aber immer abgelehnt wurde.
Dieser "Krieg" (der keiner war) wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, dabei war Russland in die Geschichte nicht tiefer verwickelt, als zum Beispiel die USA, und obwohl es sich - auch aus westlicher Sicht - um ein international gefordertes Vorgehen Georgiens gegen Al-Kaida und die organisierte Kriminalität gehandelt hat.
2007 Inguschetienkrieg[wp]
Auch diesen Krieg hat es nie gegeben. Stattdessen handelt es sich dabei wieder um eines der Probleme des Kaukasus und des Tschetschenien­krieges. In der russischen Teilrepublik Inguschetien[wp] hatten Islamisten im Zuge des nahen Tschetschenien­krieges starken Zulauf. Sogar der Spiegel schrieb über Inguschetien und die Lage dort 2008:
"Nach dem Krieg im benachbarten Tschetschenien wurde es zur Hochburg bewaffneter Islamisten. Die erschießen nahezu täglich Polizisten und Geheim­dienstler, sprengen deren Fahrzeuge in die Luft oder feuern Granaten auf Behörden­gebäude. Allein im ersten Halbjahr 2008 kamen in Inguschetien 70 Polizisten bei bewaffneten Angriffen um. (...) Die islamischen Militanten kämpfen für ein "Kaukasisches Emirat", das vom Kaspischen bis zum Schwarzen Meer reichen soll. Denn in den Nachbar­republiken Kabardino-Balkarien, Karatschai-Tscherkessien und Dagestan haben die Islamisten ebenfalls Zulauf. Auch in Dagestan, mit 2,6 Millionen Einwohnern die größte nordkaukasische Teilrepublik, gehören Attentate zum Alltag"
Auch hier kann von einem "russischen Krieg" also keine Rede sein, vielmehr ging es um den Kampf gegen den islamistischen Terror in einer Teilrepublik Russlands. Trotzdem wird dieser "Krieg" auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet.
2008 Kaukasuskrieg[wp]
Die Probleme zwischen Ossetien und Abchasien einerseits, und Georgien andererseits, kennen wir inzwischen. Nachdem der durch die von Soros organisiert Rosenrevolution[wp] an die Macht gekommene georgische Präsident Saakaschwili[wp] nationalistische Töne anschlug und die Gebiete wieder unter georgische Kontrolle bringen wollte, machten die USA Georgien Hoffnung auf einen Nato-Beitritt und feuerten Saakaschwili in seiner anti-russischen und nationalistischen Rhetorik an.
Saakaschwili war daher der Meinung, die USA würden Georgien in einem Krieg mit Russland zu Hilfe kommen. Das war ein Irrtum.
Als georgische Truppen Anfang August 2008 zuerst die russischen Friedens­truppen angegriffen und dann eine ganze Nacht lang Wohngebiete der süd­ossetischen Hauptstadt Zchinwali bombardiert hatten, setzten sich russische Truppen in Marsch und als sie einen Tag später vor Ort waren, hatte die georgische Armee nicht den Hauch einer Chance. Der Krieg dauerte nur fünf Tage und Russland rückte sogar für einige Tage auf georgisches Gebiet vor, um dort wichtige militärische Infrastruktur zu zerstören. Dann zogen die Russen wieder ab.
Diese Version bestätigt auch der Untersuchungs­bericht der EU aus dem Jahr 2009. Darin wird der Angriff Georgiens als völker­rechts­widrig bezeichnet, das russische Vorgehen jedoch als angemessen. Lediglich die wenige Tage andauernde russische Besetzung einiger Teile Georgiens wird als überzogen, aber als vom Völkerrecht gedeckt bezeichnet.
Dieser Krieg wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, obwohl Georgien den Krieg angefangen und obwohl sogar die EU-Untersuchung zu dem Schluss gekommen ist, dass Russland sich nur verteidigt hat.
seit 2009 Guerillakrieg im Nordkaukasus
Auch hier erschließt sich nicht, was genau damit gemeint sein soll. Nachdem der Tschetschenien­krieg 2009 für beendet erklärt worden ist, herrscht im Kaukasus relative Ruhe. Wirklich ruhig in dem Sinne, wie wir das in Mitteleuropa verstehen, wird es dort aufgrund des Schmelztiegels aus Völkern und Religionen wahrscheinlich nie, aber offene Kampfhandlungen gibt es dort nicht mehr und von einem Guerillakrieg kann keine Rede sein.
Wie zersplittert der Kaukasus ist, macht dieser Artikel verständlich.
2010 Unruhen in Südkirgisien
Kirgisien[wp] ist auch eine ehemalige Sowjetrepublik, die nach 1991 unabhängig wurde. Das Land ist instabil und 2010 gab es Unruhen und einen Putsch. Nur was Russland damit zu tun haben soll, erschließt sich nicht. Es waren innen­politische Probleme.
Dieser "Krieg" wird auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet, obwohl es gar keinen Krieg gegeben hat, sondern es sich um einen Putsch gehandelt hat, mit dem Russland nicht einmal etwas zu tun hatte.
2010-2012 Aufstand in Tadschikistan
Dies ist wieder ein Beispiel für "Kriege", die es nie gegeben hat. Es erschließt sich nicht, von welchem "Aufstand die Tadschikistan" die Rede ist, denn das Land war zwischen 2010 und 2012 recht stabil. Wer im Netz nach Ereignissen aus dieser Zeit in Tadschikistan sucht, der findet Meldungen über Bauprojekte, über eine Einigung mit China in einem Grenzstreit und noch ein paar andere Ereignisse, aber nichts über einen Aufstand, der das Land laut des von Reitschuster verlinkten Bildes zwei Jahre lang erschüttert haben soll.
Trotzdem wird das auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel als Beispiel für "russische Kriege" aufgelistet.
seit 2011 Syrien
Auch das ist Desinformation, denn Russland ist zwar in Syrien[wp] aktiv, aber erst seit 2015. 2011 waren es die USA, die den Krieg in Syrien angefangen haben. Sollte das für Sie neu sein, können Sie es hier nachlesen. Die USA haben den Syrienkrieg mit der CIA-Operation "Timber Sycamore" losgetreten, von der deutsche Medien bis heute nicht berichten, obwohl die Dokumente in Washington schon vor Jahren freigegeben worden sind.
2014 Krimkrise[wp]
Der letzte "russische Krieg" auf dem Bild in dem Reitschuster-Artikel betrifft die Krimkrise 2014, in deren Folge sich die Krim mit Russland wieder­vereinigt hat. Da ich darüber schon sehr viel geschrieben habe, erspare ich mir das hier und verweise auf diesen Artikel, in dem ich die Ereignisse des Frühjahres 2014 minutiös wiedergegeben habe.
Fazit
Ich schätze die Arbeit, die Boris Reitschuster in der COVID-19-Frage macht, sehr. Er gehört bei diesem Thema ganz sicher zu den besten Journalisten in Deutschland. Allerdings bin ich bei Russland vollkommen anderer Meinung als er und dieses von Reitschuster in seinem Artikel gezeigte Bild über "russische Kriege" ist ein eindrückliches Beispiel für die Gründe, denn es suggeriert etwas (nämlich Russlands angebliche Aggressivität), was es nicht gibt. Zumindest sind die auf dem Bild genannten Beispiele alle widerlegbar und das Bild ist nichts anderes als auf Unwahrheiten basierende Meinungsmache. Und Meinungsmache ist per Definition kein guter Journalismus. [...]
– Thomas Röper[14]

Annexionen und Eroberungen

Eine Übersicht über russische Annexionen angesichts der gegen Russland von den Regierungen des so genannten Westens und ihrer Mietgriffel in der Meinungswirtschaft erhobenen, wahrheits­widrigen Vorwürfe einer Annexion[wp] der Krim durch Russland, denn die Neuzuordnung war tatsächlich eine Sezession[wp].

Prof. Dr. iur. Karl Albrecht Schachtschneider:

Zitat: «Putin war völkerrechtlich verpflichtet, die Sezession der Krim zu unterstützen!»[15][16]
Besitznahme Gebiet Fläche (km²) Anmerkungen
1940 Karelien ? Im Herbst 1939 hatte die Sowjetunion Finnland mit Gebiets­forderungen in der Karelischen Landenge[wp] konfrontiert und sie mit unabdingbaren Sicherheits­interessen für die Stadt Leningrad begründet. Nachdem Finnland die Forderungen abgelehnt hatte, griff die Rote Armee am 30. November 1939 das Nachbarland an.[17]

Durch den Friedensvertrag[wp] verlor Finnland große Teile Kareliens, darunter die gesamte Landenge und große Gebiete nördlich des Ladogasees[wp]. Die neue finnische Südostgrenze folgte im Wesentlichen der Grenze des Friedens von Nystad[wp] von 1721. Es handelte sich bei dem abgetretenen Gebiet also weitgehend um dieselben Gebiete, die 1721 von Schweden an Russland abgetreten und 1812 als Teil des so genannten Altfinnlands durch Zar Alexander I. wieder an das Großfürstentum Finnland angegliedert worden waren. Die abgetretenen Gebiete waren deutlich größer als die ursprünglich von der Sowjetunion vor dem Krieg geforderten.[18]

1945 Kaliningrad[wp] 15.125 Die Oblast Kaliningrad, auch Kaliningrader Gebiet genannt, ist die westlichste Oblast (Russisch für Gebiet) der Russischen Föderation. Sie ist eines der kleinsten Föderations­subjekte und zugleich die kleinste Oblast Russlands. Die Oblast hat knapp 942.000 Einwohner (2010) und ist von der Fläche etwas kleiner als Schleswig-Holstein.

Die Hauptstadt ist Kaliningrad[wp], das ehemalige Königsberg[wp] (Preußen). Das Gebiet der Oblast umfasst etwa das nördliche Drittel des ehemaligen Ostpreußens[wp] (das heißt, das ehemalige Gebiet der Provinz ohne das litauische Memelland[wp] und die polnischen Gebiete Ermland[wp], Masuren[wp] und Oberland[wp]).[19]

Die Bewohner Ostpreußens sind 1945-1947 zu über 90 Prozent aus ihrer Heimat in das besetzte Deutschland westlich der Oder-Neiße-Linie vertrieben worden. Im Potsdamer Abkommen wurden keine Absprachen zur Bevölkerung des geplanten "Kalingrader Gebietes" verabredet. Über die Sammellager Deutsch Eylau und Insterburg wurden mehr als 44.000 Deutsche als Reparations­verschleppte nach Sibirien oder in den Ural verbracht. Im Herbst 1945 befanden sich nur noch 146.000 Deutsche in dieser Region (zum Vergleich allein Königsberg hatte 1939 372.000 Einwohner). Erst 1947 konnten Deutsche Kaliningrad nach vorheriger Wegnahme aller deutschen Urkunden mit dem Zug verlassen. Viele Ostpreußen waren auch nach Litauen geflohen.[20]

Nach dem Potsdamer Abkommen[wp] wurde Ostpreußen zwischen der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion aufgeteilt. Das nördliche Gebiet um Königsberg wurde daraufhin von der damaligen Russischen Sowjetrepublik annektiert. Es wurde überwiegend mit Russen aus Zentralrussland und dem Gebiet des heutigen Föderations­kreises Wolga[wp] sowie mit Weißrussen und Ukrainern(sic!) besiedelt.[21]

Das 1946 als Verwaltungsgebiet geschaffene, heute zu Nordwestrussland[wp] gehörende Gebiet Kaliningrad wurde als nördliches Ostpreußen mit der Provinz­hauptstadt Königsberg durch die Sowjetunion erobert und bereits mehrere Monate vor der Potsdamer Konferenz durch eine Verfassungs­novelle in ihr Staatsgebiet integriert; nachdem alle deutschen Ortsnamen russifiziert waren, wurde das Gebiet durch Verfassungsgesetz vom 25. Februar 1947 als Verwaltungs­einheit (Oblast) unter dem Namen "Autonomer Oblast Kaliningrad" in die RSFSR[wp] eingegliedert.[22]

Die russische Politik ist seit 1990 von Aufgabe von Souveränitäts­rechten über ehemals vom Sowjet-Imperium eroberten Gebieten und Ländern geprägt, im Gegensatz zu den US-amerikanischen Annexionen, Eroberungen und Besetzungen.

Programm der russischen Außenpolitik

Die neoimperial bzw. transatlantisch ausgerichteten Staats- und Großmedien in den USA und ihren Klientel­staaten, wie beispielsweise Deutschland, insinuieren beständig, dass das Hauptziel der russischen Außenpolitik unter Präsident Putin die Wieder­herstellung des Status Russlands als Imperium durch die rücksichtlose territoriale Expansion auf Kosten seiner Nachbar­staaten und anderer Nachfolge­staaten der UdSSR mittels Annexionen sei, was jedoch nachprüfbar falsch ist, weil Russland bei seinen exterritorialen Militäraktionen primär den Schutz von russischen, russisch­sprachigen und politisch wie kulturell nach Russland orientierten Bevölkerungen bzw. Bevölkerungs­teilen im post­sowjetischen Raum im Sinne hat.

Öffentlich behauptet die NATO, durch Putins "Wahnsinn" gestärkt worden zu sein. Die vom Westen stark bewaffnete Ukraine führe eine Gegenoffensive durch und wehre den "Eindringling" ab. Auf internationaler Ebene trügen die Sanktionen Früchte. Finnland und Schweden, die sich bedroht fühlen, beschlossen, dem Atlantischen Bündnis beizutreten. Bald werden die Russen den "Kreml-Diktator" stürzen.

Diesem großartigen Narrativ widersprechen die Fakten: Nur etwa ein Drittel der westlichen Waffen erreicht die Front. Aber die ukrainische Armee ist erschöpft. Fast überall zieht sie sich zurück und ein paar Erfolge ändern nichts am Gesamtbild. Zwei Drittel der westlichen Waffen, insbesondere die schwersten, sind bereits auf dem Schwarzmarkt auf dem Balkan verfügbar, insbesondere im Kosovo und in Albanien, die zu den wichtigsten Orten des Schmuggels auf diesem Gebiet geworden sind. Die westlichen Sanktionen schaffen die Gefahr einer Hungersnot, nicht in Russland, sondern im Rest der Welt und insbesondere in Afrika. Die Türkei und Kroatien lehnen den Beitritt neuer Mitglieder zur NATO ab. Es ist möglich, sie dazu zu überreden, aber auf Kosten radikaler politischer Veränderungen, gegen die sich der Westen immer gewehrt hat.

Selbst wenn Russland die Klugheit haben wird, seinen Sieg nicht zu laut zu feiern, wie es in Syrien der Fall war, wird dieser als das Versagen der größten Militärmacht der Geschichte, der NATO, erscheinen. Ein klarer Sieg, da das Atlantische Bündnis tatsächlich in den Kampf verwickelt war, während es in Syrien nur rund um die Schlachtfelder stand. Viele von Washingtons Vasallen­staaten werden versuchen, sich davon zu befreien. Es ist wahrscheinlich, dass ihre zivilen Führer geistig auf den Westen ausgerichtet bleiben werden, während sich ihre militärischen Führer schneller Moskau und Peking zuwenden werden. In den kommenden Jahren werden die Karten neu verteilt werden. Es wird nicht darum gehen, von einer Ausrichtung auf Washington zu einer anderen Ausrichtung mit den neuen Gewinnern zu gelangen, sondern eine multipolare Welt zu schaffen, in der jeder für sich selbst verantwortlich sein wird. Es geht nicht um eine Neu­definition der Einflusszonen, sondern um das Ende der Mentalität, die eine Hierarchie zwischen den Völkern etabliert.

Aus dieser Perspektive ist es faszinierend, die westliche Rhetorik zu beobachten. Viele Experten der alten Welt erklären, dass Russland sein Imperium wieder aufbauen wolle. Sie behaupten, dass es bereits Südossetien[wp] und die Krim zurückerobert habe und nun den Donbass angreift. Sie rekonstruieren die Geschichte, und beweisen sie mit gefälschten Zitaten von Präsident Putin. Jeder, der das zeit­genössische Russland studiert und die Daten überprüft, weiß, dass dies falsch ist. Der Beitritt der Krim zur Russischen Föderation und der bevorstehende Beitritt Südossetiens, des Donbass und Transnistriens[wp] haben nichts mit einem Imperium zu tun, sondern mit der Rekonstitution der russischen Nation, die während des Zusammenbruchs der Sowjetunion zerstückelt wurde.

Thierry Meyssan[wp], französischer politischer Aktivist und Autor[23]

Krieg in der Ukraine und das Völkerrecht

Auch in der kritischen Szene und Friedensbewegung[wp] haben viele keine Ahnung, was Völkerrecht eigentlich ist (Es ist eben kein Recht des Volkes oder der Völker. Es hat auch nichts mit Demokratie oder Sympathie für Regierungschefs zu tun.) und orientieren sich zudem an den "Einschätzungen" der westlichen Propaganda. Hinzu kommt, dass entsprechende wissenschaftliche Institute gemäß dem Merksatz "Der Fisch stinkt vom Kopf" mittlerweile von Personen geleitet werden, die den Kern des Völkerrechts komplett umdrehen.

Deshalb nur ganz kurz:

  • Wer eine Regierung stürzt, mit ausländischer Unterstützung, hat völkerrechtlich exakt "null" zu melden und es dauert Jahre, eher Jahrzehnte, bis dieser Umstand verblasst und eine Anerkennung der De-Facto-Situation völker­rechtlich gültig ist.
  • "Kiew" ist völkerrechtlich nicht "anerkannt"[anm 1], auch wenn noch so viele Staaten Kiew anerkennen. Die westliche Propaganda versucht seit Jahren, das Völkerrecht komplett ins Gegenteil zu verkehren, in dem man behauptet, bei einem Angriff entstehe ja sogleich ein völker­rechtlich neuer Staat und damit sei alles in Butter. Das ist die komplette Umkehr (und Vernichtung) des Völkerrechts.
  • Bizarrerweise sind/waren, wenn überhaupt, die einzigen rechts­fähigen, völker­rechtlichen Vertreter der Ukraine (!) die Krim, Donezk und Lugansk als Vertreter/Nachfolger des in weiten Teilen der Ukraine gestürzten Souveräns (auch wenn diese Gebiete keine Lust haben/hatten, mit "Kiew" in der Ukraine zu verbleiben).
  • Die Kiewer Seite samt ausländischer Söldner greift seit Jahren insbesondere Lugansk und Donezk (völker­rechts­widrig) an. Der völker­rechtlich illegale Staatsstreich fand dort an der Front bis heute weiter statt. Die Putschisten schafften es nicht, sich diese sich völker­rechtlich einwandfrei verhaltenden Gebiete einzuverleiben.
  • Russland hat vor einigen Tagen Verträge mit Lugansk und Donezk (die selbstverständlich völlig frei von der Vorstellungen der völker­rechts­widrigen Angreifer von Kiew, NATO und Co. entscheiden können) geschlossen und gewarnt, Kiew solle seine Angriffe einstellen, weil es sonst zu Gegen­schlägen bzw. dem Ausschalten der Angreifer kommt.
  • Kiew hat seine Angriffe nicht eingestellt, sondern intensiviert und offenbar auch an einem Front­abschnitt so etwas wie eine Offensive gestartet. Dies alles ist völker­rechts­widrig.
  • Russland hat, wie angekündigt, die nun per Vertrag geschützten Gebiete/Republiken/"Rest-Ukraine" auf deren Bitte verteidigt bzw. geht wie angekündigt zum Gegenschlag/Ausschalten des Angreifers über. Selbst­verständlich dürfen sich Gebiete/Staaten gegen einen völker­rechts­widrigen Angriff wehren. In diesem Fall kommt hinzu, dass der Angreifer auch noch aus völker­rechtlich nicht rechts­fähigen Subjekten besteht.

Die russischen Aktionen entsprechen formal in jeder Hinsicht dem Völkerrecht.

– Jens Bernert, Geograph, Politikwissenschaftler, Software-Entwickler und Blogger[24]
Russland ringt um seine Machtrolle

Mitten in unserem schönen Europa mit seiner wunderbaren Friedensordnung auf einmal wieder Krieg? Wie konnte es bloß dazu kommen? Ja, wie nur? Auf einmal, mitten im schönsten Frieden, ist da jedenfalls nicht ein Krieg ausgebrochen. Er ist auch nicht aus unerfindlichen Gründen von irgendeinem durchgeknallten russischen Autokraten vom Zaun gebrochen worden.

Auch in dem Fall gilt: Die Gründe für den Krieg werden im Frieden geschaffen. Von Staaten, die es in ihrem Verkehr untereinander wieder einmal so weit gebracht haben, dass sie meinen, sich wechselseitig eine vernichtende Niederlage beibringen zu müssen. Im vorliegenden Fall sind die Gründe lange herangereift. Und dass es nun in der Ukraine losgeht, ist auch kein Zufall.

Es ist mittlerweile fast schon ein Viertel­jahrhundert her, dass ein weitblickender strategischer Denker und Sicherheits­berater des amerikanischen Präsidenten seine Einschätzung abgegeben hat, dass sich das Schicksal Russlands, sein Status und seine Rolle in der Welt, an der Ukraine entscheidet:

Zitat: «Man kann gar nicht genug betonen, dass Russland ohne die Ukraine aufhört, ein Imperium zu sein, mit einer ihm untergeordneten und schließlich unterworfenen Ukraine aber automatisch ein Imperium wird.» - Brzeziński (NZZ, 29.10.1999)

Der US-amerikanische Stratege weiß, dass es für Russland von entscheidender strategischer Bedeutung ist, diesen großen Nachbarstaat politisch an seiner Seite zu behalten. Und selbstverständlich ist seine Einschätzung nicht so gemeint, dass hier vitale Interessen Russlands im Spiel sind, die im Umgang mit diesem Staat zu berücksichtigen sind.

Genau umgekehrt ist es gemeint: Mit dem Zugriff auf die Ukraine kommt die amerikanische Weltmacht ihrem strategischen Ziel, den Rivalen Russland als militärische Größe irrelevant zu machen, einen entscheidenden Schritt näher.

Die USA und ihre Verbündeten in der Nato und in der EU haben mit dieser Zielsetzung die aus dem Zerfall der Sowjetunion hervor­gegangenen souveränen Staaten in der westlichen Nachbarschaft Russlands systematisch in eine von den Nato-Staaten beherrschte und politisch und ökonomisch an die EU assoziierte Zone verwandelt.

Die Kennzeichnung als Einflusssphäre reicht dafür längst nicht hin, nachdem diese Staatenwelt fest in den westlichen Bündnissen verankert ist und - dasselbe anders gefasst - russischer Einfluss und russische Interessen ebenso grundsätzlich ausgeschlossen worden sind.

Zu diesem Zweck hat man sich der ökonomischen Notlage der ehemaligen sowjetischen Bündnis­partner bzw. Sowjet­republiken bedient und ihnen die Perspektive eines Anschlusses an den potenten gemeinsamen Markt eröffnet.

Dem freien Willen der Völker hat man die Entscheidung darüber auch nicht ganz überlassen. Die EU hat ihre Erweiterung gemeinsam mit den USA politisch flankiert und den dort freigesetzten Nationalismus, soweit er sich gegen die frühere Bündnisvormacht bzw. den Gesamtstaat Sowjetunion richtete, mit allen Mitteln in Gestalt von unzähligen sogenannten NGOs und Beratern gefördert, um ihn als Staatsräson zu etablieren. Und dieser Zugriff ist Zug um Zug auch militärisch abgesichert, diese Staatenwelt weitestgehend in der NATO verstaut und zum Standort von NATO-Kräften hergerichtet worden.

Und schon gleich nicht hat man im Fall der Ukraine lockergelassen. In einem ersten Anlauf wird 2004 vermittels einer Farbrevolution der prowestliche Wiktor Juschtschenko[wp] an die Macht gebracht, und 2008 stellen die USA der Ukraine und Georgien den Eintritt in ihr Kriegsbündnis in Aussicht.

Nach Juschtschenkos Ablösung durch Janukowitsch[wp] erfolgt der zweite Anlauf: 2014 wird letzterer, nachdem er das Assoziations­abkommen mit der EU abgelehnt hatte, durch einen mit amerikanischer Hilfe organisierten Aufstand auf dem Maidan gestürzt; das nationalistische russland­feindliche Lager übernimmt die Macht und erklärt die Ukraine umgehend zum Schutzobjekt von EU und USA. Dass genau das der höhere Sinn und Zweck der EU-Osterweiterung war, hat die EU auch ausdrücklich zu Protokoll gegeben: Die geplante Assoziation der Ukraine mit der EU gehe Russland nichts an, hieß es damals, keineswegs werde man mit Russland darüber verhandeln.[anm 2]

Damit hatte Europa seine Methode der friedlichen Eroberung allerdings auch ausgeschöpft. Russland hat in dem Fall nicht mehr einfach unter Protest hingenommen, dass seine strategischen und sonstigen Interessen übergangen werden. Es schaffte seinerseits Fakten, annektierte die Krim[wp], unterstützte tatkräftig den Aufstand im Osten der Ukraine, wo große Teile der Bevölkerung die von Kiew verfolgte russland­feindliche Linie ablehnten, und stellte damit praktisch klar, dass hier eine rote Linie überschritten worden war.[anm 3]

Die andere Seite hat daraufhin den Übergang zur Ächtung und Sanktionierung Russlands vollzogen, den Rest der Staatenwelt in diesem Sinn in Stellung gebracht und damit klargestellt, dass Russland nachzugeben und seine Einkreisung und deren Fortschritte zu akzeptieren hat.

Es hat die ganze Zeit niemand übersehen können, worum es hier geht: um einen Machtkampf auf höchster Ebene, in dem es der einen Seite um ihre Selbstbehauptung als eine Macht geht, die in der Welt ihren Interessen Geltung verschafft, um ihren Einfluss auf fremde Souveräne kämpft, einen entsprechenden Status beansprucht und in ihrer Bewaffnung auch über die nötigen Mittel verfügt, um diesen Anspruch anzumelden - und der anderen darum, ihre Weltordnung durchzusetzen, in der ein solches Russland genau deswegen keinen Platz hat, weil ihr Anspruch auf Weltherrschaft unteilbar ist.

Russland vollzieht eine Wende

1. Der Kreml zieht Bilanz

Die russische Regierung präsentiert die Resultate der gesamten post­sowjetischen Etappe der schönen neuen Weltordnung und erhebt schwere Vorwürfe: In 30 Jahren sind mit dem Vorrücken der Nato alle diesbezüglichen Zusicherungen im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen[wp] gebrochen worden.[anm 4]

Zitat: «Es ist allgemein bekannt, dass uns versprochen wurde, dass sich die Infrastruktur des Nato-Blocks nicht einen Zentimeter nach Osten ausdehnen würde. Jeder weiß das. Heute sehen wir, wo die Nato steht: in Polen, in Rumänien und in den baltischen Staaten. Sie haben das eine gesagt, aber das andere getan. Sie haben uns einfach betrogen.» - Wladimir Putin, 1.2.2022

Ob das Versprechen überhaupt vorgelegen hat, ob schriftlich, mündlich oder gar nicht, der Streit, für den man in die Archive abtaucht und Protokoll­notizen sowie das Erinnerungs­vermögen der damals Beteiligten mobilisiert, mag für die völker­rechtlichen Rechtfertigungs­arien der Nato-Staaten erheblich sein - was die unübersehbare strategische Sachlage betrifft, erfüllen die westlichen Widerlegungen den Tatbestand eines Ablenkungs­manövers.

Tatsache ist jedenfalls, dass sich das westliche Kriegsbündnis nicht nur mit den Staaten des Warschauer Pakts[wp] das komplette ehemalige Glacis[wp] der Sowjetunion inkorporiert hat, sondern diese sowie ehemalige Sowjet­republiken wie Georgien und die Ukraine inzwischen auch als integrale Bestandteile seiner Front gegen den Kreml behandelt und mit seiner militärischen Infrastruktur unmittelbar an die russischen Grenzen heranrückt.

Zitat: «Früher hat die Nato mit Begriffen wie "vorübergehende Stationierung" gespielt. Jetzt spricht sie von einer vollständig nachhaltigen und turnus­mäßigen Präsenz. Das bedeutet in Wirklichkeit eine ständige Präsenz... Liest man die Berichte der führenden westlichen politik­wissen­schaftlichen Zentren, so geben sie freimütig zu, dass sich die Nato durch die Verlegung ihrer Grenzen in die Vororte von St. Petersburg eigene Schwachstellen geschaffen hat. Gleichzeitig kann die Strecke von Tallinn nach St. Petersburg mit dem Fahrrad zurückgelegt werden; Nato-Kampfflugzeuge können St. Petersburg in weniger als zehn Minuten erreichen.» - Vize-Außenminister Alexander Gruschko, Rossijskaja Gaseta, 20.12.2021

Die russische Bilanz im Einzelnen:

a) Insbesondere die Verwandlung der Ukraine in einen dezidiert antirussischen Frontstaat verleiht der militärischen Bedrohung für Russland eine neue, kriegs­entscheidende Qualität.

Zitat: «Was sie in der Ukraine tun, versuchen oder planen, findet nicht Tausende von Kilometern von unserer Landesgrenze entfernt statt. Es geschieht direkt vor unserer Haustür. Sie müssen verstehen, dass wir uns einfach nirgendwo mehr hin zurückziehen können.» - Wladimir Putin, 21.12.2021
  • Das ukrainische Heer, seit 2016 im Rahmen des Comprehensive Assistance Package for Ukraine in allen seinen Abteilungen von verschiedensten Nato-Staaten mit Hundertschaften von Ausbildern arbeitsteilig gedrillt, in mehr oder minder ununterbrochenem Manöver­betrieb an Nato-Standards in Sachen Bewaffnung, Organisation, Kampftechnik herangeführt, hat enorm an Schlagkraft gewonnen. Aus einer depravierten Truppe mit ein paar Tausend noch einsatzfähigen Soldaten, im Donbass-Krieg vernichtend geschlagen, ist ein ernst­zunehmender Kriegsgegner mit eigenen militärischen Fähigkeiten geworden.[anm 5]

Etwa die Hälfte der ukrainischen Armee steht an der Kontaktlinie im Osten; dazu kommen die bewaffneten Formationen der ukrainischen Rechten. Die Truppe ist ausgestattet mit gebrauchten Waffen in größeren Mengen und zunehmend auch modernem US-Gerät, das inzwischen nicht mehr frontfern gelagert - wie noch von der Trump-Administration gefordert -, sondern eingesetzt wird, ebenso wie neuerdings türkische Kampfdrohnen - so viel zur Einhaltung des sogenannten Waffen­stillstands vonseiten der Ukraine. Die amerikanische Luftwaffe liefert die für eine Invasion in die Separatisten­republiken nötigen Daten.[anm 6]

Die Kriegsfähigkeit der Ukraine hat entsprechend zugenommen, und an ihrem Kriegswillen lässt die aktuelle Regierung auch keine Zweifel aufkommen, abzulesen an ihrem Aufmarsch im Frühjahr 2021 und den einschlägigen strategischen Planungen, auf die Russland verweist:[anm 7]

Zitat: «Im März 2021 wurde in der Ukraine eine neue Militär­strategie verabschiedet. Dieses Dokument ist fast ausschließlich der Konfrontation mit Russland gewidmet und hat zum Ziel, ausländische Staaten in einen Konflikt mit unserem Land zu verwickeln. Die Strategie sieht die Organisation einer sogenannten terroristischen Untergrund­bewegung auf der russischen Krim und im Donbass vor. Außerdem werden die Konturen eines möglichen Krieges skizziert, der nach Ansicht der Kiewer Strategen "mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft zu günstigen Bedingungen für die Ukraine" sowie - hören Sie bitte gut zu - "mit ausländischer militärischer Unterstützung in der geopolitischen Konfrontation mit der Russischen Föderation" enden soll.» - Wladimir Putin, 21.2.2022

Im Frühjahr ist die Ukraine zwar noch von ihren Schutzmächten ausgebremst worden[anm 8], davon verblieben ist aber eine dauerhafte Kriegsdrohung für die zwei Volksrepubliken und deren Schutzmacht Russland.

