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Gott

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Hauptseite » Religion » Gott

Reflexionen über den Begriff Gott.

Begriffsbestimmung

Die Bedeutung des Begriffs Gott zu bestimmen, ist eine äußerst schwierige Aufgabe, die jedoch unabweisbar ist. Ein Glauben ohne eine an eindeutig definierten Begriffen orientierte Sprache verliert seine Aussage­fähigkeit. Eine Religion, die sich ausschließlich auf innere, nicht sprachlich mitteilbare Erfahrungen verlässt, bleibt subjektiv und hat keine Möglichkeit, sich vor dunklem Aberglauben[wp] und phantastischen Vor­stellungen zu schützen.

Eine gewissenhafte Begriffs­bestimmung ist daher unerlässlich, wenn man über Gott in irgend einer Weise sinnvoll reden will und wenn Gott nicht grundsätzlich jeglicher begrifflichen Bestimmung entzogen werden soll, so wie das beispielsweise mystisch spirituelle Ansätze oder die Überzeugungen einer mittel­alterlichen oder modernen theologia negativa zu tun versuchen.

Selbst die, die Gott für tot erklären, von einer Gottes­finsternis ausgehen oder raten so zu leben, wie wenn es Gott nicht gäbe, müssen sagen können, wer oder was denn tot sein soll, wer oder was sich in die Finsternis zurück­gezogen hat und wer oder was uns aufruft so zu leben, als ob es das nicht gäbe.

Wer oder was soll in der zwischen­menschlichen Kommunikation mit dem Wort "Gott" bezeichnet werden?

Gott ist beispielsweise Person mit Eigenschaften wie allmächtig, allwissend und allgerecht. Dieser Gott hat die Welt geschaffen, begleitet sie und führt sie einem Ende zu. Er ist seinen Menschen­kindern wie ein Vater, an den man sich bittend wenden kann.

Gott kann aber auch das in aller Tiefe Unendliche sein, dass allem zugrunde liegt. Er ist damit ein unpersönliches, pantheistisches[wp] Prinzip.

Wenn Aussagen über Gott als über oder in der Welt stehend gemacht werden, sind diese Aussagen im Grunde Bestandteile einer religiösen Welterklärung. Es werden Sachverhalte behauptet und Existenz­annahmen formuliert. Sobald eine religiöse Welterklärung für unmöglich gehalten wird und man daher auf sie verzichten sollte, fallen Bedeutungen weg, die mit dem Wort "Gott" ein wie auch immer Seiendes bezeichnen wollen.

Welche Bedeutung kann dem Wort "Gott" in einer Religion zugeordnet werden, die das Schwergewicht nicht auf Welt­erklärung sondern auf Sinn­gebung legt?

Man kann das Wort "Gott" in einer gleichnis­haften, metaphorischen Weise verstehen, die eine bestimmte Lebensform und Einstellung zur Welt bezeichnet. Gott ist also nichts, was in irgend einer Form real da ist, sondern Gott ist der Anzeiger, der auf einen Weg verweist, wie das Leben zu gestalten ist. Er wird zu dem, was als Lebenssinn erkannt und anerkannt worden ist. Er ist damit Manifestation und Ausdruck menschlicher Wünsche und Vor­stellungen. Er wird damit tatsächlich Projektion, nun aber im positiven Sinn. Gott ist kein Sachverhalt, sondern ein Symbol.

Symbole haben ganz allgemein eine übertragene, metaphorische Bedeutung. In der Regel visualisieren oder personalisieren sie abstrakte Begriffe. So steht die Justitia[wp] mit den verbundenen Augen und der Waage für Gerechtigkeit. Niemand käme auf die Idee zu glauben, dass Justitia wirklich existiert und in den Ablauf der Welt eingreift.

