Erinnere Dich an die Movember Wohltätigkeitsveranstaltungen im November. |
MediaWiki[wp] ist männerfeindlich, siehe T323956. |
Kindlicher Zeitbegriff
Das Zeitempfinden von Kindern - konkret die Fähigkeit, Zeiteinheiten wie Stunden, Tagen oder eine Woche abschätzen zu können - entwickelt sich bekanntermaßen erst beginnend im 7. oder 8. Lebensjahr. Insofern bedeuten längere Umgangsunterbrechungen für jüngere Kinder - so sie denn eine innige Bindung zu dem betreffenden Elternteil haben - regelmäßig eine schwere Belastung, weil sie nicht ermessen können, wann sie den von ihnen getrennten Elternteil wiedersehen. Für das kindliche Empfinden sind Trennungen, die sie zeitlich nicht überblicken können bzw. deren Ende nicht absehbar ist, faktisch ein Abschied für immer.
Forschungsergebnisse zum Thema gibt es nur wenige. Im Folgenden wird ein Artikel von Jan Piet H. de Man vom 26. Oktober 2005 wiedergegeben, der einige weitere Quellenverweise enthält.
Es wäre zu wünschen, wenn auch deutsche Richter zwecks Weiterbildung diesen Beitrag lesen würden. Dann ergingen vielleicht keine derart brutal-kinderverachtenden Beschlüsse mehr wie der des OLG Koblenz vom 08.06.2012 (Az.: 9 UF 235/12). Dort heißt es wie zum Hohn - der Vater hatte zuvor auf die unten wiedergegebenen Forschungsergebnisse verwiesen - "durch den wöchentlichen Kontakt [werde] insbesondere dem Zeitempfinden des Sohnes R. Genüge getan". Zum einen ist der Kontakt jedoch keineswegs wöchentlich, sondern die dem 4-jährigen Jungen zugemutete Trennungsphase beträgt fast 9 Tage. Zum anderen hat der betreffende Senat keinerlei Angaben dazu gemacht, worauf er seine Feststellung, die getroffene Umgangsregelung würde dem Zeitempfinden des Kindes Rechnung tragen, stützt. Die Aussage im Beschluß ist somit völlig unsubstantiiert.
Das Alter und die gleichmäßige Beherbergung (Unterbringung)
Die gleichmäßige Beherbergung - genau so wie jede andere Aufenthaltsregelung - muss an das Alter des Kindes angepasst sein. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass, je älter man wird desto schneller die Zeit vergeht; oder anders gesagt: Je jünger das Kind ist, desto länger dauert Zeit für es. Um eine Idee von der subjektiven Erfahrung der Zeit zu bekommen, kann man sie so zum Ausdruck bringen, dass man sie prozentual zum Alter setzt. Auf diese Weise würde 1 Tag für ein einjähriges Kind - in seiner subjektiven Zeiterfahrung - ebenso lange dauern wie für seine 30jährigen Eltern 1 Monat; und 12 Tage (zwischen zwei Umgangswochenenden in der traditionellen Aufenthaltsregelung) ebenso lange wie ein Jahr. Das bedeutet also, je jünger ein Kind ist, desto weniger besitzt es die Fähigkeit, eine Trennung von einer bestimmten Dauer auszuhalten.
Der Weltexperte auf dem Gebiet von Kindern unter drei Jahren, Dr. Michael Lamb und eine der Weltexpertinnen für Scheidungskinder, Dr. Joan Kelly, haben zusammen im Schlusskapitel von ihrem Artikel "Benutzung der Untersuchungen über die Entwicklung von Kindern, um auf Grund davon geeignete Entscheidungen zu treffen über die Aufenthalts- und Umgangsregelungen für Kleinkinder" die am besten fundierten Antworten gegeben auf die Frage: "Wie lang ist die angemessene Zeitdauer einer Trennung von Bindungspersonen?"[1]
Tatsächlich zeigt sich, dass die Bedürfnisse von den Kindern, nicht zu lange von ihren Bindungspersonen getrennt zu sein, sich mit ihrem Alter entwickelt. Bedauerlicherweise gibt der Artikel nur konkrete Bezeichnungen (3 bis 6 Jahre: 3 bis 4 Tage; von rund 7 bis 8 Jahre: 5 bis 7 Tage) ab dem Alter von 3 Jahren.
Für jüngere Altersstufen kann man das Buch von dem französischen Psychoanalytiker Dr. Maurice Berger zurate ziehen</ref>Berger, Maurice & Gravillon, Isabelle: "Mes parents se séparent", Ed. Albin Michel, 2003.</ref> (jedoch mit Vorsicht: es scheint nur auf Expertisen von besonderen Fällen zu basieren). Für Babys von 0 bis zu 1 Jahr meint er, dass "das Kind seinen Vater zwei- bis dreimal pro Woche sehen dürfe, während jeweils drei bis vier Stunden ohne Übernachtung"; "ab einem Jahr kann eine Nacht dazu kommen und ab drei Jahren ein ganzes Wochenende mit zwei Nächten" (Seite 114). Man kann jedoch eher Joan Kelly den Vorzug geben, weil ihre Untersuchungen mehr auf den Ergebnissen von vielen empirischen wissenschaftlichen Untersuchungen in größeren und mehr allgemeinen Stichproben basieren.
