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Youtubers Union

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Die Youtubers Union (englisch Gewerkschaft der Youtuber) ist eine Vereinigung von Youtubern[wp], die sich für die Belange der Community von Video-Produzenten für YouTube engagiert. Die Youtubers Union wurde im März 2018 von Jörg Sprave[wp] gegründet. Zentrales Anliegen der Organisation ist die Interessen­vertretung der Video-Produzenten gegenüber dem Unternehmen Youtube und die Verbesserung der Arbeits­bedingungen der Youtuber. Im Oktober 2018 waren nach Angaben des Gründers mehr als 16.000 Personen in der Youtubers Union organisiert.

Seit Juli 2019 kooperiert die Youtubers Union im Projekt "FairTube" mit der IG Metall[wp], um unter anderem eindeutige und nach­voll­ziehbare Regeln für Werbe­ein­blendungen und Löschungen von Videos, die Einrichtung einer unabhängigen Schlichtungsstelle[wp] und die Einrichtung eines Mitbestimmungs[wp]-Gremiums für Youtuber gegenüber dem Konzern zu erreichen.

Hintergrund

Das Unternehmen Youtube bietet bereits seit 2007 für Video-Produzenten die Möglichkeit zur Vergütung durch Werbe­ein­blendungen zu den eigenen Veröffentlichungen; Voraussetzung dafür ist, Youtube-"Partner" zu sein. Maßgeblich für die Zuteilung des "Partner"-Status ist die Reichweite der Veröffentlichungen - Mindest­anforderungen sind etwa 1.000 Abonnenten und mehr als 4.000 Stunden Wieder­gabe­zeit innerhalb der letzten 12 Monate (Stand Juli 2019). Videos auf Youtube werden allerdings per Algorithmus auf potenzielles Interesse der Zuschauer bewertet, dessen konkreter Mechanismus und maßgebliche Faktoren sind nicht öffentlich. Zudem wird Werbung ebenfalls automatisiert zugeteilt, sodass Video-Produzenten die Grundlage für den (monetären) (Miss-)Erfolg ihres Kanals nicht kennen.[1] Änderungen im Algorithmus können folglich zu spontanen Einbrüchen im Einkommen führen - ohne dass ein Video-Produzent Einfluss darauf hat.

Im Jahr 2017 gab es verschiedene Vorkommnisse und Bericht­erstattungen, die teilweise zu heftigen öffentlichen Debatten um die Video-Plattform und deren Inhalte führten. In der Folge zogen einige Unternehmen Werbe­aufträge zurück und setzten Youtube damit unter Druck. Das Kofferwort "Adpocalypse" aus "Advertisement" (Werbung) und "Apokalypse"[wp] wurde geprägt. Werbeanzeigen verschiedener Konzerne wurden im "Umfeld extremistischer Videos"[2] gezeigt. Ein viraler Artikel von Medium.com[wp] beleuchtete verschiedene Aspekte von Videos, die automatisiert für Kinder und Familien vorgeschlagen wurden. Der Verfasser James Bridle diskutiert grundsätzliche Aspekte und Spezifisches, beispielsweise die inhaltsarme Gestaltung - mangelnde Abgrenzung und Kennzeichnung von Werbung - oder den Suchtfaktor und "verstörende" Inhalte.[3] Dem Youtuber Logan Paul[wp] beispielsweise wurde im Februar 2018 die Teilnahme an Monetarisierungs-Möglichkeiten versagt.[4]

Youtube passte daraufhin seine Algorithmen an, damit "Anzeigen nur dort laufen, wo sie auch laufen sollen". Dies bedeute, dass eine "sorgfältigere Prüfung" vorgenommen werde, welche Inhalte für Werbung geeignet seien.[5] Konkret wurden dann zu Beginn 2018 die "Richtlinien für werbe­freundliche Inhalte" veröffentlicht, die weitreichend Inhalte nennt, die für Werbe­treibende ungeeignet seien. Dabei verstießen etwa die Videos Spraves nicht gegen die bereits zuvor bestehenden "Content-Guidelines" (Richtlinien für Inhalte). Durch die Änderung 2018 solle es erschwert werden, "mit gewalt­haltigen, übertrieben sexuellen oder schlicht geschmacklosen Filmen noch Werbegelder zu verdienen."[6]

