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Fehde

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Die Rückkehr des Phänomens der Fehde als rechtliches Institut der außergerichtlichen und direkten Regulierung von Streitigkeiten zwischen den beteiligten Parteien in Deutschland, ist das unmittelbare Resultat und die logische Konsequenz der Massen­zuwanderung von vormodern sozialisierten Menschen aus unter­entwickelten und/oder zerfall(end)en Staaten[wp].

Hintergrund

Der Ausdruck Fehde bezeichnet ein Rechtsinstitut, das vom europäischen Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit die Regulierung von Rechtsbrüchen direkt zwischen Geschädigtem und Schädiger ohne Anrufung einer neutralen, dritten Instanz, insbesondere der ordentlichen Gerichtsbarkeit regelte. Fehdefähig waren nur Freie. Handlungen eines Knechtes wurden seinem Herrn zugerechnet.

Sie wird heutzutage oft mit Blutrache gleichgesetzt, wobei letztere aber als Blutfehde nur die Ultima Ratio der Konflikt­bewältigung innerhalb der Fehde darstellte, wenn Sühne und Schadens­ausgleich nicht mehr griffen oder von einer der Parteien abgelehnt wurden.

Der Begriff Fehde ist nach heutigem Rechtsempfinden negativ belegt, da in einem Staat mit Gewaltmonopol[wp] und rechtsstaatlicher Regelung der Beziehungen zwischen ihm und den Bürgern bzw. der Beziehungen der Bürger untereinander Selbstjustiz abgelehnt wird.

Allerdings hatte bereits Karl Marx[wp] die Bürgerlichen darauf hingewiesen, dass "auch das Faustrecht ein Recht ist und daß das Recht des Stärkeren in anderer Erscheinungsform auch in ihrem 'Rechtsstaat' fortlebt".[1] Recht war damals weniger ein abstrakter allgemeiner Anspruch als vielmehr ein konkreter Besitz, den es zu verteidigen und zu bewahren galt. Fehden seien folglich ein gewöhnlicher und sogar notwendiger Bestandteil der mittelalterlichen Gesellschaft gewesen. Erst das Entstehen eines territorialen Gemeinwohl­bewusstseins und einer funktionierenden Rechtsprechung habe die Fehde wirklich delegitimieren können.[2]

Die Fehde wurde im Mittelalter auch als "kleine Reiterei" bezeichnet, der Krieg hingegen als "große Reiterei". Bei großen Fehden zwischen Städten und Ritterbünden konnte es jedoch auch zu verheerenden Schlachten kommen, in die ganze Landstriche verwickelt wurden. Als Begründung für eine Fehde wurden unterschiedlichste Motive und Ursachen angeführt. Darunter fielen etwa Besitz­streitig­keiten, Hand­greiflich­keiten, Sach­beschädigungen oder Beleidigungen, bei denen eine Abbitte zur Genugtuung nicht ausreichte. Häufig reichte auch eine abgewiesene Klage, um gegen bestimmte Widersacher anzutreten.[3]

Schon in früher Zeit unterlag die Ausübung des Fehderechts gewissen Einschränkungen. So sollte die Fehde gegen jeden ruhen, der sich beim König befand oder auf dem Weg zu ihm oder von ihm befand (Königsfriede[wp]). Zudem konnte der König einem Einzelnen besonderen Königsfrieden erteilen. Auf gleiche Weise sollte der Friede für jeden gelten, der sich in einer Kirche oder an einer Gerichtsstätte befand, dorthin unterwegs war oder von dorther kam (Kirchen-, Gerichtsfriede).

