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Michail Borissowitsch Chodorkowski

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Michail Borissowitsch Chodorkowski
Michail Chodorkowski (2023)
Geboren 26. Juni 1963
Beruf Unternehmer

Michail Borissowitsch Chodorkowski (russisch Михаил Борисович Ходорковский, * 1963) ist ein russischer rechtskräftig verurteilter Betrüger, ehemaliger Oligarch und politischer Agent Großbritanniens.

Geschäftliches

Chodorkowski ist ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Erdölkonzerns Yukos. Von Oktober 2003 bis zum 20. Dezember 2013 befand er sich (wie auch sein Geschäftspartner Platon Lebedew[wp]) aufgrund einer Verurteilung wegen Steuer­hinterziehung und planmäßigen Betrugs in Haft.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im September 2011 seine Verurteilung als "nicht politisch motiviert" eingestuft.[1][2]

Aufgrund eines neuen Gesetzes verringerte ein Moskauer Bezirksgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ende 2012 die Haftstrafe sowohl für Chodorkowski als auch für Lebedew um zwei Jahre. Die Haftentlassung von Chodorkowski war nun für August 2014 vorgesehen. Kurz vor Weihnachten 2013 wurde Chodorkowski nach einem vorangegangenen Gnadengesuch seinerseits überraschend begnadigt und freigelassen.

Privates

Chodorkowski lebt heute mit seiner Familie in London.

Strafverfahren, Entmachtung und politische Aktivitäten aus dem Exil

Es ist kein Geheimnis, dass die russischen Oligarchen[wp] der 1990er Jahre ihre Vermögen auf nicht unbedingt legalem Wege gemacht haben. In den 90er Jahren herrschte in Russland nicht gerade das Gesetz, sondern es waren die Jahre des weitgehend vom Westen gesteuerten Präsidenten Jelzin[wp], unter dessen Herrschaft der russische Staat von einer kleinen Gruppe mächtiger Leute ausgeplündert wurde. Gesetze spielten dabei keine entscheidende Rolle, denn teilweise herrschten Anarchie und die damals gefürchtete russische Mafia.

Damals gab es in Russland tatsächlich Oligarchen, denn laut Definition ist ein Oligarch ein sehr reicher Mensch, der seinen Reichtum dazu nutzt, die Politik zu beeinflussen und so seinen Reichtum und seine Macht weiter auszubauen. Genau das taten die russischen Oligarchen der 90er Jahre, indem sie nicht nur ihr Geld, sondern auch die russischen Medien, die ihnen damals gehörten, in ihrem Interesse einsetzten, um Macht und Vermögen anzuhäufen.

Als Putin im Jahr 2000 russischer Präsident wurde, rief er kurz darauf die Oligarchen in den Kreml und verkündete ihnen seine Sicht darauf, wie die Dinge in Russland künftig laufen sollten. Vor laufenden Fernseh­kameras macht Putin ihnen vereinfacht gesagt folgendes Angebot: Die Oligarchen sollten sich künftig aus der Politik heraushalten und ihre Medien nicht mehr politisch einsetzen, dafür würde der russische Staat ihre Machenschaften aus 90er Jahren nicht untersuchen. Sie sollten künftig Steuern zahlen und auch die Löhne für ihre Arbeiter, die in den 90er Jahren oft monatelang nicht ausgezahlt wurden, ab sofort pünktlich bezahlen.

Mit anderen Worten: Sie sollten aufhören, Oligarchen zu sein und zu "echten" Geschäftsleuten werden. Sie durften Milliardäre bleiben und weiter Geld verdienen, sollten sich aber aus der Politik heraushalten.

Die meisten Oligarchen nahmen das Angebot an, aber einige wollten weitermachen, wie zuvor. Gegen die begannen Staatsanwälte zu ermitteln und sie hatten keine Schwierigkeiten, Gesetzesverstöße zu finden und Verfahren zu eröffnen. Viele Oligarchen hatten in den 90er Jahren ihre Steuern nicht bezahlt, sie hatten sich manche Vermögenswerte mit fragwürdigen Methoden angeeignet und so weiter.

Einer der Oligarchen, der sich nicht an die neuen Regeln, also schlicht an geltende Gesetze, halten wollte, war Michail Chodorkowski. Er galt damals als reichster Oligarch Russlands, dessen Reichtum sich vor allem auf seinen Erdölkonzern Yukos stützte, der damals der größter Erdölkonzern Russlands war. Chodorkwoski wurde verhaftet und ihm wurde der Prozess wegen Steuer­hinterziehung, Betrug, Geldwäsche und anderen ähnlichen Delikten gemacht. Dagegen hat Chodorkowski sich gewehrt und ist zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat 2011 in seinem Urteil zwar einige Dinge bemängelt, zum Beispiel die Haftbedingungen, aber im Kern wurde Chodorkowskis Klage abgewiesen:[3] Der Gerichtshof bestätigte, dass der russische Staat korrekt gehandelt hat, als er Chodorkowski angeklagt hat, und fand auch nicht, dass das Verfahren politisch motiviert war. Er bestätigte die Verbrechen von Chodorkowski.