  • Mit der Inbesitznahme der Ukraine durch das Bündnis verliert Russland sein wichtigstes strategisches Vorfeld in Europa; oder, dasselbe umgekehrt ausgedrückt, die Nato steht unmittelbar an der mehr als 2.000 km langen Grenze zu Russland; sie beherrscht das einstige russische Vorfeld fast lückenlos, bestückt es zügig mit immer mehr Kriegsmitteln (Ausbau von Flughäfen, Radar­stationen, Marinebasen), darunter schweres Gerät wie Raketen-Artillerie mit einer Reichweite von um die 1.000 Kilometer. Die für Russland bedrohlichste Aufrüstung in der Ukraine ist freilich die nach dem Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag wieder erlaubte Dislozierung von nuklearen Kurz- und Mittel­strecken­raketen.[anm 9]
  • Die derzeit noch bescheidenen Fähigkeiten der ukrainischen Kriegsmarine, die genutzt werden, um im Verbund mit Nato-Kräften die Manövrierfähigkeit der russischen Schwarzmeerflotte, deren Zugang zum Mittelmeer zu beschränken, werden vor allem mit britischer Hilfe zügig ausgebaut. Es entsteht eine moderne, an Nato-Standards orientierte militärische Infrastruktur am Schwarzen Meer, die Ukraine erhält neue Fregatten und Landungs­schiffe - eine wertvolle Ergänzung der regelmäßig im Schwarzen Meer kreuzenden und übenden Nato-Zerstörer und -Fregatten (mit je ein paar Dutzend Marsch­flug­körpern und/oder mit Atom­spreng­köpfen bestückbaren Raketen an Bord), die Russland jetzt schon eine ständig bedrohlichere, eigenständige strategische Front an der südrussischen Peripherie eröffnen.[anm 10]
  • Die Nato übt am Standort Ukraine den Krieg in Dauermanövern[anm 11] in so gut wie jedem Format und jeder Aufgaben­stellung, von der nächtlichen Landungs­operation bis zum Raketen­abschuss auf die russischen Machtzentren und Übungen zur Abschreckung auch mit Atomwaffen, alles ganz ohne formellen Beitritt der Ukraine zum Bündnis. Der Umfang dieser Manöver mit den Teilnehmern Georgien und Ukraine und zuweilen auch mit Provokationen, die einem Übergang zum offenen Krieg nahekommen - im letzten Frühjahr nimmt ein britischer Zerstörer in voller Gefechts­bereitschaft Kurs auf den Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte und lässt sich erst durch Bombenabwürfe der russischen Luftwaffe stoppen -, verlangt dem Gegner permanente Kriegs­bereitschaft ab. Und das nicht nur in der Ukraine; an allen russischen Grenzen finden rund ums Jahr Nato-Manöver mit schweren Waffen statt, die eine dauerhafte Invasionsgefahr darstellen und das auch sollen. Angekündigt ist die nächste Übung in der Arktis, wobei mit der größten Selbst­verständlichkeit auch neutrale Staaten wie Finnland und Schweden mit einbezogen und nachdrücklichst darauf aufmerksam gemacht werden, dass ihre Sicherheit letztlich nur in der Nato zu garantieren ist.[anm 12]

Dies alles summiert sich zu einem militärischen Aufbau, der zur Eröffnung von für den Kreml mit konventionellen Mitteln nicht mehr beherrschbaren Kriegs­szenarien an mehreren Front­abschnitten aus dem Stand heraus taugt:

Zitat: «Wenn die Ukraine in den Besitz von Massen­vernichtungs­waffen kommt, wird sich die Lage in der Welt und in Europa drastisch verändern, insbesondere für uns, für Russland. Wir können nicht anders, als auf diese reale Gefahr zu reagieren, zumal, ich wiederhole es, die westlichen Schirmherren der Ukraine ihr helfen könnten, diese Waffen zu erwerben, um eine weitere Bedrohung für unser Land zu schaffen. Wir sehen, wie hartnäckig das Kiewer Regime mit Waffen gefüttert wird...

In den letzten Monaten sind ständig westliche Waffen in die Ukraine geliefert worden, ostentativ und vor den Augen der ganzen Welt. Ausländische Berater überwachen die Aktivitäten der ukrainischen Streitkräfte und Spezialdienste... In den letzten Jahren waren Militär­kontingente der Nato-Länder unter dem Vorwand von Übungen fast ständig auf ukrainischem Gebiet präsent. Das ukrainische Truppen­kontroll­system ist bereits in die Nato integriert worden. Das bedeutet, dass das Nato-Haupt­quartier den ukrainischen Streitkräften direkte Befehle erteilen kann, sogar an ihre einzelnen Einheiten und Truppenteile.» - Wladimir Putin, 21.2.2022

Diese Bestandsaufnahme der realen Gefahr aus russischer Sicht ist keine bloße Sichtweise, wird in Russland beileibe nicht nur so gefühlt, sondern fällt zusammen mit dem real existierenden, gewaltigen militärischen Aufwuchs der Nato-Kräfte im Osten. Was auch Militärfachleute der Nato in ihrer nüchternen Art als Tatsache unterstellen, wenn sie in ihren Planungen davon ausgehen, dass sich das konventionelle Kräfte­verhältnis in Mittel- und Ost­europa massiv zuungunsten Russlands verschoben hat. Und das fällt zusammen mit der immer weiter verschärften Nato-offiziellen Einstufung als Feind, die Russland sich mit seinem Beharren auf seinen Rechts­ansprüchen als strategische Vormacht in Osteuropa zugezogen hat.[anm 13] Und nicht nur das.

b) Als nächsten Posten in seiner Bilanz führt Russland die Raketen­stellungen in Polen und Rumänien auf, die, wie bereits erwähnt, demnächst durch weitere in der Ukraine ergänzt werden könnten:

Zitat: «Es ist äußerst besorgniserregend, dass Elemente des globalen US-Verteidigungs­systems in der Nähe Russlands stationiert werden. Die MK-41-Abschuss­rampen, die sich in Rumänien befinden und in Polen stationiert werden sollen, sind für den Abschuss der Tomahawk-Raketen ausgelegt. Wenn diese Infrastruktur weiter ausgebaut wird und die Raketensysteme der USA und der Nato in der Ukraine stationiert werden, beträgt ihre Flugzeit nach Moskau nur 7-10 Minuten, bei Hyperschall­systemen sogar nur fünf Minuten. Dies ist eine große Herausforderung für uns und unsere Sicherheit.» - Wladimir Putin, 21.1.2022

Damit können sich die USA die Option verschaffen, Großstädte, Kommando­zentren, Raketensilos, kriegs­entscheidende Infrastruktur aller Art im europäischen Teil Russlands binnen Minuten zu zerstören, dem Feind also militärisch nicht abzuwendende katastrophale Schäden zuzufügen und ihm zugleich die Fähigkeit zu einem wirksamen Gegenschlag zu nehmen; also die Option für den "Enthauptungs­schlag", von dem US-Strategen schon lange träumen.[anm 14]

c) Die russischen Besorgnisse (eine herablassende Sprachregelung, mit der man im Westen die russische Lagebestimmung diplomatisch zurückweist) werden dadurch bekräftigt, dass Amerika seit dem Ende der Sowjetunion Zug um Zug sämtliche Rüstungs­kontroll­verträge, gerade einmal mit Ausnahme von New START, gekündigt hat und Russland damit eine Neuauflage des Reagan'schen Totrüstens serviert.[anm 15]

Zitat: «Gruschko [Vize-Außenminister] wies auf den völligen Verfall des Rüstungskontrollsystems hin: "Es begann damit, dass die Vereinigten Staaten aus dem Vertrag zur Bekämpfung ballistischer Raketen ausstiegen. Dann haben sie die Nato-Länder daran gehindert, das Abkommen über die Anpassung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) zu ratifizieren, das als Eckpfeiler der europäischen Sicherheit dienen könnte. Dann ließ die US-Regierung den INF-Vertrag (über die Abschaffung von Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite) fallen. Und letztes Jahr wurde der Vertrag über den Offenen Himmel ernsthaft ausgehöhlt...

In ihrer Militärpolitik haben die USA und ihre Verbündeten versucht, die Überlegenheit in allen Räumen zu erlangen: zu Lande, in der Luft und auf See. Jetzt kommen noch der Weltraum und der Cyberspace hinzu. Sowie alle möglichen Schauplätze von Kampf­einsätzen. Konzeptionell, operativ und technisch wird die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen gesenkt. Wir stellen fest, dass die Szenarien verschiedener Übungen eine nukleare Komponente enthalten, was uns größte Sorgen bereitet."» - Tass, 12.1.2022

d) Des Weiteren musste Russland registrieren, dass alle seine diplomatischen Bemühungen um die Anerkennung russischer Sicherheits­interessen ins Leere gelaufen sind. Die Angebote im Sinne des gemeinsamen Hauses Europa, der Vorschlag zum Aufbau einer europäischen Friedens­architektur sind ebenso unbeantwortet geblieben wie die Alternative, die Putin auf der Münchner Sicherheits­konferenz 2007 vorgelegt hat.[anm 16]

Zitat: «Im Jahr 2009 legten wir unseren westlichen Kollegen den Entwurf eines Europäischen Sicherheits­vertrags zur Prüfung vor. Wir wurden missverstanden und ziemlich unhöflich behandelt. Man sagte uns, dass dieser Entwurf niemals auf den Tisch kommen würde. Wir verwiesen auf die Dokumente, darunter die Europäische Sicherheits­charta und andere Dokumente, in denen die Notwendigkeit der Einhaltung des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Sicherheit hervorgehoben wird. Wir haben deutlich gemacht, dass wir die politischen Verpflichtungen, die wir alle eingegangen sind, in eine rechts­verbindliche Form bringen wollen. Ihre Antwort hat alles gesagt: Rechts­verbindliche Sicherheits­garantien können nur den Bündnis­mitgliedern gewährt werden.» - Außenminister Sergej Lawrow[wp], 14.1.2022
Zitat: «Vor über zwei Jahren, nachdem die Amerikaner den INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces) zerstört hatten, schickten wir eine Initiative des russischen Präsidenten Wladimir Putin praktisch an alle OSZE-Länder. Er lud sie ein, sich einem einseitigen Moratorium anzuschließen, das wir für die Stationierung von land­gestützten Mittel­strecken­raketen und Kurz­strecken­raketen verhängten. Voraussetzung dafür war, dass die gleichen Raketen US-amerikanischer Bauart nicht stationiert werden. Wir schlugen ein gemeinsames Moratorium vor.

Sobald wir dies ankündigten, nannten uns die Amerikaner und Europäer, die Nato-Mitglieder, hinterhältig. Sie sagten, wir hätten bereits Iskander-Raketen im Kaliningrader Gebiet stationiert und wollten ihnen nun eine solche Gelegenheit vorenthalten. Als der russische Präsident Wladimir Putin vor zwei Jahren diese Initiative vorschlug, schlug er vor, Überprüfungs­maßnahmen zu vereinbaren, die später vom Verteidigungs­ministerium erläutert wurden. Wir wollten sie einladen, Kaliningrad zu besuchen, die dort stationierten Iskander-Systeme in Augenschein zu nehmen und sich selbst davon zu überzeugen (wie wir es ihnen mehrfach vorgeschlagen hatten), dass sie nicht unter die Beschränkungen des INF-Vertrags fallen.

Im Gegenzug wollten wir US-Raketenabwehrbasen in Rumänien und Polen besuchen, um MK-41-Abschussgeräte zu besichtigen. Lockheed Martin stellt diese Raketen her und bewirbt sie auf seiner Website mit einer doppelten Zweckbestimmung: für die Raketenabwehr und den Abschuss von offensiven Marsch­flug­körpern... Die Nato-Vertreter sagten, dass ihnen das nicht passe... Der stets misstrauische Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg[wp] erklärte erneut, dies sei ein hinterhältiger Vorschlag.» - Sergej Lawrow, 13.1.2022

e) Im Fall der Ukraine-Diplomatie im Normandie-Format macht sich Russland keine Illusionen mehr über die deutsch-französischen Vermittlungs­bemühungen: Frankreich und Deutschland agieren nicht als ehrliche Mittler, sondern decken die ukrainische Weigerung, ihre im Minsker Abkommen fixierten Pflichten zu erfüllen[anm 17], den Versuch, das, was die Ukraine damals aufgrund der militärischen Übermacht Russlands unterschreiben musste, am Verhandlungstisch wieder auszuhebeln - was ukrainische Politiker inzwischen auch offiziell zu Protokoll geben.[anm 18]

Zitat: «Was unsere westlichen Kollegen tun müssen, anstatt Spielchen zu spielen, ist, Wladimir Selenskij zur Umsetzung der Resolution 2202 des UN-Sicherheitsrates zu zwingen, mit der die Minsker Vereinbarungen angenommen wurden...

Sie [die Vertreter der Ukraine] haben vorgeschlagen, die Reihenfolge jetzt umzukehren und zu sagen: "Gebt uns unsere Grenze zurück, und danach werden wir entscheiden, ob es einen Sonderstatus geben wird oder nicht." Nehmen Sie den ukrainischen Gesetzentwurf über die Grundsätze der Staatspolitik in der Übergangszeit... Dieser Gesetzentwurf verbietet ukrainischen Beamten die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Er sieht Lustration [Entfernung von politisch belasteten Mitarbeitern aus dem Staatsdienst] statt Amnestie, eine militärisch-zivile Verwaltung statt eines Sonderstatus und keine mit diesem Teil der Ukraine abgestimmten Wahlen vor. Er sieht lediglich die "Wieder­erlangung der Kontrolle über die besetzten Gebiete" vor.

Obwohl Frankreich und Deutschland versprochen haben, Selenskij davon abzubringen, diesen Gesetzentwurf voranzutreiben, werden energische Anstrengungen unternommen, ihn in das Gesetzgebungs­verfahren einzubringen. Sie haben ihn dem Europarat vorgelegt. Die Venedig-Kommission des Europarats hat gesagt, dass der Entwurf ihrer Meinung nach in Ordnung ist. Sie äußerte sich zu den Rechts­techniken, erwähnte aber nicht, dass dieser Gesetzentwurf in direktem Widerspruch zur einschlägigen Resolution des UN-Sicherheitsrates steht.» - Sergej Lawrow, 22.12.2021

Auf die russischen Beschwerden reagieren die europäischen Verhandlungs­partner mit halb-öffentlichen Erklärungen, nach denen man Selenskij die Erfüllung der Vertrags­pflichten im Interesse an der Haltbarkeit seiner Regierung einfach nicht zumuten kann:[anm 19]

Zitat: «Lawrow beklagte die Äußerungen von Jean-Yves Le Drian[wp] und Heiko Maas, dass der russische Entwurf Punkte enthalte, die im Normandie-Format "mit Sicherheit nicht akzeptiert werden", insbesondere "die Organisation eines direkten Dialogs zwischen Kiew, Donezk und Lugansk". (Russisches Außenministerium veröffentlicht Briefwechsel mit Deutschland und Frankreich zur Ukraine)» - de.rt.com, 17.11.2021

An anderer Stelle loben höchste europäische Repräsentanten die Politik der Ukraine und bestärken damit den revanchistischen Standpunkt der Selenskij-Regierung:

Zitat: «Nur zwei Tage nach dem Telefongespräch, in dem die Staats- und Regierungs­chefs Frankreichs und Deutschlands ihr uneingeschränktes Engagement für die Minsker Vereinbarungen bekräftigten, fand in Kiew ein Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine statt, auf dem eine ausführliche Erklärung verabschiedet wurde, die von der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, dem Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel[wp] und dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij unterzeichnet wurde und in der "der konstruktive Ansatz der Ukraine im Normandie-Format und in der Trilateralen Kontaktgruppe" sowie die Art und Weise, wie sie die Minsker Vereinbarungen umgesetzt hat, gelobt wurden.

Über Donezk und Lugansk und die Notwendigkeit eines direkten Dialogs mit ihnen wurde nichts gesagt. Russland wurde als "Aggressorland" dargestellt und als "Konfliktpartei" im Donbass bezeichnet. All dies steht im Widerspruch zu dem, was Angela Merkel und Emmanuel Macron[wp] versprochen haben.» - Sergej Lawrow, 22.10.2021

Angesichts dieser Konfrontation veröffentlicht das russische Außenministerium in einem demonstrativen Bruch der diplomatischen Gepflogenheiten den Briefwechsel mit Le Drian und Maas, um der Welt­öffentlichkeit den Beweis zu unterbreiten, dass und wie die europäischen Verhandlungs­führer ihre diplomatischen Zusicherungen Lügen strafen:

Zitat: «Ich bin sicher, dass Sie die Notwendigkeit eines solchen unkonventionellen Schrittes verstehen werden, denn es geht darum, der Weltgemeinschaft die Wahrheit darüber zu vermitteln, wer die auf höchster Ebene eingegangenen völker­rechtlichen Verpflichtungen erfüllt und wie diese erfüllt werden." (Russisches Außenministerium veröffentlicht Briefwechsel mit Deutschland und Frankreich zur Ukraine)» - de.rt.com, 17.11.2021
Zitat: «Die Franzosen und die Deutschen haben diese Dokumente mitgetragen und sind Vertragsparteien des Normandie-Formats, aber sie beginnen, sich ganz auf die Seite des ukrainischen Regimes zu stellen... Präsident Wladimir Selenskij traf kürzlich ... mit den Staats- und Regierungs­chefs Deutschlands und Frankreichs zusammen. Einmal mehr wurden die Maßnahmen Kiews zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen voll unterstützt. Das bedeutet, dass unsere Kollegen entweder ihre Unfähigkeit anerkannt haben, die Umsetzung der von uns gemeinsam festgelegten Bestimmungen zu gewährleisten, oder sie versuchen wissentlich, die Minsker Vereinbarungen zugunsten des Kiewer Regimes zu untergraben.» - Sergej Lawrow, 22.12.2021

Das ist das Fazit, das der russische Chefdiplomat aus den x Verhandlungs­runden zieht: Die europäischen Partner sind entweder nicht dazu in der Lage, die Ukraine zur Erfüllung ihrer Vertrags­pflichten zu zwingen, oder nicht willens. Entweder fehlt ihnen die nötige politische Macht oder sie sind Falschspieler; jedenfalls taugen sie nicht als Verhandlungs­partner, und Russland verabschiedet sich vom Normandie-Format als einer sinnlosen Veranstaltung.

2. Russland zieht dem Westen eine rote Linie: Keine Aufnahme der Ukraine in die Nato

Die Perspektive, dass die Ukraine nicht nur de facto, sondern auch de jure der Nato einverleibt wird, stellt für Russland eine essentielle strategische Bedrohung dar. Lawrow weist darauf hin, dass die Nato-Staaten die Ukraine zu militärischen Unternehmungen befähigen, sodass diese nach einem Eintritt ins westliche Bündnis dazu in der Lage wäre, Russland unmittelbar in einen Krieg mit der Nato hineinzuziehen:

Zitat: «Unter den Bedingungen, dass das Kiewer Regime hysterisch nach Wegen sucht, die Aufmerksamkeit von seiner Unfähigkeit abzulenken, die wirtschaftlichen, sozialen Probleme der Bevölkerung zu lösen, den Konflikt im Donezbecken gemäß Minsker Vereinbarungen zu regeln, ermutigt der Westen die Kiewer Behörden auf jede erdenkliche Weise, im Donbass militärische Gewalt anzuwenden. Das ist es, was Washington und andere westliche Hauptstädte sowie die Nato-Führung tun...

Wir dürfen die Wahrscheinlichkeit nicht ausschließen, dass das Kiewer Regime zu einem militärischen Abenteuer greifen wird. Das alles schafft eine direkte Sicherheits­bedrohung für die Russische Föderation.» - Sergej Lawrow, 30.11.2021

Der russische Präsident redet Klartext darüber, welche weiteren politischen Absichten die große Schutzmacht der Ukraine damit verfolgt, wenn sie die an die Macht gebrachte antirussische Staatsräson bekräftigt und anfeuert, und sie dafür mit den nötigen Mitteln ausrüstet:[anm 20]

Zitat: «Nehmen wir an, die Ukraine ist Mitglied der Nato. Sie wird mit Waffen vollgestopft, moderne Angriffswaffen werden auf ihrem Territorium stationiert, genau wie in Polen und Rumänien - wer wird das verhindern? Nehmen wir an, sie beginnt mit Operationen auf der Krim, vom Donbass ganz zu schweigen... Stellen Sie sich vor, die Ukraine ist ein Nato-Land und beginnt mit diesen militärischen Operationen. Was sollen wir dann tun? Gegen den Nato-Block kämpfen? ... Ich glaube immer noch, dass die Vereinigten Staaten nicht so sehr um die Sicherheit der Ukraine besorgt sind... Ihr Hauptziel ist es, die Entwicklung Russlands einzudämmen. Das ist der springende Punkt. In diesem Sinne ist die Ukraine lediglich ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.» - Wladimir Putin, 1.2.2022

3. Russland stellt dem Westen ein Ultimatum

Die russische Führung identifiziert die Erfolge der Nato im Osten als das, was sie sind: Schritte zur Herstellung einer überlegenen Kriegsfähigkeit. Sie legt diesen Befund in aller diplomatischen Förmlichkeit den USA und der Nato vor, um sie hinsichtlich ihres Kriegswillens zu befragen.

Zitat: «Es ist unerlässlich, auf ernsthafte und langfristige Garantien zu drängen, die Russlands Sicherheit in diesem Gebiet [Russlands westliche Grenzen] gewährleisten, denn Russland kann nicht ständig darüber nachdenken, was dort morgen passieren könnte.» - Wladimir Putin, 18.11.2021

Russland besteht hier auf seinem Recht, es beruft sich auf Zusagen, die ihm gemacht worden sind, nämlich auf die Formel der "Unteilbarkeit der Sicherheit" in den OSZE-Verträgen, darauf, dass die "eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer" gestärkt werden darf[anm 21], um seinerseits den Rechtsverstoß aufseiten der Nato-Staaten anzuklagen.

Zitat: «2010 in Astana und davor 1999 in Istanbul haben alle Präsidenten und Premierminister der OSZE-Länder ein Paket unterzeichnet, das miteinander verknüpfte Prinzipien zur Gewährleistung der Unteilbarkeit der Sicherheit enthält. Der Westen hat nur einen Slogan aus diesem Paket "heraus­gerissen": Jedes Land hat das Recht, seine Verbündeten und Militär­bündnisse selbst zu wählen. Aber in diesem Paket ist dieses Recht mit einer Bedingung und einer Verpflichtung für jedes Land verbunden, die der Westen unterschrieben hat: die eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer zu stärken...

Ich möchte betonen, dass die Präsidenten, einschließlich des US-Präsidenten, diese Verpflichtungen unterschrieben haben, in denen sie versprachen, dass niemand versuchen würde, die eigene Sicherheit auf Kosten eines anderen zu erhöhen. Die Vereinigten Staaten behaupten, dass das Recht, Allianzen zu wählen, unantastbar ist. Aber wir sagen, vorausgesetzt, es verschlechtert nicht die Sicherheitslage für ein anderes Land. Das ist es, was Sie unterschrieben haben, meine lieben Herren.

Sie versuchen jetzt, unsere Vorschläge als Ultimatum darzustellen, aber wir sind da, um ihr Gedächtnis aufzufrischen und dafür zu sorgen, dass sie, anstatt zu schwafeln, ehrlich ihre Interpretation dessen darlegen, was ihr Präsident unterschrieben hat. Wenn er diese Dokumente in der Gewissheit unterschrieben hat, dass Russland niemals bekommen würde, was er versprochen hat, dann müssen sie das anerkennen. Dies wird ein weiteres Eingeständnis von ihrer Seite sein.» - Sergej Lawrow, 28.1.2022

Russland besteht auf seinem Recht in der Form, dass es den USA und der Nato ausformulierte Verträge vorlegt mit der Forderung, die Antworten mit schriftlichen Begründungen zu versehen - aufgrund der schlechten Erfahrungen mit westlichen Zusagen:

Zitat: «Unsere Initiativen sind eine komprimierte Darstellung der 30-jährigen Erfahrung unserer Beziehungen zum Westen.» - Sergej Lawrow, 26.1.2022
Zitat: «Die Militärinfrastruktur der Nato nähert sich direkt unseren Grenzen an. Wir wurden regelmäßig betrogen, von mündlichen Versprechen bis zu politischen Verpflichtungen, die in der Russland-Nato-Grundakte festgeschrieben waren. Diesmal beharren wir ausschließlich auf rechtlich verpflichtenden Garantien.» - Sergej Lawrow, 22.12.2021

Desgleichen verlangt man schriftliche Antworten darauf, wie der Westen die Formel von der Unteilbarkeit der Sicherheit einzuhalten gedenkt:

Zitat: «Wir möchten eine klare Antwort auf die Frage erhalten, wie unsere Partner ihre Verpflichtung verstehen, ihre eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten zu stärken, und zwar auf der Grundlage des Bekenntnisses zum Grundsatz der unteilbaren Sicherheit. Wie gedenkt Ihre Regierung diese Verpflichtung unter den gegenwärtigen Umständen konkret zu erfüllen? Sollten Sie sich dieser Verpflichtung entziehen, bitten wir Sie, dies deutlich zu erklären.» - Sergej Lawrow, 1.2.2022
Zitat: «Indem sie sich den ersten Teil dieses untrennbaren Pakets (das Recht jedes Staates, sich für ein Bündnis zu entscheiden) aneignen, versuchen unsere US- und Nato-Kollegen, alle anderen Teile zu streichen, ohne die der erste Teil ungültig ist. Wir sind nicht an diese Norm (Achtung des Rechts auf freie Wahl der Bündnisse) gebunden, wenn sie unter eklatanter Verletzung der anderen Teile dieses untrennbaren Pakets angewendet wird. Wir haben dies hinreichend ausführlich erläutert. Jetzt warten wir auf die schriftlichen Antworten.» - Sergej Lawrow, 14.12.2021

Im Einzelnen verlangen die russischen Vertragsentwürfe, dass sich USA und Nato einer weiteren Ausdehnung auf Kosten Russlands enthalten, insbesondere keine weitere Beschlagnahmung von Ex-Sowjet­republiken mehr unternehmen und ihre militärische Infrastruktur und Truppen auf den Stand von 1997 vor der ersten NATO-Osterweiterung zurückführen.

Die Weltmacht soll auf weitere nukleare Aufrüstung rund um die Russische Föderation verzichten, die schon dislozierten nuklearen Kurz- und Mittel­strecken­raketen abbauen - inklusive der Infrastruktur, die es für die Nutzung dieser Waffen braucht -, die Ausbildung von militärischem Personal für die Anwendung dieser Geschosse in allen non-nuclear countries einstellen und auch die Aufstellung neuer Atomraketen kürzerer und mittlerer Reichweite auf ihrem eigenen Territorium unterlassen, die Russland bedrohen können.

Russland bietet einen Deal auf Augenhöhe an, verpflichtet sich dazu, im Gegenzug ebenfalls keine neue atomare Bedrohung durch Kurz- und Mittel­strecken­raketen aufzubauen, schlägt also eine Rückführung der nuklearen Abschreckung auf das Potenzial der USA und der RF vor.[anm 22]

In dem der Nato vorgelegten Vertragsentwurf werden zudem der Verzicht auf die Aufnahme neuer Mitglieder sowie Beschränkungen der invasions­trächtigen Dauermanöver in den notorischen Krisenregionen Baltikum und Schwarzes Meer verlangt.

In Gestalt dieses Forderungskatalogs wird die Gegenseite vor die Alternative gestellt: Lassen sich die USA auf Verhandlungen über die von Putin gezogenen roten Linien ein, auf Verhandlungen über so etwas wie eine Abgrenzung der Einflusssphären in Osteuropa, die Einrichtung einer "entnatofizierten" Pufferzone in Mittel- und Osteuropa?

Lassen sich die USA also dazu bewegen, die mit ihrer erfolgreichen Einkreisungs­strategie für Russland eingetretene existentielle Bedrohung anzuerkennen und sich zur Rücknahme dieser Drohung und einer friedlichen Koexistenz mit der Großmacht im Osten zu verpflichten? Oder wollen sie sich zu diesem Vorrücken als ihrem politischen Vorhaben bekennen und damit definitiv beschlossen haben, dass Amerika mit der russischen Macht nicht leben kann und will, sodass folglich die Frage von Krieg und Frieden auf der Tagesordnung steht?

Das sollen sie dann aber auch schriftlich zu Protokoll geben und sich damit weltöffentlich dazu bekennen, dass ihre regelbasierte Weltordnung für nichts anderes steht als für die Legitimation ihrer Gewalt.[anm 23]

4. Das diplomatische Ultimatum wird mit einer Kriegsdrohung unterstrichen

Die Warnung vor der "kategorisch unannehmbaren" (Lawrow) weiteren Missachtung der "roten Linien" Russlands ist eine Kriegsdrohung, und sie wird auch militärisch substanziiert.

Zitat: «Niemand sollte an unserer Entschlossenheit zweifeln, unsere Sicherheit zu verteidigen. Alles hat seine Grenzen. Wenn unsere Partner weiterhin militärisch-strategische Realitäten konstruieren, die die Existenz unseres Landes gefährden, werden wir gezwungen sein, ähnliche Schwachstellen für sie zu schaffen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es für uns keinen Rückzug mehr gibt. Die militärische Erkundung der Ukraine durch die Nato-Mitglied­staaten stellt für Russland eine existentielle Bedrohung dar.» - Anatoli Antonow, Russlands Botschafter in den Vereinigten Staaten. Foreign Policy, 30.12.2021

Deswegen hat die russische Führung nach dem ukrainischen Kriegsgetöse vom Winter '21 einen Truppen­aufmarsch an der Grenze der Ukraine organisiert und diesen militärischen Schritt um die explizite Drohung ergänzt, im Falle eines Angriffs auf den Donbass die ukrainische Staatlichkeit zu zerstören.

Zitat: «Unsere jüngsten Warnungen haben eine gewisse Wirkung gezeigt: Es sind dort ohnehin Spannungen aufgetreten... Es ist wichtig, dass sie so lange wie möglich in diesem Zustand bleiben, damit sie nicht auf die Idee kommen, irgendeinen Konflikt an unseren westlichen Grenzen zu inszenieren, den wir nicht brauchen, wir brauchen keinen neuen Konflikt.» - Wladimir Putin, 18.11.2021

In dem den USA vorgelegten Vertrag erinnert die russische Seite ihren Feind auch gleich eingangs daran, mit wem er es zu tun hat - "in Bekräftigung der Tatsache, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf, und in der Erkenntnis, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Gefahr des Ausbruchs eines solchen Krieges zwischen Staaten, die über Atomwaffen verfügen, zu verhindern".

Damit sich in Washington keiner über den Ernst der Lage täuscht, d.h. über die Entschlossenheit des Kreml, sich ihr militärisch zu stellen, wird die Erinnerung an die Kuba-Krise[wp] aufgewärmt. Einige militärische Gegenmittel werden demonstriert[anm 24], der Einsatz anderer wird angedeutet, dann ordnet Putin schließlich auch noch eine Übung der strategischen Abschreckungs­kräfte an, die die Erprobung von ballistischen Raketen und Marsch­flug­körpern umfasst - zur Klarstellung, was Russland alles im Zweifelsfall zur Verfügung steht.

Russland droht seinerseits damit, sich unberechenbar zu machen, um den Gegner zu beeindrucken und abzuschrecken. Parallel zu der diplomatischen Offensive, die die USA und die Nato auf die Entscheidung zwischen Respektierung oder Missachtung des russischen Sicherheitsbedarfs festlegen soll, verstärkt die russische Führung ihre an den Grenzen der Ukraine aufgestellten Militär­kontingente, bis hin zu einem jederzeit aus dem Stand an diversen Fronten mobilisierbaren invasions­tauglichen Ausmaß, immer noch versehen mit der Erklärung, dass an eine Invasion nicht gedacht wird - sofern sich USA und Nato dazu herbeilassen, über die von Russland geforderten Sicherheits­garantien zu verhandeln.

USA und Nato sollen begreifen: Wenn sie sich dem Antrag verweigern, die russischen Sicherheits­interessen förmlich anzuerkennen, dann bekommen sie es mit einem Russland zu tun, das in der Verfolgung seiner Sicherheits­interessen für die amerikanische Weltmacht und ihr Kriegsbündnis auch nicht mehr berechenbar ist.

