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Autopoiesis
Der Begriff Autopoiesis oder Autopoiese (altgriech. αὐτός autos (selbst) und ποιέιν poiein (schaffen, bauen)) bezeichnet den Prozess der Selbsterschaffung und -erhaltung[wp] eines Systems.
Autopoiesisbegriff in der Biologie
In der Biologie stellt das Konzept der Autopoiesis einen Versuch dar, das charakteristische Organisationsmerkmal von Lebewesen oder lebenden Systemen mit den Mitteln der Systemtheorie[wp] zu definieren. Der vom chilenischen Neurobiologen Humberto Maturana[wp] geprägte Begriff wurde in der Folge aufgebrochen und für verschiedene andere Gebiete wissenschaftlichen Schaffens abgewandelt und fruchtbar gemacht.
Das Konzept der Autopoiese beschreibt lebende Systeme als einen Prozess - konkret die Form der Organisation, der diese verwirklicht[1] -, anstatt sie über eine Aufzählung einzelner ihrer Eigenschaften zu definieren.
Autopoietische Systeme (beispielsweise Menschen und andere Säugetiere) sind rekursiv organisiert. Das Produkt des funktionalen Zusammenwirkens ihrer Bestandteile ist genau jene Organisation, die die Bestandteile produziert. Durch diese besondere Form der Organisation lassen sich lebende von nicht-lebenden Systemen unterscheiden: nämlich dadurch, "dass das Produkt ihrer Organisation sie selbst sind, das heißt, es gibt keine Trennung zwischen Erzeuger und Erzeugnis. Das Sein und das Tun einer autopoietischen Einheit sind untrennbar, und dies bildet ihre spezifische Art von Organisation".[2]
Kriterien
Um ein autopoietisches System zu sein, muss eine Einheit die folgenden Merkmale erfüllen:
- Sie hat erkennbare Grenzen.
- Sie hat konstitutive Elemente und besteht aus Komponenten.
- Sie ist ein mechanistisches System: Die Relationen zwischen den Komponenten bestimmen die Eigenschaften des Gesamtsystems.
- Die Komponenten, die die Grenze der Einheit darstellen, tun dies als Folge der Relationen und Interaktionen zwischen ihnen.
- Die Komponenten, die die Grenze der Einheit darstellen, werden produziert von Komponenten der Einheit selbst oder entstehen durch Transformation von Elementen, die keine Komponenten sind, durch Komponenten.
- Alle übrigen Komponenten der Einheit werden ebenfalls so produziert oder sind anderweitig entstandene Elemente, die jedoch für die Produktion von Komponenten notwendig sind.
Maturana[wp] und Varela[wp] wollten mit diesem letzten Punkt die Tatsache betonen, dass Organismen zwar Substanzen aus der Umwelt in sich aufnehmen, diese dabei jedoch sofort in verwertbare Baustoffe umwandeln. Substanzen dagegen, die für die Selbstreproduktion[wp] des Organismus keine Bedeutung haben, werden vom Organismus sozusagen ignoriert.
Konsequenzen
Maturana und Varela liefern mit dem Begriff eines molekülbasierten autopoietischen Systems erstmals eine strenge Definition des Lebens, die z. B. einzelne Großmoleküle wie Viren oder die bisherigen künstlich von Menschen hergestellten Maschinen klar als Nichtlebewesen abgrenzt.
