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Vogelschiss

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Hauptseite » Wörterbuch » Vogelschiss
Deutsche Geschichte seit Christi Geburt und die Abhandlung in deutschen Geschichtsbüchern.

Der Vogelschiss (auch "Vogelscheiße") ist eine Unterart von Ausscheidungen von Tieren.

"Vogelschiss"-Rede

Der AfD-Politiker Alexander Gauland sagte in seiner Rede auf dem Bundeskongress der AfD-Nachwuchs­organisation Junge Alternative im thüringischen Seebach:

Zitat: «Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.»[1]
Zitat: «"Hitler und die Nationalsozialisten sind nur ein Vogelschiss in 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte", sagt #AfD-Chef Alexander #Gauland beim Treffen der #JA in #Thüringen.» - DW-Politik[2]

Reaktionen

Gaulands Rede entfachte die Empörung der Berufs-Gutmenschen. Beispielsweise sei Historiker Moritz Hoffmann zitiert:

Zitat: «Für den Historiker Moritz Hoffmann ist die "Vogelschiss"-Rede von Alexander Gauland besorgniserregend: Der AfD-Chef rede die NS-Zeit zu einer "Heimsuchung" klein - und versuche "einen positiven deutschen Mythos zu pflegen".

Wenn Alexander Gauland mit der Verharmlosung des verbrecherischen NS-Regimes provozieren wollte, hat er sein Ziel erreicht: Die Aufregung in der Presse, den Parteien und sozialen Netzwerken ist immens.[ext] Der Partei- und Fraktions­vorsitzende der AfD im Bundestag hatte am Samstag beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchs­organisation Junge Alternative im thüringischen Seebach gesagt:

"Wir haben eine ruhmreiche Geschichte, daran hat vorhin Björn Höcke erinnert. Und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre. Und nur, wenn wir uns zu dieser Geschichte bekennen, haben wir die Kraft, die Zukunft zu gestalten. Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die zwölf Jahre. Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte." [1]

Auch dem Historiker und Autor Moritz Hoffmann stoßen Gaulands Sätze übel auf. Besorgnis löst bei dem 32-Jährigen aber weniger die "Vogelschiss"-Aussage aus, als die Distanzierung von den Gräueltaten in der NS-Zeit. Warum, erklärt der Geschichts­wissen­schaftler mit Schwerpunkt auf europäische und deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts dem stern.

Historiker: Das will Alexander Gauland bezwecken

Herr Hoffmann, Ihr Problem an Alexander Gaulands "Vogelschiss"-Rede ist in erster Linie nicht das Wort "Vogelschiss". Sie stören andere Formulierungen. Warum?
Moritz Hoffmann: Dass sich nun die größte Kontroverse am Wort "Vogelschiss" entzündet, ist logisch: weil es so plakativ ist. Mich stört aber vor allem der implizite und keineswegs neue Wunsch, aus der Zeit des Nationalsozialismus eine von außen und nur ein Dutzend Jahre über Deutschland gekommene Heimsuchung zu machen. "Hitler und die Nazis", davon lässt es sich leicht distanzieren. Dass es ganz normale und enorm viele Deutsche waren, die sich nicht nur einer abstrakten Verantwortung des Landes, sondern einer ganz individuellen Schuld stellen mussten und gemusst hätten, davon redet Gauland natürlich nie.
Auf Twitter haben Sie geschrieben, dass Alexander Gauland versuche, die "deutsche Verantwortung klein­zu­halten". Warum sollte er das wollen?
Im Kern dieses Redeabschnittes geht es ja darum, dass Gauland Stolz auf nicht näher definierte tausend Jahre deutsche Geschichte - mit Ausnahme dieser zwölf Jahre - verbreitet sehen möchte. Im vergangenen September hat er ja schon öffentlich verlangt, stolz auf deutsche Schlachten gegen französische und britische Truppen von 1870 und 1917 sein zu können. Es geht Gauland also darum, einen positiven deutschen Mythos zu pflegen, eine Art sach­dienliche Verwendung von Geschichte für ein positives Deutschland. Da stören diese, wie er selbst sagt, "zwölf Jahre" natürlich. Also versucht er sie einerseits klein­zu­halten, indem er ihre reine Dauer in Jahren betrachtet, und andererseits die Verantwortung zu veräußern. Für Gauland ist auch das "Dritte Reich" deutsche Geschichte, aber offenbar nicht Geschichte der Deutschen.
Alexander Gauland habe den Nationalsozialismus als "Fliegenschiss" bezeichnet, seiner Meinung nach "eine der verachtungs­vollsten Charakterisierungen, die die deutsche Sprache kennt." In seiner Stellung­nahme nach dem Eklat sagte er außerdem, das könne "niemals eine Verhöhung der Opfer dieses verbrecherischen Systems sein." Haben wir Alexander Gauland einfach nur falsch verstanden?
Ich bezweifle, dass Gauland die Opfer des National­sozialismus verhöhnen wollte. So wie ich seine Äußerungen zur Geschichts­politik seit Jahren verfolge, sind die Opfer ihm schlicht egal. Schon vor Jahren hat er davon gesprochen, dass Auschwitz viel in uns Deutschen zerstört habe. Kein Wort von den tatsächlichen Opfern, den Ermordeten des Vernichtungs­lagers. Gaulands einziger Bezugspunkt sind die Deutschen, und da lässt er die deutschen Opfer national­sozialistischer Verfolgung schon außen vor. Deutsche Geschichte existiert für ihn nur so, dass sie deutschen Interessen nützt. Deswegen redet er ja auch davon, dass die anderen rund 988 Jahre der deutschen Geschichte ein Erfolg seien und ignoriert dabei die vielen unrühmlichen Kapitel, die nur deshalb kein so großes Thema sind, weil sie in anderen, vornehmlich europäischen Ländern genau so vorgekommen sind.»[3]
Zitat: «Angesichts der massiven Empörung über eine Äusserung zum Nationalsozialismus hat der deutsche AfD-Chef Alexander Gauland seine Aussage relativiert. "Es war nicht meine Absicht, die Verbrechen des National­sozialismus zu bagatellisieren", sagte Gauland am Montag.

