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Klassenfeind
Der Begriff Klassenfeind leitet sich aus der Klassentheorie des Marxismus ab, wonach Klassen[wp] Gruppen von Menschen sind, die sich in ihren ökonomischen und politischen Zielen im Klassenkampf gegenüberstehen. Laut dieser Theorie gibt es in der Gegenwart zwei Klassen: Die Besitzer der materiellen Mittel (Produktionsmittel, d. h. Grundbesitz und Kapital) und diejenigen, die nur ihre Arbeitskraft[wp] besitzen, die Arbeiterklasse[wp], das Proletariat[wp]. Klassenfeind kann als Bezeichnung für eine Person oder eine Personengruppe gebraucht werden. Er kann einen Vorwurf darstellen, der auf die Identifizierung als Feind und deren Überwindung oder Vernichtung abzielt, kann aber auch rein analysierend verwandt werden.
Wortgebrauch in der Sowjetunion
Klassenfeind oder Feind der Werktätigen war in den ersten Jahren der sowjetischen Geschichte[wp] der zentrale Begriff bei der Verfolgung missliebiger Personen, Andersdenkender und Oppositioneller. Bereits am 8. September 1918 befahl der Rat der Volkskommissare[wp] in seinem "Dekret über den Roten Terror[wp]", Klassenfeinde in Konzentrationslager[wp] zu sperren.[1] Der Begriff lieferte die Rechtfertigung für Massenverhaftungen, Massenexekutionen und Deportationen in den Gulag[wp].
Wortgebrauch in der DDR
In der DDR[wp] benutzte das Ministerium für Staatssicherheit[wp] (MfS) den Begriff, um den Gegenstand seiner "Wachsamkeit" und operativen Tätigkeit zu definieren, nämlich "alle der Arbeiterklasse und dem Sozialismus antagonistisch gegenüberstehenden feindlichen Klassenkräfte". Um innere und äußere Klassenfeinde zu unterscheiden, wurden letztere oft mit dem Attribut imperialistisch[wp] versehen. Gegen innere Klassenfeinde, die vom MfS intern auch als Feindlich-negative Personen[wp] bezeichnet wurden, lautete der Auftrag: schnelles Erkennen, Unterbindung der Handlungen, gegebenenfalls "Liquidierung in kürzester Zeit" oder Anwendung der so genannten "Zersetzung". DDR-Bürger, die in ihrem Denken, Reden und Handeln von der vorgegebenen politischen Meinung und Handlungsweise abwichen, fanden sich so als Klassenfeind bzw. feindlich-negative Person wieder, ebenso Ausreisewillige.[2]
Wortgebrauch im Feminismus
Im Feminismus wird der Begriff Frauenfeind in gleicher Weise gebraucht, um missliebige Personen, Andersdenkende, insbesondere Feminismuskritiker und Oppositionelle zu verfolgen und gesellschaftlich zu marginalisieren. Laut der Theorie vom "Nebenwiderspruch" gibt es zwei Klassen: Die Männer und die Frauen, wobei die Männer an allem schuld sind und die Frauen kollektiv unterdrücken. Um als "Frauenfeind" bezeichnet zu werden, ist keine aktive Unterdrückungshandlung notwendig, eine Leugnung der feministischen Ideologie reicht bereits aus. Als "Frauenhasser" wird ein Mann bezeichnet, der einer Feministin hartnäckig widerspricht.
Feministinnen widersprechen der marxistische Doktrin vom Hauptwiderspruch (der Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital) und den Nebenwidersprüchen, und erklären das Patriarchat (obschon die nur eine Verschwörungstheorie ist) und die "Unterdrückung der Frau" zum Hauptwiderspruch:
Zitat: | «Die klassisch, dogmatische marxistische Analyse teilte die vielfältigen Widersprüche des Kapitalismus in den Hauptwiderspruch (der Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital) und die Nebenwidersprüche.
Zu recht hat der marxistische Feminismus[wp] dies kritisiert. Die Unterdrückung der Frauen ist nicht bloß ein Nebenwiderspruch eben so wenig wie rassistische und andere komplexe Unterdrückungsformen. Insbesondere auch als sie nicht bloß Beiwerk, sondern integraler Bestandteil der kapitalistischen Ausbeutungsmaschine sind. Seit Gramsci[wp] sollte klar sein: Wer grundlegende Veränderungen der Gesellschaft will, muss zuerst die bestehende Hegemonie[wp] auflösen. Erschreckend ist, dass die Linke diese Erkenntnisse scheinbar wieder verlernt.»[3] |
Einzelnachweise
- ↑ Beschluß des Rates der Volkskommissare über den Roten Terror, 5. September 1918 auf 1000dokumente.de, Zugriff am 23. August 2015.
- ↑ Christian Bergmann, Die Sprache der Stasi. Ein Beitrag zur Sprachkritik, Vandenhoeck und Rupprecht, Göttingen 1999, S. 46-64
- ↑ Haupt- und Nebenwiderspruch reloaded?, qummunismus / kommunismus reloaded am 23. Oktober 2017
Querverweise
Netzverweise
- Wikipedia führt einen Artikel über Klassenfeind
- Heide Oestreich: Feminismus und Marxismus: Warum fehlende Teilhabe für Frauen kein "Nebenwiderspruch" ist, Deutschlandfunk Kultur am 13. April 2018 (Anreißer: Auch bei Karl Marx[wp] waren die Frauen nur mitgemeint, kritisiert Heide Oestreich: Deren Unterdrückung war bei ihm nur ein Nebenwiderspruch des Hauptwiderspruchs Kapital und Arbeit. Die Journalistin erklärt, warum das damals wie heute nicht stimmen kann.)