Das Konzept der Autopoiese ist integraler Bestandteil der biologischen Theorie der Kognition, die Maturana und Varela in Der Baum der Erkenntnis (Orig. El Árbol del Conocimiento, 1984) umfassend ausformuliert haben. Diese verabschiedet sich von einer Auffassung der Welt als einer Ansammlung von zu erkennenden beobachterunabhängigen Objekten[3] und verwebt die Prozesse der Autopoiese und der durch das Nervensystem hergestellten sensomotorischen Beziehungen (Korrelationen) des beweglichen Organismus zu einem ständigen Akt der Hervorbringung einer Welt im laufenden Prozess des Lebensvollzugs. Objekte tauchen demzufolge als fortlaufend erzeugte Konstanten oder Regelmäßigkeiten der Zustände des Nervensystems eines menschlichen Organismus auf in seinen insbesondere auch sprachlichen (sozialen) Handlungen in Bezug auf seine Umgebung, ohne dass auf eine Wirklichkeit außerhalb dieser Prozesse zurückgegriffen werden könnte ("operationale Geschlossenheit des Nervensystems").
Die Handlungen (Operationen), die jedes autopoietische System in seiner Umgebung ausführt, werden als wirksame Handlungen verstanden, sofern sie den Fortbestand des Systems in seiner Umgebung erlauben und es damit weiter "dort seine Welt hervorbringt".[4] Maturana und Varela verstehen solche Systeme als kognitiv. Eine absolute Unterscheidung zwischen Realität und Illusion versteht Maturana anhand dieses mit dem Autopoiesebegriff unlösbar verbundenen Kognitionskonzepts als ausgeschlossen.
Autopoiesisbegriff in der Soziologie
Autopoiesis ist ein Schlüsselbegriff in der soziologischen Systemtheorie[wp] von Niklas Luhmann[wp], der den Begriff Autopoiesis auf die Betrachtung sozialer Systeme übertragen hat.[5]
Luhmann beobachtete, dass Kommunikation in sozialen Systemen ähnlich abläuft wie die Selbstreproduktion lebender Organismen. Ähnlich wie diese nur Stoffe aus der Umwelt aufnehmen, die für ihre Selbstreproduktion relevant sind, nehmen auch Kommunikationssysteme in ihrer Umwelt nur das wahr, was zu ihrem "Thema passt", was an den Sinn der bisherigen Kommunikation "anschlussfähig"[wp] ist. "Sinn"[wp] ist für Luhmann ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität[wp]: In der unendlich komplexen Umwelt wird nach bestimmten Kriterien nur ein kleiner Teil herausgefiltert; die Grenze eines sozialen Systems markiert somit eine Komplexitätsdifferenz von außen nach innen. Statt von einem "autopoietischen System" mit einer "Grenze" spricht Luhmann gelegentlich auch von einer "Form" mit einer "Innen-" und einer "Außenseite".
Die autopoietische Basisoperation ist immer gleich: Die Systeme operieren ständig, da sie sonst nicht existieren. Sie operieren so, dass sich weitere Operationen anschließen können ("Anschlussfähigkeit" des Systems). Dies gilt auch für die Massenmedien, die als Fortsetzungsapparate arbeiten: Sie senden, drucken, berichten immer so, dass weiterhin derartige Operationen folgen müssen und sichern so ihre Anschlussfähigkeit.
Zitat: | «Und so arbeitet auch das System der Massenmedien in der Annahme, dass die eigenen Kommunikationen in der nächsten Stunde oder am nächsten Tag fortgesetzt werden. Jede Sendung verspricht eine weitere Sendung. Nie geht es dabei um Repräsentation der Welt, wie sie im Augenblick ist.» - Luhmann[6] |
Um die Anschlussfähigkeit zu sichern, kontrollieren alle autopoietischen Systeme ihre Operationen im Verhältnis zu den Resultaten. Sie besitzen die Fähigkeit der "Reflexivität". Das bedeutet, dass die Systeme eine Art Gedächtnis haben, das "Vorher" und "Nachher" speichert und zu unterscheiden weiß.