Seine Wortwahl verteidigt er, allerdings habe er von "Fliegenschiss" gesprochen: "Ich habe den National­sozialismus als Fliegenschiss bezeichnet. Das ist eine der verachtungs­vollsten Charakterisierungen, die die deutsche Sprache kennt. Das kann niemals eine Verhöhnung der Opfer dieses verbrecherischen Systems sein", hiess es in einer persönlichen Stellungnahme.

Er müsse aber zur Kenntnis nehmen, dass viele in dem Begriff eine unangemessene Bagatellisierung gesehen hätten. "Nichts lag mir ferner als einen solchen Eindruck entstehen zu lassen, was sich aus dem übrigen Teil der Rede auch zweifelsfrei ergibt", betonte er. "Die entstandene Wirkung bedaure ich. Niemals war es meine Absicht, die Opfer dieses verbrecherischen Systems zu bagatellisieren oder gar zu verhöhnen."»[4]

Wenn wir heute, im Juni 2018, über die Schuld der Deutschen reden, dann natürlich auch im Kontext des Gaulandschen "Vogelschiss"-Zitates. Der Vorsitzende jener Partei, die einerseits als einzige konsequent und nicht bestreitbar verklausuliert die Regierung für ihre Fehler kritisiert, der aber andererseits von der Regierung und regierungs­nahen Medien nicht immer nur zu Unrecht vorgeworfen wird, mit Deutschlands üblen Geistern zu flirten, hat gesagt: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren deutscher Geschichte". Für den Autor Moritz von Uslar etwa ist es "der furchtbarste Satz, den ein Politiker in der Bundesrepublik, deren Kind ich bin, gesprochen hat". (@MoritzvonUslar, 2.6.2018[ext])

Die Verurteilung jenes Satzes ist universell - es wird Gaulands Partei dennoch nicht langfristig schaden, da die brennenden Probleme, welche die AfD stark machen, eher größer als kleiner werden. (siehe mein Text: Wer die AfD schwächen will, muss Merkel abwählen[ext])

Ich halte also von beiden Extremen wenig. Auf der einen Seite stehen die Höckes und Gaulands, welche von "Schuldkult" und "Vogelschiss" reden. Auf der anderen Seite stehen Merkel, die Grünen und alle die Hurra-Journalisten, welche tatsächlich dafür gesorgt haben und weiter sorgen, dass Juden in Deutschland wieder um ihr Leben fürchten.

Manche reden, als ob Deutschland keine Schuld trägt - Merkel handelt, als ob Deutschland keine Schuld trägt. Gaulands Satz ist emotional widerlich, Merkels Handeln ist ganz faktisch gefährlich.

– Dushan Wegner[5]
Zitat: «Wie jetzt? Man darf nicht mehr sagen, dass Hitler Scheiße (= Fliegenschiss) war?!?? 8-)» - Twitter[6]
Zitat: «Weitere Leistungen der Briten:
http://twitter.com/crimesofbrits

Ein bisschen habe ich das durchgeblättert, und ja, die Deutschen sind in der Menschenverachtung ein Fliegenschiss gegenüber den Briten. Kein Wunder, warum man in Deutschland mit dem Schuldkult hausieren geht, ihn sogar zur Staatsreligion erklärt. Alles nur, um von den gigantischen Schweinereien der anderen abzulenken.