Auch den Teufel[wp] kann man als Symbol sehen. Hier konkretisieren und verdichten sich Erfahrungen des Bösen. Aufgeklärtes Denken wird auch dem Teufel keine Daseins­berechtigung in einer rationalen Welt­erklärung zubilligen wollen. Es gibt ihn nicht in dem Sinne, in dem es Steine, Pflanzen, Tiere und Menschen gibt. Der Teufel hat einen Status, der dem der Justitia ähnelt. Dennoch hat der Teufel als Symbol seine Berechtigung. Insbesondere hilft er all denen, die mit abstrakten Begriffen Schwierigkeiten haben, bei der Welterklärung und der Welterhellung. In diesem Sinne kann die Figur des Teufels durchaus beibehalten werden. Es ist nur darauf zu achten, dass der Symbol­charakter des Teufels nicht gänzlich verloren geht und das Symbol Teufel nicht mit Wirklichkeit verwechselt wird. Exorzismen, die einen realen Teufel annehmen, der physisch ausgetrieben werden kann, fallen in eine überwundene, mittel­alterliche Denkweise zurück.

Auch Gott ist ein Symbol, in dem sich Einstellungen und Lebens­formen manifestieren.

Sicherlich ist es nützlich, an der Personalisierung des Gottes­begriffs festzuhalten. Es wäre unmenschlich und lieblos, einem Gläubigen seine personale Gottes­vorstellung austreiben zu wollen, auf die dieser seine Welterklärung, sein Selbst­verständnis und seinen Lebenssinn gründet. Bedingung ist jedoch, dass diese Gottes­vorstellung eine humane Einstellung als Grundlage hat. Tolerieren wir den Gott eines jeden, soweit dieser Gott ein Gott der Mit­menschlichkeit und der Liebe ist! Menschen lassen sich leichter und freudiger von personalen Vor­stellungen als von abstrakten Begriffen begeistern, anregen und zum Guten hinleiten.

An Gott glauben heißt demnach nicht, einen wie auch immer gearteten Sachverhalt für wahr halten. An Gott glauben heißt vielmehr, sich mit anderen zusammen einer bestimmten Lebensform und einer bestimmten Weltsicht zugehörig fühlen. Eine gute Religion ist eine Religion, die zu Mit­menschlichkeit und Verantwortung führt.

In diesem Sinn verschwinden die dogmatischen Unterschiede der verschiedenen Religionen der Welt. Es macht keinen Sinn, danach zu fragen, welcher Ring aus Lessings[wp] Theaterstück Nathan der Weise[wp] der echte Ring ist. Das würde bedeuten, dass man wieder nach der Wahrheit von Sachverhalten fragt. Alle drei Ringe sind gleichberechtigt, solange sie in unterschiedlicher, äußerer Erscheinung als Symbol der gleichen Lebens­einstellung verstanden werden können.

In diesem Sinne sind alle Religionen durch etwas verbunden, das Küng[wp][1] das Weltethos[wp] genannt hat und das auf eine gerechte und lebenswerte Welt abzielt.

– Prof. Dr. Bernd Schmidt[2]

Gott als Postulat der praktischen Vernunft

Zitat: «Gott ist nach Kant[wp] nicht Gegenstand des Wissens, sondern des Hoffens. Gott ist ein "Postulat" der rein praktischen Vernunft - seine Existenz ist zwar unbeweisbar, aber die Vernunft nötigt, an ihn zu glauben.»[3]

Gott ist tot

Das erschütterndste Wort Nietzsches[wp], Gott ist tot, wäre als atheistisches Dogma gelesen missverstanden. Es ist eine dichterisch gestaltete Parabel[wp]. Bleibt das Resultat seines Nachforschens nach Gott auch negativ, so unterscheidet sich der "tolle Mensch" weit von den Alltags-Atheisten[wp], die Gott durch Spott und Zynismus "getötet" haben. Wahnsinnig ist der tolle Mensch im Sinn des Hofnarren, der als einziger ungefährdet die Wahrheit sagen darf.
Zitat: «Der tolle Mensch. - Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: "Ich suche Gott! Ich suche Gott!" - Da dort gerade viele von denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter [...] Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. "Wohin ist Gott?" rief er. "Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet - ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? [...] Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet, - wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühne­feiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen?"» (FW 125) "Das Heiligste", Gott, der absolut Heilige verblutet.[4]

Im Vorwurf des Gottsuchers an die Agnostiker[wp], die am Ort der Anbetung des Mammon in Gerüchte und Geschäfte eintauchen, ihr seid es, die Gott getötet haben, klingt Petri[wp] kühne Rede nach: "Ihr habt ihn [Jesus] (...) getötet" (Act 2, 23), hier aber ohne Hoffnung auf sein Auferstehen: Er "bleibt tot"!