Chodorkowski hat noch ein weiteres Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angestrengt, in dem es um sein Berufungsverfahren in Russland ging. 2020 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Urteil gefällt[4] und wieder hat der Gerichtshof zwar einige Mängel festgestellt, aber im Kern wurde Chodorkowskis Klage auch dieses Mal abgewiesen. Der Gerichtshof bestätigte erneut, dass es sich nicht um ein politisch motiviertes Verfahren gehandelt hat und mehr noch: Der Gerichtshof bescheinigte den russischen Richtern sogar ausdrücklich, absolut unabhängig gewesen zu sein.

Chodorkowski wurde schon 2013 von Präsident Putin begnadigt und er lebt seitdem im Westen, von wo aus er seinen Kampf gegen Putin weiterführt. Ich habe beispielsweise oft über sein Dossier Center in London und dessen Methoden berichtet.[5]

Da Yukos nach Chodorkowskis Festnahme zerschlagen wurde, hat Chodorkowski Russland zusammen mit einigen Freunden auf Entschädigung verklagt. Ein niederländisches Gericht hat nun sein Urteil gesprochen und Chodorkowski recht gegeben.[6] [...]

– Anti-Spiegel[7]

Einzelnachweise

  1. CASE OF KHODORKOVSKIY v. RUSSIA (Application no. 5829/04), JUDGMENT, STRASBOURG, 31. Mai 2011
  2. Yukos-Prozess: Europäischer Gerichtshof gibt Russland Recht, Stern am 20. September 2011
  3. Chodorkowski scheitert in Straßburg, Hamburger Abendblatt am 11. Juni 2011
    Anreißer: Menschenrechts-Richter: Prozess gegen Kreml-Gegner war nicht politisch
  4. Court finds breaches of rights of former Yukos executives over second trial and also rejects several complaints, European Court of Human Rights am 14. Januar 2020 - ECHR 013 (2020)
  5. Thomas Röper: "Putins Puppen"": Nachruf auf einen Skandal, der für Spiegel und ZDF zur Blamage wurde, Anti-Spiegel am 18. April 2019
    Anreißer: Die Geschichte um "Putins Puppen" ist still und heimlich wieder aus den Medien verschwunden. Zeit für einen kleinen Rückblick, für ein paar Ergänzungen und einen Blick auf die Fragen, die noch offen sind.
    Auszug: Am 5. April brachten Spiegel und ZDF einen "Skandal" ans Licht[ext], angeblich hatte Russland einen Abgeordneten der AfD "vollständig unter Kontrolle". Die Quelle war Michail Chodorkowski, ein laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte rechtskräftig verurteilter Betrüger und Steuerhinterzieher. Und ein erklärter Putin-Gegner. Das bedeutet nicht, dass Chodorkowski automatisch lügt, aber er ist eben keine neutrale Quelle und entsprechend misstrauisch sollte man bei Meldungen von ihm sein. [...]
    Es gab über die Geschichte keine Berichte in Russland, lediglich westliche Medien wie BBC, Radio Liberty oder Deutsche Welle haben darüber auf Russisch berichtet. Und auch einige oppositionelle Medien in Russland, ja die gibt es wirklich, haben darüber berichtet. Interessant war dabei ein Detail, denn TV-Rain, ein großes, oppositionelles Portal, hat bei Chodorkowskis Organisation nachgefragt, woher sie Email hatten. Die Antwort war so kurz, wie vielsagend: Das Dossier Center von Chodorkowski teilte mit, "das Material aus einer anonymen Quelle" bekommen zu haben. («Наш человек в Бундестаге»: как Кремлю предложили поддержать ультраправого кандидата на выборах и что из этого получилось, 5. April 2019, Deutsch: "Unser Mann im Bundestag": Wie der Kreml eingeladen wurde, einen rechtsextremen Kandidaten bei den Wahlen zu unterstützen und was dabei herauskam.)
    Das wirft ein noch schlechteres Licht auf die "Recherchen" von Spiegel und ZDF. Sie haben von einer parteiischen Quelle (Chodorkowski) Material (eine einzige Email) bekommen, von dem noch nicht einmal Chodorkowski behauptet, dass es echt ist. Die Mail kommt aus "einer anonymen Quelle" und ihre Echtheit ist damit nicht zu verifizieren. Aber ZDF und Spiegel haben diese Geschichte offensichtlich ungeprüft komplett übernommen, ohne selbst auch nur die Mail zu überprüfen. Das versteht man heutzutage in Deutschland unter "Qualitätsjournalismus". [...]
  6. Дело ЮКОСа, TASS am 20. Februar 2024
    Anreißer: Апелляция России отклонена. Суд в Нидерландах вынес решение по делу ЮКОСа
    Deutsch: Fall Yukos - Die Berufung Russlands wurde zurückgewiesen. Ein Gericht in den Niederlanden hat über den Fall Yukos entschieden
  7. Thomas Röper: Sieg des Oligarchen: Niederländisches Gericht verurteilt Russland zur Zahlung von 50 Milliarden, Anti-Spiegel am 20. Februar 2024
    Ein niederländisches Gericht hat Russland zur Zahlung von 50 Milliarden Euro an den ehemaligen Oligarchen Chodorkowski und seine Freunde verurteilt. Welche Folgen das Urteil haben könnte.

Netzverweise