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Jubeljahr

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Das jüdische Jubeljahr begann immer an Jom Kippur[wp], am 10. Tag des Tischri[wp], und wurde mit Posaunen im ganzen Land verkündigt. Nach sieben Sabbatjahren[wp][1] (sieben mal sieben Jahre = 49) musste für ein ganzen Jahres alle Feldarbeit ruhen, auch wurden die hebräischen Sklaven ohne Unterschied freigelassen; verkaufte und verpfändete Grundstücke (Häuser in ummauerten Städten und dem Heiligtum gelobte Äcker ausgenommen) kamen ohne Entschädigung aus fremden Händen wieder an den ursprünglichen Besitzer oder seine rechtmäßigen Erben zurück, und alle Schulden wurden erlassen.

Der Hauptzweck dieser Einrichtung war, die von Moses beabsichtigte Gleichheit unter den Güter­besitzern zu erhalten: Das Jubeljahr sollte gewissermaßen eine Wiedergeburt des ganzen Staats bewerkstelligen.

Synonyme

Synonyme für Jubeljahr sind für die jüdische Religion: Jobeljahr, Halljahr; für die katholische Kirche: Ablassjahr, Erlassjahr.

Textstellen in der Thora

Zitat: «1 Der Herr sprach zu Mose auf dem Berg Sinai:
Das Brachjahr
2 Rede zu den Israeliten und sag zu ihnen: Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch gebe, soll das Land Sabbatruhe zur Ehre des Herrn halten. 3 Sechs Jahre sollst du dein Feld besäen, sechs Jahre sollst du deinen Weinberg beschneiden und seinen Ertrag ernten. 4 Aber im siebten Jahr soll das Land eine vollständige Sabbatruhe zur Ehre des Herrn halten: Dein Feld sollst du nicht besäen und deinen Weinberg nicht beschneiden. 5 Den Nachwuchs deiner Ernte sollst du nicht ernten und die Trauben deines nicht beschnittenen Weinstockes sollst du nicht lesen. Für das Land soll es ein Jahr der Sabbatruhe sein. 6 Der Sabbat des Landes selbst soll euch ernähren: dich, deinen Knecht, deine Magd, deinen Lohnarbeiter, deinen Halbbürger, alle, die bei dir leben. 7 Auch deinem Vieh und den Tieren in deinem Land wird sein ganzer Ertrag zur Nahrung dienen.
Das Jubeljahr
8 Du sollst sieben Jahreswochen, siebenmal sieben Jahre, zählen; die Zeit von sieben Jahres­wochen ergibt für dich neun­und­vierzig Jahre. 9 Im siebten Monat, am zehnten Tag des Monats, sollst du das Signalhorn ertönen lassen; am Versöhnungstag sollt ihr das Horn im ganzen Land ertönen lassen. 10 Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr. Jeder von euch soll zu seinem Grundbesitz zurück­kehren, jeder soll zu seiner Sippe heimkehren. 11 Dieses fünfzigste Jahr gelte euch als Jubeljahr. Ihr sollt nicht säen, den Nachwuchs nicht abernten, die unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen. 12 Denn es ist ein Jubeljahr, es soll euch als heilig gelten. Vom Feld weg sollt ihr den Ertrag essen. 13 In diesem Jubeljahr soll jeder von euch zu seinem Besitz zurück­kehren. 14 Wenn du deinem Stammes­genossen etwas verkaufst oder von ihm etwas kaufst, sollt ihr einander nicht übervorteilen. 15 Kaufst du von deinem Stammes­genossen, so berücksichtige die Zahl der Jahre nach dem Jubeljahr; verkauft er dir, dann soll er die noch ausstehenden Ertragsjahre berücksichtigen. 16 Je höher die Anzahl der Jahre, desto höher berechne den Kaufpreis; je geringer die Anzahl der Jahre, desto weniger verlang von ihm; denn es ist die Zahl von Ernte­erträgen, die er dir verkauft. 17 Ihr sollt einander nicht über­vorteilen. Fürchte deinen Gott; denn ich bin der Herr, euer Gott. 18 Ihr sollt meine Satzungen befolgen und auf meine Vorschriften achten und sie ausführen; dann werdet ihr im Land in Sicherheit wohnen. 19 Das Land wird seine Frucht geben, ihr werdet euch satt essen und in Sicherheit darin wohnen. 20 Wenn ihr aber fragt: Was sollen wir im siebten Jahr essen, wenn wir nicht säen und unseren Ertrag nicht ernten dürfen? - 21 Seht, ich werde für euch im sechsten Jahr meinen Segen aufbieten und er wird den Ertrag für drei Jahre geben. 22 Wenn ihr im achten Jahr sät, werdet ihr noch bis zum neunten Jahr vom alten Ertrag essen können; bis der Ertrag dieses Jahres kommt, werdet ihr vom alten essen können. 23 Das Land darf nicht endgültig verkauft werden; denn das Land gehört mir und ihr seid nur Fremde und Halbbürger bei mir. 24 Für jeden Grundbesitz sollt ihr ein Rückkaufrecht auf das Land gewähren. 25 Wenn dein Bruder verarmt und etwas von seinem Grundbesitz verkauft, soll sein Verwandter als Löser für ihn eintreten und den verkauften Boden seines Bruders auslösen. 26 Hat einer keinen Löser, hat er aber die nötigen Mittel für den Rückkauf selbst aufgebracht, 27 dann soll er die Jahre seit dem Verkauf anrechnen und den Restbetrag dem Käufer zurückzahlen; sein Grundbesitz fällt an ihn zurück. 