Wie bei Jesu Kreuzigung eine Finsternis über das Land kam (Mk 15, 33): der Kosmos trauert mit, begleitet in Nietzsches Parabel eine kosmische Katastrophe den Tod Gottes. Die Kategorien zur Beschreibung versagen im Versuch, die verheerenden Folgen des Gottestodes auszuloten; das Universum implodiert und explodiert. Gottes Sterben heißt Losbinden der Erde von ihrer Sonne: Symbol des Heiligsten, göttlich Guten oder höchsten Seins; ohne das Agathon ist alles nichts wert. Daß Nacht hereinbricht, symbolisiert den Verlust der Wahrheit, die Kälte den Verlust der Liebe.

Nietzsche stellt vor die eine Wahl: Gott oder das Nichts! Der Mensch erleidet im Gottestod totalen Orientierungs­verlust, ein richtungsloses Fallen, weiß nicht mehr, woher er kommt, wohin er geht, wer er ist. Der visionäre "tolle Mensch" ruft eine Frage als Diagnose aus: "Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts?" Das Agathon als Maß aller Maße ging verloren, das die Güte des Seins verbürgt.

Den einzigen Hinweis, mit dem sich in der Gleichnisrede[wp] etwas bestimmtes Reales assoziieren läßt und - wie in einem kriminologischen Indizien­beweis - ein Motiv und der Tathergang (: Wir haben Gott getötet) rekonstruierbar werden, enthält das Wort über das "Verbluten des Heiligsten unter unsern Messern", die Mordwaffen in Gestalt von Sezier­messern sind und auf die heiße Spur der kritischen Historie zurückführen. "Sezieren", "Vivisektion" sind aus der chirurgischen Medizin entlehnte Begriffe. Die "Geburts­stätte des Christentums", das Leben Jesu (D. F. Strauß), sei, nach fertigem wissen­schaftlichen Erkenntnisgang, "zu Ende seziert" und damit "vernichtet" (KSA 1, 296ff), so Nietzsches Alarmruf. Die historische Kritik wird mit "Section"[wp], also dem kunst­gerechten Öffnen von Leichnamen verglichen; gemeint ist ein erbarmungslos zum Tode führendes Analysieren von etwas bislang lebendig Gewesenem. Auf den realen Sinn einer Mordtat am Ewigen verweist in der Parabel (FW 125) das blutbefleckte Messer, also die historisch-kritische Analyse[wp] des Lebens Jesu.

Kühnes Sich-selbst-Erkennen des aufgeklärten freien Geistes, der Nietzsche ist, führt dahin, dass er in Gestalt des "tollen Menschen" (Fröhliche Wissenschaft, Aphorismus 125) die Selbstanklage auf den Punkt bringt: "Gott ist tot!" - Wir haben ihn getötet, ihr und ich: "Wir erwachen als Mörder"!

Vordergründig ist es die Sezierlust des aufklärerischen Verstandes, die, gemäß Nietzsches Schau, das "Sterben" des christlichen Gottes auslöst, im Abgrund der verlorenen Seele aber ist es deren Strategie zur Verleugnung der eigenen Hässlichkeit, die den Spiegel des göttlichen Wortes stumpf macht, in welchem sie schmerzlich grell sichtbar sein würde.[5] Der aufgeklärte Mensch seziert viel lieber den "Spiegel" Bibel, als dass er sich von ihm durchleuchten ließe, so Nietzsches Durchblick.

Das Problem nach Gottes Tod ist zudem der Verlust der Schöpfungs­ordnung[kp] und die folgende Sinnleere, Melancholie, das sich selbst nichts Wertsein des Menschen, ein epidemisch zu werden drohender Lebens­überdruss. Nietzsches Nihilismus[wp]-Prognose ist prophetische Ahnung unserer Jetztzeit.


