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Donezk

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Wappen der Stadt

Donezk (russisch: Донецк, ukrainisch: Донецьк) ist eine Stadt in Neurussland und das Zentrum des Kohlereviers Donbass. 2022 wurde die Einwohnerzahl mit 901.645 angegeben. Die Stadt ist ein wichtiger Industriestandort, Sitz mehrerer Universitäten sowie ein wichtiges Kulturzentrum.

Donezk ist Hauptstadt der Volksrepublik Donezk, die etwa 4,37 Millionen Einwohner hat.

Geographie

Donezk liegt in einer überwiegend landwirtschaftlich genutzten Steppen­landschaft, die von kleinen Wäldern, Anhöhen (natürliche und Abraumhalden der Bergwerke) und Seen umgeben ist. Die Stadt liegt am Fluss Kalmius[wp], der etwa 120 Kilometer südlich von Donezk, bei Mariupol, in das Asowsche Meer[wp] mündet, welches traditionell ein bevorzugtes Urlaubsrevier der Bevölkerung ist.

Geschichte

Der Name der Stadt kommt vom Fluss Donez[wp], was übersetzt "kleiner Don"[wp] heißt.

Denkmal für John Hughes in Donezk (2001 errichtet) © Steschko
Preobraschenski-Kathedrale

1869 gründete der Waliser John Hughes[wp] mit seiner aus England mitgebrachten modernen technischen Ausrüstung und 100 Facharbeitern eine metallurgische Fabrik, um welche sich rasch eine Siedlung entwickelte.[1] Die Siedlung wurde nach Hughes damaliger russischer, aussprachenaher Schreibweise Jus (Юз) Jusowka (Юзовка) genannt.

Hughes war von der russischen Regierung nach dem Schock des Krim-Krieges[wp] kontaktiert worden, weil man in der Region des späteren Donezk zwar Erz-, Kohle und Wasser­vorkommen hatte, eigene Bemühungen um den Aufbau einer Eisen­industrie aber an den mangelnden technischen Vor­aus­setzungen gescheitert waren. Im Januar 1872 nahm der erste Hochofen seine Arbeit auf, es folgten weitere und das Werk mit fast 1.800 Mitarbeitern wurde zum größten Metall­produzenten des russischen Reiches.[2] Während die Fachkräfte aus dem Ausland kamen, strömten die Arbeiter aus den weniger fruchtbaren südlichen Regionen Russlands in die aufstrebende Industriestadt. Unter ihnen war 1908 auch der junge Nikita Chruschtschow[wp].

1917 wurde Jusowka zur Stadt erhoben.

Seit 1961 heißt die Stadt Donezk wegen ihrer Lage im nach dem Siwerskyj Donez[wp] benannten Donezbecken. Donezk wurde in den 1960er-Jahren von der UNESCO[wp] als grünste Industriestadt in ihrer Einwohnerklasse ausgezeichnet. Zu Recht bezeichnete sich Donezk als "Stadt der Millionen Rosen[wp]".

Lage von Donezk im Krieg in der Ostukraine nach 2014

Im Jahr 1991 wurde die damals zur USSR[wp] bzw. UdSSR[wp] gehörende Oblast Donezk[wp] nach dem Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine[wp] Staatsgebiet der Ukraine. Damit ging auch die Stadt in ukrainisches Territorium über.

