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Andrea Ypsilanti

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Andrea Ypsilanti
Andrea Ypsilanti (2008)
Geboren 8. April 1957
Beruf Politiker
Ehegatte Manolis Ypsilanti (geschieden)

Andrea Ypsilanti (* 1957, geb. Dill) ist eine deutsche Politikerin, die für ihren missglückten Versuch, hessische Ministerpräsidentin zu werden, und ihren Wortbruch, nicht mit den Linken zu kooperieren, bekannt wurde.

Anfang der 1980er Jahre heiratete sie Manolis Ypsilanti und trennte sich in den 1990er Jahren von ihm. Sie studierte von 1986 bis 1992 in Frankfurt Soziologie, Politikwissenschaft und Pädagogik. Gegenstand ihrer Diplomarbeit war das Verhältnis von "Frauen und Macht".

Politische Karriere

Sie trat 1986 in die SPD ein und wurde später Mitglied des Juso-Bezirks- sowie des Landes­vorstandes. Sie übte das Amt der Vorsitzenden der hessischen Jusos von 1991 bis 1993 aus, ehe sie 1994 die Tätigkeit als Referats­leiterin in der Staatskanzlei unter Hans Eicheltätig aufnahm. 1999 zog sie über die Landesliste in den hessischen Landtag ein. Im März 2003 wurde sie zur Vorsitzenden des hessischen SPD-Landes­verbandes und im November 2005 zum Mitglied des Bundes­vorstandes der Partei. Am 18. Januar 2009 trat sie von ihrem Amt als Landes- und Fraktions­vorsitzende zurück.

Ypsilanti wurde am 2. Dezember 2006 auf dem Landesparteitag im zweiten Wahlgang mit knapper Mehrheit gegen den im Rahmen eines (nicht bindenden) Mitglieder­votums favorisierten Jürgen Walter zur Spitzen­kandidatin gewählt. Auffallend ist, dass die Auszählung hinter verschlossenen Türen stattfand und beim entscheidenden zweiten Wahlgang insgesamt weniger Stimmen abgegeben wurden als beim zuvor erfolgten ersten Wahlgang.[1] Am 16. Januar 2007 übernahm sie auch den Fraktions­vorsitz von ihm.

Bei der Landtagswahl am 27. Januar 2008 verlor die CDU ihre absolute Mehrheit, und die SPD erlangte mit äußerster Knappheit den Rang der zweitstärksten Partei nach der CDU. Ypsilanti strebte nach der Wahl eine von der SPD geführte Regierungs­bildung unter Beteiligung der Linken an, was von Parteikollegen, wie etwa Susanne Kastner, als strategischer Fehler ausgelegt wurde. Mitglieder anderer Parteien, wie beispielsweise Claudia Roth konstatierten einen "macht­politischen Dilettantismus" der SPD und Ypsilantis in deren Eigenschaft als Führungs­persönlichkeit, die es ihrerseits nicht vermocht hätte, Roland Koch trotz großer Stimmen­verluste und daraus resultierender inner­parteilicher Widerstände abzulösen. Sie wurde in Folge dessen mit hämischen Spitznamen wie "Tricksilanti" und "Lügilanti" tituliert.[2]

Die anvisierte Rot-Grüne Minderheits­regierung unter Tolerierung durch Die Linke stand im Gegensatz zu Aussagen Ypsilantis vor der Wahl, mit denen sie wiederholt jedwede Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen hatte. Ihr wurde in dem Zusammenhang Wortbruch vorgeworfen.[3] Helmut Markwort nannte sie eine Schauspielerin.[4]