Nietzsche ahnt die Entpersönlichung des Menschen voraus, der durch Verlieren der Gottesnähe labilisiert ist, sodass Demokratie in Ochlokratie und diese in tyrannischen Egalitarismus umschlägt. "Wer wird das Bild des Menschen aufrichten"? (KSA 1, 368), so heißt die Frage im Sinnvakuum. Der Kältetod der Humanität bricht in Nietzsches Diagnose in eine atheistisch ideallose Gesellschaft ein durch ihre Armut an Güte, Geist und Liebe. Eins sind alle, so die zeitgeist­kritische Diagnose, im "Glauben an die Gemeinschaft als Erlöserin", also an die "autonome Herde" (JGB 202). Der Wehruf: "Kein Hirt und Eine Herde! Jeder will das Gleiche, Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in's Irrenhaus." Was ist Liebe, Schöpfung, Sehnsucht, fragt der "letzte Mensch'. "Man hat sein Lüstchen für den Tag und für die Nacht" und ehrt die Gesundheit, - "ein wenig Gift" für angenehme Träume und am Ende "viel Gift" für ein angenehmes Sterben (KSA 4, 19f). [...]

Dem historistischen Zugrunde­gehen des Christentums als Dogma (Strauß) folge als zukünftiges Schauspiel Europas das Zugrunde­gehen des Christentums als Moral (GdM III 27). Das Gefälle zur Wertlosigkeit persönlichen Seins ohne Gott hat Nietzsche in prophetischer Intuition erfasst:

Zitat: «Das grösste neuere Ereignis, - dass "Gott tot ist", dass der Glaube an den christlichen Gott unglaubwürdig geworden ist - beginnt bereits seine ersten Schatten über Europa zu werfen. Für die wenigen wenigstens, deren Augen, deren Argwohn in den Augen stark und fein genug für dies Schauspiel ist, scheint eben irgendeine Sonne untergegangen, (...) ein altes tiefes Vertrauen in Zweifel umgedreht: ihnen muss unsre alte Welt täglich (...) misstrauischer, fremder, (...) scheinen. In der Hauptsache aber darf man sagen: das Ereignis selbst ist viel zu gross, zu fern, zu abseits vom Fassungs­vermögen vieler, als dass auch nur seine Kunde schon angelangt heißen dürfte; geschweige denn, dass viele bereits wüssten, was eigentlich sich damit begeben hat - und was alles, nachdem dieser Glaube untergraben ist, nunmehr einfallen muss, weil es auf ihm gebaut, an ihn gelehnt, in ihn hinein­gewachsen war: zum Beispiel unsere ganze europäische Moral. Diese lange Fülle und Folge von Abbruch, Zerstörung, Untergang, Umsturz, die nun bevorsteht: wer erriete heute schon genug davon, um den Lehrer und Voraus­verkünder dieser ungeheuren Logik von Schrecken abgeben zu müssen, den Propheten einer Verdüsterung und Sonnen­finsternis, deren Gleichen es wahrscheinlich noch nicht auf Erden gegeben hat?» (FW 343)


Für Nietzsche liegt die Letztbegründung[wp] christlich-moralischer Werturteile in der Gottesidee. Die christliche Ethik der Liebe und Pflicht fällt mit dem christlichen Gott dahin. Bricht man aus ihr den Glauben an den Christus heraus, so zerbricht man das ganze System ihres Wertgefüges. In plötzliche Abgründe eines naturalistisch verstandenen Todes bis hin zu Selbstmord­lizenz und Euthanasie[wp], wiewohl in Frageform und ein Tabu erinnernd, führt ein Aphorismus, der an das Darwinsche[wp] Kampf-ums-Dasein-Motiv anknüpft: "Was heißt Leben?" [...]

– Prof. Dr. Edith Düsing[6]
Zitat: «Die Vorhersagen Dostojewskis[wp] bewahrheiten sich vor unseren Augen. Wenn es keinen Gott mehr gibt, ist alles erlaubt. Alles wird gleich, die Werte gehen verloren. Alles wird nichtig, außer kurzlebigen, nichtigen Sachen. Wir haben es mit dem zu tun, was Friedrich Nietzsche[wp] vorhergesagt hat, dem letzten Menschen: konfliktscheu, sicherheits­fixiert und verwöhnt. Ohne Ziele, ohne Werte.» - Vytautas Landsbergis[wp][7]
Zusammenfassung

Die Religionen haben die Aufgabe der Welt­erklärung an die rationale, wissenschaftliche Vorgehensweise verloren.