1. Der Antrag auf Anerkennung russischer Sicherheitsinteressen: abgelehnt!

Die Forderungen des Kreml, erklärt die US-Führung, sind definitiv "unerfüllbar", die NATO-Osterweiterung ist und bleibt unhintergehbarer Besitzstand. Eine Anerkennung der russischen Sicherheits­interessen ist für Amerika kategorisch ausgeschlossen; die würde ja auf die Annullierung all der strategischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte hinauslaufen, die den mächtigen Rivalen so erfolgreich in Bedrängnis gebracht haben.

Änderungen an ihrem Programm, Russland zur Regionalmacht zu degradieren und zur Unterordnung zu zwingen, hat die Weltmacht bei aller Härte der russischen Drohung einfach nicht im Angebot.

Zitat: «Zu den Forderungen [Moskaus] gehören ein Ende der NATO-Osterweiterung und der Zusammenarbeit mit ehemaligen Sowjet­republiken, die nicht Mitglied des westlichen Militär­bündnisses sind - insbesondere mit der Ukraine. Russland fordert außerdem Einschränkungen in Europa bei der Stationierung von Raketen und bei Militärübungen. Nach den Gesprächen mit dem stellvertretenden russischen Außenminister Sergej Rjabkow[wp] sagte Sherman, sie habe deutlich gemacht, dass die ersten beiden Forderungen - die Ukraine für immer aus der Nato herauszuhalten und die militärische Zusammenarbeit mit Kiew zu unterbinden - nicht infrage kämen.

Wir werden nicht zulassen, dass irgendjemand die Politik der offenen Tür der Nato, die schon immer ein zentrales Element des Bündnisses war, zunichtemacht. Wir werden nicht auf die bilaterale Zusammenarbeit mit souveränen Staaten verzichten, die mit den Vereinigten Staaten zusammen­arbeiten wollen.» - U.S. Deputy Secretary of State Wendy Sherman, rfe/rl, 11.1.2022

Das US-Kriegsbündnis: nichts als eine "offene Tür". Von einem antirussischen Zweck, der das Bündnis und seine Bündnis­politik begründen und leiten würde, will die Vize­außen­ministerin nichts wissen.

Russland wird glatt das Dementi präsentiert, dass beim Vorrücken der Nato doch weit und breit keine Bedrohung Russlands zu sehen sei, und anstelle der objektiven, von der Nato hergestellten strategischen Lage beteuert man seine Absichten, gut gemeinte natürlich:

Begreifen soll man die Nato als einen großen Hilfsverein für souveräne Staaten, die Schutz suchen - bei wem, ist keine Frage; und vor wem, ebenso wenig - die Nato hat viel Verständnis für die Ängste der Balten etc. vor dem großen Nachbarn; der braucht sich nicht zu wundern, wenn das frei betätigte Selbst­bestimmungs­recht der Völker[wp] - "Jedes Land hat das Recht, über seinen Weg selbst zu entscheiden." (Stoltenberg et al. bei jeder erdenklichen Gelegenheit) - binnen kurzem zu einem Aufwuchs des größten Kriegsbündnisses aller Zeiten auf 30 Nationen führt.

Als Konter gegen den russischen Antrag, die Osterweiterung der Nato[wp] zurückzunehmen, muss man nur stereotyp diejenigen, die den Antrag aufs Mitmachen-Dürfen im Bündnis stellen, zu den eigentlichen Subjekten des ehrenwerten Vereins ernennen - auch wenn es sich die Nato selbstverständlich vorbehält, den Wunsch mancher Völker, von ihrem souveränen Selbst­bestimmungs­recht auf Beitritt Gebrauch zu machen, bis auf Weiteres zu überhören.[anm 25]

Das Kriegsbündnis ist immer noch das wirkliche Subjekt, bei dem die Zuständigkeit für die Aufnahme liegt, das die nationalen Ambitionen der Antragsteller für seine strategischen Interessen instrumentalisiert und sich damit nach Osten erweitert. Damit - "Russland hat kein Veto-Recht" (Stoltenberg, Blinken et al. bei jeder erdenklichen Gelegenheit) - sind die Begründungen dann am Ende.

Der Vorwurf, dass Russland dem Westen etwas verbieten, sich ein Recht herausnehmen möchte, das ihm gar nicht zusteht, diese Verschiebung auf eine imaginierte Rechtsanmaßung fertigt in apodiktischer Weise das Interesse Russlands ab, sich der von der Nato ausgehenden existentiellen Gefährdung seiner Macht durch die Beschlagnahmung seines Glacis zu erwehren.

Die russischen Kernforderungen sind ein für allemal zurückgewiesen. Das hat Moskau hinzunehmen.

2. Amerika übernimmt die Definitionshoheit über die Lage

Amerika geht in seiner Offensive einen Schritt weiter, indem es die weltpolitische Lage definiert: Die russische Drohung, den Ausbau der Ukraine zum Bestandteil der Nato-Front nicht hinzunehmen, wird als das einzige Thema auf die welt­politische Tagesordnung gesetzt, das Amerika in seinem Verhältnis zu Russland zu behandeln gedenkt, und zwar so, dass es hier nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato geht, sondern ausschließlich um einen bevorstehenden Überfall Russlands auf die Ukraine.

Vor dem warnt die US-Administration täglich, detailliert und anschaulich ausgestaltet, bis schließlich Blinken der UNO den vollständigen russischen Schlachtplan vorlegt:

Zitat: «Erstens plant Russland, einen Vorwand für seinen Angriff zu schaffen. Dabei könnte es sich um ein gewalttätiges Ereignis handeln, das Russland der Ukraine in die Schuhe schieben wird, oder um eine ungeheuerliche Anschuldigung, die Russland gegen die ukrainische Regierung erheben wird. Wir wissen nicht genau, in welcher Form dies geschehen wird. Es könnte ein erfundener sogenannter "terroristischer" Bombenanschlag innerhalb Russlands sein, die erfundene Entdeckung eines Massengrabs, ein inszenierter Drohnen­angriff auf Zivilisten oder ein vorgetäuschter - oder sogar echter - Angriff mit chemischen Waffen. Danach werden russische Panzer und Soldaten auf wichtige Ziele vorrücken, die bereits in detaillierten Plänen festgelegt wurden. Wir glauben, dass zu diesen Zielen auch die ukrainische Hauptstadt Kiew gehört, eine Stadt mit 2,8 Millionen Einwohnern.» - Außenminister Antony Blinken, 17.2.2022

Man gibt also erstens bekannt, dass man über die russischen Pläne genauestens Bescheid weiß. Eine Gewissheit, die sich bestimmt nicht den deklassifizierten Informationen der eigenen großartigen Geheimdienste verdankt, vielmehr weiß man deshalb so gut Bescheid, weil man selber Russland mit der Zurückweisung seiner Forderung vor die Alternative stellt, in einer Materie, die es als eine Existenzfrage deklariert, aufzugeben oder seine Drohung wahr zu machen:

Zitat: «Bedenken Sie, dass Russland zwar wiederholt unsere Warnungen und unseren Alarm als Melodrama und Unsinn abgetan hat, aber dennoch ständig mehr als 150.000 Soldaten an den Grenzen der Ukraine zusammengezogen hat und über die Fähigkeiten verfügt, einen massiven militärischen Angriff durchzuführen.» - Außenminister Antony Blinken, 17.2.2022

Zweitens teilt Blinken also mit, dass man Russland bis ins Letzte durchschaut, also in keinem Punkt von der russischen Invasion überrascht werden wird, dass man sie schon in allen Einzelheiten vorwegnehmen kann, inklusive des Datums und der vorhersehbaren russischen Kriegs­verbrechen.[anm 26] Und drittens gibt man zu verstehen, dass Amerika davon gänzlich unbeeindruckt ist, also die Lage beherrscht, weil man sich schon lange und gründlich darauf vorbereitet hat. Biden:

Zitat: «Wir haben uns umfassend und sorgfältig vorbereitet. Wir haben Monate damit verbracht, eine Koalition aus anderen freiheits­liebenden Nationen von Europa und Amerika bis Asien und Afrika aufzubauen, um Putin die Stirn zu bieten. Ich habe unzählige Stunden damit verbracht, unsere europäischen Verbündeten zu vereinen. Wir teilten der Welt im Voraus mit, was wir von Putins Plänen wussten und wie genau er versuchen würde, seine Aggression fälschlicherweise zu rechtfertigen. Wir haben Russlands Lügen mit der Wahrheit gekontert.» - Joe Biden, 1.3.2022

Der Triumphalismus, mit dem Blinken und Biden verkünden, dass sie die Wahrheit auf ihrer Seite haben, und zwar so sehr, dass der Außenminister geradezu damit kokettiert, wie erfreut er sein werde, wenn sich seine Vorhersage als falsch erweisen würde - "Wenn Russland nicht in die Ukraine einmarschiert, dann werden wir erleichtert sein, dass Russland seinen Kurs geändert und bewiesen hat, dass unsere Vorhersagen falsch waren" (Antony Blinken, 17.2.2022) -, dokumentiert den Standpunkt einer grenzenlosen Überlegenheit, mit dem die Führer der amerikanischen Weltmacht die von Russland geschaffene, von den USA aber nicht bloß beobachtete, sondern mit strategischer Weitsicht herbeigeführte Lage angehen.

Sie sind es ja, die Russland nur die Wahl offenlassen, entweder nachzugeben und die Verwandlung der Ukraine in ein kriegs­entscheidendes Potential der Nato hinzunehmen oder diesen Übergang militärisch zu unterbinden, entweder zu kapitulieren oder in die Konfrontation hineinzugehen, für die die Ukraine präpariert worden ist.

Und sie bekunden ihren festen Willen, sich von russischen Gegendrohungen in keiner Weise beeindrucken zu lassen: Man rechnet damit, dass Russland die Ukraine angreifen wird, ist darauf vorbereitet, selber zu jeder Eskalation bereit, und man ist sich sicher, dass man alle Mittel in der Hand hat, um beim Eskalieren die eigene Dominanz zu behaupten.

3. Die Wiederbelebung der Nato als verlängerter Arm der amerikanischen Weltmacht

Praktisch beantwortet Washington die mit dem russischen Truppen­aufmarsch an der ukrainischen Grenze bewehrte Forderung Russlands nach Sicherheits­garantien mit einer massiven Aufrüstung und Mobilisierung der militärischen Kräfte. Es sorgt für eine Restauration der Nato. Präsident Biden revidiert die Linie seines Vorgängers Trump, der, ausgehend von einer Politik des "America first!", die Nato für obsolet erklärt und eine Berücksichtigung von Verbündeten als unnötige Belastung verstanden hatte, die Amerika nur zum Diener fremder Interessen machen, in für Amerika nicht lohnende Machenschaften verwickeln würde.

Er treibt Verbündeten Eigenmächtigkeiten aus, die, siehe Macrons Diagnose vom "Hirntod", immerhin bis an eine Absage an die Nato herangereicht hatten, und verpflichtet sie, indem er die Konfrontation mit Russland vorantreibt, eine praktische Lage herstellt, die den Westeuropäern eine eindeutige Entscheidung abverlangt, auf Bündnistreue.[anm 27] Amerika bringt so innerhalb kürzester Zeit eine schlagkräftige Kriegs­koalition von 30 Staaten auf die Beine, die bereit sind, im Konflikt mit Russland ihren Beitrag zu leisten.

a) Die militärischen Beiträge, die verlangt und von Europa geliefert werden, baut Amerika in eine dreistufige Abschreckung ein

Mit noch viel mehr Geld und Rüstung die Ukraine für Russland "unverdaulich" machen

So soll Russland zur Anerkennung der neuen strategischen Lage gezwungen werden.

Zitat: «Und wissen Sie, ich habe ihm [Putin] gesagt, dass wir unsere Nato-Verbündeten an der Ostflanke verstärken werden - falls er tatsächlich einmarschieren sollte. Wir werden - ich habe bereits hochentwickelte Ausrüstung im Wert von über 600 Millionen Dollar an die Ukrainer geliefert, Verteidigungs­ausrüstung. Die Kosten eines Einmarsches in die Ukraine, was den Verlust von Menschenleben angeht, werden die Russen mit der Zeit überwinden können, aber sie werden schwerwiegend sein, sie werden real sein und sie werden Konsequenzen haben. Hinzu kommt, dass Putin - Sie wissen schon - die Wahl hat: Entweder Deeskalation und Diplomatie; oder Konfrontation und die Konsequenzen.» - Joe Biden, 19.1.2022

Erstens: Der Kern der amerikanischen Strategie besteht darin, die von Russland für fällig erachtete Durchsetzung seiner Sicherheits­interessen unmöglich zu machen und den Kreml so zur Anerkennung der Besetzung seines wichtigsten strategischen Vorfelds durch seine Feinde zu zwingen. Die US-Strategen bereiten ein Kriegs­szenario vor, in dem Russland bei einer etwaigen militärischen Sicherung seiner Interessen ein dauerhafter Abnutzungskrieg in der Ukraine droht.

Das ist die Substanz der Rede von den hohen Kosten einer russischen Invasion. Der Ukraine fällt die Ehre zu, einen Krieg gegen einen massiv überlegenen Gegner führen zu dürfen; einen Krieg, in dem die amerikanischen Kriegsplaner den Untergang der ukrainischen Armee und die Zerstörung von Land und Leuten nüchtern einpreisen, weil es sich - strategisch gesehen - lohnt: Russland soll sich in seinem großen Nachbarland verkämpfen und sich dort entscheidend schwächen.[anm 28]

Diesem Zweck entsprechend bauen USA und Nato ihren Partner militärisch auf: Sie versetzen die ukrainische Armee in die Lage, dem Kreml mit vergleichsweise bescheidenen militärischen Mitteln, also unter massiven eigenen Opfern, schwere Verluste zuzufügen.

Zu den Mitteln, die Kiew zur Verteidigung des Vaterlandes erhält, zählen in erster Linie schulter­gestützte Raketen und Artillerie mit kurzer Reichweite zur Bekämpfung einer russischen Invasion mit Panzer­fahrzeugen, Kampf­hubschraubern und tief­fliegenden Kampf- und Transport­flugzeugen; außerdem, das können die Fachleute gar nicht oft genug hervorheben, Hand­feuer­waffen und viel Munition für den hinhaltenden Widerstand in einer Art Partisanenkrieg.

Großbritannien hilft mit Waffen, die schon deswegen keine Bedrohung für Russland darstellen, weil sie nicht strategischer Natur sind, und einem Heer von Militär­ausbildern, denen die ukrainischen Soldaten neue Fähigkeiten für die Bewährung im zähen Häuserkampf verdanken.[anm 29]

Und als hätte es diese Klarstellung auch noch gebraucht, reichen die Kriegsplaner aus dem Pentagon noch die Warnung an die Russen nach, dass sie wenig Freude an einem Sieg über ihren Nachbarn haben dürften; denn für den Fall sorgen sie dafür, dass ihre zwar geschlagenen, aber zu ihrem Vaterland stehenden Ukrainerinnen und Ukrainer dem Okkupanten ein zweites Afghanistan bereiten.[anm 30]

Für den Fall, dass Russland den Konflikt in der Ukraine dennoch eskaliert, um sich aus dem ihm bereiteten unhaltbaren Kriegs­szenario zu befreien, muss es die konzertierte Macht der an seine Grenzen herangerückten und täglich weiter aufrüstenden Nato-Staaten und ihrer neutralen Mitmacher in Rechnung stellen.

Nato-Verbündete sowie neutrale Staaten rund um Russland verstärken die Bedrohungskulisse

Zusätzlich zur schon erreichten Einkreisung verstärkt das Kriegsbündnis ebendie militärischen Maßnahmen, deren Rücknahme Russland kategorisch fordert, und baut seine Präsenz an den russischen Grenzen in Rekordtempo aus. Ob sich das alles noch mit der alten Nato-Russland-Akte der 1990er Jahre verträgt, interessiert nicht.[anm 31]

Für die öffentliche Propaganda bemessen sich die Maßnahmen jetzt ja an der russischen Invasionsgefahr, und die rechtfertigt jede Aufrüstung. Faktisch bemisst sie sich an dem Zweck, Russland mit immer neuen Kriegsmitteln vor eine völlig unkalkulierbare und unbeherrschbare militärische Lage zu stellen; es mit einer rund um seine Grenzen - schwer­punkt­mäßig im Westen und Süden - aufgebauten Schlagkraft zu konfrontieren, die hinreicht, Russland für den Fall des Gebrauchs seiner Machtmittel militärische Zerstörungen und Niederlagen zuzufügen.

  • Dafür braucht es neue militärische Mittel, um den Luftraum im hohen Norden, die Ostsee- und Atlantik­zugänge noch besser kontrollieren zu können[anm 32]; um noch näher heranzurücken an die Heimathäfen der russischen Marine, um sie dort einsperren und insbesondere die dort stationierten strategischen Atom-U-Boote effektiver bekämpfen zu können[anm 33] usw. usf.; eingeschlossen in dieses Szenario ist die Perspektive, Russland die Verteidigung seiner Ostsee-Exklave Kaliningrad zu verunmöglichen.
  • Außerdem braucht es noch mehr Enhanced Forward Presence an der russischen Westgrenze; noch ein paar Tausend Soldaten mehr, noch schneller einsatzbereit, noch mobiler, noch unberechenbarer für den Feind:
Zitat: «Die Präsenz der Nato im östlichen Teil der Allianz werde fortlaufend verstärkt, sagte Jens Stoltenberg in Rumänien. "Wir haben auch die Bereitschaft der Nato-Reaktionskräfte erhöht. Diese Truppen befinden sich in ihren Heimatbasen, können aber bei Bedarf schnell überall in der Allianz verlegt werden." Das Bündnis ziehe aber auch eine längerfristige Anwesenheit in der Schwarzmeer­region in Betracht.» - DW, 12.2.2022
Zitat: «Zur Abschreckung Russlands" an der "südlichen Ostflanke" will die Nato auch "in ... Rumänien multinationale Kampftruppen stationieren. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. Neben Rumänien sollen auch die Slowakei und Bulgarien Standorte für multinationale Nato-Einheiten bereit­stellen.» - DW, 12.2.0022
  • Überhaupt etabliert die Nato ein neues Niveau der Interoperabilität und Bündelung der Fähigkeiten in der antirussischen Staatenallianz:
Zitat: «Britische, französische und estnische Soldaten werden in einer Reihe von Panzer-, Infanterie-, Planungs-, Technik- und Artillerie­szenarien zusammen­arbeiten. Zu den Mitgliedern der vom Vereinigten Königreich geführten Battlegroup gesellen sich auch Soldaten der Fallschirmjäger- und Yorkshire-Regimenter der britischen Armee, die lernen werden, in einer winterlichen Umgebung mit Panzern zu trainieren... F-16-Kampfjets der belgischen Luftwaffe, die derzeit im Rahmen der Nato-Luft­polizei­mission auf dem Luft­waffen­stützpunkt Ämari in Estland stationiert sind, werden die Luftunterstützung übernehmen.» - Nato eFP Battlegroup Estonia and Estonian Army hone interoperability during largest winter exercise, mncne.Nato.int, 2.2.2022
Zitat: «Also wird auch dafür gesorgt, "dass alle Nato-Staaten ihre Überwachungs­fähigkeiten durch Satelliten und andere Sensorik auf die Krisenregion lenken und die Erkenntnisse umgehend in der Allianz teilen.» - US-General Wolters, Spiegel Online, 18.12.2021

Aufmarsch des US-Militärs selbst

Mit eigenen Truppen ist das US-Militär in der Ukraine nicht präsent, und das soll bis auf Weiteres auch so bleiben. Die amerikanische Weltmacht lenkt die große anti­russische Front from behind, nutzt die Potenzen ihrer Verbündeten, die sie erfolgreich auf Inter­operabilität getrimmt hat, klinkt sich mit eigenen Kräften nach ihren Prioritäten in verschiedene Missionen ein, vornehmlich in die Luftaufklärung, die es für eine kriegs­taugliche Lage­beurteilung unbedingt braucht.[anm 34]

Sie verschiebt ein paar schon in Europa stationierte Truppenteile Richtung Osten und holt ein paar Tausend Mann, darunter Fallschirm­jäger-Elite­truppen, für alle Eventualitäten aus den USA nach. Washington konfrontiert den Kreml so mit einer Lage, in der sämtliche Operationen des russischen Militärs vom Baltikum bis zur "südlichen Ostflanke der Nato" aus dem Stand mit den vereinten Kräften des Bündnisses gekontert werden können - samt der Option auf eine schnelle und massive Verstärkung dieser Stolperdraht-Kräfte. Die dafür nötige Logistik ist eingerichtet und im Manöver­betrieb getestet.

Daneben führt Amerika Russland vor Augen, wie die letzte Stufe einer allfälligen Eskalation seines bewaffneten Konflikts mit der Nato aussieht. Die Supermacht im Hintergrund kommt ihrem Feind - noch nicht mit neuen Atomraketen in Europa[anm 35], aber - mit einer Flugzeugträger-Kampfgruppe:

Zitat: «Angesichts der angespannten Lage im Ukraine-Konflikt haben die USA entschieden, einen Flugzeugträger im Mittelmeer zu belassen... Die Änderung des Zeitplans spiegelt die Notwendigkeit einer dauerhaften Präsenz in Europa wider und ist notwendig, um unseren Verbündeten und Partnern unser Engagement für die kollektive Verteidigung zu versichern.» - US-Verteidigungsminister Austin, DW, 29.12.2021

Die Verlängerung der Mission dieses Verbands dient der Klarstellung, dass die Weltmacht selbst mit beachtlichen Kräften auf dem erweiterten Kriegs­schauplatz präsent ist und bleibt. Russland soll damit rechnen müssen, bei einer gewaltsamen Sicherung seiner roten Linien die robust response Amerikas zu erhalten, also in den großen Krieg mit der Weltmacht zu geraten.

Der militärische Schulterschluss zwischen den USA und den europäischen Nato-Partnern ist also gelungen. Russland steht dem kombinierten Militär­apparat und dem (fast) geschlossenen, hoch­gerüsteten und in Kriegs­bereitschaft versetzten Kriegswillen von 30 Nationen gegenüber.

Einen Krieg will natürlich niemand. Am wenigsten die US-Regierung. Für den Fall, dass Russland in Erwägung ziehen sollte, seine übergangenen vitalen Interessen doch gewaltsam zu sichern, wird ihm einstweilen ein unannehmbar hoher "Preis" angesagt - Amerika droht aber nicht mit dem Krieg. Genauer gesagt: mit keinem "unilateralen", von ihm selbst geführten Krieg. Den will Biden - "zumindest vorerst" - nicht:

Zitat: «Gleichzeitig stellte Biden am Mittwoch klar, dass keine US-Truppen in die Ukraine geschickt werden, um den Russen gegen­über­zutreten, und kündigte künftige Gespräche zwischen den USA, ihren wichtigsten Nato-Verbündeten und Russland an, um einige der Sicherheits­bedenken Moskaus auszuräumen... Präsident Joe Biden sagte am Mittwoch, dass die Unterstützung der USA für die Ukraine gegen die besorgnis­erregende Aufstockung der russischen Streitkräfte zumindest vorerst keine zusätzlichen US-Truppen umfassen wird. "Das steht nicht zur Debatte."» - defenseone, 8.12.2022

Man darf also beruhigt sein: Die Ukraine ist den Vereinigten Staaten - höchst­wahrscheinlich - keinen Dritten Weltkrieg wert. Russland auf dem prospektiven Kriegs­schau­platz bekämpfen, das wollen sie "zumindest vorerst" nicht selbst erledigen. Die Weltmacht kann sich den Luxus leisten, andere für ihre Sache kämpfen zu lassen und souverän zu entscheiden, mit welchen Mitteln sie die Aus­einander­setzung bestreitet, wo und wie sie den Konflikt eskaliert. Da stehen ihr noch ganz andere Mittel zu Gebote, um Russland verheerende Schäden zuzufügen.

b) Die Sanktionen

Der Friedensfreund im Weißen Haus weiß, dass Amerika neben seinem Militär über eine weitere mächtige Waffe verfügt, nämlich seinen Dollar-Imperialismus:

Zitat: «Ich war sehr, sehr direkt und unverblümt gegenüber Präsident Putin, sowohl am Telefon als auch persönlich: Wir werden die strengsten Sanktionen verhängen, die jemals verhängt wurden.

Und ich denke, Sie werden sehen - jeder spricht zum Beispiel davon, dass Russland die Kontrolle über die Energie­versorgung hat, die Europa aufnimmt. Nun, wissen Sie was? Das Geld, das sie damit verdienen, macht etwa 45 Prozent der Wirtschaft aus. Ich sehe das nicht als eine Einbahnstraße ... dann ist es so, wie meine Mutter zu sagen pflegte: "Du beißt dir die Nase ab, um dein Gesicht zu schützen." Wir befinden uns in einer Situation, in der ich glaube, dass es schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen geben wird. Zum Beispiel alles, was mit Dollarwerten zu tun hat, wenn sie - wenn sie einmarschieren, werden sie zahlen; sie werden nicht - ihre Banken werden nicht in der Lage sein, in Dollar zu handeln. Es wird also eine Menge passieren.» - Joe Biden, 19.1.2022

In der amerikanischen Optik stellt Russland eine geradezu absurde Herausforderung dar: ein Staat mit einer jämmerlichen ökonomischen Basis, mit einem BIP, das gerade einmal 7,2 Prozent des amerikanischen beträgt, fast gänzlich abhängig vom Export von Brennstoffen, aber mit Kriegsmitteln versehen, die ein echtes Problem sind und die ihm - recht betrachtet - gar nicht zustehen. Dass er sich die eigentlich gar nicht leisten kann, will man ihm praktisch vor Augen führen, indem man seine ökonomische Schwäche und Abhängigkeit als Waffe gegen ihn wendet. Biden setzt - mit einer hohen Schlagzahl an nahezu täglich neu hinzu­kommenden Maßnahmen - die konzertierte Zerstörung der russischen Ökonomie auf die Tagesordnung:

  • In Sachen Swift ist von Anfang an nichts Geringeres geplant als der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsverkehr - also die Lahmlegung des grenz­über­schreitenden Handels, von dem diese Nation nach ihrer Absage an die sozialistische Planwirtschaft und dem Verschwinden ihres Wirtschaftsblocks lebt.[anm 36] Kein Wunder, dass sich bei der betroffenen europäischen Geschäftswelt und ihren Dolmetschern in der Qualitäts­presse Alarmstimmung über die ruinösen Folgen dieser Sanktion breitgemacht hatte: Der Ausschluss Russlands wäre
Zitat: «die Atombombe für die Kapitalmärkte und auch für die Waren- und Dienstleistungs­beziehungen» - Friedrich Merz, FAZ, 18.1.2022
  • Und was Nord Stream 2 angeht: Da verkündet der US-Präsident in Anwesenheit des stoisch blickenden deutschen Bundeskanzlers, dass er es ist, der das Projekt im Fall der Fälle abwürgen wird - "We will bring an end to it... We will, I promise you, we'll be able to do it." - und dass ihm die Aussicht, den Russen eine milliarden­teure Investitions­ruine und künftige Geschäfts­einbußen in noch viel größeren Dimensionen zu bescheren, ein bisschen Relativierung der Souveränität des geschätzten Partners Deutschland wert ist; sodass der nette Herr Scholz also gar nicht umhinkommen wird, ein großes Stück des deutschen Energie­imperialismus für die gute anti­russische Sache zu opfern.[anm 37]
  • Des Weiteren soll die russische Industrie von lebens­wichtigen Zulieferungen abgeschnitten werden, beispielsweise vom Zugang zu Halbleitern und modernster Software; die USA wollen Russland die Möglichkeit nehmen, sein Militär zu modernisieren, und sein komplettes Luft- und Raumfahrt­programm paralysieren.[anm 38]
  • Hinzu kommt der direkte Angriff auf das Auslands­eigentum und auf die Bewegungs­freiheit der politischen Elite, von Lawrow, Putin und seinem inner circle.[anm 39]

Die Sanktionen, die darauf berechnet sind, Russland langfristig "so viel Schaden wie möglich" zuzufügen[anm 40], sind also mit Zumutungen für die europäischen Partner verbunden.[anm 41] Dass denen darüber ein Schaden entsteht, der je nach Betroffenheit auch nicht gerade unerheblich ausfällt, nehmen die USA nüchtern in Kauf. Schließlich steht viel auf dem Spiel:

Zitat: «Es geht darum, für das einzustehen, woran wir glauben.» - Biden

Kürzlich hatte sich Biden noch mit einer freundschaftlichen Adresse eigens ans russische Volk gewandt[anm 42] und ihm versichert, dass Amerika ihm nur das Beste wünscht. So sehr, dass er in Gestalt der ökonomischen Sanktionen machtvolle Hebel zu seiner Verarmung in Bewegung setzt. Man will ihm damit ja auch nur helfen zu begreifen, dass das Regime, unter dem es lebt, dem amerikanischen Druck nicht standhalten kann und untergehen wird, und dass es sich deshalb definitiv eine andere Führung suchen sollte.

Unterstrichen werden diese Klarstellungen überdies durch die Ankündigung, Russland mit allen diplomatischen Mitteln in so gut wie allen Sphären zwischen­staatlicher Aktivitäten zu isolieren, moralisch zu ächten, es also zu dem pariah-state zu machen, der es nach der amerikanischen Definition eigentlich schon ist, also unbedingt werden soll.

Und für den Fall, von dem man in Washington ausgeht, dass nämlich Russland sich gegen die Sanktionen zur Wehr setzen wird - Stichwort: Cyberattacken - baut man daher schon vor.[anm 43]

Als Antwort auf seinen erpresserisch gemeinten Aufmarsch gegen die Ukraine bekommt Russland einen Gegenangriff serviert, der ihm die Wirkungs­losigkeit seiner Machtmittel vor Augen führen, also zur Einsicht in seine Kapitulation als einzig realistische Option nötigen soll. Dafür müssen die USA dem Kreml noch nicht einmal mit militärischen Mitteln begegnen. Es gehört zur Freiheit der Weltmacht, aus einem ganzen Arsenal an zivilen Mitteln schöpfen zu können, die das Potential haben, ihrem Feind Schäden zuzufügen, die dazu hinreichen, ihn zu zerstören.

Auf der Grundlage bietet Amerika großzügigst an, Verhandlungen zu führen.

4. Mit Russland "im Gespräch bleiben": aber immer!

Die Warnungen der russischen Regierung, sie werde sich nicht an Gesprächen beteiligen, in denen kein ernsthafter Wille zu erkennen ist, sich ihren Forderungen zu stellen, bleiben fruchtlos - bzw. werden von Amerika in umgekehrter Hinsicht zugespitzt: Unter penetranter Betonung, in Washington würde non-stop-diplomacy trotz allem noch an erster Stelle stehen, wird Russland eine Diplomatie angetragen, die die Anerkennung der russischen Interessen definitiv ausschließt.

Stattdessen werden Verhandlungen über untergeordnete, nebensächliche Themen offeriert bzw. über solche, bei denen Amerika einer Verständigung möglicherweise etwas abgewinnen könnte.

So könnte man sich in Washington beispielsweise ein informelles Agreement darüber vorstellen, die Ukraine in den nächsten Jahren nicht in die Nato aufzunehmen, und auch gewisse Konzessionen bei der Umsetzung von Minsk sind im Angebot. Die sind für die USA auch vergleichsweise billig zu haben - die gehen ja gänzlich zu Lasten der Ukraine.[anm 44]

Und auch ein bisschen mehr Transparenz bei der Manöver­tätigkeit ist denkbar, vielleicht sogar Absprachen über die Nicht-Stationierung von Kurz- und Mittel­strecken­raketen - den Russen einiges in dieser Waffenkategorie abzuhandeln ist ja einen Versuch wert.

Russland wird so vor die vergiftete Alternative gestellt, sich entweder mit der Ablehnung dieses Angebots weltöffentlich ins Unrecht zu setzen und die Schuld für das "Ende der Diplomatie" auf sich zu nehmen.[anm 45] Oder sich auf dieses Angebot einzulassen - und damit seine substantiellen Forderungen auf Respektierung seines Großmacht­status zu streichen.