Gescheiterter Versuch der Wahl zur Ministerpräsident

Nach der Ankündigung der SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger, der geplanten Koalitions­regierung aus Gewissens­gründen aufgrund des von Ypsilanti gebrochenen Versprechens zur Ablehnung jedweder wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der Linken, ihre Stimme zu verweigern[5], sah sich Ypsilanti gezwungen, ihren Plan, sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, aufzugeben. Die Wut in Teilen der SPD auf Metzger war groß: Ypsilantis Anhänger Hermann Scheer sprach sich sogar für die Eröffnung eines Partei­ausschluss­verfahrens gegen Metzgeber aus und bewertete deren Verhalten als "parteischädigend".[6] Metzger war von den eigenen Parteikollegen bedrängt worden, hatte stundenlang der SPD-Landtagsfraktion Rede und Antwort stehen müssen. Nach Angaben ihres Schwiegervaters war Metzger von Parteikollegen psychisch terrorisiert worden. Der ehemalige sozial­demokratische Ober­bürger­meister von Darmstadt, Günther Metzger, konzedierte in einem Radio­interview mit Hitradio FFH: "Ich kenne den Bezirk Hessen-Süd der SPD und weiß, was ich von diesem Bezirk zu halten habe. (...) Und ich weiß, dass da mit Psychoterror gearbeitet wird." Im SPD-Bezirk Hessen-Süd herrsche "eine linke Mafia", sagte Metzger. Dagmar Metzger selbst hatte von einem "Spießrutenlauf" und von enormem "moralischen Druck" gesprochen, der auf ihr laste.[7]

Die SPD, Grünen und Linken vereinbarten einen Zeitplan zur Erörterung einer gemeinsamen Politik und Bildung einer Minderheiten­regierung. Auf einem Sonder­parteitag unterstützte die hessische SPD mit knapp 96 % der Stimmen ihren Kurs.

Am 3. November 2008 kündigten vier Mitglieder der SPD-Landtags­fraktion - Jürgen Walter, Dagmar Metzger, Carmen Everts und Silke Tesch - an, bei der für den 4.11. geplanten Wahl zur Minister­präsidentin nicht für Ypsilanti zu stimmen, womit das Vorhaben, eine rot-grüne Minderheits­regierung unter Tolerierung durch die Linken zu bilden, gescheitert war und die Abstimmung abgesagt wurde.

Am 8. November 2008 verzichtete sie, bei der Neuwahl im Januar 2009 erneut auf die Kandidatur auf einem Spitzenplatz. Sie übernahm die politische Verantwortung für die deutlichen Stimmverluste der hessischen SPD bei der Neuwahl, in welcher dieselbe die doppelte Zahl von Stimmen verloren wie bei der vorherigen Wahl gewonnen hatte, weshalb sie als Landes- und Fraktions­vorsitzende zurücktrat, aber Landtags­abgeordnete blieb. Ypsilanti behielt ebenfalls vorerst ihren Sitz im Bundespräsidium der SPD bei, erklärte jedoch am 22. Oktober, sie werde bei der nächsten Wahl des SPD-Bundesvorstandes nicht erneut teilnehmen.

Die Konflikte innerhalb der hessischen SPD nach dem Eklat um die gescheiterte Regierungs­bildung bestanden fort und intensivierten sich.[8]

Politische Positionen

Andrea Ypsilanti wird dem linken Flügel der SPD zugeordnet. Im Wahlkampf zur hessischen Landtagswahl 2008 forderte sie eine Stärkung von Ganztagsschulen. Ihr eigener Sohn besucht allerdings eine Privatschule, deren Leitung zudem Ypsilantis Schulpolitik öffentlich kritisiert und ablehnend gegenübersteht.[9]

Ypsilanti plädierte zudem für eine verstärkte Nutzung so genannter erneuerbarer Energien und beteiligte Hermann Scheer als Kandidaten für ein Ministeramt an ihrem Wahlkampf. Die energie- und industrie­politischen Positionen sowie die Wahlkampf­beteiligung Scheers waren auch partei­intern umstritten und führten zu Konflikten u. a. mit Jürgen Walter und Wolfgang Clement. Clement hatte aus diesem Grund eine Woche vor der Landtagswahl in einem Gastbeitrag für die Welt am Sonntag von der Wahl Ypsilantis bzw. der SPD indirekt abgeraten.[10] Ypsilanti ist Mitbegründerin des linken Think-Tanks "Institut Solidarische Moderne", wie auch Jürgen Borchert, Franz Alt[wp] und viele andere Linkspolitiker; Ypsilanti ist eine Sprecherin des Vorstandes.[11]