Die rationale Vorgehensweise wiederum muss einsehen, dass sie Lebens­entwürfe und ethische Ziel­vor­stellungen nicht begründen kann. Sie kann keinen Lebenssinn vermitteln. Die Wahl eines Lebens­entwurfes und die Festlegung auf ethische Ziel­vor­stellungen beruhen auf einem freien Entschluss.

Eine Religion, die sich in der gegen­wärtigen Weltstunde und mit dem zur Zeit zur Verfügung stehenden Wissen rechtfertigen lässt, wird demnach kein Glaubens­bekenntnis enthalten, das von ihren Gläubigen das Fürwahr­halten von Sach­verhalten verlangt. Sie wird vielmehr ein Tätigkeits­bekenntnis anbieten, in dem die ethischen Ziel­vorstellungen nieder­gelegt sind, dem sich die Anhänger dieser Religion verpflichtet fühlen. Hierzu ist die Gemeinschaft mit den anderen eine notwendige, hilf- und segens­reiche Bedingung, die auch in der Ausgestaltung des alltäglichen Lebens ihren Niederschlag findet.

In ihren Mythen, Legenden, Geschichten, Bildern und Liedern veranschaulicht eine Religion das, was sie an Einsichten und Erfahrungen über die Jahrhunderte auf­gesammelt hat. In dem, was eine Religion zur Welt und zum Menschen zu sagen hat, steckt ihr Wert und ihre Bedeutung. Diese Tradition sollte sorgfältig gepflegt werden. Man muss sie sich bewusst, aber auch kritisch aneignen.

Gott bezeichnet nichts Seiendes. Gott ist vielmehr das Symbol oder die Metapher für eine bestimmte Lebensform mit den damit verknüpften ethischen Verpflichtungen. Gott ist nicht tot. Gott lebt, solange Menschen sich nicht passiv treiben lassen, sondern in Gemeinschaft mit anderen aktiv Lebens­entwürfe ersinnen und sie sich zusammen mit anderen in einer freien, rational nicht begründbaren Weise für einen dieser möglichen Lebens­entwürfe entscheiden.

– Prof. Dr. Bernd Schmidt[2]
Friedrich Nietzsche fragt: "Was sind denn die Kirchen noch, wenn sie nicht Grüfte und Grabmäler Gottes sind?" Gewiss, die Kirchen geben sich geschäftig. Ihre Kassen sind gefüllt, Priester und Pastoren treten selbstbewusst als Pfarr-Herren auf. Die Nachricht vom Tod Gottes hat sich noch nicht überall herumgesprochen: "Es ist noch zu früh, das ungeheure Ereigniß ist noch nicht zu den Ohren und Herzen der Menschen gedrungen - große Nachrichten brauchen lange Zeit, um verstanden zu werden, während die kleinen Neuigkeiten vom Tage eine laute Stimme und eine Allverständlichkeit des Augenblicks haben. Gott ist todt! Und wir haben ihn getödtet! Dies Gefühl, das Mächtigste und Heiligste, was die Welt bisher besaß, getödtet zu haben, wird noch über die Menschen kommen, es ist ein ungeheures neues Gefühl! Wie tröstet sich einmal der Mörder aller Mörder! Wie wird er sich reinigen!"[8] Das schreibt Nietzsche 1882, ein Pastorensohn.

Seine Sprache glänzt und funkelt. Und seine Gedanken sind explosiv, deswegen passen sie in kein System. Nietzsche schreibt in Fragmenten über eine Welt, die nach dem Tod Gottes in Fragmente zufällt. "Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung?" Und welchen Schluss zieht Nietzsche aus dem Tod Gottes? "Will kein Gott auf Erden sein, sind selber Götter", heißt es in Franz Schuberts[wp] Winterreise. Nur, werden wir uns nicht daran überheben? Das ist Nietzsches Frage. Wir sind noch nicht so weit, dass wir den Tod Gottes ertragen könnenn. Werden wir es jemals können? Dazu müssten wir wie der Übermensch werden, den Nietzsche beschwört. Eine immense Herausforderung. Zu groß für den kleinen Menschen?