28 Bringt er die nötigen Mittel für diese Ersatz­leistung nicht auf, dann soll der verkaufte Grund bis zum Jubeljahr im Besitz des Käufers bleiben. Im Jubeljahr wird das Grundstück frei und es kommt wieder zu seinem Besitz. 29 Verkauft jemand ein Wohnhaus in einer ummauerten Stadt, so besteht das Rückkaufrecht bis zum Ablauf des Jahres, das dem Verkauf folgt; sein Rückkaufrecht ist zeitlich beschränkt. 30 Erfolgt der Rückkauf bis zum Ablauf des Jahres nicht, dann soll das Haus innerhalb der ummauerten Stadt dem Käufer und seinen Nachkommen endgültig verbleiben; er braucht es im Jubeljahr nicht zu verlassen. 31 Aber die Häuser in Dörfern, die nicht von Mauern umgeben sind, werden als Bestandteil des freien Feldes betrachtet; für sie besteht ein Rückkauf­recht und der Käufer muss es im Jubeljahr verlassen.
Sonderbestimmungen für die Leviten
32 Für die Städte der Leviten, die Häuser der Städte, die ihr Erbbesitz sind, gilt: Die Leviten haben ein zeitlich unbegrenztes Rückkaufrecht. 33 Wenn einer von den Leviten auf Einlösung verzichtet, fällt im Jubeljahr das Haus in der Stadt als Erbbesitz zurück; denn die Häuser in den Städten der Leviten sind deren Eigentum mitten unter den Israeliten. 34 Das Weideland, das zu diesen Städten gehört, kann nicht verkauft werden; denn es ist zeitlich unbegrenzt ihr Eigentum.
Soziales Verhalten
35 Wenn dein Bruder verarmt und sich neben dir nicht halten kann, sollst du ihn, auch einen Fremden oder Halb­bürger, unterstützen, damit er neben dir leben kann. 36 Nimm von ihm keinen Zins und Wucher! Fürchte deinen Gott und dein Bruder soll neben dir leben können. 37 Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben. 38 Ich bin der Herr, euer Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euch Kanaan zu geben und euer Gott zu sein.
Die Freilassung israelitischer Sklaven
39 Wenn ein Bruder bei dir verarmt und sich dir verkauft, darfst du ihm keine Sklaven­arbeit auferlegen; 40 er soll dir wie ein Lohn­arbeiter oder ein Halb­bürger gelten und bei dir bis zum Jubeljahr arbeiten. 41 Dann soll er von dir frei weggehen, er und seine Kinder, und soll zu seiner Sippe, zum Eigentum seiner Väter zurückkehren. 42 Denn sie sind meine Knechte; ich habe sie aus Ägypten herausgeführt; sie sollen nicht verkauft werden, wie ein Sklave verkauft wird. 43 Du sollst nicht mit Gewalt über ihn herrschen. Fürchte deinen Gott!
Die Sklaven aus fremden Völkern
44 Die Sklaven und Sklavinnen, die euch gehören sollen, kauft von den Völkern, die rings um euch wohnen; von ihnen könnt ihr Sklaven und Sklavinnen erwerben. 45 Auch von den Kindern der Halbbürger, die bei euch leben, aus ihren Sippen, die mit euch leben, von den Kindern, die sie in eurem Land gezeugt haben, könnt ihr Sklaven erwerben. Sie sollen euer Eigentum sein 46 und ihr dürft sie euren Söhnen vererben, damit diese sie als dauerndes Eigentum besitzen; ihr sollt sie als Sklaven haben. Aber was eure Brüder, die Israeliten, angeht, so soll keiner über den andern mit Gewalt herrschen.
Das Loskaufrecht israelitischer Sklaven bei Fremden
47 Wenn ein Fremder oder ein Halbbürger bei dir zu Vermögen kommt, aber dein Bruder von ihm wirtschaftlich abhängig wird und sich ihm oder einem Nachkommen aus der Familie eines Fremden verkauft, 48 dann soll es, wenn er sich verkauft hat, für ihn ein Loskaufrecht geben: Einer seiner Brüder soll ihn auslösen. 49 Auslösen sollen ihn sein Onkel, der Sohn seines Onkels oder sonst ein Verwandter aus seiner Sippe. Falls seine eigenen Mittel ausreichen, kann er sich selbst loskaufen. 50 Er soll mit dem, der ihn gekauft hat, die Jahre zwischen dem Verkaufs- und dem Jubeljahr berechnen; die Summe des Verkaufs­preises soll auf die Zahl der Jahre verteilt werden, wobei die verbrachte Zeit wie die eines Lohnarbeiters gilt. 51 Wenn noch viele Jahre abzudienen sind, soll er ihrer Zahl entsprechend den Lösepreis von seiner Kaufsumme absetzen. 52 Wenn nur noch wenige Jahre bis zum Jubeljahr übrig sind, soll er es ihm berechnen; den Jahren entsprechend soll er den Lösepreis bezahlen. 53 Er gelte wie ein Lohn­arbeiter Jahr um Jahr bei seinem Herrn; dieser soll nicht vor deinen Augen mit Gewalt über ihn herrschen. 54 Wenn er in der Zwischenzeit nicht losgekauft wird, soll er im Jubeljahr freigelassen werden, er und seine Kinder.
Abschließende Begründung
55 Denn mir gehören die Israeliten als Knechte, meine Knechte sind sie; ich habe sie aus Ägypten herausgeführt, ich, der Herr, euer Gott.» - Levitikus 25, 1-55 (Einheitsübersetzung)[2]

