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Konflikteskalation nach Glasl
Die Konflikteskalation nach Friedrich Glasl stellt ein Modell zur Verfügung, um Konflikte besser analysieren und während ihres Verlaufes besser reagieren zu können. Das Modell hat, im Gegensatz zu einem bekannten Vorgängermodell nach Kurt R. Spillmann[wp], der fünf identifizierbare Eskalationsstufen beschreibt[1], neun Stufen, welche sich in drei Ebenen mit jeweils drei Abstufungen teilen. Eine geradezu lehrbuchmäßige Darstellung aller Eskalationsstufen nach Glasl liefert der Film Der Rosenkrieg[wp] von Danny de Vito[wp].
Ebenenmodell
Friedrich Glasl[wp] stellt "die Eskalation in seinem neunstufigen Modell nicht als einen Anstieg zu immer höheren Eskalationsstufen dar, sondern als einen Abstieg zu immer tieferen, primitiveren und unmenschlicheren Formen der Auseinandersetzung ... (die) mit einer zwingenden Kraft in Regionen führt, die große, 'unmenschliche Energien' aufrufen, die sich jedoch auf die Dauer der menschlichen Steuerung und Beherrschung entziehen."[2] In der ersten Ebene können beide Konfliktparteien noch gewinnen (Win-Win). In der zweiten Ebene verliert eine Partei, während die andere gewinnt (Win-Lose, ab Stufe 4) und in der dritten Ebene verlieren beide Parteien (Lose-Lose, ab Stufe 7).
Die neun Stufen der Konflikteskalation nach Glasl:
- Verhärtung:
Die Standpunkte verhärten sich und prallen aufeinander. Das Bewusstsein bevorstehender Spannungen führt zu Verkrampfungen. Trotzdem besteht noch die Überzeugung, dass die Spannungen durch Gespräche lösbar sind. Noch keine starren Parteien oder Lager. - Debatte:
Es findet eine Polarisation im Denken, Fühlen und Wollen statt. Es entsteht ein Schwarz-Weiß-Denken und eine Sichtweise von Überlegenheit und Unterlegenheit. - Aktionen:
Die Überzeugung, dass "Reden nichts mehr hilft", gewinnt an Bedeutung und man verfolgt eine Strategie der vollendeten Tatsachen. Die Empathie mit dem "anderen" geht verloren, die Gefahr von Fehlinterpretationen wächst. - Koalitionen:
Die "Gerüchte-Küche" kocht, Stereotypen und Klischees werden aufgebaut. Die Parteien manövrieren sich gegenseitig in negative Rollen und bekämpfen sich. Es findet eine Werbung um Anhänger statt. - Gesichtsverlust:
Es kommt zu öffentlichen und direkten (verbotenen) Angriffen, die auf den Gesichtsverlust des Gegners abzielen. - Drohstrategien:
Drohungen und Gegendrohungen nehmen zu. Durch das Aufstellen von Ultimaten wird die Konflikteskalation beschleunigt. - Begrenzte Vernichtungsschläge:
Der Gegner wird nicht mehr als Mensch gesehen. Begrenzte Vernichtungsschläge werden als "passende" Antwort durchgeführt. Umkehrung der Werte: ein relativ kleiner eigener Schaden wird bereits als Gewinn bewertet. - Zersplitterung:
Die Zerstörung und Auflösung des feindlichen Unterstützersystems wird als Ziel intensiv verfolgt. - Gemeinsam in den Abgrund:
Es kommt zur totalen Konfrontation ohne einen Weg zurück. Die Vernichtung des Gegners zum Preis der Selbstvernichtung wird in Kauf genommen.[3]
Deeskalations- und Konfliktlösungsstrategien
Das Modell beschreibt, wie sich zwei Konfliktparteien verhalten. Lösungen zur Deeskalation werden in diesem Modell auf den ersten Blick nicht angeboten.[3] Insbesondere dann, wenn bei Konflikten für beide Konfliktparteien ein Verlassen der Situation nicht möglich erscheint (z. B. aggressiver Akt auf das Hoheitsgebietes eines Staates, väterlicher Umgang mit einem gemeinsamen Kind nach einer Trennung, Entzug von Bürgerrechten durch einen Staat, Massenentlassungen zur Verbesserung des Shareholder Value), oder eine Partei die bewusste Konflikteskalation als strategisches Moment auswählt.
Glasl weist den verschiedenen Eskalationsstufen jedoch folgende Strategiemodelle zur Deeskalation zu:
- Stufe 1-3: Moderation
- Stufe 3-5: Prozessbegleitung
- Stufe 4-6: sozio-therapeutische Prozessbegleitung
- Stufe 5-7: Vermittlung / Mediation
- Stufe 6-8: Schiedsverfahren / Gerichtliches Verfahren
- Stufe 7-9: Machteingriff
Die Fähigkeit zum weltbild- und wertfreiem Erkennen und Eliminieren von konfliktnährenden Kräften zum Zwecke einer Konfliktdeeskalation bietet insbesondere Führungskräften, Familienberatern und Sozialarbeitern große Vorteile.
Literatur
- Friedrich Glasl[wp]: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern / Stuttgart 1990 (2 Aufl.), ISBN 3-258-07556-5
- Alexander Redlich: Konfliktmoderation in Gruppen (mit Lehrfilm auf DVD). Windmühle, Hamburg 7. A. 2009, ISBN 3-937444-18-1
Einzelnachweise
- ↑ Kurt R. Spillmann und Kati Spillmann: Feindbilder. Entstehung, Funktion und Möglichkeiten ihres Abbaus. In: Beiträge zur Konfliktforschung 4, 1989, S. 19 ff
- ↑ Winfried Berner: Konflikteskalation: Wie die Unversöhnlichkeit stufenweise wächst
- ↑ 3,0 3,1 Friedenspädagogik: Die neun Stufen der Konflikteskalation nach Glasl
Querverweise
Netzverweise
- Friedenspädagogik: Konflikteskalation - Möglichkeiten der Behandlung im Unterricht
- Friedenspädagogik: Eine andere Beschreibung der 9 Stufen sowie weiteres Hintergrundmaterial