Die aktuellen Richtlinien für "werbe­freundliche Inhalte "nennen etwa "Inhalte nur für Erwachsene" (Beispielsweise "Nacktheit"), "Kontroverse Themen und heikle Ereignisse" (Beispielsweise "Politische Konflikte") oder "Inhalte mit Bezug auf Schusswaffen" (Beispielsweise "Missbräuchliche Verwendung von Schusswaffen") (Stand Juli 2019). Derartige Videos würden mit dem Status "Eingeschränkte oder keine Anzeigen" versehen.[7]

Als Betreiber des Slingshot-Channels war Jörg Sprave von dieser Anpassung betroffen, einem Golem.de-Artikel nach sanken seine Werbe­einnahmen zwischen Herbst 2017 und Frühjahr 2018 von etwa 6.500 US-Dollar auf rund 1.500 $. monatlich - ohne die Möglichkeit einer Einflussnahme oder Anspruch auf eine individuelle, detaillierte Begründung.

Gründung

Zentrales Anliegen der Youtubers Union ist die Verbesserung der Arbeits­bedingungen der Youtuber. Gründer Sprave bemängelte in einem Artikel, der kurz nach der Gründung der Youtubers Union auf Vice.com[wp] erschien, dass das Unternehmen Youtube beispielsweise keine klare, direkte Kommunikation mit den Video-Produzenten pflege.

Sprave versuchte nach der Demonetarisierung seiner Videos zu Beginn des Jahres 2018 mit seinem "Partner-Manager" in Kontakt zu treten, einem Youtube-Angestellten, der Kontakt zu Video-Produzenten pflegt. Nachdem diese Versuche erfolglos blieben, wurde Sprave, zusammen mit anderen Youtubern zu einem Seminar über Monetarisierung[wp] eingeladen. Dort wurde nach Angaben Spraves vermittelt, dass kontroverse Inhalte nicht erwünscht seien. Bereits ein "verdächtiger" Begriff im Titel eines Videos sein problematisch, da die Algorithmen ("Bots"[wp]) diese fehl­interpretieren würden.[4]

Dem konkreten Wandel der Monetarisierungs-Bedingungen in 2018 gingen nach Sprave bereits zwei Jahre verschiedener, intransparenter Änderungen in Nutzungs­bedingungen und Algorithmen voraus.[8]

Organisatorische Aspekte

Die Youtubers Union ist im traditionellen Sinne und formal keine Gewerkschaft[wp]. Sie organisiert transnational Personen und vertritt gewerkschaftliche Themen und Interessen, verfügt aber beispielsweise nicht über nationale Organisationen, in denen sich die Mitglieder dieser Nationalität organisieren. Entsprechend gibt es keinen internationalen Dachverband. So kann trotz US-amerikanischer Mitglieder keine Anerkennung durch das National Labor Relations Board[wp] erfolgen. Grundsätzlich sind Youtuber keine Angestellten des Google-Konzerns oder einer Tochter des Unternehmens. In Deutschland spricht der Partner IG Metall daher ebenfalls von "Bewegung". Daniel Joseph, der sich als freier Forscher mit digitalen Plattformen beschäftigt, betrachtet dies als grundsätzliches Problem der digitalen Arbeit.[4]

Deutsche Übersetzung
Dies verhindert die Organisation von Menschen in klassischen Formen. Sie müssen sich auf Slack[wp] oder Discord[wp] besprechen. Sie können sich nicht einfach [in der Teeküche] treffen, um sich über den Chef zu beschweren.
Englisches Original
[This] prevents people from organizing in traditional ways, they have to meet on Slack, and Discord. They can't meet at the watercooler to complain about the boss.  - Daniel Joseph

Jörg Sprave stellt dem den grundsätzlichen Gedanken der Möglichkeit zur Meinungs­äußerung[wp] und Mitbestimmung[wp] gegenüber:[4]

Zitat: «Für mich ist wichtig, dass die Personen, die mit Youtubes neuen Richtlinien nicht zufrieden sind, eine Gemeinschaft formen - statt nur gemeinsamer Frustration.»