Zitat: | «Autopoietische Systeme können ihre Strukturen nicht als Fertigprodukte aus ihrer Umwelt beziehen. Sie müssen sie durch ihre eigenen Operationen aufbauen und das erinnern - oder vergessen.» - Luhmann[7] |
Autopoiesis in der Politik
Wer sich entschließt, öffentlich tätig zu werden, muss "sich persönlich einbringen", wie es auf neudeutsch so hübsch heißt. Für die Erreichung idealistischer Ziele leisten die Parteimitglieder Arbeit, wozu persönliche Freizeit geopfert wird. Ab einem gewissen Zeitpunkt stößt diese altruistische Praxis an ihren natürlichen Schranken.
Auch bezüglich der Finanzierung sind der jungen Partei vorerst enge Grenzen gesetzt. Die anfänglich geringen Ausgaben werden aus Mitgliederbeiträgen und freiwilligen Spenden bestritten. Ist die Summe groß genug, wird eine Schreibkraft eingestellt. Dieser zu einem frühen Zeitpunkt der Parteienexistenz unternommene Schritt ist weichenstellend! Sobald auch nur eine einzige Person ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus der Parteientätigkeit bestreitet, schwenkt das Unterfangen unabwendbar in eine neue Richtung. Mit der Schaffung des Arbeitsplatzes werden arbeitsteilige Wirtschaftsprinzipien wirksam; der erste Arbeitsplatz bildet den Keim zur Verzweckung.
Zitat: | «Der erste Arbeitsplatz bildet den Keim zur Verzweckung.» |
Nehmen wir an, die Schreibkraft ist alleinerziehende Mutter. Nehmen wir weiters an, sie kann die Arbeit für die Partei zu Hause erledigen, was ihr ermöglicht, zugleich mütterliche Pflichten zu erfüllen. Nehmen wir noch zusätzlich an, dass sie einen Kredit aufgenommen hat, um den häuslichen Arbeitsplatz entsprechend auszustatten. Damit ist die Partei zum Arbeitgeber geworden, der Verantwortung trägt. Für das persönliche Wohlergeben der Schreibkraft ist nicht das Parteienprogramm ausschlaggebend, sondern das Bestehen der Partei selbst.
Wenn sich die Partei politisch behaupten kann, beginnen die Parteimitglieder damit, die materielle Basis auszubauen. Dem ersten Arbeitsplatz folgen bald weitere nach. Spätestens jetzt hat sich die Partei in ein arbeitsteiliges Wirtschaftsunternehmen gewandelt; für den Fortbestand des Geschäftsmodells müssen Einnahmen und Ausgaben in einem günstigen Verhältnis stehen. Fragen der Buchhaltung sind alles andere als folgenloses papierenes Spiel. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis ist untrennbar verknüpft mit dem individuellen Schicksal der Mitarbeiter. Inzwischen arbeiten viele Personen für die Partei, und wie für die erste Schreibkraft sind ihre Hauptanliegen nicht die Realisierung der Inhalte und Ziele der Partei, sondern deren Fortbestehen und Gedeihen.[8]
Zitat: | «[Für die Personen in der Partei] sind ihre Hauptanliegen nicht die Realisierung der Inhalte und Ziele der Partei, sondern deren Fortbestehen und Gedeihen.» |
Einzelnachweise
- ↑ Humberto Maturana[wp], Francisco Varela[wp]: Der Baum der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln des Erkennens., Goldmann 1987, ISBN 3-442-11460-8, S. 83ff, insbes. S. 9
- ↑ Der Baum der Erkenntnis., 1987, S. 56
- ↑ Der Baum der Erkenntnis., 1987, S. 31
- ↑ Der Baum der Erkenntnis., 1987, S. 36
- ↑ Niklas Luhmann: Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt 1984
- ↑ Die Realität der Massenmedien, 2009
- ↑ Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch, Wiesbaden 3. A. 2008, S. 13
- ↑ Karin Pfeiffer-Stolz[nw]: Der erste Arbeitsplatz, Freie Welt-Blog am 2. November 2011
Querverweise
- Systemagent
- Systemeigenschaften[wp]
- Systemtheorie[wp]
- Biologie
- Politik
- Soziologie