Arnulf Zitelmann[wp][9]
Zitat: «Das ist es nicht, was uns abscheidet, dass wir keinen Gott wieder finden, weder in der Geschichte, noch in der Natur, noch hinter der Natur, - sondern dass wir, was als Gott verehrt wurde, nicht als "göttlich", sondern als erbarmungswürdig, als absurd, als schädlich empfinden, nicht als Irrtum, sondern als Verbrechen am Leben. Wir leugnen Gott als Gott. Wenn man uns diesen Gott der Christen bewiese, wir würden ihn noch weniger zu glauben wissen.» - Friedrich Nietzsche[10]

Gott wird gegendert

  • Nietzsche: "Wir haben ihn getötet !"
  • Genderilla: "Wir haben ihn gegendert!"
Die Katholiken wollen Gott gendern und in Gott+ umbenennen, damit Gott nicht mehr so nach Mann aussieht.[11]

Womit wohl endgültig bewiesen wäre, dass nicht Gott den Menschen, sondern der Mensch sich seinen Gott nach seinem Ebenbild schuf. Sonst nämlich hätten wir nämlich aus seinem Zorn über den Blödsinn jetzt Klimaerwärmung, Seuche, Hochwasser, Krieg ... Äh, Moment mal ...

Hadmut Danisch[12]

Zitate

Zitat: «Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass Sex eigentlich alle meine Probleme lösen kann.» - Gott der Evolution[13]

Einzelnachweise

  1. Hans Küng[wp]: Das Projekt Weltethos, Piper Verlag, 2004
  2. 2,0 2,1 Prof. Dr. Bernd Schmidt: Philosophie der Religion, Abschnitt "8.4 Gott" - Kopie
  3. "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen": Immanuel Kant, Focus am 12. November 2013
  4. Friedrich Nietzsche[wp]: Die fröhliche Wissenschaft, 1882 (ergänzt 1887), Drittes Buch, 125. Der tolle Mensch;
    Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 2, S. 126-128
    Wikipedia: Also sprach Zarathustra
  5. "Gottes Wort" mit dem Spiegel zu vergleichen, den man fliehen will (Jak 1, 23ff), oder dem "zwei­schneidigen Schwert", das Geist und Psyche trennt (Heb 4, 12f; vgl. Offb 1, 16), dürfte Nietzsche geläufig gewesen sein. - Die Art, wie "bisher die Ehrfurcht vor der Bibel in Europa aufrecht­erhalten wird", so rühmt er, indem er das verlorene objektiv Heilige perspektivisch subjektiviert zu heiligen Erlebnissen und zum Verehrungs­würdigsten, sei das "beste Stück Zucht und Verfeinerung der Sitte, das Europa dem Christenthume verdankt." (JGB 263)
  6. Prof. Dr. Edith Düsing: Tod Gottes und Vernichtung der Menschenwürde in Nietzsches Diagnose, Abschnitt "II. 2) Zur Parabel vom tollen Menschen, der Gott sucht und sich als Mörder Gottes entdeckt"
  7. Boris Reitschuster: Interview mit Litauens Ex-Staatschef Landsbergis: Deutschland gleitet ein drittes Mal in den Sozialismus ab, Tichys Einblick am 20. Oktober 2019
    Anreißer: Die politische Korrektheit führe die Welt in den Abgrund, mahnt der litauische Ex-Staatschef Vytautas Landsbergis[wp]: Sie sei nichts anderes als die Lüge. Den Deutschen wirft er vor, sie mieden Tabu­themen. Ihre Sympathien für den Kommunismus kann er nicht verstehen.
  8. Friedrich Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft, Drittes Buch, Der tolle Mensch
  9. Arnulf Zitelmann[wp] erzählt Die Geschichte der Christen, Campus Verlag, 2004, ISBN 3-593-37413-7, S. 226
  10. Friedrich Nietzsche: Antichrist. Fluch auf das Christentum. (1988)
  11. Bjarne Kommnick: Weil diskriminierend: Gott soll umbenannt werden - Name schon gefunden, Kreiszeitung am 8. April 2022
    Anreißer: Ist er ein Mann? Das suggeriert zumindest das gängige Bild recht eindeutig: alt, weiß und männlich. Junge Katholiken wollen das nun ändern - und Gott gendern.
  12. Hadmut Danisch: Gott+, Ansichten eines Informatikers am 7. April 2022
  13. Terry Pratchett[wp]

Netzverweise