Abschaffung der Fehde in Deutschland

Eine völlige Beseitigung der Fehde, um die sich die römisch-deutschen Kaiser[wp] im 13. und 14. Jahrhundert bemühten, war damals aufgrund fehlender Kontroll- und Sanktions­instrumente nicht möglich. Sie nutzten daher die Möglichkeiten des so genannten Landfriedens[wp], der für eine bestimmte Zahl von Jahren, gewöhnlich auch nur für bestimmte Teile des Reichs, verkündet wurde. Der Mainzer Landfriede[wp] aus dem Jahre 1235 war die erste für das ganze Reich und unbefristet geltende Regelung, die Einschränkungen des Fehderechtes herbeiführte. Er gestattet die bewaffnete Selbsthilfe nur nach vorausgegangener vergeblicher Anrufung eines Gerichtes. Zudem wurde die Ausübung an bestimmte Formen gebunden: Die Fehde musste mit drei Tagen Abstand durch ein formelles Absageschreiben, den Fehdebrief[wp] (auch Widersage, dissipatio), angekündigt werden; von den Fehde­handlungen ausgenommen bleiben sollten bestimmte Orte wie Gotteshäuser, Mühlen und Kirchhöfe, Personen wie Geistliche, Schwangere, Schwerkranke, Pilger, Kaufleute und Fuhrleute mit ihrer Habe, Ackerleute und Weingärtner außerhalb ihrer Behausung und während ihrer Arbeit, und Sachen wie Pflüge und Herdstellen. In der Schweiz wurde 1370 mit dem Pfaffenbrief[wp] ein Fehdeverbot erlassen.

Hauptartikel in Wikipedia: Ewiger Landfriede

Erst der deutsche König[wp] und spätere Kaiser Maximilian I.[wp] konnte die Reichsstände[wp] im Zuge der Reichsreform[wp] auf dem Wormser Reichstag von 1495[wp] zum Verzicht auf kriegerische Entscheidungen ihrer Streitigkeiten und zur Errichtung eines ewigen Landfriedens[wp] für das ganze Reich bewegen. Damit wurde jede Fehde, auch die bisher erlaubte, beseitigt und der weitere Gebrauch des Fehde- und Faustrechts zum Landfriedensbruch[wp] erklärt. Die Schaffung des Reichshofrats[wp], des Reichskammer­gerichts[wp] und der Möglichkeit des Untertanen­prozesses[wp] öffnete weitere Wege, Konflikte auf dem Rechtsweg friedlich auszutragen.

Den Akten zum Wormser Reichstag ist allerdings nicht zu entnehmen, weshalb es zu dem Fehdeverbot kam. Der Ausdruck ewiger Landfriede ist im Text nicht enthalten. Der Mediävist[wp] Eberhard Isenmann[wp] verweist auf die Diskussion über die Delegitimierung der Fehde als Mittel der Rechtsdurchsetzung und über ein absolutes Fehdeverbot im Reich, die von 1425 bis 1442 und von 1433 bis 1455 geführt wurde. Beteiligt waren die königlich-kaiserliche Seite, Reichsfürsten und Reichsstädte, Gelehrte wie Nikolaus von Kues[wp] sowie gelehrte Juristen und Räte. Maßgeblich für die Vorschläge einer Abschaffung des Fehderechts und für ein Fehdeverbot waren die drängende Rechtsnot infolge der vielen Fehdefälle, die Notwendigkeit, das Reich zu befrieden, um die Kriege gegen die Hussiten[wp] und vor allem nachfolgend gegen die Türken und fremde Mächte führen zu können, ferner die Erkenntnis der Sozialschädlichkeit der Fehde sowie der Vernichtung von Wohlstand und Verarmung durch die Störungen des Wirtschafts­verkehrs, schließlich die infolge die Beteiligung von teuren Söldnern immensen Kosten der Fehdeführung, die zur Kreditaufnahme und zu Verpfändungen zwangen und dadurch letztlich zur Destabilisierung auch größerer Herrschaften führten. Insbesondere das rezipierte römische Recht[wp] vermittelte die Vorstellung von einer gewaltfreien Rechts- und Sozial­ordnung, in der Streitigkeiten nur gerichtlich ausgetragen werden durften. Der Frankfurter Landfrieden König Friedrichs III.[wp] von 1442 (Reformatio Friderici) hatte die Eröffnung einer rechtmäßigen Fehde von einem vorausgehenden Anerbieten eines schieds­gerichtlichen Streitaustrags (Rechtgebot) abhängig gemacht. Das erste absolute Fehdeverbot wurde von kaiserlicher Seite bereits 1467 für die Dauer von fünf Jahren erlassen, nach einer kurzen Unterbrechung um weitere zehn Jahre verlängert, sodass sich das Wormser Fehdeverbot von 1495 lediglich an diese Sequenz anschloss.[4]