4. Der Machtkampf eskaliert

1. Die russische Führung braucht nicht lang, um einzusehen, dass der Versuch, den USA in einem ultimativen diplomatischen Akt - per Kriegsdrohung - die vertraglich abgesicherte Anerkennung ihrer Existenz als nukleare Großmacht abzuringen, gescheitert ist. Sie stellt sich der Alternative, sich entweder mit der installierten existentiellen Bedrohung abzufinden und sich der Weltmacht unterzuordnen oder sich gewaltsam den verweigerten Respekt zu verschaffen; so, wie es ihr die Verantwortung für ihre große Nation gebietet: Sie geht von der Drohung zum offenen Krieg über, marschiert in der Ukraine ein, um ihre "roten Linien" gewaltsam durchzusetzen und die andere Seite zur Anerkennung ihrer strategischen Interessen zu zwingen.

Sie fasst diesen Beschluss im Wissen darum, welches erdrückende Szenario gegen sie aufgebaut worden ist, was also auf sie zukommt. Putin nimmt in der Erklärung seiner Entscheidung zur Besetzung des Nachbarstaats ausdrücklich auf die angedrohten, für Russland verheerenden Sanktionen Bezug; er erklärt seinen Bürgern, dass es hart wird für sie und ihr Land. Und er verweist in dieser Erklärung darauf, dass die Zeit drängt, weil Russland zu gewärtigen hat, dass die Machtmittel, über die es heute noch verfügt, in absehbarer Zukunft womöglich durch das amerikanische Aufrüstungs­programm strategisch immer mehr entwertet werden. Mit beidem stellt er klar, dass es für Russland um viel mehr als um die Ukraine geht, nämlich um eine Existenzfrage als respektierte Großmacht, in der es für Russland keine Alternative gibt.

Er verbindet zwar auch noch den Beschluss zum Einmarsch mit der Nachfrage, ob die andere Seite nicht doch einlenken kann, indem er sein begrenztes Kriegsziel in der Ukraine, deren Entmilitarisierung und Neutralisierung, bekannt gibt, nimmt aber mit der Eröffnung des Feldzugs auch in Kauf, was ihm an unabsehbaren, von Russland nicht beherrschbaren, vernichtenden Folgen in Aussicht gestellt wird. Denn - sofern es ihm überhaupt gelingen sollte, dieses begrenzte Ziel in der Ukraine herzustellen - das, was er an diesem Fall herstellen will, nämlich eine Wende im Verhältnis zur Weltmacht USA und zur Nato, also die andere Seite vermittels des russischen Übergangs zur militärischen Durchsetzung in der Ukraine dazu zu nötigen, von ihrem Bestreben abzulassen, die russische Macht zu demontieren, das ist an diesem begrenzten Fall gar nicht herzustellen.

2. Die amerikanische Regierung beantwortet diesen militanten Übergang auf ihre Weise als überlegene Weltmacht. Sie ist nicht nur völlig unbeeindruckt und meilenweit davon entfernt, sich durch Krieg ein Arrangement abtrotzen zu lassen, das auch nur irgendwie den russischen Interessen Rechnung trägt - sie ist ganz im Gegenteil bis ins Kleinste darauf vorbereitet, die Eskalation des Kreml zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes für ihn zu machen.

Biden gibt regelrecht damit an, die Berechnungen der anderen Seite seit Monaten genau zu kennen - kein Wunder, er ist es ja, der Russland in sein Dilemma manövriert hat -, gleich eine ganze Reihe von neuen, vernichtenden Gegen­kriegs­maßnahmen für das antizipierte Vorgehen des Kreml vorbereitet zu haben und nach seiner souveränen Entscheidung einsetzen zu können. Erstens sorgen die Vereinigten Staaten mit ihren Alliierten durch nach der russischen Invasion noch gesteigerte Waffen­lieferungen auf den Kriegs­schauplatz Ukraine - die zusehends mehr "letales" Gerät umfassen, inzwischen sind sogar Kampfjets im Gespräch - dafür, dass der Feldzug zu dem blutigen Fiasko wird, das man der russischen Armee prophezeit hat. Zweitens verstärkt Biden mit seinem Kriegsbündnis die militärische Schlagkraft gegen Russland, auf breiter Front werden Waffen und Truppen an die russische Grenze geschafft. Drittens werden ökonomische Sanktionen beschlossen, die binnen Tagen ruinös auf die russische Wirtschaft wirken: den Rubel entwerten, das Kapital großer Staats­unternehmen wie Gazprom vernichten, den russischen Staatsfonds und der Nationalbank den Zugriff auf in westlichen Banken und Zentral­banken gehaltenes Milliarden­vermögen entziehen, sie von jeder Transaktion in Dollar abschneiden, also enteignen.[anm 46]

Für all das wird viertens im Prinzip die ganze Welt als Weltkriegs­einheits­front gegen Russland in Stellung gebracht, die militärisch, diplomatisch und auf dem Feld eines entfesselten Wirtschaftskriegs Russland eine vernichtende Niederlage ansagt.

Für die amerikanische Weltmacht und ihre Verbündeten geht es hier nämlich - genauso grundsätzlich, wie es Russland um seine Selbstbehauptung geht - um einen Angriff auf die Weltordnung, um eine Infrage­stellung ihrer Weltherrschaft, praktisch ins Werk gesetzt von einer Macht, die aufgrund ihres militärischen Potentials zu dieser Infragestellung imstande ist und deswegen für Amerika eine unerträgliche, unbedingt zu beseitigende Schranke darstellt.

3. Für beide Seiten steht hier die Substanz dessen auf dem Spiel, was sie als Nation jeweils sind und zu sein beanspruchen: für die eine ihr Status als Großmacht und maßgebliches Subjekt in der Staatenwelt, für die andere ihre uneingeschränkte Weltherrschaft. Die Standpunkte, die da auf­einander­prallen, sind unvereinbar. Sie dulden keine Relativierung, weil jede Relativierung einer Aufgabe des Standpunkts gleichkommen würde. Für beide Seiten hat die Behauptung des eigenen Standpunkts daher die Qualität einer Existenzfrage, die zur Entscheidung gebracht werden muss.

Und so gehen sie aufeinander los. Beide Seiten machen den Übergang von der Abschreckung hinein in eine Aus­einander­setzung, in der beide Seiten in der Anwendung ihrer Gewaltmittel eskalieren, um die jeweils andere zum Einlenken zu zwingen. Sie tun dies im Wissen um die Machtmittel, über die die Gegenseite verfügt, und in dem festen Willen, in dieser Aus­einander­setzung die Eskalations­dominanz zu behalten und auszuüben, also jede Eskalation der Gegenseite mit einer weiteren Eskalation zu beantworten.

Mit dem Unterschied, dass es die in diesem Ringen in die strategische Defensive gebrachte russische Staatsgewalt ist, die den Übergang in die militärische Offensive gemacht hat und vor der schlechten Alternative Rückzug oder weitere Eskalation steht; während die überlegene amerikanische Seite sich bei ihrer Eskalation - immer noch - die Freiheit wahrt, über den Übergang zur direkten militärischen Konfrontation nach eigenem Kalkül zu entscheiden; also auch: ohne jeden Machtverlust eigene Eskalations­schritte zu unterlassen, was allemal nur heißt: sie zu vertagen. Oder eben doch strategisch in Vorleistung zu gehen...

Die Ukraine ist dafür das erste Schlachtfeld.



Anmerkungen
  1. Gemeint sind die von den USA - nach einem von ihrem Auslands­geheim­dienst CIA initiierten Putsch[wp] gegen den damaligen Präsidenten Janukowitsch[wp] und dessen Regierung - eingesetzte Marionetten­regierung und deren zwei Nachfolge­regierungen, die den Anspruch erheben, die Ukraine als Völker­rechts­subjekt zu vertreten und die von den USA und deren Klientel­staaten als rechtsfähige und legitime Vertreter des ukrainischen Volkes bzw. Staates anerkannt werden.
  2. Nachträglich, nach den blutigen Verlaufsformen der Demokratisierung der Ukraine, haben einige europäische Politiker das Vorgehen der EU als Fehler bedauert; ein billiges Bekenntnis, da der Lagerwechsel ja schon passiert und der Putsch als eine Form von freier Selbstbestimmung der Ukraine deklariert worden war. Daran, den besagten Fehler rückgängig zu machen, war natürlich nie gedacht.
  3. Nachzulesen in GegenStandpunkt[wp] 1-14: "EU-Osterweiterung zum Dritten: die 'östliche Partnerschaft' mit der Ukraine. Europa geht bis an die Grenzen seiner Methode friedlicher Eroberung und darüber hinaus" und GegenStandpunkt 2-14: "Ein Bürgerkrieg in der Ukraine und eine neue weltpolitische Konfrontation".
  4. Der russische Standpunkt wird im Folgenden ausführlich zitiert. Die deutsche Öffentlichkeit mit ihrem überragenden Ethos der freien Meinungsbildung hält es ja nicht für nötig, die Argumentation der anderen Seite bekannt zu machen, und billigt auch ausdrücklich die Unterbindung der Versuche russischer Medien, sich Gehör zu verschaffen, siehe die aktuelle Verhinderung eines deutsch­sprachigen Fernsehkanals von Russia Today. Mit der Identifizierung als Fake-News, Desinformation, der modernen Fassung von auszuschaltender Feind­propaganda, ist das Thema erledigt.
    Die Sache wäre leicht abzuhaken, wenn man es hier bloß mit der subjektiven Wahrnehmung der russischen Führung zu tun hätte. Es ist schlimmer: Hier nimmt eine militärische Weltmacht ihre strategische Lage wahr, in die ihr erklärter Gegner sie bringt, und erklärt dem, dass und warum sie die nicht aushält. Das für einen bloßen Wahn zu halten, ist eine parteiliche Dummheit der demokratischen Welt­öffentlichkeit. Das zu ignorieren, ist nichts Geringeres als eine Gegen-Kriegs­erklärung der Verantwortlichen im Westen.
  5. Zwar bestehen etliche Defizite des ukrainischen Militärs, die die Nato-Betreuer beklagen, weiterhin; aufgrund des notorischen Geldmangels des ukrainischen Staats bleibt immer wieder einmal der Sold von Soldaten und Offizieren aus; auch die Subsumtion der Freiwilligen­verbände unter eine strikte Befehls­hierarchie ist keineswegs beendet. Aber die Westernization der ukrainischen Armee (siehe den Artikel in GegenStandpunkt 2-20: "Von Russland befreit, bis zum Ruin verwestlicht, von Krisen überrollt") hat gewirkt.
    "Die Aufrüstung der Ukraine wird vor allem von den USA vorangetrieben, die dafür seit 2014 gut 2,5 Milliarden US-Dollar aufgewandt haben und im Gesetz für ihren nächsten Militäretat weitere 300 Millionen US-Dollar einplanen. Washington lieferte unter anderem mindestens 360 Javelin-Panzer­abwehr­raketen, 30 gepanzerte Fahrzeuge sowie 24 Aufklärungs­drohnen des Modells Raven. Das geht aus einem Bericht des Bonn International Center for Conflict Studies (BICC) hervor... Tschechien hat der Ukraine 50 gebrauchte Schützen­panzer und 40 gebrauchte Selbst­fahr­lafetten geliefert, aus Polen erhielt sie laut dem BICC weitere 37 gebrauchte Schützenpanzer plus 54 gebrauchte gepanzerte Mannschafts­transporter... Die Türkei wiederum verkauft der Ukraine die unter anderem im aserbaidschanischen Krieg gegen Armenien erfolgreich erprobten bewaffneten Bayraktar-TB2-Drohnen." (Junge Welt, 10.12.21)
    "Ein weiteres Ziel der Streitkräfte war eine ansteigende Teilnahme an multinationalen Übungen, um die neu eingeführten Standards weiter zu verbessern und Nato-Erfahrungen zu sammeln... Die ukrainische Armee befindet sich im internationalen Ranking der Streitkräfte von Staaten auf Platz 29 mit einem Aktivstand von 250.000 und einem Reservestand von über 900.000 Personen (ukrainische Angaben). Das Verteidigungs­budget nimmt mittlerweile über fünf Prozent des Brutto­inlands­produktes ein." (Michael Barthou, truppendienst.com, 26.8.18)
  6. "Die US-Luftwaffe hat einen ersten Aufklärungs­einsatz über der Ostukraine nahe der Grenze zu Russland geflogen... Bei dem Flugzeug Northrop Grumman/Boeing E-8 Joint STARS (Joint Surveillance Target Attack Radar System) handelt es sich um einen Komplex zur Fern­überwachung und Ziel­zuweisung, zur Ortung und Klassifizierung von Bodenzielen rund um die Uhr bei beliebigen Wetter­bedingungen sowie zur Koordinierung von Kampf­handlungen und zum bilateralen Austausch von Daten mit Bodenkräften in Echtzeit." (sna, 29.12.21)
  7. Die ukrainische Seite macht also kein Geheimnis daraus, dass das, was als friedens­stiftende Rückholung legitimen ukrainischen Besitzstandes vorstellig gemacht wird - "Dabei, so Jermak, habe sein Chef Biden gegenüber bekräftigt, die Ukraine habe nicht vor, jemanden anzugreifen: 'Wir wollen nur Frieden in unser Land bringen, unser Territorium zurückholen und unsere Menschen.'" (de.rt.com, 10.12.2021) -, auf ein Kriegsszenario der Nato mit Russland berechnet ist.
  8. Nachzulesen in GegenStandpunkt 3-21: "Wie die Ukraine die Szenerie eines drohenden Kriegs­ausbruchs produziert und die Welt um eine neue Anklage gegen Russland bereichert"
  9. "Die US-Regierung sei offen, über die Zahl ihrer in Zukunft stationierten Offensiv­raketen in der Ukraine zu sprechen, teilten ranghohe Mitarbeiter in einer Telefon­schalte mit Journalisten mit." (Zeit Online, 9.1.22) - eine Aufrüstung, die bis gestern entschieden in Abrede gestellt worden ist.
  10. "Bei der Aufrüstung der ukrainischen Marine tut sich inzwischen besonders Großbritannien hervor. Im Juni 2021 unterzeichneten Vertreter beider Seiten eine Übereinkunft, die eine enge Kooperation nicht nur bei der Beschaffung neuer Kriegsschiffe, sondern auch bei der Ausbildung ukrainischer Marine­soldaten sowie beim Bau neuer Marinebasen vorsieht. Bei letzterem geht es konkret um eine Marinebasis in Berdjansk, deren Bau auch die USA sowie die EU unterstützen sollen. Weiter soll die Ukraine zwei Minen­jagd­boote erhalten, die die britische Marine im August außer Dienst gestellt hat. Zudem ist die gemeinsame Produktion von Schnellbooten und einer Fregatte geplant... 20 neue Patrouillenboote hat Kiew bei der französischen Werft Ocea bestellt, fünf von ihnen werden im ukrainischen Mikulajiw montiert." (Junge Welt, 10.12.21)
  11. "Die Ukraine lässt ... in diesem Jahr mehr ausländische Soldaten auf ihrem Gebiet zu. Das entschied das Parlament am Dienstag in der Hauptstadt Kiew. Demnach dürfen sich 2021 bis zu 2000 US-Soldaten und weitere 2000 Militärs aus Nato-Staaten im ganzen Land dauerhaft aufhalten. Das sind 1000 mehr als im Vorjahr. Ganzjährig werden auch ausländisches Militärgerät und bis zu zehn Flugzeuge in den an Russland grenzenden Staat gelassen. Ziel seien taktische Übungen und das Training ukrainischer Soldaten, teilte die Rada mit. Darüber hinaus werden 2021 sechs Manöver mit ausländischer Beteiligung in der Ukraine abgehalten." (rnd.de, 26.1.21)
  12. "Finnland, das eine 1.340 Kilometer lange Landgrenze mit Russland hat, hat auf die militärische Aufrüstung des Kremls und das Muskelspiel in der Region reagiert, indem es seine Verteidigungs­infra­struktur verstärkt hat. Im Dezember 2021 unterzeichnete Finnland einen 11,2-Milliarden-Dollar-Vertrag mit Lockheed Martin über den Kauf von 64 F-35A-Flugzeugen, um seine alternde Flotte von Boeing F/A-18C-Hornets zu ersetzen." (defensenews.com, 6.1.22) "Finnlands sich vertiefende Verteidigungs­beziehungen mit der Nato wurden im Januar deutlich, als US-Flugzeuge im Rahmen eines internationalen Manövers unter der Leitung des Lappland-Geschwaders der finnischen Luftwaffe Luft­betankungs­übungen über Nordfinnland durchführten. Bei der vier­tägigen Übung, die am 27. Januar stattfand, wurden finnische F/A-18-Hornets von einem KC-135-Stratotanker der US-Luftwaffe aufgetankt." (defensenews.com, 4.2.22)
  13. "Nicht erst unter Trump, unter Trump aber in neuer Entschiedenheit: Die amerikanische Weltmacht treibt die Entmachtung ihres russischen Rivalen voran". In: GegenStandpunkt 3-19
  14. "Das Auftauchen von taktischen Atomwaffen in der Ukraine ist eine strategische Bedrohung für uns. Denn die Reichweite kann von 110 Kilometern auf 300, auf 500 Kilometer erweitert werden - und schon ist Moskau in der Reichweite von Militär­schlägen. Das ist eine strategische Bedrohung für uns. Und so haben wir es auch verstanden. Wir müssen und werden sie auf jeden Fall sehr ernst nehmen." (Wladimir Putin, 22.2.22)
  15. "Rüstungsdiplomatie unter Trump und Biden: INF, Open Skies et al. gekündigt, New START verlängert. Fortschritte in der amerikanischen Friedens­politik gegen den Rivalen in Moskau". In: GegenStandpunkt 3-21
  16. Nachzulesen in GegenStandpunkt 1-07: "Putin auf der Sicherheits­konferenz: Wir können auch anders".
  17. "Dazu gehören der Sonderstatus des Donezbeckens, der mit den Republiken abgestimmt wurde, sowie die Festigung dieses Sonderstatus in der Verfassung der Ukraine, in der das Element der Föderalisierung, Dezentralisierung, wie es in den Minsker Vereinbarungen festgeschrieben ist, enthalten ist. Auch die bedingungslose Amnestie und Durchführung von Wahlen nach den Regeln, die zwischen Kiew und Donezk und Lugansk auf Grundlage der OSZE-Prinzipien abgestimmt wurden. Danach wird die vollwertige Kontrolle der Führung des ukrainischen Staates über den von ihm jetzt nicht kontrollierten Teil der Grenze zu Russland wieder­her­gestellt. Das ist schwarz auf weiß in den Minsker Vereinbarungen geschrieben." (Sergej Lawrow, 18.11.2021) Lawrow zitiert "... die Sabotage, die vom ukrainischen Regime bezüglich der Minsker Abkommen kontinuierlich erfolgt. Sie wollen sie nicht erfüllen, [sie] wollen sie neu schreiben. Dazu versuchen sie, Minister­treffen und Treffen auf der höchsten Ebene in der Hoffnung einzuberufen, dass man sich an den Verhandlungs­tisch setzt, Tee trinkt und Sergej Lawrow bzw. Wladimir Putin dazu überredet, 'hier ein bisschen zu revidieren', weil Kiew dies gar nicht erfüllen kann." (Ebd.)
  18. "Oleksiy Danilov, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungs­rates der Ukraine ... 'Die Erfüllung des Minsker Abkommens bedeutet die Zerstörung des Landes... Als sie unter russischen Gewehrläufen unterzeichnet wurden - und die Deutschen und die Franzosen zusahen - war es bereits für alle vernünftigen Menschen klar, dass es unmöglich ist, diese Dokumente umzusetzen'... Danilow rief dazu auf, ein neues, realistisch umsetzbares Dokument auszuhandeln, und fügte hinzu, dass es 'Putin zwingen sollte, seine Truppen und Panzer einfach zurückzuziehen'." (USNews, 31.1.2022)
  19. Russland versucht auch immer wieder, die europäischen Schutzmächte der Ukraine darauf hinzuweisen, wie großzügig sie über den Umgang der Ukraine mit hohen demokratischen Werten wie u.a. der Meinungsfreiheit hinwegsehen: "Was die Medien betrifft, so haben wir, als drei Fernsehsender in Kiew verboten wurden, die Angelegenheit unseren französischen Kollegen vorgetragen. Sie sagten, sie seien alle für die Meinungs­freiheit, aber diese Kanäle wurden in Übereinstimmung mit der ukrainischen Gesetzgebung verboten. Das ist bezeichnend. Wir wollen, dass die EU eine unabhängige Rolle spielt. Hier ist ein weiteres Beispiel, das die Ukraine betrifft. Die EU fungierte als Garant für das Abkommen zwischen Viktor Janukowitsch und der Opposition vom Februar 2014. Doch schon am nächsten Tag warf die Opposition die Vereinbarung über den Haufen. Brüssel hat geschwiegen, und nun bezeichnen manche diesen Aufstand als 'demokratischen Prozess'." (Sergej Lawrow, 14.1.22)
  20. Man sieht: Die schlechte Gewohnheit des gesunden Menschen­verstandes, in der eigenen Vorstellung kriegerische Maßnahmen der Staaten gegen­einander aufzurechnen, um aus einem geglaubten Ungleichgewicht oder mittels der Kinder­garten­frage "Wer hat angefangen?" die eigene höchstpersönliche Entscheidung darüber abzuleiten, welcher Seite ein moralisches Recht auf Krieg zuzubilligen sei - ein Verfahren, mit dem eine ganz anders begründete Parteilichkeit bloß sich selber rechtfertigt -, findet ihre Anhalts­punkte allemal in den praktischen Rechnungen der Strategen beider Seiten mit den militärischen Fortschritten ihres Gegners.
  21. Dass die OSZE-Verträge sowohl die Sicherheit der einzelnen Staaten als deren Recht festschreiben, die unter Staatsgewalten eben von ihresgleichen infrage gestellt wird, wie auch allen zusammen eine gemeinsame unteilbare Sicherheit zusichern, also diesen Widerspruch für gut vereinbar erklären, ist eine sehr konstruktive Anwendung des Prinzips des Völkerrechts, die Gewalt der Staaten als ihr Recht festzuschreiben.
  22. "Artikel 6: Die Vertragsparteien verpflichten sich, boden­gestützte Mittel- und Kurz­strecken­raketen weder außerhalb ihres Territoriums zu stationieren noch in solchen Gebieten innerhalb ihres Territoriums, von denen aus diese Waffen Ziele im Territorium der anderen Vertragspartei erreichen können.
    Artikel 7: Die Vertrags­parteien verzichten darauf, Nuklearwaffen außerhalb ihres Territoriums zu stationieren, und werden solche Waffen, die bereits außerhalb ihres Territoriums stationiert sind, mit Inkraft­treten dieses Vertrages zurückführen. Die Vertrags­parteien werden jegliche bestehende Infrastruktur für die Dislokation von Nuklearwaffen außerhalb ihres Territoriums vernichten.
    Die Vertragsparteien werden weder militärisches noch ziviles Personal von Nicht-Atom-Staaten im Gebrauch von Nuklearwaffen ausbilden. Die Vertrags­parteien werden weder Manöver noch Übungen der Allgemein-Streitkräfte durchführen, die Szenarios mit Atomwaffen­gebrauch einschließen." (Vorschlag für einen Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Russischen Föderation über Sicherheits­garantien, mid.ru, 17.12.2021)
  23. Auch Russland will nicht auf eine Legitimations­veranstaltung der völker­rechtlichen Art verzichten und möchte das daher bitte schriftlich bestätigt haben, dass USA und Nato gegen die Bestimmung der OSZE-Verträge verstoßen - "dies wird ein weiteres Eingeständnis von ihrer Seite sein". Schließlich ist es selbst auf dieser Ebene immerzu den Angriffen der Vertreter der regel­basierten Weltordnung ausgesetzt, die ihre Interessen in der Fassung verbindlicher, völkerrechts­konformer Bestimmungen geltend machen und umgekehrt auf der völker­rechtlichen Delegitimierung der russischen Interessen bestehen, damit sich die Staatenwelt in die amerikanisch geführte Front einreiht.
  24. Das russische Militär verstärkt seine Präsenz insbesondere an der Westgrenze und im Schwarzmeerraum so massiv, dass die Gegendrohung auch glaubhaft wird, führt seinerseits ständig Manöver durch, beweist per Satelliten­abschuss, dass es auch die Kriegführung im Weltraum beherrscht, lässt strategische Bomber patrouillieren und feuert - ein kriegs­technisches Novum - Salven einer neuen Hyper­schall­waffe ab, damit die andere Seite gut versteht, wozu man bereit ist.
    "Der Salvenstart von zwölf Hyper­schall-Anti­schiffs­raketen des Modells Zirkon in der Weihnachtsnacht [war] durchaus ein Präsent eigener Art an die Adresse Washingtons. Denn wenige Tage vor dem Fest war den USA ein weiterer Test einer eigenen Hyper­schall­waffe schiefgegangen. Die Zirkon hat nach russischen Medien­berichten das Potential, den Flugzeug­träger­formationen, durch die die USA ihre Herrschaft über die Weltmeere ausüben, zumindest sehr empfindliche Schläge zuzufügen." (Junge Welt, 5.1.2022)
    "Russland antwortet mit Satelliten-Abschuss... Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ... Der Test sei besorgnis­erregend, weil er zeige, dass Russland neue Waffen­systeme entwickele, die auch die Infrastruktur für zivile Navigations- und Kommunikations­systeme auf der Erde zerstören könnten... Die Nato hatte bereits im Juni beschlossen, dass Angriffe aus dem oder im Weltraum künftig nach Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können. Das gilt bisher für Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum. Begründet wurde der Schritt unter anderem damit, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungs­verkehrs, Handynetze oder Navigations­systeme für den Straßen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden." (DWN, 16.11.2021)
  25. Siehe z.B. die Auskunft von Victoria Nuland, die damals als Assistant Secretary im amerikanischen Außen­ministerium den Maidan-Umsturz für die USA orchestriert hatte, noch bei ihrem Ukraine-Besuch vom vergangenen Jahr: "Bei dem Treffen mit den Fraktions­vorsitzenden hat seine mitgereiste Stellvertreterin, die nach 2017 reaktivierte Victoria Nuland, nach Angaben eines Teilnehmers den Parlamentariern gesagt, sie sollten aufhören, ständig dieses Thema anzusprechen. Das bringe der Ukraine gar nichts." (Junge Welt, 7.5.2021)
  26. Die US-Vertreterin bei den Vereinten Nationen schreibt an die Hohe Kommissarin der UNO für Menschenrechte, sie müsse zur Kenntnis nehmen, wie Russland nach der Invasion in der Ukraine herumwüten werde; der CIA habe bereits Einblick in die Todeslisten:
    "Ich möchte Sie auf beunruhigende Informationen aufmerksam machen, die die Vereinigten Staaten kürzlich erhalten haben und die darauf hindeuten, dass Menschen­rechts­verletzungen und -missbräuche im Anschluss an eine weitere Invasion geplant sind. Diese Handlungen, zu denen bei früheren russischen Operationen gezielte Tötungen, Entführungen/zwangsweises Verschwinden­lassen, ungerecht­fertigte Inhaftierungen und die Anwendung von Folter gehörten, würden sich wahrscheinlich gegen diejenigen richten, die sich den russischen Aktionen widersetzen, darunter russische und belarussische Dissidenten im ukrainischen Exil, Journalisten und Aktivisten zur Korruptions­bekämpfung sowie gefährdete Bevölkerungs­gruppen wie religiöse und ethnische Minderheiten und LGBTQI+-Personen. Uns liegen insbesondere glaubwürdige Informationen vor, die darauf hindeuten, dass die russischen Streitkräfte Listen von identifizierten Ukrainern erstellen, die nach einer militärischen Besetzung getötet oder in Lager geschickt werden sollen." (U.S. letter to the U.N. alleging Russia is planning human rights abuses in Ukraine, Washington Post, Updated 21.2.2022)
    Anklagen wegen voraussichtlicher Kriegs­verbrechen können schon vorbereitet werden.
  27. Die europäischen Verbündeten werden demgemäß heftig von amerikanischen Funktionären bearbeitet: "Hinter den Kulissen haben US-Beamte damit begonnen, Informationen mit europäischen Verbündeten auszutauschen und davor zu warnen, dass eine erneute russische Invasion in der Ukraine unmittelbar bevorstehen könnte. Amerikanische und britische Beamte haben, was ungewöhnlich ist, Informationen über die Bedrohung mit europäischen Partnern außerhalb des Five-Eyes-Geheimdienst­netzwerks ausgetauscht, dessen einziges europäisches Mitglied das Vereinigte Königreich ist... In den letzten Wochen reiste ein Team von Diplomaten und Sanktions­experten, darunter Molly Montgomery und Erik Woodhouse vom Außenministerium, nach Europa, um die Grundlagen für neue gemeinsame Sanktionen der USA und Europas gegen Moskau zu schaffen, falls der Kreml nicht einlenkt." (Foreign Policy, 6.12.2021)
  28. "Russland könnte dem ukrainischen Militär durch Luftangriffe auf die Frontlinien, militärische Einrichtungen und kritische Infra­strukturen erheblichen Schaden zufügen... Obwohl die russische Luftwaffe seit dem Georgien-Krieg nicht mehr gegen eine feindliche Luftabwehr geflogen ist, gibt es eine Vielzahl von Marsch­flug­körpern und ballistischen Raketen, die entweder vom Schwarzen Meer oder vom russischen Heimatland aus ins Spiel kommen können, und das ukrainische Luft­abwehr­system wird damit kaum fertigwerden... Ein möglicher Angriff könnte den Einsatz von Raketen, schwerer Artillerie und Flammen­werfern mit großer Reichweite beinhalten... Das wäre für die ukrainische Landmacht unglaublich verheerend." (Financial Times, 31.12.2021)
    "Die ukrainischen Streitkräfte sind zwar besser als zu der Zeit, als Putin 2014 begann, das Land in Stücke zu reißen, aber sie sind nicht annähernd stark genug, um eine russische Invasion aufzuhalten. Es besteht auch keine Chance, dass die Nato-Länder militärisch eingreifen werden, um die Ukraine zu verteidigen... Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Kosten eines Einmarsches für Putin zu erhöhen... Obwohl Russland die Ukraine leicht überrennen könnte, ist es eine andere Sache, ein Land langfristig zu besetzen, wie Amerika im Irak feststellen musste. Die Ukraine muss sich selbst unverdaulich machen. Der Westen sollte sie mit mehr Finanzhilfe und Verteidigungs­waffen versorgen, um ihr dabei zu helfen. Das Ziel [sollte] darin bestehen, selbst einen kleinen Krieg für Herrn Putin unattraktiv zu machen." (The Economist, 18.12.2021)
    "Litauen beabsichtigt, in kurzer Frist Wärme­bild­kameras an die Ukraine zu liefern - aber auch die Zahl der Ausbilder der nationalen Ausbildungs­mission in der Ukraine zu erhöhen sowie die Behandlung und Rehabilitation verletzter ukrainischer Soldaten in seinem Hoheitsgebiet fortzusetzen... Litauen war unter den ersten Staaten, die nach dem Maidan-Putsch im Frühjahr 2014 mit militärischen Hilfen an die Ukraine begannen - im selben Jahr noch erfolgten die ersten Lieferungen abgeschriebener Hand­feuer­waffen noch sowjetischer Kaliber samt der Munition dazu. Kanadas Verteidigungs­ministerin Anita Anand erwägt einen Ausbau der momentan 200 Mann starken kanadischen militärischen Ausbildungs­mission UNIFIER im Westen der Ukraine um weitere mehrere Hundert Mann... Weitere Optionen seien die Entsendung eines Kampfschiffes ins Schwarze Meer oder aber eine Verlegung eines Teils der aktuell in Rumänien stationierten Kampfflugzeuge des Typs CF-18... Zudem plant Kanada, in der Ukraine eine Munitions­fabrik zu bauen: Die einzige Fabrik in der Ukraine, die Munition für Hand­feuer­waffen herstellt, fand sich im Laufe des bewaffneten Konflikts im Osten des Landes im Gebiet der Volksrepublik Lugansk wieder und versorgt nun die Volksmilizen der beiden Rebellen­republiken... Auch Deutschland hat weiterhin vor, der Ukraine im militärischen Bereich zu helfen. Dies betrifft den Bau eines Militär­krankenhauses in der Ukraine, die Lieferung von medizinischer Ausrüstung und Verbrauchs­material sowie die Behandlung verwundeter ukrainischer Soldaten, auch in Kranken­häusern der Bundeswehr." (de.rt.com, 16.1.2022)
    "Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak kündigte an, dass die Regierung des Landes am 1. Februar die Lieferung von tragbaren Luftabwehrsystemen (MANPAD) mit kurzer Reichweite vom Typ Piorun (Thunderbolt) sowie von Munition an die ukrainischen Streitkräfte genehmigt habe... 'Wir sind bereit, der Ukraine mehrere Zehntausend Schuss Munition und Artillerie­munition, Luft­abwehr­systeme, aber auch leichte Mörser und Aufklärungs­drohnen zu liefern', sagte Morawiecki." (defensenews.com, 2.2.2022)
  29. "Seit 2015 hat das Vereinigte Königreich im Rahmen der Operation ORBITAL, bei der über 22.000 ukrainische Soldaten ausgebildet wurden, dazu beigetragen, die Widerstands­fähigkeit und die Fähigkeiten der ukrainischen Streitkräfte zu stärken... Wir haben beschlossen, der Ukraine leichte, panzerbrechende Verteidigungs­waffen­systeme zu liefern. Ein ... Sicherheits­unter­stützungs­paket ergänzt die Ausbildung und die Fähigkeiten, über die die Ukraine bereits verfügt und die auch vom Vereinigten Königreich und anderen Verbündeten in Europa und den Vereinigten Staaten bereitgestellt werden. Die Ukraine hat jedes Recht, ihre Grenzen zu verteidigen, und dieses neue Hilfspaket stärkt ihre Fähigkeit, dies zu tun. Ich möchte klarstellen, dass es sich bei dieser Unterstützung um kurzfristige und eindeutig defensive Waffen­kapazitäten handelt; sie sind keine strategischen Waffen und stellen keine Bedrohung für Russland dar." (Ben Wallace, gov.uk, 17.1.2022)
  30. "Die Ukraine bildet Freiwillige aus und rechnet damit, dass Partisanen sich als wichtiger Faktor im Widerstand erweisen können... Vorläufig laufen Manager, Programmierer, Verkäufer, Lkw-Fahrer durch den Kiefernwald bei Kiew mit hölzernen Maschinen­pistolen. An den Übungen nehmen auch Mädchen mit Medizin-Köfferchen teil. Ziel des Vor­bereitungs­programms, das die ukrainische Regierung durchführt, ist es, den zivilen Widerstand zu bilden, der den Kampf im Fall einer Zerschlagung der Ukrainischen Armee fortsetzen wird ... ähnliche Programme gebe es in Estland, Lettland und Litauen, als Antwort auf die angenommene Bedrohung durch Russland. Dort wird auch ein Teil der Zivil­bevölkerung daran gewöhnt und werden die Grundlagen des Partisanenkriegs unterrichtet." (Moskowskij Komsomolez, 27.12.2021)
  31. "Viele Mitgliedstaaten haben seit Ende Januar entschieden, ihre Präsenz kurzfristig im Baltikum und in der Schwarzmeer­region auszubauen, um auf den fortgesetzten russischen Aufmarsch zu reagieren... Nach Auffassung der Allianz halten sich diese Verstärkungen im Rahmen der Nato-Russland-Grundakte, in der sich das Bündnis 1997 verpflichtet hatte, auf dem Gebiet des früheren Warschauer Pakts keine substanziellen Kampftruppen dauerhaft zu stationieren. Allerdings wurde nie festgelegt, was substanziell und dauerhaft bedeutet; es gibt dazu unter­schiedliche Lesarten auf beiden Seiten." (FAZ, 16.2.2022)
  32. "Dänemark führt Gespräche, um US-Soldaten und militärische Ausrüstung auf seinem Boden zuzulassen und damit eine jahrzehnte­lange Politik zu beenden, die ausländische Truppen von seinem Territorium ausschloss... Es gehe nicht um die Eröffnung eines eigenen US-Stützpunktes, sondern darum, den amerikanischen Truppen die Möglichkeit zu geben, mit ihren dänischen Kollegen zu trainieren und Übungen durchzuführen, sowie um eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Marine, so Verteidigungs­minister Morten Bodskov. Dänemark, Gründungs­mitglied der Nato im Jahr 1949, verfolgt seit den 1950er Jahren die Politik, keine ausländischen Truppen oder Atomwaffen auf seinem Boden zuzulassen, als es sich auf Druck der Sowjetunion weigerte, den USA die Stationierung von Truppen zu gestatten." (Financial Times, 11.2.2022) "Die nordischen Bündnis­mitglieder Dänemark und Norwegen haben beide ihre militärische Präsenz und Bereitschaft im hohen Norden und in der Ostsee erhöht. Dänemark hat zusätzliche Fregatten und vier F-16-Kampf­flugzeuge bereitgestellt, um die Marine- und Luft­operationen der Nato im Ostseeraum zu unterstützen. 'Unsere Maßnahmen zur Unterstützung der Nato ... sollen die Souveränität der baltischen Staaten stärken. Wir werden weitere Kapazitäten bereitstellen, wenn sich die Lage ändert und der Bedarf entsteht, sagte Trine Bramsen, Dänemarks Verteidigungs­ministerin." (defensenews.com, 4.2.2022) "Das norwegische Militär erweitert den Stützpunkt [Bodø], um dort auch P-8 Poseidon-See­über­wachungs­flugzeuge zu stationieren und damit wichtige Luft- und See­über­wachungs­einrichtungen in ein Gebiet zu verlegen, in dem die russischen Militär­übungen zunehmen." (defensenews.com, 6.1.2022)
  33. Denselben Zweck verfolgt die US-Marine, die seit zwei Jahren - und erstmals nach dem Kalten Krieg - wieder mit Zerstörern in der Barentssee kreuzt: die russische Nordflotte mit den Atom-U-Booten als dem Rückgrat der russischen Zweit­schlags­fähigkeit in ihrem haus­eigenen Operations­gebiet zu kontrollieren und zu neutralisieren.
  34. "Unterdessen setzt das US-Verteidigungs­ministerium weiterhin F-16-Flugzeuge im Baltikum ein, einem weiteren Brennpunkt für Nato-Luftpatrouillen an der Grenze zu Russland. Anfang dieses Monats trafen amerikanische Jets in Polen ein, wo sie sich zusammen mit polnischen und belgischen F-16 auf diesen Einsatz vorbereiteten." (defensenews.com, 6.1.2022)
  35. "Die Rückkehr der Mittelstrecken­raketen, die durch das Ende des INF-Vertrags ausgelöst wurde, stellt Russlands Sicherheit infrage und beeinflusst zweifellos die Entscheidungs­findung des Landes. Seit dem Auslaufen des Vertrags hat Russland durch sein Handeln deutlich gemacht, dass es nicht zulassen wird, dass erneut Mittel­strecken­raketen in Europa stationiert werden. Die Reaktion des Westens ging jedoch nicht nur nicht auf die Bedenken Russlands ein, sondern behandelte die Wieder­einführung dieser Raketen als ausgemachte Sache und konzentrierte sich fast ausschließlich auf den relativen Vorteil, den ihre Stationierung den Vereinigten Staaten und der Nato verschaffen könnte. Die Nato-Erweiterung mag zwar die Hauptursache für Russlands Vorgehen gegenüber der Ukraine sein, aber die Rückkehr dieser strategischen Raketen ist auch ein Faktor, den die Vereinigten Staaten berücksichtigen sollten." (warontherocks.com, 28.1.2022)
  36. "Wir werden Russlands Fähigkeit einschränken ... Teil der Weltwirtschaft zu sein ... wir werden seine Fähigkeit beeinträchtigen, in einer hochtechnologischen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts bestehen zu können." (Joe Biden, 24.2.2022)
  37. Einige Republikaner verlangen, das Sanktions­instrumentarium schon präventiv zum Einsatz zu bringen, nämlich Nord Stream 2 zu verbieten, unabhängig davon, ob Russland in die Ukraine einmarschiert. Sie bekommen im amerikanischen Senat zwar dafür noch keine Mehrheit; die Einheitsfront mit Europa soll vorerst nicht dadurch gefährdet werden. "Ein partei­übergreifender Vorstoß zur Verabschiedung der 'Mutter aller Sanktionen' scheiterte, nachdem die Republikaner darauf bestanden, vor einer Invasion umfassende Sanktionen zu verhängen, und die Demokraten, die das Weiße Haus unterstützten, dies ablehnten." (New York Times, 18.2.2022) Die gute Idee, die Bestrafung' unabhängig davon zu vollziehen, ob die Straftat begangen worden ist, findet aber mittlerweile weitergehende Zustimmung und nähert sich mit dem Verzicht auf jede polit­moralische Einkleidung dem wirklichen Sinn der Sanktionen, den Gegner einfach fertig­zu­machen.
  38. "Einige der stärksten Auswirkungen unserer Maßnahmen werden erst im Laufe der Zeit eintreten, wenn wir Russlands Zugang zu Finanzmitteln und Technologie für strategische Sektoren seiner Wirtschaft beschneiden und seine industrielle Kapazität auf Jahre hinaus schwächen ... wir gehen davon aus, dass wir mehr als die Hälfte von Russlands Hightech-Importen beschneiden werden. Das wird ein Schlag für seine Fähigkeit sein, sein Militär weiter zu modernisieren. Es wird Russlands Luft- und Raumfahrt­industrie, einschließlich ihres Raumfahrt­programms, beeinträchtigen. Es wird ihre Fähigkeit mindern, Schiffe zu bauen... Das wird ein schwerer Schlag für Putins langfristige strategische Ambitionen sein." (New York Times, 18.2.2022)
  39. "Es handelt sich dabei um Personen, die persönlich von der Politik des Kremls profitieren, und sie sollen den Schmerz mittragen." (New York Times, 18.2.2022)
  40. "Auf die Frage, was Putin aufhalten könnte, wenn Sanktionen es nicht können, antwortete Biden: 'Ich habe nicht gesagt, dass Sanktionen ihn nicht aufhalten können. Die Androhung von Sanktionen ... die Verhängung von Sanktionen und das Erkennen der Wirkung von Sanktionen sind zwei verschiedene Dinge... Es wird seine Zeit brauchen... Wir müssen Entschlossenheit zeigen, damit er weiß, was auf ihn zukommt. Und damit die Menschen in Russland wissen, was er ihnen angetan hat. Darum geht es hier.'" (cnn.com, 25.2.2022)
  41. "Die USA und ihre europäischen Verbündeten bereiten das aggressivste Paket wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen vor, das je geschnürt wurde... Hochrangige Beamte der Biden-Administration sagten, sie hätten spezifische Sanktions­pakete' ausgearbeitet, die sich auf russische Oligarchen und ihre Familien­mitglieder konzentrieren. Sie wollten nicht sagen, wer auf der Liste stehen würde, weil sie ein Fluchtrisiko' befürchteten, aber der Geltungs­bereich könnte breit gefächert sein. Am Montag versprach das Vereinigte Königreich, neue Gesetze einzuführen, die die Möglichkeiten Londons stärken, gegen Kreml-nahe Unternehmen und ihre Eigentümer im Land vorzugehen...
    Die USA und die EU wollen auch das russische Bankensystem ins Visier nehmen und Moskau aus dem internationalen Finanzsystem ausschließen... Die größten russischen Finanzinstitute, darunter die Sberbank, die VTB, die Gazprom-Bank, der Russische Direkt­investitions­fonds und die Alfa Bank, stehen in der Schusslinie... Die USA und die EU haben erwogen, strenge Export­kontrollen für westliche Technologie einzuführen, um Russlands industrieller Basis und seiner Innovationsfähigkeit so viel Schaden wie möglich zuzufügen... Maßnahmen, die auch neu entstehende Technologien wie Quanten­computer und künstliche Intelligenz einschließen ... eines der wirkungsvollsten Instrumente, das die USA einsetzen könnten, ist die Foreign Direct Product Rule, die eingesetzt wurde, um das chinesische Technologie­unternehmen Huawei zu zügeln.
    Diese Regel würde Drittländer daran hindern, bestimmte sensible Technologien, die US-Komponenten enthalten, nach Russland zu exportieren. Der politisch und wirtschaftlich sensibelste Bereich, in dem die USA und die EU Sanktionen vorbereiten, ist wohl der Energie­sektor. Moskau ist in hohem Maße von Energie­exporten als Quelle von Devisen­reserven abhängig, und die EU deckt 40 Prozent ihres Verbrauchs mit russischem Gas ab... Trotz einer gewissen Ungewissheit über die Haltung der neuen deutschen Regierung haben die USA und die EU beschlossen, dass sie im Falle eines Einmarsches Russlands in die Ukraine die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2, die Russland und Deutschland verbindet, nicht in Betrieb nehmen würden... Brüssel ist besorgt über einen möglichen Zusammenbruch der Gaslieferungen im Falle eines Krieges, entweder aufgrund von Schäden an ukrainischen Pipelines oder weil Russland die Gaslieferungen einschränkt." (Financial Times, 2.2.2022)
  42. "An die Bürgerinnen und Bürger Russlands: Ihr seid nicht unser Feind. Und ich glaube nicht, dass ihr einen blutigen, zerstörerischen Krieg gegen die Ukraine wollt - ein Land und ein Volk, mit dem ihr so tiefe familiäre, historische und kulturelle Bindungen teilt. Vor sieben­und­siebzig Jahren haben unsere Völker Seite an Seite gekämpft und Opfer gebracht, um den schlimmsten Krieg der Geschichte zu beenden. Der Zweite Weltkrieg war ein Krieg der Notwendigkeiten. Aber wenn Russland die Ukraine angreift, wäre es ein Krieg der Wahl oder ein Krieg ohne Grund und Ursache." (Joe Biden, 15.2.2022)
  43. "'Wenn Russland Cyber­angriffe gegen unsere Unternehmen und unsere kritische Infrastruktur durchführt, sind wir bereit, darauf zu reagieren', sagte Biden... Dem Bericht [in dem Präsident Biden zahlreiche Optionen für die USA zur Durchführung größerer Cyber­angriffe gegen Russland vorgelegt worden waren] zufolge gehörten zu den Optionen die Unterbrechung der Internet­verbindung in ganz Russland, die Abschaltung der Strom­versorgung und die Störung des russischen Eisenbahn­verkehrs." (defenseone, 24.2.2022)
  44. "Biden sagte, die USA seien bereit, mit 'vertrauens­bildenden Maßnahmen' bei der Umsetzung eines Friedens­abkommens von 2015 zu helfen... Regierungs­vertreter haben angedeutet, dass die USA die Ukraine dazu drängen werden, ein gewisses Maß an Autonomie in der östlichen Donbass-Region abzutreten, die derzeit de facto von den von Russland unterstützten Separatisten kontrolliert wird... Für Biden wird die Herausforderung darin bestehen, Kiew zu ermutigen, einige der Fakten vor Ort in der Ostukraine zu akzeptieren, ohne den Anschein zu erwecken, Putin nachzugeben... Dazu könnten Maßnahmen gehören, die es der mit Russland verbündeten Donbass-Region erlauben, ihre eigene Gesundheits­versorgung, Polizei und Schulen zu kontrollieren... Auf die Frage nach der Notwendigkeit ukrainischer Kompromisse sagte Sullivan am Dienstag gegenüber Reportern, dass 'die Ukrainer konstruktive Ideen vorgebracht haben, wie man die Diplomatie voranbringen kann. Wir ermutigen sie dazu.'" (Associated Press, 10.12.2021)
  45. Für den Fall ist die Lage bereits fertig eingeordnet: Dann kommt der Westen nämlich nicht umhin, auf einen akuten russischen Eskalations- und Kriegs­willen zurückzuschließen - siehe das Getöber darüber, dass Putin und Lawrow sich auf der Münchner Sicherheits­konferenz nicht vorführen lassen wollen: "Hunderte Entscheidungs­träger auf der Konferenz bedauern es sehr, dass Russland sich nicht stellt." (Vorsitzender der Konferenz Ischinger im ARD-Morgenmagazin)
  46. "Nach der Europäischen Union haben auch die USA ihre schwer­wiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. US-Bürgern und Institutionen sind nun Transaktionen mit der Zentralbank verboten, zudem kann die Notenbank in Moskau damit weltweit keine Geschäfte in US-Dollar mehr durchführen, wie ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses sagte.
    Zusammen mit den Sanktionen der Verbündeten sei der Großteil der russischen Devisen­reserven im Wert von rund 630 Milliarden US-Dollar nun de facto blockiert und könne von Moskau nicht dafür genutzt werden, die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs aufzufangen, sagte er. Auch der russische Staatsfonds, dessen Chef und das Finanz­ministerium in Moskau würden mit Sanktionen belegt, erklärte das US-Finanz­ministerium." (Tagesschau, 28.2.2022)
– Peter Decker[25]

