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Volkssouveränität

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Das Prinzip der Volkssouveränität bestimmt das Volk zum souveränen Träger der Staatsgewalt. Die Verfassung als politisch-rechtliche Grundlage eines Staates beruht danach auf der verfassungs­gebenden Gewalt des Volkes. Nicht ein Monarch, sondern das Volk in seiner Gesamtheit steht einzig über der Verfassung.[1]

Geschichte

Volkssouveränität proklamierte die französiche Nationalversammlung in der Erklärung der Menschenrechte[wp] vom 4. August 1789 als neues politisches Prinzip und schuf dadurch ein Schlagwort von berauschender Wirkung. Der Artikel III nämlich begann: "Le principe de toute souveraineté réside essentiellement dans la nation." Die bedenkliche Parole drang sofort nach Deutschland herüber und begegnet namentlich in Wielands Aufsätzen über die französische Revolution[wp] aller Orten. Aber auch in den folgenden Jahrzehnten verschwindet sie nicht aus der öffentlichen Diskussion, bis sie im Jahre 1848 erneuten starken Impuls erhält.

Im Volksblatt dieses Jahres, das in verschiedenen Artikeln ausdrücklich dazu Stellung nimmt, wird unter anderem S. 1409 polemisierend bemerkt: "Es sollte kein Sinn sein in diesem Worte, welches das Lieblingswort ganzer Nationen geworden ist? Es sollte keine Wahrheit in diesem Wort liegen, welches von der Donau bis zum Belt, vom Rhein - ja von weit jenseits des Rheins - bis an die russische Grenze auf Aller und jeder Zunge lebt? - Es sollte kein Sinn liegen in dieser Volks­souveränität, welche, von dem hohen Präsidenten unserer National­versammlung und seinem Reichsverweser, sowie von dem gemeinen Arbeiter, als das Prinzip anerkannt und proklamiert worden ist, nach welchem in Zukunft die ganze Welt regiert werden müsse?" usw.[2]

Zitate

"Die Grundlage der Demokratie ist die Volks­souveränität und nicht die Herrschaft eines obrig­keitlichen Staates." - Gustav Heinemann[wp] (1899-1976)
Zitat: «In Wahrheit fehlt dem Grundgesetz selbst die erforderliche demokratische Legitimation. Die so genannte bundes­deutsche Volks­souveränität ist ein ideologisch verbrämtes Traumgebilde.» - Hans Herbert von Arnim[wp][3]
Zitat: «Nur wo der Wille des Volkes aus sich selber fließt, nur wo dieser Wille nicht durch Auflagen eingeengt ist durch einen fremden Willen, der Gehorsam fordert und dem Gehorsam geleistet wird, wird ein Staat im echten demokratischen Sinne des Wortes geboren. Wo das nicht der Fall ist, wo das Volk sich lediglich in Funktion des Willens einer fremden übergeordneten Gewalt organisiert, sogar unter dem Zwang, gewisse Direktiven dabei befolgen zu müssen, und mit der Auflage, sich sein Werk genehmigen zu lassen, entsteht lediglich ein Organismus mehr oder weniger administrativen Gepräges. [...]

Zuerst räumlich betrachtet: Die Volks­souveränität ist, wo man von ihrer Fülle spricht, unteilbar. Sie ist auch räumlich nicht teilbar. Sollte man sie bei uns für räumlich teilbar halten, dann würde das bedeuten, dass man hier im Westen den Zwang zur Schaffung eines separaten Staatsvolks setzt. Das will das deutsche Volk in den drei Westzonen aber nicht sein! Es gibt kein west­deutsches Staatsvolk und wird keines geben!

Das französische Verfassungswort: La Nation une et indivisible: die eine und unteilbare Nation bedeutet nichts anderes, als dass die Volks­souveränität auch räumlich nicht teilbar ist. Nur das gesamte deutsche Volk kann "volks­souverän" handeln, und nicht ein Partikel davon. Ein Teil von ihm könnte es nur dann, wenn er legitimiert wäre, als Repräsentant der Gesamtnation zu handeln, oder wenn ein Teil des deutschen Volkes durch äußeren Zwang endgültig verhindert worden wäre, seine Freiheits­rechte auszuüben. Dann wäre ja nur noch der Rest, der bleibt, ein freies deutsches Volk, das deutsche Volks­souveränität ausüben könnte. [...]

Dazu möchte ich sagen: Eine Verfassung, die ein anderer zu genehmigen hat, ist ein Stück Politik des Genehmigungs­berechtigten, aber kein reiner Ausfluss der Volks­souveränität des Genehmigungs­pflichtigen! [...]

