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Phatische Kommunikation
Phatische Kommunikation (phatic communication oder nach Dueck content free communication) bzw. korrekter phatische Kommunion (phatic communion) bezeichnet Sprechakte, die ausschließlich eine soziale Funktion erfüllen, im Gegensatz zu Informationsgesuchen, Mitteilungen, Befehlen usw.
Der Begriff der phatischen Kommunikation geht auf den polnischen Anthropologen Bronisław Malinowski[wp] zurück, der den Begriff im Jahr 1923 prägte. Er definierte phatische Kommunikation als "eine Art der Rede, bei der durch den bloßen Austausch von Wörtern Bande der Gemeinsamkeit geschaffen werden".[1]
Etymologisch stammt das Adjektiv "phatisch" aus dem Altgriechischen φάτις (phatis, "Wort"). Der Begriff wurde zuerst vom Anthropologen Bronisław Malinowski (1884-1942) verwendet, bevor er von Roman Jakobson[wp] wieder in die Sprachwissenschaft aufgenommen wurde. In letzterem Sinne wird es weiterhin verwendet.
Ein typisches Beispiel für phatische Kommunikation ist etwa die Aussage: "Das Wetter ist heute aber schön!". Auch Grußformeln[wp] und andere Floskeln[wp] können zur phatischen Kommunikation gezählt werden.
Zitate
Zitat: | «Phatische Kommunikation ist nicht darauf angelegt, dass was kommuniziert wird. Der Kommunikationskanal ist offen, aber es wird keine Information übertragen. [...]
(Am Beispiel der Kommunikation zwischen Baby und Mutter erklärt:) Es muss einfach sicher sein, dass es da ist und das ist nur phatische Kommunikation. [...] Die gucken sich nur an und sagen weiter nichts. Sie sind einfach zusammen. [2] [...] Und das ist Facebook! [...] Das ist phatische Kommunikation. Es bedeutet einfach nur: Ich bin da. Und du bist auch da. Und weiter nichts.» - Gunter Dueck[3] |
Zitat: | «Wenn Menschen miteinander kommunizieren, brauchen sie ein technisches Medium dafür. Sie können telefonieren, reden, mit Blicken werfen, Zeichen geben, Simsen oder mit dem Körper sprechen. Das ist technisch! Für die wirkliche Kommunikation wird aber Aufmerksamkeit gebraucht. Die gegenseitige Aufmerksamkeit eröffnet den wirklichen Kontakt. Das ist die phatische Kommunikation. Zwei Menschen stellen den Kanal auf "offen". [...]
Das Baby übt phatische Kommunikation. Wenn Mama kurz weg ist, quarrt es. Mama muss in die Augen schauen! Dann ist es ruhig. Das Baby will nicht allein sein. Introvertierte dagegen bemühen sich, keine phatische Verbindung zu eröffnen, sie schauen weg, grüßen nicht, schleichen in ihr Büro und vermeiden Kontakte. Facebook und Twitter "sind phatisch"! Dort sind wir wie Babys. "Hallo?" - "Hallo!" - "Ich habe Muntgeruch" - Like.Like.Like. "Spül mit Teerbauöhl!" Like.Like. Facebook und Twitter halten die Kanäle zur Welt aller Freunde offen. Wenn jemand "Heute regnet es überall! Bei euch auch?" twittert, zeigt, dass er jetzt seine Aufmerksamkeit in die weite Welt richtet. Er ist da. Er passt auf. Er kümmert sich. Die Mutter schaut bei Facebook und sieht: Teen ist online. Teen ist da. Die Introvertierten, die Google+-Debattierer und die Internet-Agnostiker erregen sich über die erbärmlichen Inhalte im Netz. "Müll aus kranken Hirnen! Wer das liest, muss doch Abscheu empfinden!" Sie bestehen auf wichtigen, bedeutsamen Inhalten, die mit +1 bewertet werden können. Dabei geht es ihnen gar nicht um Aufmerksamkeit, sondern um Respekt, Bewunderung und Beachtung. Die Erbärmlichkeitshasser wissen irgendwie nicht, was phatische Kommunikation ist. Oder Sie leiden/litten unter einer Mama, die ihnen als Baby nicht die Aufmerksamkeit geschenkt hat, wenn sie sie brauchten - sondern sie mussten Papa Aufmerksamkeit schenken, wenn dieser es so wollte. [...] Im Arbeitsleben ist Aufmerksamkeit fast identisch mit "kontrolliert werden", die Höchststrafe! "Fokussiert euch auf den Gewinn!" Oh, das ist ein weites Feld... Kontrollierer, müsst ihr die Freude des digitalen phatischen Blicks durch Niveaudiskussionen diskreditieren oder kritikwürdige Inhalte suchen? Lasst doch die Phatischen auf Twitter und Facebook in Ruhe!» - Gunter Dueck[4] |
Literatur
- Phatic communion[ext] - Gunter Senft (47 kB), in: Gunter Senft, Jan-Ola Östman, Jef Verschueren (Hrsg.): Culture and language use. John Benjamins, Amsterdam 2009, ISBN 90-272-0779-8, S. 226-233.
Querverweise
Einzelnachweise
- ↑ Im Original: a type of speech in which ties of union are created by a mere exchange of words. Zitiert nach: Bronisław Malinowski: The Problem of Meaning in Primitive Languages. In: C. K. Ogden[wp], I. A. Richards[wp]: The Meaning of Meaning. A Study of the Influence of Language Upon Thought and of the Science of Symbolism. Supplementary Essays by B. Malinowski and F. G. Crookshank. Harcourt, 1923, S. 315.
- ↑ Aus dem Beispiel erklärt sich, dass phatische Kommunikation typisch weiblich ist: Es wird geredet, aber es wird keine Information übertragen. Deswegen sind die sozialen Medien im Internet bei Weibern so beliebt.
- ↑ Flachsinn - über gute und schlechte Aufmerksamkeit - Gunter Dueck (re:publica, 8.-10. Mai 2017) (Länge: 22:55-25:20 Min.)
- ↑ Gunther Dueck: Phatische Kommunikation, das Smartphone und Facebook/Twitter, omnisophie.com, Mai 2012