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Schlangeninsel
Die Schlangeninsel (rumänisch Insula Șerpilor; ukrainisch Острів Зміїний Ostriw Smijinyj; russisch Остров Змеиный Ostrow Smeiny; griechisch Λευκή / Leuké, 'die Weiße' bzw. neugriechisch Φιδονήσι / Fidonisi, 'Schlangeninsel') ist eine der wenigen Inseln im Schwarzen Meer[wp].
Beschreibung
Die Insel ist dem Donaudelta[wp] vorgelagert und ragt etwa 12 Seemeilen vor der rumänischen Küste als 41 Meter hoher Felsen aus dem Meer. Sie hat einen Durchmesser von etwa 600 Metern, eine Fläche von 17 Hektar sowie eine Küstenlänge von 4 Kilometern.
Die Angaben über die auf der Felseninsel errichteten Anlagen sind widersprüchlich, da sie als militärisches Sperrgebiet bisher unzugänglich war. Nach dem Zweiten Weltkrieg[wp] wurde der 23 Meter hohe Leuchtturm mit einer Reichweite von 19 Seemeilen nach schwerer Beschädigung repariert und mehrfach modernisiert. Außerdem seien zwei Anlegestellen für Schiffe mit großer und mittlerer Tonnage sowie eine ukrainische Grenzstation vorhanden.
Etymologie
In antiker Zeit soll die Insel nur von Meeresvögeln und Schlangen bewohnt gewesen sein; nach letzteren wurde sie später benannt. In der griechischen Antike war das Eiland als Leuke[wp] (Λευκή, griechisch), die Weiße, bekannt, während es später von den Griechen in der Zeit des osmanischen Reiches[wp] Fidonisi (griechisch "Schlangeninsel") genannt wurde.
Geschichte
Mittelalter und Neuzeit
Die Herrschaft über das unbewohnte und militärstrategisch günstig gelegene Eiland war stets an die politischen Verhältnisse auf dem nahe liegenden Festland gekoppelt.
Im 14. und 15. Jahrhundert stand die Insel unter Hoheit des walachischen[wp] Fürsten Mircea cel Bătrân[wp], der über die gesamte Region (Dobrudscha[wp], Donaumündung[wp], Südbessarabien[wp]) herrschte. Als das Schwarze Meer im 16. Jahrhundert ein osmanisches[wp] Binnenmeer wurde, fiel mit dem walachischen Fürstentum auch die Schlangeninsel für Jahrhunderte an die Hohe Pforte[wp] in Istanbul[wp]. Der Name der Insel lautete nun Yilan Adası.
Mit dem Zerfall des Osmanischen Reichs[wp] und durch die russische Südexpansion[wp] im 19. Jahrhundert stieg die militärische Bedeutung der winzigen Meeresinsel. Im 7. Russischen Türkenkrieg[wp] kam es 1788 nahe der Insel zur Schlacht von Fidonisi[wp] zwischen der russischen und der osmanischen Flotte. Nach dem 9. Russischen Türkenkrieg[wp] gelangte Russland für eine kurze Zeit in ihren Besitz, als es 1829 im Frieden von Adrianopel[wp] das Osmanische Reich zur Abtretung der Donaumündung und damit auch der Schlangeninsel zwang. 1854 trafen sich vor der Insel die Flotten von Großbritannien, Frankreich und Sardinien-Piemont[wp], um gemeinsam in den Krimkrieg[wp] zu ziehen und Sewastopol anzulaufen. Nach der russischen Niederlage verblieben zaristische Truppen auf der Insel, denn sie fand im Frieden von Paris[wp] 1856 keine Erwähnung. Ein Abzug erfolgte erst 1857 nach Androhung von Beschuss russischer Häfen durch die britische Flotte.
Im 11. Russischen Türkenkrieg[wp] 1877/78 zwang das Russische Reich die Türkei erneut zur Abtretung des Donaudeltas und der Schlangeninsel, jedoch zugunsten des rumänischen Königreichs[wp], als Teil der Dobrudscha[wp].