Christentum

Papst Bonifatius VIII[wp] stiftete im Jahr 1300 ein Jubeljahr (jubilaeus annus) nach dem alt­testamentlichen Brauch, das mit einem hohen Ablass verbunden war. Den Gläubigen wurde damals versprochen, sie würden durch eine Wallfahrt nach Rom und ein (Geld-)Opfer auf dem Altar der Peterskirche einen vollkommenen Ablass für alle während ihres Lebens begangenen Sünden empfangen. Dieses erste "Heilige Jahr" verlief so erfolgreich, dass das zweite nicht erst, wie geplant, für 1400, sondern bereits für 1350 angesetzt wurde. Später wurden die Abstände auf 25 Jahre verkürzt und weitere Sonderjubeljahre eingeschoben, zuletzt 1983 zum 1950. Todesjahr von Jesus von Nazareth.[3]

Praxis des Jubeljahres

Bei den Juden scheinen die Sabbat- und Erlassjahr-Regeln nur selten - wenn überhaupt - befolgt worden zu sein. Es gibt einige Hinweise auf tatsächliche Landbrachen, aber keine verlässlichen Quellen für die Umsetzung des Erlassjahrs. Jeremia beklagt vielmehr (Jeremia 34,8-17), dass die Israeliten das Erlassjahr missachteten, und Jesaja klagte diejenigen an, die "Haus an Haus und Acker and Acker reihen" (Jesaja 5,8). Im nach-exilischen Israel interpretieren einige Autoren die Gefangen­schaft als die nachgeholten Sabbatjahre, die das Volk entgegen dem Gesetz Gottes nicht gewährt hatte.[4]

Im Katholizismus bezog sich der Papst im November 1994 bei seiner Ankündigung des "Jubeljahres" ausdrücklich auf die Tradition des Alten Testamentes. Doch bei den Juden hatten diese Jahre einen ganz anderen Sinn. Alle fünfzig Jahre, so bestimmte es Mose, mussten alle Felder, alles Eigentum an Boden an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden. Zusätzlich wurden alle sieben Jahre die Schulden erlassen, und das Ackerland konnte sich für ein Jahr ausruhen. Außerdem wurden die durch Verschuldung zu Taglöhnern herab­gesunkenen Bauern aus ihrer Abhängigkeit befreit.