Unter den letzten Fehden nach Errichtung des ewigen Landfriedens sind die berüchtigtsten die des Herzogs Ulrich von Württemberg[wp] mit der Stadt Reutlingen wegen der Ermordung eines Fußknechts, in deren Folge Ulrich in die Reichsacht[wp] erklärt und auf längere Zeit aus seinem Land vertrieben wurde, die Fehde Franz von Sickingens[wp] mit dem Erzbischof von Trier[wp], welche die Ächtung Sickingens und die Belagerung seiner Burg Nanstein bei Landstuhl zur Folge hatte, sowie die Hildesheimer Stiftsfehde[wp] von 1518. In welchen Konflikt selbst Maximilian I. bei der Bekämpfung des Fehdewesens geriet, zeigt die Werdenbergfehde[wp]. Als letzter Bruch des Landfriedens sind die Grumbachschen Händel[wp] zu nennen.

Vorkommen in der Literatur

Fehden wurden immer wieder in literarischen Werken thematisiert, so etwa in Shakespeares[wp] Drama Romeo und Julia[wp], wo sich die verfeindeten Familien der Montagues (Romeo) und der Capulets (Julia) bis aufs Blut bekämpfen. Weitere Beispiele sind die Fehden des Götz von Berlichingen[wp] im gleichnamigen Schauspiel[wp] Goethes[wp] und die Fehde des Pferdehändlers Michael Kohlhaas in Kleists[wp] gleichnamiger Novelle[wp], welche auf dem historischen Fall des Hans Kohlhase[wp] beruht.

Wiedereinführung der Fehde in Deutschland

Mit der Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern kehrte auch die Fehde in Deutschland zurück in Form der Familienfehde und des Messerns. Der Rückfall in rechtliche Zustände von vor dem Ewigen Landfrieden[wp] und dem Reichstag zu Worms[wp] (1495) bedeutet einen zivilisatorischer Rückschritt von rund 520 Jahren.

Die Erkenntnis der Sozialschädlichkeit der Fehde sowie der Vernichtung von Wohlstand und Verarmung durch die Störungen des Gesellschafts­lebens und Wirtschafts­verkehrs bringen die zugewanderten Goldstücke eben nicht mit.

Einzelnachweise

  1. Karl Marx: Marx Engels Werke, Band 42, Dietz, Berlin 1983, S. 23.
  2. Konstantin Langmaier: Dem Land Ere und Nucz, Frid und Gemach: Das Land als Ehr-, Nutz- und Friedensgemeinschaft: Ein Beitrag zur Diskussion um den Gemeinen Nutzen., in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 103 (2016), S. 178-200
  3. Fehde[archiviert am 8. März 2013], regionalgeschichte.net
  4. Eberhard Isenmann: Weshalb wurde die Fehde im römisch-deutschen Reich seit 1467 reichsgesetzlich verboten? Der Diskurs über Fehde, Friede und Gewaltmonopol im 15. Jahrhundert, in: Julia Eulenburg, Christine Reinle, Michael Rothmann (Hrsg.): Fehdeführung im spätmittelalterlichen Reich. Zwischen adeliger Handlungslogik und territorialer Verdichtung., Didymos-Verlag, 2013, ISBN 3-939020-27-3, S. 335-474

Querverweise