Im Jahr 1856 wurde die Europäische Donaukommission[wp] gegründet, die den Ausbau der Donau als europäische Wasserstraße einleitete. Zur Kennzeichnung der schiffbaren Passagen im Donaudelta und an der Schwarzmeerküste wurden Leuchttürme und Seezeichen installiert. Der Leuchtturm der Schlangeninsel wurde bereits in den Jahren 1837–1843 aus einer beträchtlichen Anzahl von Baumaterialien aus den Ruinen einer alten Tempelanlage errichtet. Im Jahr 1891 wurde der Leuchtturm von fünf türkischstämmigen Leuchtturmwärtern und drei rumänischen Marinesoldaten unterhalten und vom Hafenkommandanten der Stadt Sulina[wp] beaufsichtigt. Die Besoldung der Leuchtturmwärter erfolgte durch einen Fonds der Donaukommission.
Im Ersten Weltkrieg[wp] wurde die Insel am 25. Juni 1917 kurzzeitig von deutschen Marinesoldaten besetzt: Ein Landungstrupp des osmanischen Kreuzers Midilli[wp] besetzte die Insel für zwei Stunden, nachdem der Kreuzer die Funkstation auf der Insel durch Artilleriefeuer zerstört hatte. Der Trupp machte mehrere Gefangene und erbeutete ein Schwein[wp] und mehrere Hammel[wp]. In der Nähe der Insel legte der Kreuzer eine Minensperre[wp][1] auf der am 30. Juni der russische Zerstörer Leitenant Sazarenny[wp] sank.
Während des Zweiten Weltkriegs erfolgte im August 1944 durch eine sowjetische Landeoperation die Besetzung der Insel, bei der sich die rumänische Garnison kampflos ergab.
Gegenwart
Bis 1948 gehörte die Schlangeninsel zu Rumänien (Stadt Sulina[wp]), wurde dann aber von der moskautreuen rumänischen Politikerin Ana Pauker[wp] in einem geheimen Protokoll vom 23. Mai 1948 der Sowjetunion[wp] übergeben, wovon die rumänische Öffentlichkeit jahrzehntelang nichts erfuhr. Noch im Jahre 1975 fragte der damalige rumänische Präsident Nicolae Ceaușescu[wp] nach Rechenschaft, wie es überhaupt möglich war, dass diese Insel in sowjetischen Besitz kam.[2] Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion[wp] verhandelten in Kiew die Ukraine und Rumänien mehrere Jahre über das Schicksal der Insel. 1991 wurde dann auch der Grenzverlauf[wp] des Festlandes zwischen den beiden Staaten festgelegt, der aber bis zum Jahr 2003 umstritten war. Nachdem die NATO Rumänien zu einer besseren Sicherung seiner Landesgrenzen gedrängt hatte, unterzeichnete man am 17. Juni 2003 in Czernowitz[wp] nach zehnjährigem Streit den ukrainisch-rumänischen Grenzvertrag, der den Grenzverlauf nun verbindlich festlegt. Im Gegenzug sicherte die ukrainische Regierung zu, keine Offensivwaffen auf der Insel zu stationieren.
Ein wichtiger Streitpunkt war unter anderem die Grenzziehung durch die Aufteilung des Schwarzmeer-Kontinentalsockels[wp], in dem große Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet werden. Der Streit um die Grenzziehung an dem Kontinentalsockel[wp] wurde am 3. Februar 2009 durch den Internationalen Gerichtshof gelöst - Rumänien erhielt etwa 79, die Ukraine 21 Prozent des zuvor umstrittenen Kontinentalsockels.[3]
Aufgrund ihrer Lage war umstritten, in wieweit die Schlangeninsel die Seegrenze zwischen den beiden Ländern beeinflusst. Wäre die Schlangeninsel eine Insel[wp], würde ihr Festlandsockel zu den ukrainischen Gewässern zählen. Wäre sie allerdings ein Eiland[wp], würde sie nach internationalem Recht bei der Festlegung der Seegrenze zwischen Rumänien und der Ukraine nicht berücksichtigt werden. Rumänien behauptete, die Ukraine entwickle die Schlangeninsel, um zu beweisen, dass es sich um eine Insel und nicht um ein Eiland handele. Im Jahr 2007 gründete die Ukraine auf der Schlangeninsel eine Siedlung, Bile[wp], zu den oben genannten Zwecken.