Das Ziel war, dass immer wieder ein sozialer Ausgleich stattfand. Ohne regulierende Eingriffe würden nämlich die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden. Da beispielsweise der Boden nicht vermehrbar ist, reagiert er auf steigende Nachfrage (z. B. durch Bevölkerungs­zunahme) mit steigenden Preisen. Die Folge ist Boden­spekulation und eine nicht durch Leistung gerecht­fertigte Bereicherung der Boden­besitzer. Ähnlich ist es bei den Schulden: Weil das Geld nicht rosten oder verderben kann, ist es den Waren überlegen und erzwingt ebenfalls höhere Preise, die sich als Zinsen ausdrücken und den, der einmal in die Zinses­zins­spirale gerät, auf Generationen ins Unglück stürzen können. Das Zinsnehmen war deshalb unter den Juden verboten, wie übrigens auch noch in der Kirche bis zum Beginn der Neuzeit.

Und schließlich braucht auch der Boden Ruhe. Wenn er ständig nur ausgebeutet wird, erschöpft sich seine Kraft früher oder später. "Moderne" Kunstdünger können diesen Prozess allenfalls hinausschieben.

Inwieweit die Vorschriften des Jubeljahres im jüdischen Volk wirklich beachtet und in die Tat umgesetzt wurden, ist nur schwer zu ermitteln. Im Grunde versuchten die Israeliten, Missstände zu mindern, die bis heute ungelöst sind, obwohl Lösungs­vorschläge (von Boden­reformern, Geld­reformern, Ökologen) genug vorhanden wären. Abschöpfung des Boden­wert­zuwachses, Umlaufsicherung des Geldes, Drei­felder­wirtschaft seien hier stell­vertretend erwähnt. Doch die Profitgier des Menschen gegenüber seines­gleichen und der Natur ist stärker. Sie verhindert Reformen, führt aber letztlich in Katastrophen sozialer und ökologischer Art.[3]

Aktueller Bezug

Es gibt kein Gesetz, das effektiv verhindert, dass Menschen in Abhängigkeit kommen und bleiben. Bei den Juden gab es früher das Prinzip des Jubeljahrs. Alle 50 Jahre wurden alle Schulden vergeben bzw. gelöscht und das Land neu verteilt. Daher kommt der Begriff, dass manche Dinge nur alle Jubeljahre geschehen. Man mag es als ungerecht empfinden, dass man somit verliehenes Geld nicht mehr zurückerhält. Die Folge wäre aber, dass niemand mehr durch das Verleihen von Geld Menschen dauerhaft in Abhängigkeit bringen könnte. Es wäre nicht mehr so lukrativ, Geld zu verleihen. Keine Bank würde Geld verleihen, wenn sie erwarten müsste, dass diese Schulden gelöscht würden. Da die Schulden nur alle 50 Jahre gelöscht wurden, so konnte in der Zwischenzeit normal gewirtschaftet werden.[5]

Einzelnachweise

  1. Vergleiche Deuteronomium 15, 1-18 (BibleServer: 5. Moses 15)
  2. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Katholische Bibelanstalt 1980 (BibleServer: 3. Moses 25)
  3. 3,0 3,1 Vom ursprünglichen Sinn blieb nichts übrig: Das katholische Jubeljahr: Mose, auf den Kopf gestellt, Das Weiße Pferd, Ausgabe 13/1999
  4. Adele Webb, Jürgen Kaiser: Das biblische Jubeljahr und die Staatsschuldenkrise des 21. Jahrhunderts - ein 3000 Jahre altes, erstaunlich aktuelles Konzept
  5. Pdf-icon-intern.svg Methoden der Manipulation - Elias Erdmann, 1995/2009 (72 Seiten), S. 47/48

Netzverweise