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Kinderbetreuung

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Begriff

Der Begriff "Betreuung" ist ein Fachausdruck der psychiatrisch-juristischen Art.

Die so genannte Familienpolitik hat entschieden, dass elterliche Präsenz für Kinder heute "Betreuung" heißt. Diese technokratische Ausdrucksweise zeigt, wie gering die Wertschätzung der Eltern in der Politik inzwischen ist, und ganz folgerichtig sind politische Entscheidungs­träger der Ansicht, dass diese "Betreuung" zukünftig eben von "professionellen Betreuern" und nicht von Eltern wahrgenommen werden soll. Die Bindung der Kinder zu ihren Eltern spielt in diesen Überlegungen keine Rolle, weil man vorgibt, dass Kinder in staatlichen Kinderdepots genauso gut, wenn nicht besser aufgehoben sind als bei ihren Eltern, die "gefälligst" schaffen gehen sollen und Steuern zahlen.

Kinderbetreuung in Europa

Regierung und Opposition, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Medien und "Wirtschaftsweise" sind sich einig: Mütter sollen weniger Zeit in die Erziehung ihrer Kinder investieren, stattdessen erwerbstätig sein und ihre Kinder in "professionelle" Hände geben. Abschied von Maternalismus nennen Soziologen diese Agenda und die Lobbyisten der OECD und der EU verkaufen sie als Rosskur zur Genesung kränkelnder Sozialstaaten. Ihre Medizin ist institutionelle Ganztagkinderbetreuung, die gegen verschiedenste Übel zugleich helfen soll - von der Armut alleinerziehender Mütter über den Fachkräftemangel bis zu Bildungsdefiziten.[1] Hinderlich für die Sozialtherapeuten ist das "falsche Bewusstsein" von Eltern, die ihre Kinder selber erziehen wollen.[2] Auf sie zielt eine "Kommunikations­politik", die "gewachsene Verhaltensweisen" verändern will - "habit formation" nennt dies der jüngste Familienbericht.[3] Zu deren Mantras gehört die (west)deutsche Rückständigkeit im "internationalen Vergleich", für die ein "Müttermythos" verantwortlich sein soll. Als vermeintlich schlagender Beleg gilt das Wort "Rabenmutter" für erwerbstätige Frauen, das es nirgendwo sonst in Europa gebe.[4]

Überzeugte Advokaten einer "Institutionenkindheit" können die Skepsis vieler Menschen nur als Ausdruck eines überholten "patriarchalischen" Familien­verständnisses abtun. Empirische Analysen zeigen indes, dass die "Rollenverteilung" der Geschlechter für religiöse Menschen eher sekundär ist. Wichtiger ist ihnen, dass ein Elternteil - Mutter oder Vater - Zeit hat, sich um das Kind zu kümmern.[5] Sie bewegt die Sorge um das Kindeswohl, die auch jene Kinderärzte umtreibt, die vor den Risiken früher Fremdbetreuung warnen.[6] In der Politik und den "Leitmedien" stoßen sie mit ihren Bedenken aber auf taube Ohren; deren Meinungs­führer haben sich entschlossen, einschlägige Erkenntnisse der Gehirn- und Hormon­forschung und der Kinder­psychologie schlicht zu ignorieren.[7] Dafür verkünden sie mit Inbrunst ihr Credo der "frühen Förderung", um die einseitige Subvention von Krippen zu rechtfertigen. Zugleich bekämpfen sie ein bescheidenes "Betreuungsgeld" für Eltern mit allen Mitteln der "Kommunikations­politik" - "Propaganda" könnte man das wohlwollend auch nennen, bei weniger Wohlwollen wäre es "Manipulation".[8]

Schweden

Einzelnachweise

  1. Diesen gesellschaftspolitischen Paradigmenwechsel hat die Göttinger Soziologin Ilona Ostner schon vor einer Dekade hellsichtig analysiert: Ilona Ostner: Am Kind vorbei - Ideen und Interessen in der jüngeren Familienpolitik, S. 247-266, in: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 22. Jg., Heft 3/2002
  2. Hierzu I. Ostner: "Für ihr Kind unterbrechen 'familialistische' Frauen ihre Kariere, wechseln von Vollzeit zu Teilzeit und behaupten sogar, mit dieser Entscheidung durchaus zufrieden zu sein [...]. Deshalb schätzen sie auch den Elternurlaub, wünschen sich möglicherweise nur ein verbessertes Erziehungsgeld. [...] Offensichtlich handelt es sich hier um 'falsches Bewusstsein', Verkennung der objektiven Lage, so auch die Sorge der OECD [...]." Ebd., S. 254-256
  3. Vgl.: BMFSFJ (Hrsg.): Zeit für Familie. Familienzeitpolitik als Chance einer nachhaltigen Familienpolitik (Achter Familienbericht), Berlin 2012, S. 17
  4. Prototypisch für diese Sichtweise: Uta Meier-Gräwe: Was ist Familie? Warum es einer begrifflichen Neujustierung bedarf, S. 4-15, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit - Vierteljahresschrift zur Förderung von Sozial-, Jugend- und Gesundheitshilfe, 39. Jg., Nr. 1/2009, S. 10
  5. Vgl.: Stefan Fuchs: Religion und Demographie. Erkenntnisse aus der empirischen Sozialforschung, S. 348-361, in: DIE NEUE ORDNUNG, 63. Jahrgang, Heft 5/2009, S. 356-357
  6. Rainer Böhm: Die dunkle Seite der Kindheit, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. April 2012, S. 7
  7. Auch dies hat I. Ostner treffend dargestellt: Europäische Sozialpolitiken - Abschied von Vater und Mutter
  8. Pdf-icon-extern.svg Kinderbetreuung in Europa - Von Fortschritt, Rückschritt und "falschem Bewußtsein"[ext] - iDAF, Newsletter 14-15/2012

Querverweise

Netzverweise