US-amerikanischer Plan zur Zerschlagung Russlands

Nikolai Patruschew[wp], der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, hat in einem Interview detailliert dargelegt, dass das Imperium USA und dessen Klientel­staaten langfristig das Ziel verfolgen, Russland als Staat zu zerschlagen:

Das Interview, das Nikolai Patruschew, der Chef des russischen Sicherheitsrates, einem russischen Portal gegeben hat, ist vor allem deshalb interessant, weil Patruschew exakt das erzählt, was ich in meinem neuesten Buch "Putins Plan" herausgearbeitet habe. Das soll keine Werbung sein, aber wenn die Lektüre des Interviews Interesse bei Ihnen Interesse an mehr Details darüber weckt, worum es bei dem aktuellen Ost-West-Konflikt tatsächlich geht, sollten Sie mein neues Buch lesen, denn darin gehe ich auf über 300 Seiten exakt auf das ein, was Patruschew hier verkürzt erzählt hat. Man muss der russischen Sichtweise nicht zustimmen, aber man sollte sie zumindest kennen und verstehen, wenn man sich ein eigenes Urteil über das bilden will, was derzeit international vor sich geht.
Zitat: «"Sie wollen Russland in Moskowien verwandeln" - Nikolaj Patruschew über den Westen und die Ukraine

Auf welche Aktionen des Westens bereitet man sich in Moskau vor und welche Maßnahmen können dagegen ergriffen werden? Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates Nikolai Patruschew erklärte das gegenüber Argumenty i fakty (aif.ru).

Eine turbulente Situation

Vitaly Tsepljaev, aif.ru: Herr Patruschew, wie würden Sie die globale Situation zu Beginn des Jahres einschätzen?
Nikolai Patruschew: Die Lage in der Welt ist äußerst kompliziert und turbulent. Viele Länder in verschiedenen Regionen der Welt befinden sich gleichzeitig in einer militärisch-politischen, wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Krise. Hoffentlich wird es dieses Jahr einige positive Veränderungen geben.
Sie haben einmal gesagt, dass die Führung der westlichen Länder nichts tut, um die Situation zu verbessern, nicht nur in der Welt, sondern sogar in ihren eigenen Ländern. Können Sie erklären, was Sie meinen?
Die westliche Politiker haben keine Macht und keine Möglichkeiten, das Leben in ihren Staaten zum Besseren zu verändern, weil sie schon lange keine unabhängigen Figuren mehr sind. Jeder ist mit dem Großkapital, Lobbyisten und Stiftungen verbunden. Diese Tatsachen verschweigen sie nicht einmal. Es gibt sehr aktuelle Beispiele. Wie sich herausgestellt hat, standen Dutzende von Abgeordneten des EU-Parlaments unter der Kontrolle der Strukturen von George Soros, und die EU-Kommission hat auf Geheiß eines der größten Pharma­unternehmen der Welt eine Reihe korrupter Schemata für den Kauf von Impfstoffen für Dutzende von Milliarden Euro geschaffen. Es ist offensichtlich, dass die wahre Macht im Westen in den Händen findiger Clans und multinationaler Konzerne liegt.
Meinen Sie die Rockefellers und Rothschilds?
Tatsächlich gibt es noch viel mehr solcher Unternehmen und Clans. Der Gesamtumsatz der 500 größten Unternehmen der Welt hat im Jahr 2021 nach inoffiziellen Angaben fast 38 Billionen Dollar erreicht. Der Großteil der multi­nationalen Konzerne hat seinen Hauptsitz in den USA. Ihre Einnahmen beliefen sich auf rund 16 Billionen Dollar, der Nettogewinn auf 1,8 Billionen Dollar.
Der Reichtum einiger multinationaler Konzerne übersteigt das Brutto­inlands­produkt der meisten Volkswirtschaften der Welt, und die Stiftungen, die sie geschaffen haben, um sich weiter zu bereichern, erheben den Anspruch, ein über den Staaten stehender Mechanismus zur Steuerung der Menschheit zu sein. Die Soros-Stiftung ist fast zum weltweit wichtigsten Zentrum für die Planung und Durchführung von "Farbrevolutionen" geworden.
"Der Entwurf des US-Haushalts für 2023 ist der beste Beweis für die Pläne Washingtons, neue Kriege zu Lasten des Wohlergehens der eigenen Bürger zu entfesseln." - Nikolai Patruschew

Zwei Schauspieler in einem Theaterstück

Wollen Sie damit sagen, dass nicht einmal die US-Regierung eine unabhängige Politik verfolgt?
In Wirklichkeit ist der amerikanische Staat nur die Hülle für ein Konglomerat riesiger Konzerne, die das Land beherrschen und versuchen, die Welt zu dominieren. Für die transnationalen Konzerne sind selbst US-Präsidenten nur Statisten, denen man, wie Trump, den Mund stopfen kann. Alle vier Attentate auf amerikanische Staats­oberhäupter stehen in Verbindung mit Spuren zu Konzernen. Es ist kein Zufall, dass eine wachsende Zahl von Amerikanern erklärt, dass Republikaner und Demokraten nur zwei Akteure in ein und demselben Theaterstück sind, das nichts mit Demokratie zu tun hat.
Die amerikanische Regierung, die mit dem Großkapital verbündet ist, dient den Interessen der transnationalen Konzerne, einschließlich des militärisch-industriellen Komplexes. Die aggressive Außenpolitik des Weißen Hauses, die ungezügelte Aggressivität der NATO, das Entstehen des Militärblocks AUKUS und andere sind ebenfalls eine Folge des Einflusses von Konzernen. Der Entwurf des amerikanischen Haushaltsplans für 2023 ist der beste Beweis für die Pläne Washingtons, neue Kriege zum Nachteil des Wohlergehens der eigenen Bürger zu entfesseln. Die Hälfte der geplanten Ausgaben der US-Regierung in Höhe von 1,7 Billionen Dollar ist für die Verteidigung vorgesehen - mehr als 850 Milliarden Dollar. Nur um die Kämpfe in der Ukraine fortzusetzen und den Konflikt zu verlängern, werden 45 Milliarden Dollar bereitgestellt.
Und das, obwohl die USA und ihre Handlanger unwiderruflich in ein Schuldenloch rutschen. Die Amerikaner haben eine Staats­verschuldung von mehr als 31 Billionen Dollar. Die Verschuldung Englands ist mit 2,4 Billionen Pfund die höchste seit dem Zweiten Weltkrieg und hat 101 Prozent des Brutto­inlands­produkts überschritten. Japan hat mit seiner Staats­verschuldung von fast zehn Billionen Dollar einen Weltrekord im Verhältnis zwischen Schulden und Brutto­inlands­produkt aufgestellt, der mehr als das 2,6-fache beträgt. Nur haben die Länder, die sich für die Herren der Welt halten, nicht vor, diese Schulden zurückzuzahlen.
Der Westen erlangte Wohlstand und die Weltherrschaft früher durch koloniale Eroberungen. Genau so verhalten sich die multi­nationalen Konzerne, die es vorziehen, ihr Kapital zu vermehren, indem sie Ressourcen aus anderen Ländern abschöpfen, heute. Dabei nutzen sie das System der Gehirnwäsche der Massen, um der Bevölkerung des Planeten Ideen und irgendwelche Regeln aufzuzwingen, die sie sich selbst ausgedacht haben und die nicht im Einklang mit dem Völkerrecht stehen.
"Im Westen ist für unser Land kein Platz vorgesehen. Russland verärgert eine Reihe von Weltherrschern, weil es reich an Rohstoffen ist und über ein riesiges Territorium und über intelligente und selbständig denkende Menschen verfügt." - Nikolai Patruschew

Die globale Ausbeutung

Sie meinen also wirklich, dass transnationale, in der ganzen Welt tätige Konzerne einen großen Einfluss auf die nationalen politischen und sozioökonomischen Prozesse haben?
Richtig. Einerseits führen sie durch ausländische Direktinvestitionen neue Technologien ein und steigern die Produktivität. Nur die Bevölkerung kann von diesen Ergebnissen nicht profitieren, da die Konzerne die lokalen Produzenten dauerhaft verdrängen und zu Monopolisten werden. Indem sie den Großteil ihrer Gewinne ins Ausland exportieren, nehmen sie den Ländern die Möglichkeit, ihren nationalen Wohlstand zu steigern.
Eine nationale gesetzliche Regelung kann dieses Problem nicht lösen. Die derzeitige völker­rechtliche Regulierung der wirtschaftlichen Aktivitäten von transnationalen Konzernen erfolgt im Interesse der Konzerne selbst und unter deren direkter Beteiligung. Eine Änderung zugunsten nationaler Interessen wird torpediert.
Angesichts der dramatischen Veränderungen in der Welt ist es das Ziel der Konzerne, das System der globalen Ausbeutung aufrecht­zu­erhalten. An ihrer Spitze steht eine Elite von Geschäftsleuten, die sich keinem Staat zugehörig fühlt. Unter ihnen stehen die so genannten entwickelten Nationen der Welt sowie die "goldene Milliarde". Und dann gibt es noch den Rest der Menschheit, der verächtlich als "Dritte Welt" bezeichnet wird.
Nach dieser Logik ist für Russland offenbar nicht der beneidens­werteste Platz in dieser Hierarchie vorgesehen.
Im Westen ist für unser Land kein Platz vorgesehen. Russland verärgert eine Reihe von Weltherrschern, weil es reich an Rohstoffen ist und über ein riesiges Territorium und über intelligente und selbständig denkende Menschen verfügt, die ihr Land, seine Traditionen und seine Geschichte lieben.
Die transnationalen Konzerne sind nervös wegen der Welt­anschauung Russlands und der ideologischen Unterschiede zu den vom westlichen Kapital kontrollierten Ländern. Die Konzerne streben nach Bereicherung und der Entwicklung einer Konsum­gesellschaft. Russland hingegen verteidigt ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen geistigen und moralischen Werten und sozio­ökonomischer Entwicklung.
Daher versuchen die Westler, unser Land zu schwächen, es zu zerstückeln, die russische Sprache und die russische Welt zu zerstören. Sie haben die Technik, ihre Rivalen von innen heraus zu untergraben und in Kleinstaaten zu zersplittern, längst ausgearbeitet. So haben sie schon früher gehandelt, als beispielsweise London am Ende des Ersten Weltkriegs die Imperien zerschlug und in Dutzende von Ländern aufteilte. So handeln sie auch heute. Jugoslawien ist ein eindrucksvolles Beispiel. Der Staat, der auf der internationalen Bühne eine unabhängige Stimme hatte, wurde in sechs Teile geteilt.

Was bedeuten die Ereignisse in der Ukraine?