WikiMANNia-Kommentar |
Wenn der "Entsowjetisierungspolitik"[wp] der Ukraine eine ernstliche Intention zu Grunde liegt, dann sollte sie als eine der ersten Maßnahmen die Schlangeninsel an Rumänien zurückgeben. |
Verwaltungsgliederung
Dem Wirtschafts- und Wohnkomplex auf der Insel wurde am 8. Februar 2007 der Status einer Siedlung verliehen. Seit dem 13. April 2007 gehörte die Siedlung administrativ zur Stadtgemeinde der westlich auf dem Festland gelegenen Stadt Wylkowe[wp]. Die Ortsgründung führte zu einer scharfen Reaktion des rumänischen Außenministeriums, nachdem die Schlangeninsel 1948 von Rumänien an die damalige Sowjetunion abgetreten worden war.[4]
Seit dem 17. Juli 2020 ist die Siedlung mit etwa 50 Einwohnern ein Teil des ukrainischen Rajons Ismajil[wp].[5]
Einzelnachweise
- ↑ Albert Röhr: Deutsche Marinechronik. Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg/Hamburg 1974, ISBN 3-7979-1845-3, S. 168.
- ↑ Evenimentul Zilei vom 4. September 2008, abgerufen am 29. April 2011.
- ↑ Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 3. Februar 2009[archiviert am 5. Februar 2009] (PDF; 1 MB)
- ↑ Україна-Румунія. Проблема острова Зміїний[archiviert am 30. Dezember 2018] (Deutsch: "Ukraine-Rumänien. Das Problem der Schlangeninsel")
- ↑ Wikipedia: Bile (Ismajil) - Abschnitte "Geschichte" und "Verwaltungsgliederung"
Netzverweise
- Rumänien gewinnt Rechtsstreit um Schlangeninsel, Siebenbürger Zeitung am 18. Februar 2009
- Grenzstreit mit Ukraine Rumänien zieht vor Internationalen Gerichtshof, Süddeutsche Zeitung am 11. Mai 2010
- Spätfolgen des "Kalten Krieges" - die Schlangeninsel im Schwarzen Meer[archiviert am 28. April 2019], Euronews am 3. Februar 2009
- Auszug: Es geht mal wieder um eine Erblast des "Kalten Krieges"[wp]. Ende der 1940er Jahre gewann das Inselchen strategische Bedeutung. Der Felsen eignete sich ideal für eine Radarstation, mit der die Sowjetarmee bis überm Mittelmeer Bewegungen des Gegners verfolgen konnte. Also haben die rumänischen Genossen die Schlangeninsel 1948 einfach dem "großen Bruder" in Moskau geschenkt. Aus der Erbmasse der UdSSR ging die Insel an die Ukraine. Inzwischen sind aber im Meer ringsum Erdöl und Erdgas entdeckt worden. Im Umkreis von 12.000 Quadratkilometern wird ein Schatz von einhundert Milliarden Kubikmetern Erdgas und zehn Millionen Tonnen Erdöl vermutet. Laut internationalem Seerecht kann ein Staat vor seiner Küste oder um seine Insel herum bevorzugte Nutzungsrechte geltend machen. Das gilt aber nur für bewohnte Inseln. Also hat man in Kiew in den vergangenen Jahren entschieden, ein paar Häuser zu bauen, die Radar- und die Wetterstation zu erweitern und vor allem - ukrainische Bürger ständig dort wohnen zu lassen. Auch wenn ihnen das Trinkwasser mühsam per Schiff geliefert werden muß. Das war nun offensichtlich alles umsonst, denn der Gerichtshof der Vereinten Nationen für Streitigkeiten zwischen Staaten hat anders entschieden. Den größeren Happen bekommt Rumänien, weil die Schlangeninsel als "einfacher Fels auf dem rumänischen Kontinentalplateau" bewertet wird.
- Wie es auf der berüchtigten Schlangeninsel aussieht, ntv am 23. September 2024 (Video, 01:09 Min.)