Im Verlauf des Russisch-Ukrainischen Krieges[wp] kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen pro-russischen Demonstranten und Unterstützern der ukrainischen Übergangsregierung. Das Gebäude der Regional­verwaltung wurde mehrfach von pro-russischen Demonstranten besetzt; dabei wurde auf dem Dach die russische Fahne gehisst.[3][4] Im Zusammenhang mit diesen Ausschreitungen erklärte das russische Außenministerium, Russland sei bereit, "seine Landsleute und seine Staatsbürger in der Ukraine" zu beschützen.[5] Die OSZE entsandte am 21. März 2014 unter anderem nach Donezk Beobachter.[6] Am 28. April 2014 fand in Donezk die letzte pro-ukrainische Demonstration statt, welche sich angesichts gewaltsamer, behelfsmäßig bewaffneter Gruppen, welche durch die Stadt zogen und "Angst und Terror verbreiteten", auflöste.[7][8] Die Stadt befindet sich seitdem unter Kontrolle der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk und dient dieser als Hauptstadt. Am 25. Mai 2014, einen Tag nach der Präsidentschaftswahl in der Ukraine[wp], wurde der Donezker Flughafen[wp] durch pro-russische Separatisten besetzt, kurz darauf jedoch wieder durch ukrainische Regierungstruppen zurückerobert[wp].[9][10] Der Flughafen wurde später zum Mittelpunkt der Kämpfe zwischen beiden Seiten. Die Separatisten versuchten entgegen diversen Waffenstillstands­vereinbarungen das Flughafengelände zu erobern, was ihnen im Januar 2015 schließlich auch gelang[wp]. Auch danach gab es heftige Gefechte im Raum Donezk, das an der Grenze zwischen den von Separatisten und Regierungs­truppen kontrollierten Gebieten des Donezbeckens liegt. Dabei wurde die Stadt selbst auch noch Anfang 2015 von der ukrainischen Armee mit schwerer Artillerie beschossen, wobei nach Angaben der Separatisten 17 Soldaten und vier Zivilisten getötet wurden. Getroffen wurde auch ein Krankenhaus. Beide Konfliktparteien beschuldigten sich gegenseitig, für den Zwischenfall verantwortlich zu sein.[11] Auch wenn durch das Minsker Abkommen vom Februar 2015 der Einsatz schwerer Waffen unterbunden wurde, flackerten auch noch 2017 im Stadtgebiet wieder Gefechte auf. Die Versorgungslage der Zivilbevölkerung ist prekär, viele Menschen, insbesondere ältere, waren auf Hilfslieferungen angewiesen.[12]

Bevölkerungsentwicklung

Die Einwohnerzahl Donezks ist innerhalb von nur 110 Jahren von 164 Einwohnern im Jahr 1870 bis 1.020.000 im Jahr 1979 gestiegen. Seit einigen Jahren sinkt jedoch die Einwohnerzahl der Stadt. Im Jahr 2001 bestand die Bevölkerung Donezks aus folgenden Volksgruppen:[13]

Jahr Einwohner
1870 164
1884 5.494
1897 28.100
1910 48.000
1926 105.739
1939 466.300
1959 699.200
1970 879.000
1979 1.020.800
1989 1.109.100
1998 1.065.400
2006 993.500
2012 970.200
2013 968.600
2014 953.782
Volksgruppe Einwohner in Prozent
Russen 493.392 48,15
Ukrainer 478.041 46,65
Belarussen 11.769 1,15
Griechen 10.180 0,99
Juden 5.087 0,50
Tataren 4.987 0,49
Armenier 4.050 0,40
Aserbaidschaner 2.098 0,20
Georgier 2.073 0,20
Andere 13.001 1,27
Gesamt 1.024.678 100,00


Sprache

Donezk gehörte in der Ukraine zu den Großstädten mit überwiegend russisch­sprachiger Bevölkerung.

Wirtschaft

Schwerindustrie prägt das Stadtbild

Donezk ist ein wichtiges Zentrum der Schwerindustrie[wp] und des Kohlebergbaus. Hier befinden sich - zum Teil direkt unter der Stadt - vor allem Steinkohle­bergwerke[wp], in denen es in letzter Zeit wiederholt zu schweren Unfällen gekommen ist.

Kohle, Stahl und Chemie in Donezk und der umliegenden Region Donezbecken verfügen über die zentralen wirtschaftlichen Ressourcen der Ukraine. Keine andere Region des Landes hatte vor der postsowjetischen Wirtschaftskrise einen ähnlich hohen Lebensstandard.[14] Seit 1991 spielen Oligarchen wie beispielsweise Rinat Achmetow[wp] in der Wirtschaftsregion eine große Rolle.

Inzwischen kämpft nicht nur der Bergbau mit Problemen der Wirtschaftlichkeit. Auch die Stahlindustrie produziert mit veralteten Anlagen. Im Gegensatz zur Region Charkiw, einer Nettozahlerin für den ukrainischen Zentralhaushalt, musste das Donezker Gebiet subventioniert werden.