Im Vice.com-Artikel über die Gründung der Youtubers Union wird eine Parallele zum Arbeitskampf um bessere Bedingungen bei Uber[wp] aufgezeigt, einem Vermittlungs­dienst für Personen­beförderungen. Dessen Fahrer sind nach Betrachtung Ubers formal eigenständige Unternehmer. Ein im Jahr 2016 im US-Bundesstaat Kalifornien begonnenes Gerichts­verfahren über die Anerkennung der Abhängigkeit von Fahrern gegenüber Uber führte dann per außer­gerichtlicher Einigung zur Anerkennung einer "Drivers Association" (Fahrer-Vertretung). Diese ist formal ebenfalls keine Gewerkschaft, vertritt aber die Interessen der Fahrer gegenüber der Unter­nehmens­leitung.[9] Auch die Süddeutsche Zeitung betrachtet die Gemeinsamkeiten zwischen Youtube und Uber. In dem Artikel über die Youtubers Union - "Klassenkampf der Klicks" - wird auf ein Urteil des Europäische Gerichtshofs verwiesen, nach dem Uber nicht nur Online-Dienst, sondern auch Taxi-Unternehmen sei und Gewerkschaften die Aushandlung von fairen Arbeits­bedingungen zustehe.[8]

Kampagne "FairTube"

Die FairTube-Kampagne ist gemeinsames Projekt der IG Metall[wp] und der Youtubers Union. In einem am 26. Juli 2019 veröffentlichten Video treten Youtuber Jörg Sprave[wp], IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner[wp] und Rechtsanwalt Thomas Klebe als Arbeitsrecht-Experte auf.[10] In dem Video wird die Zusammen­arbeit vorgestellt und einzelne Aspekte erläutert. Das Unternehmen Youtube wird dabei zu Gesprächen aufgefordert. Auf der zur gleichen Zeit veröffentlichten Website der Kampagne werden die Forderungen wie folgt beschrieben:

  1. Transparenz aller Kategorien und Entscheidungs­kriterien, die Auswirkungen auf die Monetarisierung und die Empfehlung von Videos haben
  2. Nachvollziehbarkeit von Einzel­entscheidungen - zum Beispiel: Welche Stellen in einem Video verstoßen gegen welche Kriterien?
  3. Menschliche, qualifizierte und entscheidungs­befugte Ansprech­partner*innen für die YouTuber
  4. Einspruchsmöglichkeiten bei Einzel­entscheidungen
  5. Eine unabhängige Schlichtungs­stelle
  6. Mitbestimmung für YouTuber, beispielsweise in Form eines Beirats

Die IG Metall ist dabei bereits seit dem Jahr 2015 bestrebt, die Arbeits­bedingungen auf digitalen Plattformen zu verbessern

Jörg Sprave fasst seine zehnjährigen Erfahrungen als Video-Produzent anlässlich des Starts von FairTube für Youtube wie folgt zusammen:

Zitat: «YouTuber zu sein ist nur scheinbar ein Traumberuf. Extrem hohe Arbeits­belastung, Existenz­sorgen und starke Einkommens­schwankungen sind die harte Realität für die "Creators". In der Realität ist man der Willkür einer übermächtigen Plattform ausgeliefert. Es ist höchste Zeit für Veränderungen.», Jörg Sprave[wp][11]

Arbeitsrechtliche Einordnung & Scheinselbständigkeit von Video-Produzenten

Der Arbeitsrecht-Experte Thomas Klebe sieht verschiedene Hinweise auf das Vorliegen von Scheinselbständigkeit[wp] bei Video-Produzenten, die auf Youtube ihre Arbeiten veröffentlichen und monetarisieren. Etwa sprächen dafür die beständige Bewertung und die vollständige Akquise und Verwaltung der Werbung über den Konzern Youtube. Christianne Benner formuliert die Frage: "Sind das [Youtuber] noch freie, selbständige Partner - oder miserabel behandelte Angestellte?" Die arbeitsrechtliche Einordnung der Video-Produzenten als Arbeitnehmer[wp] bedeuteten etwa die Nachzahlung von Sozial­versicherungs­beiträgen. Nach Klebe wäre in Zukunft die Neudefinition des Begriffs Arbeitnehmer durch die Gesetzgebung denkbar, da sicher sei: "Youtuber sind in hohem Maße schutzbedürftig."[11]

Datenschutz-Grundverordnung & Youtuber

Nach der Datenschutz-Grund­verordnung (DSGVO) sind Unternehmen (data controller) gegenüber Nutzern (data subject) verpflichtet, über alle personen­bezogenen Daten Auskunft zu erhalten. FairTube betrachtet dabei die automatisierte oder menschliche Bewertung von Videos als personen­bezogen und die Geheim­haltung der Kriterien als Verstoß gegen die DSGVO. Grundlage für diese Einordnung ist ein Gerichtsurteil des Gerichtshofs der Europäischen Union[wp], nach dem auch die Kategorisierung von Video-Produkten auf Youtube personen­bezogene Daten darstellen kann.[12]