Im November 2010 forderte sie "einen neuen radikalen Feminismus".[12]

Einzelnachweise

  1. Volker Zastrow: Manipulationsvorwürfe: Handyfotos, Hintertüren - Ypsilantis Methoden?, Frankfurter Allgemeine Zeitung am 7. Dezember 2008
    Anreißer: Eine Auszählung hinter verschlossenen Türen bei der Entscheidung über die Spitzen­kandidatur; Abgeordnete, die mit Mobiltelefon­photos beweisen sollten, dass sie ihre Stimme tatsächlich Andrea Ypsilanti gegeben hätten: Sind das Gründe für die späte Entscheidung der "Abweichler"?
  2. Hessen: Das gewagte Machtspiel der Andrea Tricksilanti, Die Welt am 26. Februar 2008
  3. Ypsilanti bekennt sich zum Wortbruch, Frankfurter Rundschau am 5. März 2008
  4. Ich unterstellte die Situation, die nach der Wahl tatsächlich eingetreten ist, und fragte laut Tonprotokoll wörtlich: "Wie verhalten Sie sich, wenn es so kommt? Ist Ihnen lieber der Roland Koch in der Staatskanzlei oder eine Tolerierung durch Die Linke?" Andrea Ypsilanti reagierte heftig, fast wütend: "Wie oft soll ich es denn noch sagen, Herr Markwort? Sie kriegen von mir heute Abend keine andere Antwort mehr, als ich die letzten Wochen und Monate immer gesagt habe: Es gibt keine irgendwie geartete Zusammenarbeit mit den Linken.", zitiert in: Helmut Markwort: "Schauspielerin Ypsilanti", Focus am 3. März 2008
  5. Die Frau, die Ypsilanti in die Krise stürzt, Der Spiegel am 6. März 2008
  6. SPD-Rebellin Metzger will aufgeben - und den Weg für Ypsilanti frei machen, Der Spiegel am 8. März 2008
  7. SPD-Abgeordnete Metzger behält ihr Landtagsmandat, Der Spiegel am 11. März 2008
  8. Nach dem Scheitern Ypsilantis: Abweichlern droht Parteiausschluss, Frankfurter Allgemeine Zeitung am 4. November 2008:Anreißer: Die Selbstzerfleischung der hessischen SPD nach dem Ypsilanti-Desaster geht weiter: Ein Frankfurter Ortsverein hat den Parteiausschluss der vier Abweichler beantragt, die Bundestags­abgeordnete Lopez wirft ihnen Bestechlichkeit vor. Die Landtagsfraktion spricht sich dagegen aus, die vier abtrünnigen Abgeordneten auszuschließen.
  9. Hessen-Wahlkampf: Ypsilantis Problem bei der Glaubwürdigkeit, Focus am 23. Januar 2008
  10. Clement warnt vor Wahl von Andrea Ypsilanti, Die Welt am 19. Januar 2008
  11. "Institut Solidarische Moderne": Ypsilanti schafft rot-rot-grüne Denkfabrik, FAZ am 30. Januar 2010
    Anreißer: Eine Gruppe von Politikern und Wissenschaftlern um die frühere hessische SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti will die Debatte um Rot-Rot-Grün befördern. Nach Informationen der Sonntagszeitung wird sie einen Verein unter dem Namen "Institut Solidarische Moderne e.V." gründen.
  12. Forderung nach "radikalem Feminismus", Gießener Anzeiger am 12. November 2010

Netzverweise

Querverweise