Bildung

Die Stadt Donezk beherbergt mehrere Universitäten und Hochschulen sowie deren wissenschaftliche Forschungs­institute, die sich hauptsächlich mit Themen der dort ansässigen Industrie­zweige befassen. In diesen Bildungseinrichtungen wurden seit 1970 auch hunderte von Studenten aus Deutschland bzw. der damaligen DDR ausgebildet.

Verkehr

Vor dem Donbass-Krieg war der Flughafen Donezk[wp] einer der meistgenutzten Flughäfen in der Ukraine. Es gab umsteigefreie Flug­verbindungen etwa nach Deutschland und Österreich. Am 26. Mai 2014 wurde mit der 1. Schlacht um den Flughafen[wp] der Flugbetrieb eingestellt. Im Zuge der 2. Schlacht[wp] wurden bis 19. Januar 2015 Altes und Neues Terminal und der Tower zerstört.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Andreas Kappeler[wp]: Die Kinder des Sowjetkommunismus fühlen sich verraten, Neue Zürcher Zeitung am 25. Juni 2014
    Untertitel der gedruckten Ausgabe; Die Nachfahren der in der Sowjetzeit gehätschelten Industriearbeiter des Donbass trauern ihren früheren Privilegien nach.
    Untertitel der Online-Version: Die Stadt Donezk war in den dreissiger Jahren ein Vorzeigemodell des sozialistischen Aufbaus. Im ukrainischen Staat fühlen sie sich heute an den Rand gedrängt.
  2. Serhii Plokhy[wp]: Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine. Aus dem Englischen von Anselm Bühling u. a. Hoffmann und Campe, Hamburg 2022, S. 261–262. ISBN 978-3-455-01526-3.
  3. Die Kurzherrschaft des "Volksgouverneurs" Gubarew, Die Welt am 9. März 2014
  4. Ein Toter bei Ausschreitungen im ukrainischen Donezk, Die Welt am 14. März 2014
  5. Moskau: Russland wird Landsleute in Ukraine in Schutz nehmen[archiviert am 15. März 2014], Webseite von RIA Novosti[wp] vom 14. März 2014
  6. Krim-Krise: OSZE schickt 100 Beobachter in die Ukraine, Spiegel Online am 22. März 2014
    Anreißer: Die Ukraine bekommt nach langem Ringen eine internationale Beobachtermission. Die OSZE entsendet rund hundert Zivilisten - auch Russland gab seinen Widerstand auf und stimmte zu. Auf die Krim dürfen die Beobachter vorerst jedoch nicht.
  7. Golineh Atai[wp]: WDR Montalk 16. März 2015; Minute 45; abgerufen am 21. Juli 2015 (nicht verfügbar)
  8. Ostukraine: Methoden des Terrors im Donbass, Luzerner Zeitung am 22. Dezember 2017
  9. Nach der Präsidentenwahl-Tote bei Gefechten in Donezk, FAZ am 26. Mai 2014
    Anreißer: Der Sieger der Präsidentenwahl in der Ukraine, Petro Poroschenko[wp], hat eine Offensive gegen prorussische Milizen angekündigt. Am Flughafen von Donezk und in der Stadt kommt es zu heftigen Schusswechseln. Die Separatisten sprechen von mindestens zwei Todesopfern.
  10. OSZE-Beobachter sind in der Hand von Separatisten, Die Welt am 27. Mai 2014
    Anreißer: Die vier in der Ost-Ukraine vermissten OSZE-Beobachter befinden sich in der Hand von prorussischen Separatisten. Das gibt der dänische Entwicklungs­minister Mogens Jensen per Mail bekannt.
  11. Krankenhaus in Donezk mit Artillerie beschossen, Die Zeit am 4. Februar 2015
  12. Donezk - eine vom Krieg gezeichnete Stadt, MDR am 12. Mai 2017
  13. history.org.ua
  14. {Donbass: Wie kam es zur Separatisten-Bewegung in Ostukraine?, ZDF am 24. Februar 2022

Netzverweise