Ende Dezember wurde der 100. Jahrestag der Gründung der UdSSR begangen. Wie wirkte sich Ihrer Meinung nach der Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 auf die Politik der USA und ihrer Verbündeten aus?
Das hat sie beflügelt. Auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sind fünfzehn neue Völkerrechts­subjekte entstanden. Natürlich kann keiner dieser Staaten, mit Ausnahme der Russischen Föderation, die ihr jahrhunderte­altes internationales Ansehen bewahrt hat, ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist und bei der Verteidigung ihrer nationalen Interessen eine entscheidende Rolle in der Welt spielt, einen vergleichbaren Einfluss wie die UdSSR haben. Darum bleibt es bei den Plänen des Westens, Russland weiter zu zerreißen und schließlich einfach von der politischen Landkarte der Welt zu tilgen. Heute schreien sie immer noch lauthals, dass Russland nicht geeint bleiben darf, sondern in den Rahmen des Moskowitertums des 15. Jahrhunderts gebracht werden muss. Um das zu erreichen, zögern sie nicht, alles zu tun, einschließlich der Erfindung einer völlig unwahren Geschichte unseres Landes, indem sie ihm die Verantwortung für die Unterdrückung anderer Völker zuschieben, was Russland nie getan hat.
Die gesamte Geschichte der Ukraine wurde in Washington erdacht, um die Technik der Teilung und des Gegen­ein­ander­aus­spielens eines einigen Volkes auszuarbeiten. Millionen von Menschen ist es verboten, ihre russische Muttersprache zu sprechen, was sie zwingt, ihre Herkunft zu vergessen. Um seine Ambitionen zu befriedigen, vernichtet der Westen praktisch das ukrainische Volk, zwingt die aktive Generation, auf dem Schlachtfeld zu sterben, und treibt den Rest der Bevölkerung in die Armut.
"Wir befinden uns nicht im Krieg mit der Ukraine, weil wir die einfachen Ukrainer per Definition nicht hassen können. Die ukrainischen Traditionen sind den Menschen in Russland nahe, ebenso wie das Erbe des russischen Volkes untrennbar mit der ukrainischen Kultur verbunden ist." - Nikolai Patruschew
Bei den Ereignissen in der Ukraine handelt es sich nicht um einen Zusammenstoß zwischen Moskau und Kiew, sondern um eine militärische Konfrontation zwischen der NATO und vor allem den USA und Großbritannien mit Russland. Aus Angst vor direktem Kontakt treiben die NATO-Ausbilder ukrainische Jugendliche in den sicheren Tod. Mit der Militäroperation befreit Russland seine Regionen von der Besatzung und muss dem blutigen Versuch des Westens, das ukrainische Brudervolk zu vernichten, ein Ende setzen.
Aber in der Welt wird Russland im Gegenteil beschuldigt, ukrainisches Territorium zu erobern und die ukrainische Infrastruktur anzugreifen...
Wir befinden uns nicht im Krieg mit der Ukraine, weil wir die einfachen Ukrainer per Definition nicht hassen können. Die ukrainischen Traditionen sind den Menschen in Russland nahe, ebenso wie das Erbe des russischen Volkes untrennbar mit der ukrainischen Kultur verbunden ist. Beachten Sie, dass die ukrainische Sprache als eine der Amtssprachen auf der Krim erhalten bleibt. In vielen Städten gibt es weiterhin ukrainische Kultur­zentren und ukrainische Gesangs- und Tanz­gruppen. Im Süden des Fernen Ostens betrachtet eine große Zahl von Bewohnern aufgrund des hohen Anteils von Einwanderern aus der Stolypin-Ära die Kultur des ukrainischen Volkes als ihre eigene.
Und je eher die Bürger der Ukraine erkennen, dass der Westen durch ihre Hand gegen Russland kämpft, desto mehr Menschenleben werden gerettet. Viele sind sich dessen längst bewusst, scheuen sich aber aus Angst vor Repressalien, es zu sagen. Es liegt nicht in den Plänen des Westens, das Leben von Menschen auf Kosten der eigenen Bereicherung und anderer Ambitionen zu retten. Gleichzeitig geben sich Amerikaner, Briten und andere Europäer oft der Illusion hin, sie würden die Zivilisation vor der Barbarei schützen.
Spielen Sie auf die Ereignisse in Afghanistan an, wo die USA dem Terrorismus den Krieg erklärt und sich dann ziemlich schmachvoll zurückzogen haben?
Nicht nur in Afghanistan, sondern auch in anderen Regionen. Sie selbst habe Terror­organisationen wie al-Qaida, die Taliban-Bewegung oder den IS gegründet, um ihre Ziele zu erreichen, und sie dann selbst bekämpft. Durch spektakuläre Liquidierungen von Terroristen­führern wie Osama bin Laden wurden hundert neue Terroristen ausgebildet und bewaffnet.
"Die neonazistischen Verbrecher, die in den letzten Jahren in der Ukraine gewütet haben, werden unweigerlich bestraft werden." - Nikolai Patruschew
Die US-Präsenz in Afghanistan hat sich nicht als Kampf gegen den Terrorismus erwiesen, sondern als Schaffung von millionen­schweren Korruptions­systemen und sie hat zu einer Vervielfachung der Drogen­produktion geführt. Der plötzliche Rückzug der Amerikaner aus dem Land hatte, wie sich heraus­stellte, viel damit zu tun, dass sie sich auf die Ukraine konzentrierten, wo die Vorbereitung des Kiewer Marionetten­regimes auf offensive anti-russische Aktionen nach ihrer Einschätzung erfolgreich verlief. Das hat übrigens auch US-Außenminister Blinken bestätigt, der sagte, wenn das US-Militär Afghanistan nicht verlassen hätte, wäre Washington nicht in der Lage gewesen, so viel Geld für die Ukraine bereitzustellen. Darüber hinaus wurde ein Teil der von afghanischem Boden abgezogenen Ausrüstung nach Europa, vor allem nach Polen, verbracht, wodurch die Europäer die Möglichkeit hatten, das Kiewer Regime zu militarisieren.
Am 24. Februar letzten Jahres nannte Russland als Ziele der Militär­operation die "Entmilitarisierung" und "Entnazifizierung" der Ukraine. Sind Sie immer noch sicher, dass diese Ziele erreicht werden können?
Die neonazistischen Verbrecher, die in den letzten Jahren in der Ukraine gewütet haben, werden unweigerlich bestraft werden. Es ist jedoch möglich, dass die abscheulichsten von ihren Kuratoren gerettet werden, um in anderen Ländern eingesetzt zu werden, unter anderem für die Organisation von Staats­streichen und subversiven Aufgaben.
Dieses Schema wurde in der Zeit der Niederlage von Nazi-Deutschland ausgearbeitet. Nach 1945 berichteten die Amerikaner, die Briten und die von ihnen kontrollierten westdeutschen Behörden über die Entnazifizierung ihrer Besatzungszone in Deutschland, während vor Strafe bewahrte Nazis für den Aufbau der deutschen Streitkräfte und des amerikanischen und britischen Geheimdienst­netzes verwendet wurden, einschließlich für verdeckte Operationen gegen Länder des sozialistischen Lagers.
Die CIA, die bis 1948 den Namen U.S. Office of Strategic Services trug, nutzte aktiv ehemalige Mitarbeiter der Abwehr und des Reichs­sicherheits­hauptamtes, um die neuen deutschen Nachrichtendienste aufzubauen.
In den Nachkriegsjahren beteiligten die Amerikaner Nazi-Verbrecher aktiv an der Entwicklung neuer Waffen, einschließlich Massen­vernichtungs­waffen und ihrer Trägersysteme. Das Gleiche gilt für den amerikanischen Einsatz japanischer Kriegsverbrecher, die chemische und bakteriologische Waffen entwickelt und eingesetzt hatten.
"Russland ist finanzielle Unabhängigkeit wichtig, ebenso wie seine technologische Souveränität. Wir haben selbst genug Lomonosows und Kulibins. Das Problem ist, sie rechtzeitig zu erkennen." - Nikolai Patruschew

"Das Potenzial der Menschheit ist noch lange nicht ausgeschöpft"

Kommen wir zurück zum Thema des Einflusses der transnationalen Konzerne auf die Politik der verschiedenen Länder. Sie sagen, dass er fast grenzenlos ist. Welche Methoden haben die transnationalen Konzernen Ihrer Meinung nach im Arsenal?
Diese Methoden sind die zynischsten. Einige von ihnen sind Experimente mit gefährlichen Krankheits­erregern und Viren in militär-biologischen Labors, die vom Pentagon geführt werden. Sie betreiben schamlos die moralische und sittliche Zersetzung der Gesellschaft. Der Westen hat die Menschen durch Massen­propaganda gehirn­gewaschen und zielt nun darauf ab, kognitive Waffen einzusetzen und jeden Menschen mit Hilfe von Informations­technologien und neuro­psychologischen Methoden zu beeinflussen. Er setzt neoliberale und andere Werte durch, von denen einige per Definition der menschlichen Natur widersprechen. Sie handeln bewusst und machen in ihren Kreisen keinen Hehl daraus, dass die LGBT-Agenda ein Instrument ist, um die Zahl der "überflüssigen Menschen", die nicht in die sprichwörtliche "goldene Milliarde" passen, schrittweise zu reduzieren. Gestern wurden gentechnisch veränderte Organismen beworben, ohne sich um die gesundheitlichen Folgen solcher Produkte zu kümmern, heute werden Frauen zur Unterstützung des Kampfes gegen den Klimawandel aufgefordert, keine Kinder zu bekommen. Die Wissenschaft aus Übersee schlägt vor, die Menschen nach der Menge des CO2 zu beurteilen, die sie hinterlassen. Sie messen und zählen die Menschheit auf dieselbe Weise, wie Nazi-Wissen­schaftler einst Schädel vermessen haben, um Kriterien für die Unterscheidung zwischen "höher­wertigen" und "minder­wertigen Rassen" zu finden.
Sie zeichnen ein ziemlich düsteres Bild. Gerade so, als stünde das Ende der Menschheit unmittelbar bevor...
Das Potenzial der Menschheit ist noch lange nicht ausgeschöpft. Es gibt Strukturen, die aufgefordert sind, diese Situation positiv zu beeinflusse. Das sind die UNO und der UN-Sicherheitsrat. Organisationen wie Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, BRICS, ASEAN[wp] und andere gewinnen immer mehr an Popularität. Der Westen ist jedoch nicht daran interessiert, dass sie effektiv arbeiten. Die Angelsachsen versuchen, der Weltgemeinschaft die Idee aufzuzwingen, dass diese Institutionen sich überlebt hätten und dass es notwendig sei, nach den von ihnen erfundenen Regeln zu leben. Staaten, die mit ihrer Hegemonie nicht einverstanden sind, werden als "Schurken­staaten", "terroristische Staaten" oder Staaten, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen, abgestempelt. Dabei bemerken die westlichen Länder nicht, dass sie selbst allmählich in der Unterzahl sind, weil die Welt der von ihnen benutzten Strategie der Bedrohung überdrüssig ist.

Die Kraft liegt in den Menschen

Wie will die russische Führung ihre Strategie mit den oben genannten Herausforderungen in Einklang bringen?
Unser Land geht den Weg, eine starke, moderne und unabhängige Wirtschaft aufzubauen, um wirtschaftliche Souveränität zu erlangen. Russland hat dafür alle Ressourcen. Wir brauchen eine Kultur für den Umgang mit ihnen, einen sorgfältigen und verantwortlichen Umgang mit unseren Schätzen - nicht nur mit Schätzen der Natur, sondern auch mit den immateriellen Schätzen. Die russische Wirtschaft muss national ausgerichtet sein. Sowohl das private Kapital als auch die Regierung sollten an die langfristige Entwicklung des Landes denken.
Russland ist finanzielle Unabhängigkeit wichtig, ebenso wie seine technologische Souveränität. Wir haben selbst genug Lomonosows und Kulibins. Das Problem ist, sie rechtzeitig zu erkennen. Wir sollten nicht nur Wissenschaft und Bildung entwickeln, sondern einen echten Kult um den Wissenschaftler, den Ingenieur, den Arbeiter wiederbeleben. Die junge Generation sollte sich von der Idee der kreativen Arbeit zum Wohle unserer Heimat inspirieren lassen und nicht in den Büros westlicher Konzerne sitzen.
Die unzerstörbare Stärke Russlands liegt in unseren fleißigen Menschen, deren Vorteil unter anderem in ihren unterschiedlichen Sichtweisen, in ihrer Multi­ethnizität und Multi­konfessionalität liegt. Es ist wichtig zu verstehen, dass wir eine einzigartige und unverwechselbare Kultur haben, dass Russland nicht Europa oder Asien, und schon gar nicht "anti-westlich" ist. Darin unterscheiden wir uns übrigens grundlegend. Für einen Russen kann Hass per Definition kein einigendes Element sein. Nur die Westler, die uns offen als Gegner bezeichnen, sind voller Hass. Aber man sollte sie an ihre erfolglosen Militär­operationen in Vietnam, Afghanistan und anderen Ländern erinnern... Für uns ist es angesichts der neuen militärischen Bedrohungen wichtig, über solche Streitkräfte und Geheimdienste zu verfügen, dass Russlands Gegner gar nicht erst auf die Idee kommen, sie könnten gegen uns kämpfen.»[26]
– Anti-Spiegel[27]

Berichterstattung

Wladimir Wladimirowitsch Putin

Sergei Wiktorowitsch Lawrow

  • Thomas Röper: Was deutsche Medien über Lawrows Auftritt im UN-Sicherheitsrat nicht berichten, Anti-Spiegel am 1. Mai 2023
    Anreißer: Russland hat derzeit den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat und der russische Außenminister Lawrow hat dort letzte Woche eine Sitzung geleitet, über die westliche vieles nicht berichtet haben.
  • Lawrow: Der Westen ist gescheitert auf Odysee am 29. April 2023, 2:15 Min.
  • Rainer Rupp: Fulminanter Auftritt Lawrows vor dem UNO-Sicherheitsrat auf Apolut am 28. April 2023, 19:11 Min.
  • Lawrow zur westlichen Diplomatie: "Es ist falsch, sich über andere zu erheben", Odysee am 26. April 2023, 3:02 Min
    Transkript: "Ich werde nicht für Hoffnungen und Erwartungen bezahlt. Wir haben konkrete Aufgaben zu lösen. Sie bestehen vor allem darin, die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten und das ukrainische Regime daran zu hindern, die Russen, die seit Jahrhunderten in unserer Nachbarschaft leben, zu diskriminieren und - auch physisch - zu vernichten, wie es seine offiziellen Vertreter erklären. Wir müssen nur daran arbeiten, unsere gesetzlichen Rechte wahrzunehmen. Das muss man ehrlich tun und seine Beweggründe erklären. Das haben wir in Bezug auf unser Vorgehen bei der militärischen Sonder­operation getan. Und wir möchten im Gegenzug von unseren westlichen Kollegen wissen, welche Ziele sie in Irak, in Libyen und anderswo verfolgen, wo sie versuchen, in irgendeiner Form aktiv zu sein. Wir müssen optimistisch bleiben. Das ist unvermeidlich, auch wenn man sagt, dass ein Pessimist ein gut informierter Optimist ist. Es bleibt zu hoffen, dass sich der Wunsch zur Bündelung der Kräfte und die Einsicht durchsetzen werden, dass die Einteilung der Weltgemeinschaft in 'eine Milliarde' und 'sieben Milliarden' falsch ist. Es ist auch falsch, sich über andere zu erheben, ganz gleich, welche aristokratischen Traditionen von Herrschaft und anderen erhabenen Titeln dies rechtfertigen mögen. Wir leben auf ein und derselben Erde. Jetzt ist von einem Dritten Weltkrieg die Rede. Wer braucht den schon? Aber offenbar ist jemand bereit, bis zum Letzten zu gehen. Um nochmal den Satz zu zitieren: 'Wenn die Ukraine Russland besiegt, verhindern wir den Dritten Weltkrieg.' Das ist so ein einfaches 'Ding', das wir bisher ein normales Fachgespräch zwischen verantwortlichen Polikern ersetzt. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Sie ist wirklich wichtig."
  • Thomas Röper: Lateinamerika: Lawrows Besuch im "Hinterhof" der USA, Anti-Spiegel am 24. April 2023
    Anreißer: Der russische Außenminister Lawrow war in Lateinamerika unterwegs, wo er mit offenen Armen empfangen wurde, was in Washington für großen Unmut gesorgt hat.
  • Youtube-link-icon.svg Lawrow über die USA und die Doppelstandards des Westens - Russische Welt TV (6. Februar 2023) (Länge: 3:48 Min.)
    Auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem irakischen Kollegen, spricht Russlands Außenminister Sergej Lawrow über die Kriegsverbrechen der USA, unter anderem im Irak und Libyen, und die Doppelstandards des Westens.
  • Youtube-link-icon.svg Lawrow spricht darüber, wann das alles endlich aufhört - Russische Welt TV (3. Februar 2023) (Länge: 3:38 Min.)

Michael Gorbatschow

  • Youtube-link-icon.svg Interview: Michael Gorbatschow über Putin, die Deutschen und Amerika (14. Januar 2015) (Länge: 3:50 Min.)
    Michail Gorbatschow gilt als Totengräber der Sowjetunion. Im Westen wird er dafür gefeiert, in Russland gehasst, doch beides wird ihm nicht gerecht. Die SPIEGEL-Redakteure Britta Sandberg und Matthias Schepp haben ihn zum Interview getroffen.

Russische Präsidenten

Russische Armee

Russisches Museum

Nahe der russischen Stadt Rostow am Don[wp] gibt es das Militärhistorische Museum am Don, das eine ansehnliche Sammlung von Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg hat, darunter auch fast alle deutschen Panzertypen des Krieges. Der Direktor des Museums hat nun einen offenen Brief an den deutschen Botschafter in Moskau geschrieben und ihn darin um die Übergabe eines der Leopard-2[wp]-Panzer, die für die Ukraine bestimmt sind, für seine Sammlung gebeten, weil das billiger sei, als einen ausgebrannten Leoparden ins Museum zu bringen und zu restaurieren. Ich habe den - ironisch formulierten - offenen Brief, über den auch im russischen Fernsehen berichtet wurde, übersetzt.
Zitat: «An den außerordentlichen bevollmächtigten Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Russischen Föderation

Herr Géza Andreas von Geyr

Mosfilmowskaja-Straße 56, Moskau

Sehr geehrter Herr von Geyr!

Wir haben festgestellt, dass viele deutsche Bürger, während in Russland der Tag der Vaterlands­verteidiger groß gefeiert wurde, ein unerwartetes Interesse an russischen Panzer­fahrzeugen gezeigt haben. In den Nachrichten sahen wir Berliner, die Blumen an dem vor der russischen Botschaft in Deutschland ausgestellten T-72[wp]-Panzer niederlegten.

Wir können den Gefühlsausbrüchen der deutschen Bevölkerung nicht gleichgültig gegen­über­stehen und laden Sie, Herr Botschafter, alle Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Moskau und deren Familien­mitglieder offiziell zu einem Besuch des Militär­historischen Museums am Don in der Uchkhozovsky Gasse 8, Dorf Nedvigovka, Gebiet Rostow, ein, wo Sie Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge des Zweiten Weltkriegs sehen und sogar mit ihnen fahren können.

Wir freuen uns darauf, mit Ihnen eine sehr interessante Führung zu veranstalten, denn an unserem Ort kämpften Soldaten und Offiziere der SS-Panzerdivisionen "Wiking"[wp], "Leibstandarte Adolf Hitler"[wp], "Das Reich" und "Totenkopf", die für immer im Land des Don verlassen und vergessen wurden. Zu unseren Exponaten gehören ein schwerer deutscher T-6-Panzer[wp] "Tiger", ein mittlerer T-3-Panzer[wp] und ein leichter T-2D-Panzer[wp], die von unseren Vätern und Großvätern in den Kämpfen gegen die Nazi-Invasoren an der Mius-Front als Trophäen erobert wurden. Wir können Ausflüge zu Orten organisieren, an denen die Nazis noch immer zu Tausenden in Gräben und mit Gras über­wucherten Kratern liegen.

Wir haben die Ehre, 50 offizielle Einladungs­karten für die Mitarbeiter der Botschaft der BRD in Moskau beizulegen und sind bereit, bei Bedarf dauerhaft Führungen für deutsche Diplomaten in unserem Museum anzubieten.

Im Gegenzug bitten wir Sie, uns als Geste des guten Willens mindestens einen funktionstüchtigen "Leopard"-Panzer aus den Beständen zu schicken, die Ihre Regierung dem neonazistischen ukrainischen Regime zur Verfügung gestellt hat. Es ist nämlich sehr kostspielig, einen ausgebrannten "Leopard" von der Front anzuliefern und zu restaurieren, damit unsere Besucher darin sitzen, Fotos machen und sogar damit herumfahren können. Auf dem Gelände des Militär­historischen Museums am Don ist bereits ein Platz für das "Leopard"-Exponat ausgewiesen!

Mit freundlichen Grüßen,

Direktor
I.Y. Streljajew, Direktor des Militärhistorischen Museums am Don»

– Anti-Spiegel[28]

Krieg und Frieden

Zitat: «Im historischen Gedächtnis der Russen sind die beiden Angriffe aus Europa, die Russland vernichten sollten, fest verankert. Napoleons Versuch im Jahre 1812 endete damit, dass russische Truppen ihre Siegesparade in Paris abgehalten haben, und wie Hitlers Versuch endete, ist ebenfalls bekannt. Russland hat nie einen Krieg gegen Europa begonnen, aber Europa hat schon zwei Mal Kriege gegen Russland begonnen.» - Anti-Spiegel[29]
Zitat: «
Rotarmist hisst Sowjetflagge in Berlin.
Deutsche Übersetzung
Es wird nicht das erste Mal sein, dass Russland den Nazismus in Europa besiegt. #StandWithRussia
Englisches Original
It won't be the first time that Russia defeats Nazism in Europe. #StandWithRussia

» - FriendOfRussia[30]

Stellvertreterkrieg in der Ukraine

Zitat: «Dass Russland gerade in der Ukraine einige Schwierigkeiten hat, ist offensichtlich und unbestreitbar. Dass die Situation dem Westen und der NATO Vorteile bringt, ist aber alles andere als sicher. Viel eher endet der Krieg in einem Fiasko für beide Seiten. Wir haben sicher nichts zu gewinnen.

Russland hat den Krieg von Anfang an dummerweise als vorsichtige "Militäraktion" quasi nebenbei geführt. Die russische Armee war kaum beteiligt. Es wurden Freiwillige, auch Senioren bis ins höhere Alter, angestellt, die einen für Russland hohen Monatssold von um die 700 Euro erhielten.

Zwangsverpflichtet wurden natürlich Männer der jetzt annektierten (sic![anm 1]) Volksrepubliken, die für ihre Heimat kämpfen sollten, dazu kamen motivierte Freiwillige, etwa aus Tschetschenien, und ein paar Spezialisten.

Dementsprechend verlief der russische Angriff ziemlich schleppend, oft nur ein paar Meter pro Tag Geländegewinn, aber er war vorsichtig und kostete vergleichsweise wenig Verluste, was auf der ukrainischen Seite nicht so war. Die ukrainischen Truppen sollten nämlich schneller angreifen und Erfolge vorzeigen. Sie waren aber - von den Asow-Brigaden abgesehen - oft auch nicht motiviert genug, und der "Krieg" zog sich die ersten Monate hin.

Das änderte sich aber langsam, als die Ukraine vom Westen immer mehr mit neuen, vielen Milliarden teuren Waffen aller Art, modernster westlicher Satelliten­aufklärung, Schnell­ausbildung von Spezialisten, und allem, was die NATO auf Lager hatte, unterstützt wurde. Auch kommen wieder massenweise Söldner aus dem Westen, die monatlich 5000 Euro und mehr kriegen.

Kurzum: die Ukraine gewinnt Land und kann die schwach und unprofessionell befestigten Territorien der russischen Hilfskräfte wieder zurückerobern. Putin und die russische Armee mussten darum Reservisten einberufen.

Diese 300.000 anvisierten Soldaten sind keineswegs Neulinge, wie hier im Westen gelogen wird, sondern alles gediente Soldaten, die aber jetzt trainiert und auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, bevor sie an die Front kommen - und das kann dauern.

Nun hat Russland östliche Teile der Ukraine annektiert und zu russischem Staatsgebiet erklärt, die es teilweise gar nicht erobert und besetzt hat und sogar verliert. Wie soll das gehen? Soll die Annektion zum Kampf aufrufen? [...]

Putin ist unangefochten. Er wird nur von Leuten angegriffen, die mehr und härteren Krieg wollen, die endlich durchgreifen und Erfolge sehen möchten. Irgendjemand, der Putin absetzen und Frieden will, ist nirgends in aussichtsreicher Position. Wie denn auch?

Diejenigen Russen, die immer noch nicht gemerkt haben, dass sie vom Westen als Ratten und Ungeziefer angesehen und als rechtlose Aussätzige behandelt werden, sollten sie verlieren, sind Gottseidank politisch bedeutungslos.

Die Frage ist also, was kommt als Nächstes? Putin und der Kreml dürfen nicht verlieren. Es wäre das Ende Russlands. Das wissen die Russen.»[31]

Zitat: «Für den Westen ist Russland ein Objekt des Neids und der Begierde. Schließlich haben sie immer auf Kosten von Kolonien gelebt und eine Weltordnung zu ihrem Vorteil geschaffen. Jetzt, wo es einfach keine Rohstoffe mehr gibt, um den früheren Lebensstandard der "goldenen Milliarde" aufrecht­zu­erhalten, wird Russland als Quelle für diese Rohstoffe gebraucht. Bildlich gesprochen, wollen sie uns fressen. Die Existenz Russlands selbst ist in der Logik des Westens nicht vorgesehen. Deshalb kämpfen sie nicht mehr für die Ukraine, sondern gegen Russland. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat das sogar ausdrücklich gesagt: "Wir müssen mehr tun, um die Ukraine zu verteidigen, wir müssen mehr tun, was die Panzer betrifft. Aber das Wichtigste und Entscheidendste ist, dass wir es gemeinsam tun und nicht mit Schuld­zuweisungen in Europa spielen, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander." [...]

Der Westen liefert der Ukraine immer mehr und immer ausgefeiltere und schwerere Waffentypen. Da ist nur ein Problem: die Ukrainer gehen aus. Die Mobilisierung findet dort seit langem unter Zwang statt - sie greifen sich jeden, den sie auf der Straße erwischen. Trotzdem gibt es immer noch keine Fortschritte an der Front.

Aber der Westen hat beschlossen hat, dass er nicht verlieren kann. Wie soll die "goldene Milliarde" ohne die Rohstoffe leben, die jetzt Russland hat? Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, die eigenen Armeen an die Front zu schicken. Man könnte zum Beispiel mit den Polen beginnen, die am arrogantesten sind und den geringsten Wert haben. Man verspricht ihnen natürlich Unterstützung und ihren Anteil an der Beute. [...]»[32]

Ukraine-Krieg und Asyl

"Der Spiegel" veröffentlicht in seiner aktuellen Ausgabe Timofey Neshitovs Artikel "Hier sprechen die Männer, die von Putins Armee desertiert sind". Der Artikel ist lesenswert, steht online aber hinter einer Bezahlschranke und ist vor allem durch die Interview­passagen enorm umfangreich. Ich zitiere hier Auszüge des Artikels, einmal zur Art der Rekrutierung von Soldaten für den Überfall auf die Ukraine und dann zu den Möglichkeiten von Deserteuren, dem Krieg zu entkommen:

Zur Rekrutierung berichtet einer der Intervietwen:

Zitat: «"Keiner sagte uns, wir schicken euch in den Krieg. Sie sagten, ihr werdet für drei, vielleicht fünf Tage in die Ukraine versetzt, die meisten von euch werden es nicht merken. Mein Vertrag wäre im Sommer 2023 ausgelaufen. Ich hatte Schiss, sie stecken mich vorher in den Knast. Wir alle hatten mehr Angst vor unseren Kommandeuren als vor den Ukrainern."

Auch der Funker versuchte bereits vor der Invasion zu kündigen, im November 2021 und im Januar 2022. Er hat noch eine Kopie seines letzten Kündigungs­schreibens: sechs handgeschriebene Zeilen, Datum, Unterschrift. Er weigere sich, steht darin, auf die Krim versetzt zu werden, er strebe einen Berufswechsel an. Er habe das Schreiben seinem Kommandeur auf den Tisch gelegt. Der habe einen Stift genommen und einen großen Penis darauf gezeichnet. "Er sagte, er werde mir ins Knie schießen, wenn ich ihn wieder mit so was belästige."»[33]

Zu den Chancen der Deserteure auf Flucht heißt es in dem Beitrag:

Zitat: «Als Putin im vergangenen September eine Mobilmachung anordnete, veränderte sich der Blick auf die russische Armee. Politiker in Europa und den USA legten russischen Deserteuren nahe, in den Westen zu flüchten. Es klang nach einer humanitären Geste - und auch nach Kalkül: Wer nicht kämpft, tötet nicht.

Nur wenige russische Offiziere haben es seitdem in den Westen geschafft. Die meisten sind in den ehemaligen Sowjet­republiken Kasachstan, Kirgisistan und Armenien untergetaucht, in Ländern, die Auslieferungsverträge mit Russland haben. Sie bekommen keine humanitären Visa, keine Asylpapiere. Anders als die meisten Wehrpflichtigen, die massenweise vor der Einberufung fliehen, sind Berufssoldaten mehr als Kanonenfutter. Sie wissen, wie man im Krieg tötet.

(...) Berufsoffiziere werden an Militärakademien ausgebildet. Bei dieser Recherche traf ich mehrere von ihnen in Kasachstan. Sie wurden Teil dieser Armee, weil sie sich nach einer Vaterfigur sehnten, nach sicherem Einkommen, nach Macht und Abenteuer. Später beschlossen sie zu fliehen, weil sie Angst um ihr Leben hatten und weil sie nicht in einem Angriffskrieg töten wollten. Sie wollen vor internationalen Ermittlern über Kriegsverbrechen in der Ukraine aussagen. Sie selbst seien keine Kriegsverbrecher, sagen sie, aber sie seien Zeugen geworden von Morden, Plünderungen, Vergewaltigungen.

(...) Einmal habe er es reingeschafft, sagt der Funker, in die Deutsche Botschaft im Erdgeschoss. Er habe sich einen Termin geben lassen, als hätte er einen Reisepass und einen Arbeitsvertrag mit einer deutschen Firma. "Ich wollte nur mit jemandem persönlich sprechen, ich dachte, vielleicht hilft das, wenn sie mir ins Gesicht sehen."

Der Funker hat eine Google-Docs-Tabelle erstellt mit allen Botschaften, Hilfs­organisationen und Stiftungen, an die er sich seit seiner Ankunft gewandt habe: Datum, Kontaktperson, Antwort. Ende März hat die Tabelle 29 Einträge. Der häufigste Satz in der Spalte "Antwort" lautet "Keine Antwort".

Er habe an die Botschaften von Großbritannien, Kanada, Frankreich, Schweden, der Schweiz geschrieben. Er habe es bei Pro Asyl[wp] versucht, bei Amnesty International[wp], bei Human Rights First[wp]. Er habe die Friedrich-Ebert-Stiftung kontaktiert, die Konrad-Adenauer-Stiftung, das Rote Kreuz.

Als er im vergangenen September in Kasachstan ankam, schrieb er als Erstes eine Mail an Karine Jean-Pierre, Sprecherin des Weißen Hauses, sie hatte in einer Pressekonferenz gesagt: "Es gibt Leute in Russland, die nicht in Putins Krieg kämpfen wollen, die nicht dafür sterben wollen ... Ungeachtet ihrer Nationalität können sie in den USA Asyl beantragen."

"Liebe Karine Jean-Pierre", schrieb ihr der Funker. "Ich bin in einen Teufelskreis geraten." Für einen Asylantrag benötige er die Empfehlung einer US-Botschaft, in der Botschaft habe man ihm aber gesagt, sie seien dafür nicht zuständig.

Karine Jean-Pierre antwortete ihm nicht.

Der Funker schickte eine E-Mail an die deutsche Botschaft. Seine Einheit sei immer noch an der Front, er bitte um ein humanitäres Visum. Am nächsten Tag bekam er eine Antwort ohne Signatur.

"Guten Tag. Danke, dass Sie sich an uns wenden. Ein Visum aus humanitären Gründen wird einem engen Personenkreis gewährt (in der Regel Oppositions­politikern und Journalisten, oder aktiven Personen des öffentlichen Lebens). In diesem Fall benötigen wir dokumentarische Belege Ihrer aktiven Tätigkeit gegen den Krieg sowie Beweise, dass Sie von den russischen Behörden bedroht werden (welche Unterlagen dazu gehören, können wir Ihnen konkret nicht sagen). Außerdem müssen Sie Ihre Verbindungen nach Deutschland belegen." Er könne auch Asyl beantragen, teilte ihm die Botschaft mit. Allerdings müsse er sich dafür in Deutschland befinden, das nenne sich "Territorialitäts­prinzip".

Im November habe er sich einen gefälschten Pass besorgt, sagt der Funker, im Darknet, für 2500 Euro. Damit habe er versucht, nach Europa zu fliehen, wenige Tage, bevor die Russen ihn international zur Fahndung ausschrieben. Er habe ein Ticket nach Belgrad gekauft, mit Zwischenlandung in Frankfurt. "Ich kann auf Deutsch drei Wörter: 'Ich heiße' und 'Asyl'." Doch am Schalter von Air Astana habe man ihm keine Bordkarte ausgestellt. Bereits 40 Russen hätten auf diese Weise Asyl in Deutschland beantragt, sagten sie ihm, jetzt sei der Weg zu.»[33]

Genderama[34]

Wirtschaftskrieg gegen Russland

Der Vize-Außenminister der Russischen Föderation Sergei Rjabkow[wp] kündigte an, das russische Vorgehen im Sanktionskrieg werde "kaltblütig" sein. Die Auswirkungen der westlichen Sanktionen schätzte er als "beherrschbar" ein. Der Sanktions- und Wirtschafts­krieg sei unvermeidbar gewesen und hänge in keiner Weise vom russischen Handeln ab. Rjabkow wörtlich:
Zitat: «Wir wussten und wissen, dass wir jederzeit mit einer Bosheit der Amerikaner rechnen müssen. Wir haben uns auf diese Situation, die wir jetzt erleben, vorbereitet. Die Sanktionen hätte es auch ohne die Militär­operation gegeben. Das hat nichts miteinander zu tun. Hätte es keine Sonder­operation gegeben, hätte sich die Lage um die Volksrepubliken Donezk und Lugansk zumindest relativ normalisiert, dann hätten Washington und seine Stellvertreter meiner Meinung nach immer noch einen Vorwand gefunden, um all das (die Sanktionen) einzuführen.»

Von einem Vertrauensverhältnis zwischen Russland und den USA könne keine Rede mehr sein. Man habe im Außen­ministerium nachgezählt: Die Anzahl der Sanktions­wellen der USA gegen Russland habe längst 100 überschritten.

– Apolut[35]
Deutsche Medien berichten in diesen Tagen wieder, Russland sei international isoliert. Das Gegenteil ist der Fall, wie wichtige westliche Thinktanks gerade melden. Aber die Medien verschweigen dem deutschen Publikum das natürlich.

Die UNO-Vollversammlung hat eine Resolution angenommen, die das russische Vorgehen in der Ukraine verurteilt und auf ein Ende der Kämpfe pocht. 141 der 193 Mitglied­staaten haben dafür gestimmt, 32 Mitglied­staaten haben sich enthalten und es gab sieben Nein-Stimmen. Für deutsche Medien wie den Spiegel war das ein Grund, in vielen Artikeln von einer angeblichen internationalen Isolierung Russlands zu sprechen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte dazu:

"Russland ist mit seinem Kriegskurs genauso isoliert wie vor einem Jahr."

Das Problem ist, dass das nicht der Wahrheit entspricht, obwohl das Abstimmungsergebnis das suggeriert. Die Resolution hat nämlich keinerlei bindende Wirkung, weshalb viele Länder aufgrund des Drucks des Westens zwar für die Resolution gestimmt haben, weil sie keinerlei Folgen hat, diese Länder aber, wenn es ernst wird, eine ganz andere Politik machen. Das ist keineswegs russische Propaganda, das haben das European Council on Foreign Relations und die New York Times unabhängig voneinander in diesen Tagen gemeldet. Und beide stehen bekanntlich nicht unter dem Verdacht, russische Propaganda zu betreiben.