Wir haben unter Bestätigung der alliierten Vorbehalte das Grundgesetz zur Organisation der heute freigegebenen Hoheits­befugnisse des deutschen Volkes in einem Teile Deutschlands zu beraten und zu beschließen. Wir haben nicht die Verfassung Deutschlands oder West­deutschlands zu machen. Wir haben keinen Staat zu errichten.» - Carlo Schmid[4]

Zitat: «Soll ein Staat begründet oder erhalten werden, dann ist eine Klammer benötigt, welche diesen Staat zusammenhält. In vor­demokratischer Zeit war diese Klammer ein Herrscher­geschlecht mit dem dazu gehörenden Adel[wp]. Das Volk hatte so gut wie nichts zu melden. Der Begriff Bürger bezog sich hier auf den Bewohner einer Stadt. Diese verfügte in der Regel über ein gewisses Maß an Selbst­verwaltung. Der Bürger hatte Bürger­rechte, war nicht nur Untertan.

Die Vordenker der französischen Revolution[wp], wie die Vordenker der Vereinigten Staaten von Amerika, schufen einen neuen Begriff: die Volks­souveränität. Alle Macht sollte vom Volke ausgehen. Und das Volk war die Gemeinschaft der Bürger, jeder mit Bürger­rechten ausgestattet. Das Französische unterscheidet den Bourgeois - den Bürgerlichen, vom Citoyen - dem Staatsbürger. Auch der Arbeiter ist eine Citoyen, auch wenn er kein Bourgeois ist. Ein Fremder kann Bourgeois sein, nicht jedoch Citoyen.

Ein Volk, das Träger der Souveränität ist, muss ein Minimum an Zusammen­gehörig­keit besitzen. Es muss willens sein, Souverän dieses Staates zu sein. Es muss sich zur Nation[wp] konstituieren. Der Kitt dieser Nation ist der Nationalismus. Nationalismus ist das Fundament demokratischer Staaten. [...]

Eine Nation ist nichts Statisches. Sie ist stets im Wandel. Menschen wandern ein, Menschen wandern aus. Neue Ideen verbreiten sich, selbst die Sprache, starker Kitt einer Kulturnation, verändert sich. Nur darf die Veränderung nie so groß werden, dass sich die Bürger als Fremde im eigenen Land fühlen. Dann reißt der Zusammenhalt ein, und ein Staat bricht auseinander, die Zivilgesellschaft endet.» - DschinDschin[5]

Zitat: «Das Interesse der vormundschaftlichen Regierung und das Interesse der Religion gehen miteinander Hand in Hand, so daß, wenn letztere abzusterben beginnt, auch die Grundlage des Staates erschüttert wird. Der Glaube an eine göttliche Ordnung der politischen Dinge, an ein Mysterium in der Existenz des Staates ist religiösen Ursprungs: schwindet die Religion, so wird der Staat unvermeidlich seinen alten Isis­schleier verlieren und keine Ehrfurcht mehr erwecken. Die Souveränität des Volkes, in der Nähe gesehen, dient dazu, auch den letzten Zauber und Aberglauben auf dem Gebiete dieser Empfindungen zu verscheuchen; die moderne Demokratie ist die historische Form vom Verfall des Staates - Friedrich Nietzsche[wp]: Menschliches, Allzumenschliches, 1878-1880, S. 280-281
Zitat: «Der Volkssouverän verschwindet in der Wahlkabine.» - Carl Schmitt[6]
Zitat: «Souveränität setzt souveräne Bürger voraus

Gerd-Lothar Reschke weist darauf hin, daß die Souveränitäts­frage nicht allein durch juristische oder verwaltungs­technische Aspekte zu klären ist, sondern immer auch die Bereitschaft der Mehrheit der Bürger eines Landes voraussetzt, am politischen Willens­bildungs­prozeß teilzuhaben. Diese Bereitschaft wurde in den letzten Jahrzehnten durch den deutschen Parteien­filz und durch die faktische Abschaffung der Demokratie, die durch ein Parteien­regime ersetzt wurde, geschwächt. Weitere Faktoren sind das politische Desinteresse der Mehrheit der Deutschen, die sich aufgrund von Obrigkeits­hörigkeit und Un­selbständig­keit in eine Haltung weitgehender Resignation und Passivität geflüchtet haben.» - Wertperspektive[7]

Einzelnachweise

Querverweise

Netzverweise

Dieser Artikel basiert zusätzlich auf dem Artikel Historisches Schlagwörterbuch - Stichwort: Volkssouveränität von Otto Ladendorf, 1906.