Öffentliche Wahrnehmung

Caspar von Au betont in seinem Artikel "Klassenkampf um Klicks" in der Süddeutschen Zeitung die Monopol-Stellung Youtubes und die damit einhergehende besondere Verantwortung für Video-Produzenten und Zuschauer.[8]

Christoph Neuberger[wp], Professor für Kommunikations­wissen­schaft, sieht Ähnlichkeiten zwischen den Anliegen der Youtubers Union und den Anfängen der Arbeits­kämpfe[wp] während der Industrialisierung[wp] im 19. Jahrhundert. Während dieser historischen Phase wurden erstmals Tarif­verträge[wp] und geregelte Arbeits­zeiten[wp] erstritten.[8] (Siehe auch: Soziale Frage[wp])

Der Kommunikationswissenschaftler Bertram Gugel kritisiert die Arbeits­bedingungen von Youtubern, dass Video-Produzenten dort zum "Rohstoff" einer "Werbe­plattform" würden.[8]

Einzelnachweise

  1. Peter Steinlechner: Weiter Streit um Werbung auf Youtube, Golem.de[wp] am 4. April 2017. Abgerufen am 27. Juli 2019
  2. Achim Sawall: Gewerkschaft der Youtube-Stars hat 16.000 Mitglieder, Golem.de am 22. Oktober 2018. Abgerufen am 27. Juli 2019
  3. James Bridle: Something is wrong on the internet, Medium.com am 6. November 2017. Abgerufen am 28. Juli 2019
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Emanuel Maiberg: A Viral Slingshot Channel Started a YouTuber's Union, Vice.com[wp] am 8. Mai 2018. Abgerufen am 27. Juli 2019
  5. Peter Steinlechner: Youtube verstärkt Kampf gegen problematische Inhalte, Golem.de am 5. Dezember 2017. Abgerufen am 27. Juli 2019
  6. Peter Steinlechner: Youtube verschärft Richtlinien für Profistreamer, Golem.de am 12. Februar 2018. Abgerufen am 27. Juli 2019
  7. Richtlinien für werbefreundliche Inhalte, support.google.com/youtube. Abgerufen am 27. Juli 2019
  8. 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Caspar von Au: Klassenkampf um Klicks, Süddeutsche Zeitung am 22. Oktober 2018 (Abgerufen am 27. Juli 2019)
  9. Sarah Jeong: Uber Settles Driver Lawsuits for $100 Million, Vice.com - Motherboard, 22. April 2016. Abgerufen am 28. Juli 2019
  10. Youtube-link-icon.svg Achtung YouTube: Die Frist läuft - JoergSprave (26. Juli 2019) (Länge: 13:35 Min.)
  11. 11,0 11,1 Für faire Arbeits­bedingungen von Youtubern: IG Metall und YouTubers Union arbeiten zusammen, igmetall.de am 22. Juli 2019 (Anreißer: Künftig arbeiten wir mit der Internet-Bewegung YouTubers-Union zusammen, um die Bedingungen für YouTuber zu verbessern, die mit dem Hochladen von Videos ein Einkommen erzielen. Die aktiven YouTuber fordern klare Regeln für das Einblenden von Werbung wie für das Löschen von Videos.)
  12. Edward Ongweso Jr.: The YouTubers Union Is Not Messing Around, Vice.com am 26. Juli 2019. Abgerufen am 27. Juli 2019

Netzverweise

  • Webpräsenz: youtubersunion.org - Website der Youtubers Union
  • fairtube.info - Website der Fairtube-Kampagne
  • Frank Specht: Arbeitsrechtlerin sieht kaum Chancen für IG-Metall-Klage gegen Youtube, Handelsblatt am 5. August 2019 (Anreißer: Die IG Metall will gerichtlich klären, ob Youtuber Scheinselbständige sind. Die Arbeitsrechtlerin Gerlind Wisskirchen räumt einer Klage wenig Chancen ein.)
  • Maximilian Henning: YouTuber und IG Metall setzen YouTube Frist für Verhandlungen, Netzpolitik am 30. Juli 2019 (Anreißer: Die Kampagne FairTube fordert Transparenz, unabhängige Schlichtungen und Mitsprache für Youtuber. Dahinter stehen die Organisation Youtubers Union und die Gewerkschaft IG Metall[wp]. Falls der Konzern in einem Monat keine Verhandlungen begonnen hat, will FairTube ihn verklagen - wegen Schein­selbständigkeit und DSGVO-Verstößen.)


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Youtubers Union (15. September 2019) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Der Wikipedia-Artikel steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in WikiMANNia am Text mitgearbeitet haben.