Ausgegangen von einer schrittweisen Evolution der Fähigkeiten des Kindes, könnte man folglich, auf Basis von all den Autoren, den folgenden "sehr genauen progressiven Kalender" vorschlagen, der jeweils an das Alter des Kindes angepasst ist:
0 bis 6 Monate | dreimal pro Woche, jedes Mal 3 Stunden mit dem Vater |
6 Monate bis 1 Jahr | dreimal pro Woche, je 4 Stunden mit dem Vater und eine Übernachtung |
1 bis 3 Jahre | dreimal pro Woche, je 5 Stunden, aber 24 Stunden am Wochenende mit dem Vater |
3 Jahre | nicht mehr als 3 Tage mit 1 Elternteil |
4 Jahre | nicht mehr als 4 Tage mit 1 Elternteil |
5 und 6 Jahre | nicht mehr als 5 Tage mit 1 Elternteil, z. B. 5 / 5 / 2 / 2 (Freitag-Montag) |
7 Jahre | nicht mehr als 6 Tage mit 1 Elternteil |
8 bis 9 Jahre | nicht mehr als 7 Tage mit 1 Elternteil (1 Woche) und 10 Tage in den Ferien |
10 bis 13 Jahre | nicht mehr als 7 Tage mit 1 Elternteil (1 Woche) und 2 Wochen in den Ferien |
14 Jahre und älter | nicht mehr als 2 Wochen mit einem Elternteil, wenn die/er Jugendliche/r es wünscht (Übergänge am Freitag) |
Der obige Kalender entspricht gut den Untersuchungen über Scheidungen, die feststellen, "dass eine Trennung von 12 Tagen von" "dem Elternteil, bei dem die Kinder im Augenblick am wenigsten übernachten" "für viele Kinder oft viel zu lang ist (...) Außerdem gibt diese Option dem Elternteil", bei dem das Kind die 12 Tage bleibt "wenig Entlastung von der Verantwortlichkeit gegenüber den Kindern."[2] Der Kalender entspricht auch gut "einer ganzen Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass viele Kinder, in der Hauptsache Jungs, mehr Zeit mit dem Vater zusammen sein wollen als traditionell ausgehandelt oder befohlen wurde; dass Kinder und Jugendliche im Erwachsenenalter den Verlust und Kontakt mit einem Elternteil als wichtigsten negativen Aspekt von der Scheidung ansehen; und dass Kinder immer wieder sagen, dass sie ihren Vater vermissen.[3] Trotz solcher Forschungsergebnissen hat sich die Rechtsprechung nur langsam geändert."[4]
Damit Scheidungskinder schneller in den Genuss von den an ihr Alter angepasste Aufenthaltsregelungen kommen, sollte man im Bürgerlichen Gesetzbuch (z. B. in einem "gesetzlichen Scheidungssystem") einen einfacheren Gesetzestext als obigen Kalender einbringen: das ein Kind nicht mehr Tage von einem Elternteil getrennt sein darf als es Jahre alt ist (also ein Tag für ein einjähriges Kind, zwei Tage für ein zweijähriges, usw.). Oder noch einfacher - und kostengünstiger für die Eltern -: "Solange die Eltern nichts anderes vereinbaren, werden ihre Kinder abwechselnd je einen Tag von jedem Elternteil untergebracht werden".
Einzelnachweise
- ↑ - Joan B. Kelly and Michael E. Lamb: Using child development research to make appropriate custody and access decisions for young children. Family and conciliation courts review, Vol. 38 No. 3, July 2000, 297-311: p. 308-309: "How much separation from primary attachment figures is appropriate?"
- De Man, Jan Piet H.: Benutzung der Untersuchungen über die Entwicklung der Kinder, um auf Grund davon geeignete Entscheidungen zu treffen über die Aufenthalts- und Umgangsregelungen für junge Kinder. (teilweise Übersetzung von: Joan B. Kelly and Michael E. Lamb: Using child development research to make appropriate custody and access decisions for young children. Family and conciliation courts review, Vol. 38 No. 3, July 2000, 297-311.) Edegem (B): Europäisches Institut für das Wohl des Kindes, 21.10.2005. - ↑ Joan B. Kelly, Ph.D.: Some Options for Child Custody Parenting Plans (for Children of School Age) www.ColoradoDivorceMediation.com 2003. (basé sur ce que les dernières recherches cliniques et concernant le développement nous apprennent).
- ↑ - Fabricius, W. V., & Hall, J. (2000). Young adults' perspectives on divorce: Living arrangements. Family and Conciliation Courts Review, 38, 446-461;
- Healy, J., Malley, J., & Stewart, A. (1990). Children and their fathers after parental separation. American Journal of Orthopsychiatry, 60, 531-543.
- Hetherington, E. M. (1999). Should we stay together for the sake of the children? In E. M. Hetherington (Ed.), Coping with divorce, single parenting, and remarriage (pp. 93-116). Mahwah, NJ: Erlbaum.
- Hetherington, E. M., Cox, M., & Cox, R. (1982). Effects of divorce on parents and children. In M. Lamb (Ed.), Nontraditional families (pp. 233-288). Hillsdale, NJ: Erlbaum.
- Laumann-Billings, L., & Emery, R. E. (2000). Distress among young adults in divorced families. Journal of Family Psychology, 14, 671-687.
- Wallerstein, J. S., & Kelly, J. B. (1980). Surviving the breakup: How children and parents cope with divorce. New York: Basic Books. - ↑ Kelly, Joan B. and Robert E. Emery: Children's Adjustment Following Divorce: Risk and Resilience Perspectives. Family Relations, 2003, 52, 352-362, p. 354.
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Das Alter und die gleichmäßige Beherbergung (Unterbringung) von Jan Piet H. de Man, 26. Oktober 2005. |
- ↑ Karl Albrecht Schachtschneider: "Rechtsproblem Familie", S. 23, S. 28-31
Rechtsproblem Familie in Deutschland (41 Seiten)