Das Ganze nennt sich Politik. Der Inbegriff der Lüge.» - WGvdL[7]

Erika Steinbach stellt klar:

Zitat: «Als ich die Nachrichten und Kommentare zu Alexander Gaulands Formulierung "Vogelschiss" las, war ich gelinde gesagt irritiert [...] Seit geraumer Zeit versuche ich aber immer, mir die Originaltexte bei inkriminierenden Überschriften und Berichten zu beschaffen. So auch in diesem Fall.

Erschüttert habe ich festgestellt, dass nichts von dem was Gauland unterstellt wurde, zu belegen ist. Im Gegenteil.

In seiner Rede beschreibt Gauland knapp unsere mehr als tausend­jährige deutsche Geschichte. Er macht dabei am Beispiel des jüdischen Chronisten Kantorowicz deutlich, dass von Anbeginn an Juden Teil unserer Geschichte sind.

Dazu sagte er wörtlich:

"….denken wir immer daran, dass ein deutscher Jude, Ernst Kantorowicz[wp], den Ruhm des Staufer­kaisers beschrieben hat. Nein, der Islam gehört nicht zu uns. Unsere Vorfahren haben ihn 1683 vor Wien besiegt. Aber das deutsche Judentum von Ballin und Bleichröder über Rathenau und Kantorowicz war Teil einer deutschen Helden­geschichte, die Hitler vernichten wollte."

Und fügte an:

"Uns muss man nicht vom Unwert des Nationalsozialismus überzeugen."

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass seine Aussage zum Islam einer der nicht genannten Gründe war, sich so auf den Vorsitzenden der AfD zu stürzen.

David Berger: Aber dennoch bleibt doch die Tatsache, dass Gauland die Bedeutung eines Ereignisses an dessen bloßen Zeitumfang fest macht. Dann wäre der Einzug der AfD in den Bundestag noch weniger als ein "Vogelschiss" in der Jahrtausende umfassenden Geschichte Deutschlands. Ist das nicht ein völlig verfehlter, weil komplett von Inhalten absehender Zugang zur Geschichte?

Erika Steinbach: Er bekannte sich deutlich mit seinem Satz

"Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die 12 Jahre."

Wer aber auch immer den Bogen über einen solch langen Zeitraum spannt, kommt nicht umhin zu sehen, dass diese zwölf Jahre eben nur ein winziger Bruchteil, wenn auch ein schrecklicher, im Verlaufe unserer deutschen Geschichte gewesen sind.

Die Bezeichnung Vogelschiss, etwas ziemlich Ekelhaftes, ist sicher nicht die treffendste Formulierung dafür. An keiner Stelle kann aber aus seiner Rede Antisemitismus, Heraus­stehlen aus der historischen Verantwortung und Relativierung heraus­gelesen werden. Daraus das zu konstruieren, was landauf, landab nahezu unisono getitelt und kommentiert wurde, halte ich schlichtweg für gezielten Rufmord.» - Philosophia Perennis[8]

Die - leider muss man sagen - links-versiffte Wikipedia rubriziert Alexander Gauland und Björn Höcke allen Ernstes als Person des Geschichts­revisionismus bzw. Rechts­extremismus[wp]!

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Gauland: NS-Zeit war nur Vogelschiss, MDR am 2. Juni 2018 (Auf einem Treffen der AfD-Jugend in Seebach sagte der Partei­vorsitzende Gauland, Hitler und die NS-Zeit seien nur ein "Vogelschiss" in der erfolgreichen deutschen Geschichte.)
  2. Twitter: @dw_politik - 2. Juni 2018 - 03:50
  3. "Vogelschiss"-Rede von AfD-Chef: "Die Opfer sind ihm schlicht egal": Historiker erklärt, was Gauland (wirklich) bezwecken will, Spiegel am 4. Juni 2018 (Für den Historiker Moritz Hoffmann ist die "Vogelschiss"-Rede von Alexander Gauland besorgnis­erregend: Der AfD-Chef rede die NS-Zeit zu einer "Heimsuchung" klein - und versuche "einen positiven deutschen Mythos zu pflegen".)
  4. Ich habe den Nationalsozialismus als Fliegenschiss bezeichnet, Basler Zeitung am 4. Juni 2018 (AfD-Chef Gauland sorgte mit seiner "Vogelschiss"-Aussage für Empörung. Jetzt hat er Stellung genommen.)
  5. Wer Schuld ernst nimmt, ringt mit ihr, Dushan-Wegner-Blog am 5. Juni 2018
  6. Twitter: @WikiMANNia - 4. Juni 2018 - 00:56
  7. WGvdL-Forum: Britischer Herrenmensch in Bengalen (Indien), Rainer am 5. Juni 2018 - 00:49 Uhr
  8. Erika Steinbach zu "Vogelschiss"-Debatte: Medien begingen Rufmord an Gauland, Philosophia Perennis am 8. Juni 2018.

Netzverweise