"Der geeinte Westen, getrennt vom Rest"

Das European Council on Foreign Relations (ECFR) ist das europäische Gegenstück zum amerikanischen Council on Foreign Relations, es ist eine stramm transatlantische Organisation, die sich schon vor vielen Jahren klar gegen Russland positioniert hat. Umso bemerkenswerter ist, dass das ECFR nun eine Studie veröffentlicht hat, die auf Umfragen zum Ukraine-Konflikt in Großbritannien, den USA, der Türkei, Russland, China, Indien und neun EU-Staaten beruht. Die Studie trägt den Titel "Der geeinte Westen, getrennt vom Rest: Die weltweite öffentliche Meinung ein Jahr nach Russlands Krieg gegen die Ukraine".[36]

Der Titel fasst die Ergebnisse der Studie gut zusammen, denn sie zeigt, dass Russland keineswegs international isoliert ist, im Gegenteil: Der geeinte Westen steht gegen den Rest der Welt. Aber das verschweigen die westlichen, vor allem die deutschen, Medien ihren Lesern und Zuschauern und tun stattdessen so, als denke die ganze Welt so, wie es die USA und ihre Satelliten tun.

Tatsächlich ist das exakte Gegenteil der Fall, denn in den nicht-westlichen Staaten denken die Menschen vollkommen anders über die Ereignisse in der Ukraine. Das verschweigen die deutschen Medien aber und zitieren stattdessen Aussagen der deutschen Außenministerin, ohne dn Lesern mitzuteilen, dass Baerbock in einer Scheinwelt lebt.

Besonders wichtig ist, dass die Studie des ECFR auf andere Kontinente, wie zum Beispiel Afrika, wo Russland sehr große Sympathien genießt, gar nicht eingeht. Das Bild dürfte dann noch deutlicher zeigen, wie sehr der Westen sich international isoliert hat und dass die Staaten, die jetzt für die UNO-Resolution gestimmt haben, das nur aufgrund des immensen Drucks aus dem Westen getan haben, aber in Wahrheit ganz anders darüber denken. Und sie haben auch nur für die Resolution gestimmt, weil sie keinerlei Folgen hat, also im Grunde nur eine Show für die westlichen Medien ist, die damit einmal mehr die Legende von der Isolierung Russlands verbreiten können.

"Der Westen hat versucht, Russland zu isolieren. Hat nicht geklappt"

Noch deutlicher als das ECFR ist die New York Times geworden, deren Artikel zu dem Thema die Überschrift "Der Westen hat versucht, Russland zu isolieren. Hat nicht geklappt" trägt.[37] Der Artikel ist mit sehr informativen Grafiken ausgestattet, die das Problem des Westens anschaulich zeigen. Und der Artikel sagt genau das gleiche, was ich gerade gesagt habe: Die UNO-Resolution täuscht, denn während zwar 141 für die Resolution des Westens gestimmt haben, hat kein einziges Land, das nicht zum kollektiven Westen gehört, Sanktionen gegen Russland verhängt oder der Ukraine Waffen geliefert.

Wie gering die internationale Unterstützung für die anti-russische Politik gegen der USA ist, war mir gar nicht bewusst. Ich habe immer gesagt und geschrieben, dass sich etwa 50 Länder, die von den USA dominiert werden, den anti-russischen Sanktionen angeschlossen haben, dabei sind es weitaus weniger. Lediglich 35 Staaten haben Sanktionen gegen Russland verhängt: Die USA, die 27 EU-Staaten, die Schweiz, Australien, Japan, Norwegen, Großbritannien, Kanada und Albanien.

Und die Sanktionen haben nicht funktioniert, wie die New York Times eingesteht:

Zitat: «Die Sanktionen haben wichtige Importe wie Flugzeug­ersatzteile und Halbleiter für die Elektronik blockiert. Und Hunderte von Unternehmen haben freiwillig ihre Geschäftstätigkeit in Russland eingestellt, so dass sie normale Russen ohne Apple-Händler oder Netflix-Abonnements gelassen haben.

Doch die Sanktionen waren nicht so verheerend, wie der Westen gehofft hatte. Eine Handvoll Länder hat die Lücke gefüllt und die Exporte nach Russland deutlich über das Vorkriegsshy;niveau gesteigert, wie aus den von Silverado Policy Accelerator, einer gemeinnützigen Organisation in Washington, gesammelten Daten hervorgeht. Die Exporte anderer Länder gingen zu Beginn des Krieges zurück, haben sich aber inzwischen wieder erholt.»

Im Klartext bedeutet das, dass die EU den Schaden hat, denn die EU war vor den Sanktionen der größte Handelspartner Russlands, während die USA kaum Handel mit Russland hatten, sie also - anders als die EU - durch die Sanktionen kaum einen wirtschaftlichen Schaden davontragen. Im Gegenteil: Aufgrund der in der EU dank der Sanktionen explodierten Energiepreise werden die USA sogar zum großen Gewinner, denn viele europäische Industrie­unternehmen verlagern ihre Produktion jetzt in die USA, wo Energie viel billiger ist. Außerdem subventionieren die USA die Produktion im eigenen Land mit 369 Milliarden Dollar, die ebenfalls ein Anreiz für europäische Unternehmen sind, in die USA abzuwandern.

Die EU hingegen hat den riesigen russischen Markt quasi verschenkt und andere Länder haben diese Lücke sofort besetzt. Und da die Sanktionen, die faktisch Vertragsbrüche sind, in Russland das Vertrauen zu Europa nachhaltig zerstört haben, dürften die EU-Staaten diese Marktanteile auch dann nicht mehr zurückgewinnen, wenn sie morgen alle Sanktionen aufheben und um Verzeihung bitten würden.

Das zeigt, dass die EU sich selbst enorm geschadet hat, wobei das ganze Ausmaß des Schadens sich erst im Laufe dieses und des nächsten Jahres zeigen wird, während eines nicht passiert ist: Russland ist international nicht isoliert, im Gegenteil, denn der Rest der Welt, der keine Russland-Sanktionen verhängt hat, macht mit Russland Politik und Geschäfte, als wäre nichts gewesen.

Wer hat sich denn nun isoliert?

Die UNO hat 193 Mitgliedsstaaten, aber nur 35 davon haben Sanktionen gegen Russland verhängt. Das bedeutet, dass 158 Staaten keine Sanktionen verhängt haben. Das zeigt, wer sich tatsächlich international isoliert hat. Daran ändern auch die Worte von Baerbock nichts, im Gegenteil, sie macht sich ein weiteres Mal auf internationaler Bühne lächerlich, wenn sie davon spricht, Russland sei isoliert.

Man sieht, dass es nur die Vasallen der USA sind, die den Sanktionskurs - zum eigenen Schaden, aber im Interesse der USA - mittragen. Russische Offizielle haben darauf bereits mehrmals hingewiesen und die europäischen Staaten als "Kolonien" und "Vasallen" der USA bezeichnet. Daher, so haben sie auch gesagt, lohnt es gar nicht, sich mit den Ländern der EU, die ohnehin nur den Willen eines anderen Landes umsetzen, noch zu reden.

Wie das politische Russland heute über Deutschland denkt, zeigte sich im UNO-Sicherheitsrat. Dort durfte Baerbock nach ihrem Auftritt in der UNO-Voll­versammlung auch noch reden, allerdings hat der russische UNO-Botschafter ihr nicht einmal zugehört, sondern hat den Raum verlassen, wie der Spiegel vor Wut schäumend unter der Überschrift "Außenministerin Baerbock im Sicherheitsrat - Und der Russe hört nicht zu" berichtet hat.[38]

Wenn man bedenkt, wie wichtig die Beziehungen zu Deutschland für Russland seit der Ostpolitik von Bundeskanzler Brandt waren, dann zeigt diese Geste des russischen UNO-Botschafters, wie sehr die Bundesregierung die Beziehungen zu Russland zerstört hat. Russland hört nicht einmal mehr aus Höflichkeit zu, wenn die deutsche Außenministerin im UNO-Sicherheitsrat spricht.

– Anti-Spiegel[39]
Für die Behauptung der westlichen Medien, Russland wäre ein wirtschaftlicher Zwerg, gilt die alte Weisheit, dass eine Lüge nicht dadurch wahrer wird, dass man sie ständig wiederholt. Ich habe schon 2019 in einem Artikel die Frage gestellt, ob Russland Deutschland demnächst als fünft­größte Volkswirtschaft überholt.[40] Dank der vollkommen unsinnigen und sogar selbst­mörderischen Wirtschafts­politik der EU und der Bundesregierung, ist das nun geschehen man könnte aus russischer Sicht ironisch sagen: "Danke Robert Habeck, danke Uschi von der Leyen!"[41] [...]

Die aktuellen Zahlen

Das britische Wirtschaftsportal World Economics hat auf der Basis der Daten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank Prognosen für das BIP nach PPP der Staaten für 2022 und auch eine Schätzung bis 2030 veröffentlicht.[42] Da es bis 2030 noch ein weiter Weg ist, wollen wir diese Schätzung vernachlässigen.

Für 2022 hat World Economics errechnet, dass das deutsche BIP 5,01 Milliarden Dollar betragen hat, während Russland mit einem BIP von 5,51 Milliarden Dollar an Deutschland vorbeigezogen ist und nun den fünften Platz der weltweiten Volks­wirtschaften belegt. Übrigens liegt Japan auf Platz vier mit 5,67 Milliarden Dollar nur sehr knapp vor Russland und die Wachstums­prognosen für Japan sind schlechter als die Wachstums­prognosen für Russland. Daher könnte Russland in 2023 auch an Japan vorbeiziehen und zur viert­größten Volkswirtschaft der Welt werden. [...]

– Anti-Spiegel[43]

Wertewesten gegen Russland

Geplante Aufteilung der Russischen Föderation für die Zeit nach Putin

Der Westen bestreitet natürlich, in der Ukraine einen Krieg gegen Russland zu führen, aber dass das trotzdem so ist, zeigen die Rhetorik und die Taten der westlichen Staaten. Sie erklären völlig offen, dass es das Ziel sei, Russland eine "strategische Niederlage" zuzufügen und sogar, dass sie den russischen Staat insgesamt zerschlagen wollen.[44] Das wird mit dem Wort "Dekolonisierung" umschrieben, aber auch ganz offen gesagt, denn gerade erst hat die estnische Minister­präsidentin ganz offen gesagt[45], dass es gut wäre, aus dem heutigen Russland eine ganze Reihe kleinerer Staaten zu machen.

– Anti-Spiegel[46]
In Russland heißt es, dass der US-geführte Westen - nichts weniger plant, als Russland als Staat zu vernichten und das Land in viele kleinere Staaten, die dann für die USA leicht zu dominieren sind, zu zerteilen. Der Grund sind demnach die gigantischen Bodenschätze Russlands, die die USA unter ihre Kontrolle bekommen wollen.

Die US-Regierung verkündet allerdings, dass sie nicht einmal einen Regimechange in Russland als Ziel hat. Dass das unglaubwürdig ist, sieht man schon daran, dass die USA und die EU gleichzeitig verkünden, dass es mit der derzeitigen, von Putin geführten, Regierung keine Rückkehr zu einer normalen Zusammenarbeit geben könne.

– Anti-Spiegel[44]

Destabilisierung Russlands

Nach diversen Terroranschlägen und auch Unruhen in der moslemischen russischen Teilrepublik Dagestan[wp] wächst in der russischen Bevölkerung eine Stimmung, die sich gegen (muslimische) Einwanderer aus ehemaligen Sowjetrepubliken in Asien und den Islam generell wendet. Da es bei den Terroranschlägen und auch den Unruhen in Dagestan eine direkte Spur in die Ukraine gibt, deren Geheimdienste von US-Geheimdiensten ausgebildet wurden[47], liegt der Verdacht nahe, dass die USA daran nicht ganz unschuldig sind.

Die Handschrift der USA

Das passt auch zum erprobten Muster der USA, die in "ungehorsamen" Ländern immer wieder Konflikte zwischen ethnischen oder religiösen Teilen der Gesellschaft schüren, um diese Länder zu destabilisieren. Ein klassisches, aber bei weitem nicht das einzige Beispiel ist Syrien, wo die USA genau das getan haben. Syrien war vor dem Krieg ein säkulärer Staat und der einzige Staat im Nahen Osten, wo Moslems, Christen und Juden gleichberechtigt und friedlich zusammengelebt haben. Um Assad[wp] zu stürzen, haben die USA auf radikale Islamisten gesetzt und diese im Zuge der von deutschen Medien bis heute weitgehend verschwiegenen CIA-Aktion "Timber Sycamore"[wp] bewaffnet[48] und so den Krieg in Syrien ausgelöst, um Assad zu stürzen.

Daher dürfte es kein Zufall sein, dass die von den USA de facto geleiteten ukrainischen Geheimdienste auf Islamisten setzen, wenn sie in Russland Unruhen oder Terroranschläge inszenieren. Das Ziel ist nicht nur der Terror selbst, sondern das Ziel dahinter ist es, in Russland anti-muslimische Stimmungen zu schüren, die den Vielvölkerstaat Russland, in dem alle Weltreligionen friedlich zusammenleben und wo der Anteil von Moslems landesweit bei über 20 Prozent liegt, zu destabilisieren.

Der Vielvölkerstaat Russland

Die russische Regierung tut viel dafür, dass alle weit über 100 Ethnien in Russland ihre Kultur und Sprache bewahren und ihre Religion frei auslegen können. Jede Art von Handlungen, die Rassismus oder religiösen Hass schüren könnten, sind in Russland streng verboten. Deswegen wurden beispielsweise die Mitglieder von Pussy Riot zu Haftstrafen verurteilt, denn sie haben ihren Anti-Putin-Auftritt auf dem Altar der wichtigsten russischen Kirche veranstaltet, was die Gefühle gläubiger Christen beleidigt hat. Hätten sie das in einem Park getan, wäre ihnen nichts passiert. Und aus diesem Grund sind auch die Zeugen Jehovas in Russland verboten, weil sie bei ihren Versuchen, Menschen von ihrer Sekte zu überzeugen, andere Religionen schlecht machen.

Da sich die in Russland wachsende anti-muslimische Stimmung pauschal gegen alle muslimisch aussehenden Südländer richtet, sind davon nicht nur Migranten betroffen, sondern auch russische Staatsbürger aus beispielsweise kaukasischen Gebieten wie Dagestan, wo das wiederum die kleine Minderheit radikaler Islamisten gegen Russland aufbringt.

Für Russland als Staat kann das sehr gefährlich werden, was den USA und der Ukraine natürlich nur recht sein kann. Aber es ist für Russland auch außenpolitisch gefährlich, denn wenn die russische Regierung dieser Stimmung nachgibt und zum Beispiel die Migration aus ehemaligen Sowjetrepubliken einschränkt, in denen die Überweisungen ihrer in Russland lebenden und arbeitenden Landsleute oft einen wichtigen Teil zur Wirtschaftskraft beisteuern, könnte das in diesen Ländern zu anti-russischen Tendenzen führen, die die USA sofort nutzen würden, um dort Fuß zu fassen und Russlands Einfluss in den GUS-Staaten zurückzudrängen. Über diese Pläne wird in den USA ja offen gesprochen.

"Islamistische" Anschläge in Russland

Der im Westen bekannteste Terroranschlag in Russland war der Angriff auf die Crocus-City-Hall[wp] mit Dutzenden Toten. Begangen wurde der Anschlag von Migranten aus Tadschikistan, die in sozialen Netzwerken angeworben wurden und dem radikalen Islamismus angehören. Ob sie dem IS angehören, wie der Westen behauptet, ist zweitrangig, denn dass sie Verbindungen in die Ukraine hatten und nach der Tat dahin fliehen wollten, ist eindeutig.[49]

Und dass britische und US-amerikanische Geheimdienste den IS geschaffen und ihn immer wieder für ihre Ziele eingesetzt haben, ist zwar im Westen kaum jemandem bekannt, aber trotzdem wahr.[50] Daher kann der IS dabei eine Rolle gespielt haben, aber der IS kann ohne die ukrainischen Geheimdienste keine Fluchtroute über die russisch-ukrainische Grenze organisieren, die die Terroristen bei ihrer Flucht nutzen wollten. Dass die Ukraine (und damit letztlich die USA) hinter dem Terroranschlag stehen, ist daher recht eindeutig.

Gleiches gilt für die Unruhen, die es in letzter Zeit in der muslimischen russischen Teilrepublik Dagestan gegeben hat. Am 29. Oktober 2023 stürmten Islamisten vor dem Hintergrund des israelischen Angriffs auf Gaza den Flughafen von Machatschkala, der Hauptstadt Dagestans, weil dort ein Flugzeug aus Israel mit Juden an Bord gelandet war. Der Mob konnte nur mit einem großen Polizei­aufgebot zurückgedrängt werden.

Allerdings war dieser Vorfall keineswegs eine autonome Aktion von radikalen Islamisten, denn die Menge wurde von einem Telegram-Kanal aus der Ukraine aufgehetzt, wie man in Kiew kurz darauf stolz erzählte.[51] Dass die "Vorzeige­demokratie" Ukraine in Dagestan antisemitische Unruhen organisiert hat, fanden deutsche Medien übrigens nicht berichtenswert.

Die wachsende anti-muslimische Stimmung ist im Interesse der USA

Dass Terroranschläge in Russland oft von islamistischen Tätern durchgeführt werden, hat in Russland anti-muslimische Stimmungen geweckt. Immer öfter hört man bei Gesprächen in Russland die Forderung, alle muslimischen Einwanderer müssten abgeschoben werden, weil unter denen die Kriminalität so hoch sei.

Solche Stimmungen mögen menschlich verständlich sein, objektiv sind sie jedoch unbegründet. Ich habe gerade erst über die Kriminalität in Russland geschrieben[52], die im Vergleich zu Deutschland fast schon verschwindend gering ist. In Deutschland wurden 2023 5,94 Millionen Straftaten gemeldet, in Russland mit seiner fast doppelt so großen Bevölkerung wurden hingegen nur 1,95 Millionen Straftaten gemeldet.

Der nächste große Unterschied besteht in der Ausländer­kriminalität. In Deutschland sind von ca. 2,25 Millionen Tatverdächtigen 925.000 Ausländer. Das bedeutet, dass Ausländer in Deutschland insgesamt ca. 41 Prozent der Tatverdächtigen ausmachen, obwohl sie mit ca. 13,9 Millionen Menschen nur etwa 16,7 Prozent der Bevölkerung stellen.

In Russland hingegen, wo der Ausländeranteil etwa genauso groß ist, wie in Deutschland, wurden von den knapp zwei Millionen Verbrechen, die 2022 in Russland begangen wurden, nur 40.000 von Ausländern begangen, das sind gerade mal zwei Prozent im Vergleich zu 41 Prozent in Deutschland.

Man kann also ganz objektiv feststellen, dass sich die Ausländer in Russland ausgesprochen gesetzestreu verhalten, was daran liegt, dass Russland nur Migranten ins Land lässt, die sich auch selbst versorgen, indem sie arbeiten. Und in Russland kann ein Migrant seine Aufenthalts­erlaubnis schon verlieren, wenn er zwei Ordnungs­widrigkeiten begangen hat, also beispielsweise zwei Mal etwas zu schnell gefahren ist. Wer als Migrant nach Russland kommt, der weiß, dass er sich gut benehmen muss, wenn er im Land bleiben will, während Deutschland sogar Migranten mit seitenlangen Vorstrafen­registern nicht abschiebt.

Die Stimmung gegen (muslimische) Migranten in Russland ist also ganz objektiv unbegründet, aber sie wird von pro-westlichen Medien geschürt, die bei jedem Vorfall in Russland auf die Herkunft und die Religion der Täter hinweisen, wodurch bei vielen Russen das subjektive Gefühl entsteht, die muslimischen Migranten wären kriminell und eine Gefahr. Es ist übrigens vielsagend, dass die westlichen Medien, die bei Verbrechen im eigenen Land gerne verschweigen, dass die Täter Migranten waren, bei Vorfällen in Russland genüsslich über Herkunft und Religion der Täter berichten.

Da Russland aber als Vielvölkerstaat mit allen Weltreligionen nur friedlich existieren kann, wenn sich die verschiedenen Ethnien und Religionen nicht gegeneinander aufhetzen lassen, ist diese Tendenz im Interesse der Feinde Russlands und die Russen, die diesen Stimmungen nachgeben spielen - ohne es zu wollen oder zu wissen - den USA in die Hände.

– Anti-Spiegel[53]

Imperialismuslüge

Westliche Medien und Politiker behaupten immer wieder, dass Putin aus imperialistischen Motiven die Sowjetunion wiederherstellen wolle, was einer der offiziellen Gründe für die Unterstützung der Ukraine ist: Putins angeblichen Imperialismus zu stoppen.

Diese Behauptung wird im Westen immer wieder wiederholt. Bei einer schnellen Google-Suche nach derartigen Aussagen fand ich beispielsweise einen Spiegel-Artikel vom 10. Februar 2024 mit der Überschrift "Chef der Münchner Sicherheitskonferenz - Heusgen traut Russland Angriff auf NATO-Gebiet zu"[54], in dem Christoph Heusgen[wp], der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, wie folgt zitiert wurde:

Zitat: «Putin wolle ein Großrussland in den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion wiederherstellen, ein russisches Weltimperium, in dem er zarengleich herrsche, sagte Heusgen.»

Das war, so wie all die anderen ähnlich lautenden Behauptungen westlicher "Journalisten", "Experten" und Politiker, gelogen, wie die Bundesregierung nun eingestehen musste.

Der Grund für das Eingeständnis, dass eine beliebte Phrase westlicher Politiker nur eine Propaganda-Lüge ist, war eine viral gegangene Aussage von Bundeswehr-Generalleutnant André Bodemann[wp], der bei der Vorstellung des sogenannten "Operationsplan Deutschland" öffentlich behauptet hat, dass Putin "das alte Gebiet der Sowjetunion wieder­herstellen möchte und dazu zählen auch die baltischen Staaten".[55]

Das hat Florian Warweg von den NachDenkSeiten dazu motiviert, bei der Bundes­presse­konferenz nachzufragen, ob die Bundesregierung dafür Belege hat. Die müsste sie ja haben, wenn ein hoher Bundeswehr­general so schwerwiegende Vorwürfe erhebt. Das war, wie immer, wenn Warweg den Regierungs­sprechern Fragen stellt, tragikomisch, denn die Regierungs­sprecher haben sich gewunden, aber keine Antwort gegeben.[56]

Mit Journalisten kann die Regierung so umgehen, nicht aber mit Bundestags­abgeordneten, denn denen muss die Bundesregierung wahrheitsgemäß antworten, wenn sie offizielle Anfragen stellen. Also hat der AfD-Bundestags­abgeordnete Thomas Dietz das getan und die Bundesregierung offiziell gefragt, ob ihr Belege für solche Aussagen Putins vorliegen und wenn ja, diese bitte mit Quelle und Datums­angaben zu nennen.

In ihrer Antwort musste die Bundesregierung kleinlaut eingestehen:

Zitat: «Äußerungen des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, wonach eine Wieder­herstellung der Sowjetunion beabsichtigt werde, sind der Bundesregierung nicht bekannt.»
Antwort des Auswaertigen Amtes auf die Frage 07-370 des Bundestagsabgeordneten Thomas Dietz.jpg

Lieber Herr Bundestags­abgeordneter Dietz, ich habe eine Bitte an Sie. Deutsche Medien und Politiker behaupten immer wieder, Putin wolle nach der Ukraine auch andere NATO-Staaten angreifen. Darüber habe ich vor einiger Zeit anhand eines konkreten Beispiels geschrieben.[57] In meinem Artikel ging es um einen Artikel aus dem Handelsblatt, in dem Bundes­verteidigungs­minister Pistorius wie folgt zitiert wurde:

Zitat: «Putin wird nicht aufhören, wenn der Krieg gegen die Ukraine vorbei ist, das hat er klar gesagt.»[58]

Auch das ist eine Lüge. Könnten Sie, lieber Herr Dietz (oder jeder andere Bundestags­abgeordnete, der dies liest) eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung stellen, wann Putin das gesagt haben soll, was Pistorius ihm in den Mund gelegt hat?

Vielen Dank im Voraus!

– Anti-Spiegel[59]

Kultur

Kabarett

Russische Musik

Musik über Russland

  • Youtube-link-icon.svg Moskau - Rammstein (8. Oktober 2010) (Länge: 5:48 Min.)
    • Youtube-link-icon.svg Moskau - Live aus dem Sportkomplex Olimpijski in Moskau (10/11. Februar 2012) (Länge: 5:15 Min.)

1000 Jahre russische Geschichte

Vergangene Nacht ging das angekündigte Putin-Interview von Tucker Carlson pünktlich um 24.00 Uhr online. Es dauerte über zwei Stunden und wurde allein bei "X" inzwischen 120-Millionen mal angeklickt. Meinereiner ging dann kurz nach 2 Uhr heute morgen mit zwiespältigen Gefühlen zu Bett.

Nichts von dem, was Wladimir Putin in diesem Interview ausführte, war mir neu. Gut möglich ist aber, daß es Millionen anderer Zuschauer neu gewesen ist - und da wäre dann wieder zu unterscheiden zwischen Deutschen, Europäern allgemein und eben den Amerikanern. Ob nicht Millionen von Amerikanern bereits zehn Minuten nach Beginn des Interviews wieder ausgestiegen sind, kann man zwar nicht wissen, aber so, wie ich meine Pappenheimer von jenseits des Atlantiks kenne, wird es wohl so gewesen sein. Das ist schade, aber es ist meiner Gewißheit nach einer Blauäugigkeit des Carlson-Teams geschuldet. Wladimir Putin erging sich in der ersten halben Stunde des Interviews nämlich in einem ausführlichen Exkurs durch die russische Geschichte. Die geht zurück bis zu Rjurik[wp] ins 9. Jahrhundert. Putin hatte 30 Sekunden bis zu einer Minute "Exkurs" angekündigt. Geworden sind es dann 25 interessante Minuten, allerdings wohl kaum für das amerikanische Publikum. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß man Amerikaner mit Exkursen in die Geschichte zu Tode langweilen kann. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, daß sich jede Menge Amerikaner bereits nach spätestens zehn Minuten aus dem Interview ausgeklinkt haben dürften. Weglassen konnte das Carlson-Team den Exkurs dann bei der Veröffentlichung des Interviews aber auch nicht, weil sich Putin im Verlauf des weiteren Gesprächs mehrmals darauf bezog.

Was Wladimir Putin bei denen erreicht haben dürfte, die dennoch dabeigeblieben sind, ist im günstigsten Fall, daß sie heute ein Gespür dafür haben, was der Unterschied sein könnte zwischen einer, über einen Zeitraum von mehr als tausend Jahren gewachsenen Nation, unter deren Dach sich verschiedene Religionen und Kulturen zusammen­gefunden haben, um dann eben zu Russen Russländer zu werden, und einem schnell gewachsenen "Schmelztiegel"[wp] in der "Neuen Welt" mit 250 Jahren Geschichte, die größtenteils europäisch geprägt gewesen sind - wobei sich die kulturelle Dominanz der Europäer peu a peu verabschiedet, so daß in den USA heute von einer Identitätskrise zu reden ist, die den Russen fremd ist. Die Russen haben nach über tausend Jahren wesentlich mehr als nur eine Verfassung, hinter der sie sich mangels Alternativen sammeln müssten. Dieses russische Bewußtsein wiederum ergibt dann einen ganz anderen Blick auf die Ukraine mit Kiew als der Wiege Russlands, als es Amerikaner ihrer eigenen nationalen Kultur gemäß nachvollziehen könnten. Für die reichen kulturellen Gemeinsamkeiten von Ukrainern und Russen herrscht in den USA wenig bis gar kein Verständnis - und deshalb fehlt es dort auch am Respekt davor.

Diplomat Putin

Erkennbar war Wladimir Putin nicht daran interessiert, das Interview zu nutzen, um "ein Faß aufzumachen". Vielmehr schlug er versöhnliche Töne an, blieb aber seiner bestens bekannten Generallinie treu, derzufolge Gespräche jederzeit möglich seien, und daß, wer sich einem Dialog verweigere und mit militärischen Mittel seine Ziele verfolge, in Russland einen unnachgiebigen und unbesiegbaren Gegner gefunden habe. Wie sich die Dinge in der Ukraine weiter­entwickeln, hänge ganz allein von den Entscheidungen der Amerikaner ab. In dem Zusammenhang wies er auch den Vorwurf eines russischen "Angriffskrieges" in der Ukraine zurück. Der Einmarsch dort sei vielmehr erfolgt, um einen seit 2014 andauernden Krieg der von den USA unterstützten Ukronazis gegen die Minderheit der ethnischen Russen auf dem Territorium der Ukraine zu beenden. Hier verwies Putin auch auf die zahlreich gebrochenen Versprechen und Abkommen durch den Westen (Minsk), die einseitige Aufkündigung von Rüstungs­kontroll­verträgen und die absprache­widrige NATO-Osterweiterung. Er bedauerte, daß der unterschriftsreife Friedensvertrag von Istanbul aus dem März 2022 vom Westen torpediert wurde und verwies dabei auf die unrühmliche Rolle, die der britische Ex-Premier Boris Johnson übernommen hatte. Die Sanktionen der USA und der EU gegen Russland nannte er dumm, da sich der Westen dadurch ins eigene Fleisch schneide. Soweit also alles bekannt für jeden, der sich mit der Ukraine seit dem Maidan-Putsch 2013/14 intensiv befasst hatte. An Putins Analyse gibt es nichts auszusetzen, an den Märchen­geschichten der westlichen Propaganda­presse allerdings sehr viel.

Bevor es dann um die Sprengung der Nordstream-Pipeline ging, wollte Putin von Carlson wissen, ob die Amerikaner angesichts einer Staats­verschuldung von mehr als 33 Billionen (amerik. "Trillions") Dollar und jeder Menge Probleme im eigenen Land nichts besseres zu tun hätten, als sich tausende Kilometer vom eigenen Territorium entfernt einen aussichtslosen Krieg in der Ukraine aufzuhalsen.

"You"

Das englische "You", das unterschiedslos für "Du, Sie, Ihr und Euch" verwendet wird, gab Anlaß für einen kurzen Moment der Heiterkeit. Carlson: "Wer hat Nordstream gesprengt?" - Putin: "You!". Dabei deutete er mit beiden Zeigefingern auf Carlson. Der erwiderte schlagfertig, er sei an dem fraglichen Tag (26. September 2022) mit etwas Anderem beschäftigt gewesen. Herzliches Gelächter. Alle wissen, wen Putin gemeint hatte, ohne daß er dank der Verfügbarkeit von "You" hätte "die Amerikaner" sagen müssen. Deshalb kann auch heute niemand behaupten, Putin habe genau das gesagt. Hat er es gemeint? "Wir" wissen es nicht. Der FSB weiß es aber. Würde man den fragen, dann würde er vermutlich ebenfalls mit "You!" auf die Frage antworten, wer Nordstream zerstört hat. Im Übrigen würde Russland die eine, intaktgebliebene Röhre sofort nutzen, um wieder billiges Gas nach Deutschland zu liefern. Es seien die Deutschen, die den Gashahn geschlossen halten. Putin versteht auch nicht, weshalb Polen im Rahmen der paneuropäischen Zahlungsströme von Deutschland profitiere, das die Zahlungen an andere EU-Länder schließlich erwirtschaften müsse, um zugleich die andere Gas-Pipeline (Jamal) nach Deutschland geschlossen zu halten, anstatt den Gastransit durch Polen nach Deutschland einfach zu gestatten.

Kriegsende

Wladimir Putin ist sich sicher, daß der "Wertewesten" lieber heute als morgen aus dem Ukrainekrieg aussteigen würde, daß er aber nicht weiß, wie er das machen soll ohne hinterher saudumm dazustehen. Das sei aber nun wirklich nicht sein Problem. Wer sich die Suppe eingebrockt hat, der müsse sie eben auch auslöffeln. Das Ausmaß an Inkompetenz und Verstiegenheit, das ihm in Europa heute begegne, habe er sich früher einfach nicht ausmalen können. Die Weltgeschichte sei durchzogen von Geschichten über Imperien, die entstanden und wieder untergegangen seien. Der Niedergang des Römischen Reiches habe sich über 500 Jahre hingezogen. Bei den USA gehe es allerweil wesentlich schneller. Das alles müsse gar nicht sein, wenn die USA endlich akzeptieren würden, daß sie nicht mehr die Weltwirtschaftsmacht Nummer eins sind und, statt auf militärische Stärke, auf Kooperations­bereitschaft in einer multipolaren Welt setzen würden. An Russland und den BRICS-Staaten führt kein Weg mehr vorbei. Zwar sei die russische Wirtschaft vergleichsweise klein im Verhältnis zur amerikanischen und der chinesischen oder der indischen, aber allein die Bodenschätze, die in Russlands Erde unerschlossen vor sich hinschlummern, hätten einen Wert von geschätzten 80 Billionen US-Dollar. Zudem ist die russische Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP wesentlich geringer als in den USA.

Zwei "Narrativ"- Ebenen

Alles in allem verstärkte sich durch dieses Interview bei meinemeinen der schon länger gehegte Verdacht, daß es die Welt­öffentlichkeit mit zwei "Narrativ"-Ebenen zu tun hat, von denen die zweite ihrer weltwirtschaftlichen Komplexität wegen gar nicht flächendeckend ausgebreitet werden kann. Um das öffentliche Interesse u.a. am Ukrainekrieg zu befriedigen, bietet sich die erste an, weil sie in sich nicht verkehrt ist, wenn auch nach meiner nunmehrigen Einschätzung nicht ausschlaggebend. Ausschlaggebend für das amerikanische Interesse an Russland dürften tatsächlich die ungeborgenen, materiellen Werte sein, die auf einem Neuntel der globalen Landfläche auf Erschließung und Verwertung warten. Um sich an denen gütlich zu tun und sie zu verwerten, um so wenigstens zu einem gewissen Teil die amerikanischen Staatsschulden durch "Realitäten" zu decken und den US-Dollar als Weltreserve­währung zu retten, wollen die USA unbedingt Russland "portionieren", um dann die einzelnen Portionen zu ihrem eigenen Nutzen aufeinander zu hetzen und jede Seite gegen jede andere zu instrumentalisieren resp. waffentechnisch zu unterstützen und so auf einer weiteren Ebene den großen Reibach zu machen. Putin ist eben kein Jelzin. Das ist das ganze Problem für die Amis.

Analog gilt das auch Israelis und Palästinenser. Die Historie ist zwar für sich genommen plausibel genug als Erklärung, aber mir kommen die alternative Seidenstraße samt Netanyahus Begeisterung dafür und das noch zu erschließende Gasfeld "Leviathan" samt dessen Gewinnversprechen vor der levantischen Küste ebenfalls als geeignete Erklärung vor. Prinzipiell ist es wohl so, daß Relevanz hat, worüber in den Medien nicht oder nur sehr eigeschränkt gesprochen wird. Nachrichten wären das, was in den Nachrichten kaum vorkommt. "Etwas an die große Glocke hängen" hat seinen abwertenden Beigeschmack schließlich nicht umsonst.

Zwar sind Wladimir Putins Einlassungen meiner Überzeugung nach nicht verkehrt und auch völlig ausreichend als Erklärung für die gräßlichen Vorgänge in der Ukraine. Das heißt aber noch nicht, daß die vorgebrachten Begründungen auch die ausschlag­gebenden sind. So viel steht jedenfalls fest: Das ganze, publizistisch verwertbare Gelalle vom bösen Finsterrussen, der Bedrohung von Demokratie, Freiheit und "westlichen Werten" durch Russland sowie deren Verteidigung ausgerechnet durch - Spott & Hohn! - den stocktotalitären, autoritären und antidemokratischen Despoten Selenskyj, ist Polit­entertainment für Naive. Womit wir dann in Deutschland wären, wo objektive Urteilskraft, Wissen und Skepsis längst dem mehrheitlichen Wunsch danach gewichen sind, unauffällig im Strom der gleich­geschaltenen Meinungs­inhaber:innen und hyper­moralistischen Haltungsstarken mitzuschwimmen. In Deutschland gilt: Alle "die Menschen" sind gleich - und eine "Haltung" zu vertreten, darf noch der größte Dummkopf für sich in Anspruch nehmen. Da ist Wladimir Putin schon ein ganz anderes Kaliber. Und Tucker Carlson ebenso.

Max Erdinger[60]

Literatur

  • Hannes Hofbauer[wp]: Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung., Promedia, 2016, ISBN 3-85371-401-3[61][62]
  • Gabriele Krone-Schmalz: Russland verstehen. Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens., C.H. Beck, 2015, ISBN 3-406-67525-5
  • Peter Strutynski (Hrsg.): Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen., PapyRossa-Verlag, 2014, ISBN 3-89438-556-1
  • Ronald Thoden, Sabine Schiffer (Hrsg.): Ukraine im Visier. Russlands Nachbar als Zielscheibe geostrategischer Interessen., Selbrund, 2014, ISBN 3-9816963-0-1
  • Kai Ehlers[wp]: Russland - Herzschlag einer Weltmacht. Im Gespräch mit Jefim Berschin., Verlag Pforte, 2009, ISBN 3-85636-213-4
    Charakteristiken des Russischen an Russland. Russlands Rolle in der gegenwärtigen Neuordnung der Welt. Fragen der ethischen Neuorientierung nach dem Ende der Systemteilung der Welt.
  • Kai Ehlers: Russland: Aufbruch oder Umbruch? Zwischen alter Macht und neuer Ordnung. Gespräche und Impressionen, Pforte, 2005, ISBN 3-85636-184-7
  • Kai Ehlers: Herausforderung Russland. Vom Zwangkollektiv zur selbst bestimmten Gemeinschaft? Eine Bilanz der Privatisierung., Schmetterling-Verlag, 1997, ISBN 3-89657-070-6

Anmerkungen

  1. Die Vornahme einer Gebiets­neu­zuordnung nach erfolgter Einholung der Zustimmung der Mehrheit der betroffenen Bevölkerung in einem Plebiszit[wp] schließt eine illegale, gewaltsame Landnahme kategorisch aus.
  2. Ausgewählte Ausschnitte mit Volker Pispers über antirussische Propaganda der USA in Deutschland.
  3. Russlanddeutsche Sängerin Kristina Matejs singt ein deutsches Lied der Wolga-Deutschen in der russischen Sendung "Das abendliche Moskau" mit dem Thema "Kultur und das Lebens der Deutschen in Russland".
  4. Bekannter russischer YouTuber und Sänger Jaroslaw Sumischewski[wp] (* 1983) stellte sich auf dem Roten Platz[wp] hin und begann russische Staatshymne zu singen, die Passanten und Touristen machten mit.
  5. Die Russen singen spontan das Lied "Katjuscha"[wp] in der Moskauer Metro, feierliche Stimmung am 70. Siegestag der Roten Armee gegen Nazi-Deutschland.

Einzelnachweise

  1. Daniele Ganser: Dr. Daniele Ganser: Jahresrückblick 2022, Odyssee am 20. Dezember 2022, 24:40-28:35 Min.
  2. Genschers Vermächtnis: Ohne Russland gibt es keine Stabilität in Europa, Deutsche Wirtschafts Nachrichten am 2. April 2016
  3. Thomas Röper: Exklusiv-Interview: "Wenn Deutschland und Russland Freunde sind, herrschen Frieden und Wohlstand in Europa", Anti-Spiegel am 28. Februar 2023
    Vor einer Woche habe ich Dmitri Rogosin, den ehemaligen Chef der russischen Weltraum­agentur, zu neuen russischen Kampf­robotern und dem deutsch-russischen Verhältnis interviewt.
  4. Youtube-link-icon.svg Interview mit ehemaligem Chef von Roskosmos - Dmitri Rogosin - Anti-Spiegel (2. März 2023) (Länge: 16:57 Min.)
    Thomas Röper im Gespräch mit Dmitri Rogosin, dem ehemaligen Chef der russischen Weltraumagentur, der heute für Roboter- und Drohnen­technik in Russland zuständig ist. Dabei kamen sie auch auf die deutsch-russischen Beziehungen zu sprechen, für die Rogosin, deutliche Worte hatte und trotz der schwierigen Lage gute Wünsche hatte.
  5. @ZentraleV - 28. Juli 2022 - 15:33 Uhr
  6. Thomas Röper: Warum Russland wie die Zwiebel der Welt ist, Anti-Spiegel am 31. Dezember 2022
  7. Youtube-link-icon.svg STRATFOR: US-Hauptziel seit einem Jahrhundert war Bündnis Russland+Deutschland zu verhindern - George Friedman (4. Februar 2015) (Länge: ab 1:40 Min.)
  8. Thomas Röper: Nawalny: Was die "Fehler" der OPCW über die Organisation und ihre Arbeit verraten, Anti-Spiegel am 19. Juli 2021
    Anreißer: Der "Fehler" im Jahresbericht der OPCW, über den die deutschen "Qualitätsmedien" nicht berichtet haben, hat für einige Diskussionen gesorgt. Unabhängig davon, was tatsächlich geschehen ist, sagt uns der Fehler eine Menge über die Arbeit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen.
  9. Thomas Röper: Fall Navalny: Lawrows Erklärung über russische Sanktionen gegen Deutschland im Wortlaut, Anti-Spiegel am 13. November 2020
    Anreißer: Nachdem Deutschland wegen der angeblichen Vergiftung von Navalny EU-Sanktionen erwirkt hat, hat der russische Außenminister Lawrow am 12. November auf einer Pressekonferenz Gegensanktionen gegen Deutschland angekündigt.
  10. Thomas Röper: Deutschland schließt russische Konsulate: Warum nicht gleich die Beziehungen abbrechen?, Anti-Spiegel am 31. Mai 2023
    Anreißer: Die deutsche Regierung treibt die Konfrontation mit Russland weiter voran und beschneidet die diplomatischen Kontakte weiter.
  11. Boris Reitschuster: Putin - ein Ehrenmann? Warum der Kremlchef so stark fehlgedeutet wird, 19. Februar 2022
  12. Thomas Röper: 20 Jahre nach Beginn des Tschetschenien-Krieges erfüllt Putin im Kaukasus ein Versprechen, Anti-Spiegel am 12. September 2019
    Anreißer: Heute hat Putin im Kaukasus ein Versprechen eingelöst, dass er vor zwanzig Jahren gegeben hat. Es geht um Ereignisse aus der Zeit des Tschetschenien-Krieges. Das ist eine gute Gelegenheit, einmal mit den westlichen Legenden über diesen Krieg aufzuräumen.
  13. Thomas Röper: Tiergarten-Mord: Die dunkle Vergangenheit des erschossenen Selimchan Changoschwili, Anti-Spiegel am 16. Dezember 2019
  14. Thomas Röper: "Putin - ein Ehrenmann?" Leserfragen zu einem Artikel bei Reitschuster, Anti-Spiegel am 20. Februar 2022
  15. Youtube-link-icon.svg Putin hat die Krim nicht annektiert (16. April 2015) (Länge: 1:56 Min.) - Karl Albrecht Schachtschneider wörtlich:
    "Es war nun mal keine Annektion. Das war die Unterstützung einer Sezession[wp]. Eine Sezession ist - das Selbstbestimmungsrecht der Völker[wp] wird da wahrgenommen, dass er erst Recht jedes einzelnen Bürgers mit anderen zusammen eine Sezession durchzuführen und (...) jeder Staat dieser Welt ist nach dem Friendly Act von 1970 - einstimmiger Abstimmung in der Vollversammlung der Vereinten Nationen - verpflichtet eine Sezession zu unterstützen, wenn sie von dem Staat, aus dem sie sezessiert wird, unterdrückt wird. Das hat Wladimir Putin gemacht. Er war dazu völkerrechtlich verpflichtet."
    Wikipedia: "Das Selbst­bestimmungs­recht der Völker wurde auch in verschiedenen IGH-Urteilen als universelles und völker­gewohnheits­rechtliches Prinzip mit erga omnes[wp]-Charakter anerkannt. Form und Inhalt des Selbst­bestimmungs­rechtes wurden von der UN in der Friendly Relations Declaration vom 24. Oktober 1970 noch konkretisiert."
    Wikipedia: Krim-Krise
  16. Siehe auch: Pdf-icon-intern.svg Der Kampf um die Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts - Karl Albrecht Schachtschneider, April 2014 (6 Seiten)
  17. Wikipedia: Winterkrieg
  18. Wikipedia: Winterkrieg - Abschnitt "Gebietsabtretungen"
  19. Wikipedia: Oblast Kaliningrad
  20. Wikipedia: Ostpreußen - Abschnitt "Vertreibung"
  21. Wikipedia: Ostpreußen - Abschnitt "Potsdamer Abkommen"
  22. Wikipedia: Potsdamer Abkommen - Abschnitt "Nord-Ostpreußen (heute 'Oblast Kaliningrad')"
  23. Thierry Meyssan[wp]: Ein neuer Krieg bereitet sich für die kommende Niederlage gegen Russland vor, Voltaire Netzwerk am 24. Mai 2022
    Artikel von Thierry Meyssan über die US-amerikanische Russlandpolitik und die geopolitische Globalstrategie der USA.
  24. Völkerrechtliche Beurteilung des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine, Blauer Bote am 24. Februar 2022
  25. Peter Decker auf Heise/Telepolis:
    1. Russland ringt um seine Machtrolle, 26. März 2022
      (Peter Decker ist Redakteur der politischen Vierteljahreszeitschrift GegenStandpunkt[wp], in deren aktueller Ausgabe dieser Artikel ebenfalls erschienen ist.)
    2. Russland vollzieht eine Wende
      1. Der Kreml zieht Bilanz
      2. Russland zieht dem Westen eine rote Linie: Keine Aufnahme der Ukraine in die Nato
    3. Die Antwort der USA, 27. März 2022
      1. Der Antrag auf Anerkennung russischer Sicherheitsinteressen: abgelehnt!
      2. Amerika übernimmt die Definitionshoheit über die Lage
      3. Die Wiederbelebung der Nato als verlängerter Arm der amerikanischen Weltmacht
      4. Der Machtkampf eskaliert
  26. "Россию хотят превратить в Московию". Николай Патрушев - о Западе и Украине, 10. Januar 2023
  27. Thomas Röper: Geopolitik: "Im Westen liegt die wahre Macht in den Händen von Clans und Konzernen", Anti-Spiegel am 12. Januar 2023
    Nikolai Patruschew[wp], der Chef des russischen Sicherheitsrates, hat ein Interview gegeben, in dem er erklärt, wer aus seiner Sicht im Westen die Macht hat und worum es bei der Konfrontation in der Ukraine tatsächlich geht.
    "Sie wollen Russland in Moskowien verwandeln" - Nikolaj Patruschew über den Westen und die Ukraine
  28. Thomas Röper: Offener Brief an deutsche Botschaft: Russisches Museum mit schwarzem Humor, Anti-Spiegel am 3. März 2023
    Anreißer: Der Direktor des Militärhistorischen Museums am Don hat dem deutschen Botschafter in Russland einen offenen Brief geschrieben und um einen Leopard-2-Panzer für sein Museum gebeten, weil die Restaurierung eines abgeschossenen Exemplars sehr teuer sei.
  29. Thomas Röper: Automatismus der Eskalation: Der große Krieg in Europa wird wohl unvermeidlich, Anti-Spiegel am 5. April 2024
    Anreißer: Einige NATO-Staaten wollen Truppen in die Ukraine entsenden. Damit dürfte ein Automatismus für eine weitere Eskalation eingeläutet werden, die auch europäische Länder - mit allen Folgen, inklusive Tod und Zerstörung in diesen Ländern - in den Krieg hineinzieht.
  30. Twitter: @NoMoreNATO - 27. Dez. 2022 - 14:08 Uhr
  31. Entscheidung im Ukraine-Krieg?, PI-News am 5. Oktober 2022
  32. Kommentar, im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens, Übersetzung ins Deutsche:
    Lehren aus der Geschichte: Der Westen, Polen und das Overton-Fenster, Anti-Spiegel am 5. Oktober 2022
    Anreißer: Im russischen Fernsehen wurde ein Kommentar ausgestrahlt, der für viele in Deutschland schwere Kost sein dürfte, weil er Dinge anspricht, die in deutschen Geschichts­büchern verschwiegen werden.
  33. 33,0 33,1 Timofey Neshitov: Hier sprechen die Männer, die von Putins Armee desertiert sind, Der Spiegel am 30. April 2023
    Anreißer: Sie stehen auf Fahndungslisten: russische Soldaten, die sich selbst ins Bein schossen oder noch vor dem Marschbefehl mit ihren Familien flohen. Nun flehen sie Botschaften an, sie nach Europa zu lassen. Wer sind diese Männer?
  34. Arne Hoffmann: Frankfurter Allgemeine: Warum haben in den USA Millionen Männer keine Arbeit?, Genderama am 3. Mai 2023 (Punkt 5)
  35. Bereit zum Energiekrieg: Russland bereitet Sanktionsgegenschlag vor, Apolut am 12. März 2022
  36. Timothy Garton Ash, Ivan Krastev, Mark Leonard: United West, divided from the rest: Global public opinion one year into Russia’s war on Ukraine, European Council on Foreign Relations am 22. Februar 2023
  37. The West Tried to Isolate Russia. It Didn't Work., New York Times am 23. Februar 2023
    Anreißer: After Russia invaded Ukraine, the West formed what looked like an overwhelming global coalition: 141 countries supported a United Nations measure demanding that Russia unconditionally withdraw.
    Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war, bildete der Westen eine scheinbar überwältigende globale Koalition: 141 Länder unterstützten eine Maßnahme der Vereinten Nationen, die den bedingungslosen Rückzug Russlands forderte.
  38. Außenministerin Baerbock im Sicherheitsrat: Und der Russe hört nicht zu, Spiegel am 25. Februar 2023
    Der Uno-Sicherheitsrat trifft sich zur Sondersitzung, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Aber die hohe Diplomatie ist in Ritualen erstarrt. Man redet nicht miteinander, man tut nur so. - Aus New York berichtet Marina Kormbaki
  39. Thomas Röper: Geopolitik und Medien: Die Legende von der Isolierung Russlands, Anti-Spiegel am 26. Februar 2023
  40. Thomas Röper: Faktencheck: Überholt Russland Deutschland als fünftgrößte Volkswirtschaft?, Anti-Spiegel am 17. Januar 2019
    Anreißer: Im Netz fand ich die Überschrift "Russland wird Deutschland als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt überholen"[archiviert am 28. Oktober 2019]. Das konnte ich nicht glauben und habe recherchiert. (Der Artikel auf uncut-news.ch nimmt Bezug auf: Sanctions? Russian economy to overtake Germany's by 2020[archiviert am 6. Dezember 2019], Russia Today am 16. Januar 2019)
  41. Danke, Robert! Westliche Sanktionen halfen Russland, Deutschland zu überholen, RT Deutsch am 6. August 2023
    Anreißer: Dass die europäischen anti­russischen Sanktionen "nach hinten" losgingen, hat inzwischen wohl jedermann begriffen. Sie tragen die ersten sichtbaren Früchte: Russland hat Deutschland seiner Wirtschaftsgröße nach überholt und nimmt weltweit den fünften Platz ein. Die wirkliche Rechnung kommt aber noch.
  42. World Economics: Gross Domestic Product (GDP)
    2022, 2023 AND 2030 ESTIMATES FOR GROSS DOMESTIC PRODUCT (GDP) IN PPP INT$
  43. Thomas Röper: Dank Grüner "Kompetenz": Russland hat Deutschland als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst, Anti-Spiegel am 7. August 2023
    Anreißer: Daten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds zeigen, dass Russland Deutschland im Jahr 2022 wirtschaftlich überholt hat nun die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt ist.
  44. 44,0 44,1 Thomas Röper: Russische Propaganda? Wollen die USA Russland als Staat zerschlagen?, Anti-Spiegel am 28. Juni 2022
    Anreißer: In Russland wird berichtet, dass die USA - und damit der Westen - nichts weniger planen, als die Zerschlagung Russlands als Staat. Ist das wahr, oder ist das russische Propaganda?
  45. Thomas Röper: Die politische Woche in Europa: "Der Westen verliert den Glauben an Russlands Niederlage", Anti-Spiegel am 20. Mai 2024
    Anreißer: Letzte Woche gab es ernüchternde Nachrichten aus der Ukraine, wo die russische Armee in die Offensive gegangen ist. Im Westen scheinen immer Hardliner den Glauben an Russlands Niederlage in der Ukraine zu verlieren, schlussfolgert das russische Fernsehen aus den Ereignissen der letzten Woche.
    Auszug: Schließlich träumen sie doch davon, Russland zu dekolonisieren. "Es gibt viele Nationen, die Teil Russlands sind. Wenn es mehr kleine Staaten gäbe, wäre das nicht so schlimm. Es ist nicht so schlimm, wenn eine große Macht viel kleiner wird", sagte die estnische Minister­präsidentin Kaja Kallas[wp].
    Bei den endlosen Russophobie-Wettbewerben ist die estnische Minister­präsidentin Kallas immer unter den Preisträgern. Diese Woche hat die Regierung des Landes Kindergärten und Schulen im russisch­sprachigen Narva[wp] verboten, Fächer in ihrer Muttersprache zu unterrichten. Ab dem 1. September werden alle auf Estnisch umgestellt. Die Institutionen der EU scheren sich überhaupt nicht um die Rechte und Freiheiten nationaler Minderheiten.
  46. Thomas Röper: Krieg der Systeme: Warum der Westen Russland in der Ukraine nicht besiegen kann und das westliche System untergehen dürfte, Anti-Spiegel am 20. Mai 2024
    Anreißer: Der Westen kann Russland in der Ukraine militärisch nicht besiegen. Der Grund liegt im politischen, aber vor allem im wirtschaftlichen System des Westens. Der neoliberale westliche Kapitalismus ist den Systemen Russlands und Chinas aus einem entscheidenden Grund unterlegen.
    Auszug: Die Legende vom Kampf der Demokratien gegen die Diktaturen ist nur die Legende, die man der dummen Öffentlichkeit erzählt, damit diese bereit ist, für den Kampf der Systeme Opfer zu bringen und notfalls ihr Geld und ihren Wohlstand zu opfern. In Wahrheit geht es um Macht und Gewinne für eine kleine Elite bestehend aus westlichen Milliardären.
    Das war schon immer so, denn beispielsweise das britische Kolonialreich hat seinen Untertanen erzählt, es halte die Kolonien, um den armen Eingeborenen die Zivilisation zu bringen. Das haben die Menschen geglaubt und das haben die Medien damals ständig gepredigt. Um Bodenschätze und politische Macht ging es dem britischen Imperium demnach nie. Heute wissen wir aus Geschichts­büchern, dass das Unsinn war, aber bis sich so eine Erkenntnis in der offiziellen Geschichts­schreibung durchsetzt, müssen hundert oder zweihundert Jahre vergehen, damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, das wäre früher zwar so gewesen, aber heute sind wir ja viel weiter und zivilisiert und aufgeklärt, heute ist das natürlich nicht mehr so.
    Das haben die Menschen vor hundert oder zweihundert Jahren allerdings auch gedacht. Sie wussten, dass die Spanier die Neue Welt ausgeplündert haben, aber das britische Imperium war ja viel weiter und wollte nur die Zivilisation in die Welt tragen. Das Prinzip "Wir sind die Guten" hat damals funktioniert und funktioniert bis heute unverändert. [...]
    Das System des Westens funktioniert im Grund unverändert seit Beginn der Kolonialzeit vor über 500 Jahren. Es wurde seitdem nur verfeinert, indem die Methoden der Ausbeutung und der Lenkung der öffentlichen Meinung effektiver wurden. Schließlich hatten schon die Spanier das gleiche Problem, denn als Meldungen über deren Grausamkeiten in der Neuen Welt nach Europa kamen, war die Empörung groß. Also erklärten die Spanier, es ginge doch nur um die Verbreitung des "wahren Glaubens" und beteiligten die katholische Kirche an den Reichtümern, die der Öffentlichkeit dann von den Kanzeln predigen ließ, alles geschehe nur für eine gute Sache und nicht etwa wegen des Goldes.
    Die Frage ist also, ob das westliche System nun so sehr in seiner Dekadenz gefangen ist, dass es nicht erkennt, dass sein System sich - wie einst beim Römischen Reich - inzwischen selbst auffrisst. Jedenfalls haben die Gegner des Westens erkannt, worum es geht und bisher sieht alles danach aus, als würde das westliche System, das über 500 Jahre bestanden hat, seinen 600. Geburtstag nicht mehr erleben.
  47. Thomas Röper: Staatsterror: Das Mordprogramm der ukrainischen Geheimdienste in Russland wird von der CIA unterstützt, Anti-Spiegel am 26. Oktober 2023
    Anreißer: Die Washington Post hat weitere Details über das Mordprogramm der ukrainischen Geheimdienste berichtet, das bereits 2015 gestartet wurde. Die CIA ist darin verwickelt und ist - mindestens indirekt - an Angriffen auf und Mordanschlägen in Russland beteiligt.
  48. Thomas Röper: Syrien: CIA Operation "Timber Sycamore" - Deutsche Medien verschweigen ihren Lesern die Wahrheit, Anti-Spiegel am 21. Januar 2019
    Anreißer: Wer beim Thema Syrien davon spricht, dass die USA dort nicht etwa den IS, sondern Präsident Assad bekämpfen, ist in Deutschland ein Verschwörungs­theoretiker. Wer behauptet, dass die Waffen, die die USA an syrische Rebellen geliefert haben, bei Terroristen gelandet sind, ist ein russischer Propagandist. Dabei ist beides wahr, und zwar gemäß Quellen aus den USA. Nur in Deutschland wird darüber möglichst nicht berichtet.
  49. Thomas Röper: Terror in Moskau: Blöd für den Westen, dass die Terroristen noch leben..., Anti-Spiegel am 31. März 2024
    Anreißer: Die Tatsache, dass die Terroristen, die den Terroranschlag in der "Crocus City Hall" bei Moskau verübt haben, nicht getötet wurden, ist ein Problem für den Westen. Deren Flucht und ihre Aussagen werden dem Westen sehr gefährlich.
  50. Thomas Röper: "Timber Sycamore": Wie die CIA und der MI6 den IS erschaffen haben, Anti-Spiegel am 1. April 2024
    Anreißer: Es ist im Westen kaum bekannt, aber der IS wurde vor 12 Jahren durch Operationen der CIA und des MI6 erschaffen und bewaffnet. Das geschah im Zuge der in Deutschland praktisch unbekannten Operation CIA-Operation "Timber Sycamore".
  51. Thomas Röper: Anti-israelische Randale: Unruhen am Flughafen von Machatschkala offenbar aus Kiew organisiert, Anti-Spiegel am 30. Oktober 2023
    Anreißer: Die Randale am Flughafen von Machatschkala in Dagestan sind offenbar aus Kiew organisiert worden, um Unruhe in Russland zu schüren und anti-russische Stimmung im Ausland zu verbreiten.
  52. Thomas Röper: Teil 4: Ein Vergleich der Kriminalität in Deutschland und in Russland, Anti-Spiegel am 25. Juli 2024
    Anreißer: Im Westen wird der Eindruck vermittelt, Russland sei arm und es gäbe keinen Sozialstaat. Ich veröffentliche eine Serie von Artikeln, in denen ich über verschiedene soziale Bereiche wie Gesundheitsversorgung, Renten, Bildung und Kriminalität in Russland berichte.
  53. Thomas Röper: "Islamistischer" Terror: Die Gefahr einer Spaltung der russischen Gesellschaft, Anti-Spiegel am 26. Juli 2024
    Anreißer: Nach diversen Terroranschlägen durch Islamisten in Russland wächst in der russischen Gesellschaft eine Stimmung gegen muslimische Migranten aus ehemaligen Sowjetrepubliken. Das ist gefährlich für Russland, von den USA aber gewollt.
  54. Chef der Münchner Sicherheitskonferenz Heusgen traut Russland Angriff auf Nato-Gebiet zu, Der Spiegel am 10. Februar 2024
    Anreißer: Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz spricht sich für eine umfangreiche Waffenhilfe für Kiew aus. Sollte Russland den Krieg nicht verlieren, könnte Putin nach den baltischen Staaten greifen, warnt Christoph Heusgen[wp].
  55. Youtube-link-icon.svg "Geheimer "Operationsplan Deutschland betrifft uns alle" - Generalleutnant: "Ab 2025 in Kraft" - ntv Nachrichten (2. Juli 2024) (Länge: 15:48 Min.)
    Generalleutnant André Bodemann[wp] ist Befehlshaber des territorialen Führungs­kommandos der Bundeswehr und hat als solcher die Erstellung des "Operationsplans Deutschland" verantwortet. Im Gespräch mit ntv umreißt er, worum es dabei geht.
  56. Bundeswehr-General erfindet Putin-Zitat: "Möchte das alte Gebiet der Sowjetunion wiederherstellen", RT Deutsch am 10. Juli 2024
    Anreißer: Bundeswehr-Generalleutnant André Bodemann[wp] hat bei der Vorstellung des sogenannten "Operationsplan Deutschland" öffentlich behauptet, dass Putin "das alte Gebiet der Sowjetunion wiederherstellen möchte und dazu zählen auch die baltischen Staaten". Der Journalist Florian Warweg fragte dazu in der Bundespressekonferenz nach einem Beleg für ein solches Putin-Zitat, bekam jedoch von den Regierungs­sprechern keinen geliefert.
  57. Thomas Röper: Kriegspropaganda: Die offenen Lügen deutscher Politiker und Medien, Anti-Spiegel am 13. April 2024
    Anreißer: Am Donnerstag hat Verteidigungsminister Pistorius[wp] behauptet, Putin habe "klar gesagt", er wolle nach der Ukraine Europa angreifen. Auch andere westliche Politiker, "Journalisten" und "Experten" behaupten das. Warum lügen sie so offensichtlich?
  58. Kreml will geplatztes Friedensabkommen als Kriegslösung, Handelsblatt am 11. April 2024 (Artikel ist nicht mehr aufrufbar.)
    Auszug: Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius[wp] (SPD) hat den Angriff des russischen Präsidenten Waldimir Putin auf die Ukraine mit der Annexion der Tschechoslowakei durch Nazi-Deutschland im Jahr 1938 verglichen. Europa müsse sich auf einen langen Krieg einstellen, sagte Pistorius am Rande der Vorstellung eines Buchs über Winston Churchill[wp].
    "Putin wird nicht aufhören, wenn der Krieg gegen die Ukraine vorbei ist, das hat er klar gesagt", so Pistorius. "Genau so klar wie Hitler, der auch immer sagte, dass er nicht stoppen würde."
  59. Thomas Röper: Putin will die Sowjetunion zurück? Bundesregierung gibt kleinlaut Propaganda-Lüge zu, Anti-Spiegel am 16. August 2024
    Anreißer: Westliche Medien und Politiker behaupten immer wieder, dass Putin aus imperialistischen Motiven die Sowjetunion wieder­herstellen wolle. Nun musste die Bundesregierung eingestehen, dass das nicht wahr ist.
  60. Max Erdinger: Tucker Carlsons Putin-Interview: Nichts Neues aus Moskau, JournalistenWatch am 9. Februar 2024
  61. Youtube-link-icon.svg KenFM im Gespräch mit: Hannes Hofbauer - KenFM (2. November 2016) (Länge: 104:56 Min.)
  62. Jens Berger: Der russische Dämon, NachDenkSeiten am 18. März 2016

Querverweise

Nationale Personifikationen Russlands

Netzverweise

Russland in den 1990er Jahren
Teil 1: Russland am wirtschaftlichen Scheideweg, 13. März 2024
Teil 2: Russland am sozialen Abgrund, 13. März 2024
Teil 3: Russland in den Fängen der Mafia, 14. März 2024
Teil 4: Der "Uraler Franken" und andere private Währungen in Russland, 15. März 2024
Teil 5: Royal und "Bush-Legs": Was der Westen Russland als "Lebensmittel" verkauft hat, 15. März 2024
Teil 6: Der lange Weg vom Dollar zum Rubel, 15. März 2024
Teil 7: Die Zeit der Sekten in Russland, 16. März 2024
Teil 8: Die Zeit der Finanzpyramiden in Russland, 16. März 2024
Teil 9: Der Verfall und der Wiederaufbau der russischen Armee, 17. März 2024
Teil 10: Die Krise der russischen Rüstungsindustrie und wie die Krise gemeistert wurde, 17. März 2024