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Evolutionsbiologie

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Der Begriff Evolutionsbiologie bezeichnet eine Subdisziplin der Naturwissenschaft Biologie, die sich ausschließlich mit der Evolution als Prozess der Entstehung und Entwicklung von Leben beschäftigt. Der deutsche Evolutions­biologe Ulrich Kutschera hat 2001 das Lehrbuch Evolutionsbiologie. Eine allgemeine Einführung. im Parey Buchverlag herausgebracht und im Oktober 2002 in Potsdam die Arbeitsgemeinschaft Evolutionsbiologie mit Unterstützung des Harvard-Professors Ernst Mayr[wp] im damaligen Verband Deutscher Biologen (vdbiol) gegründet.[1] Professor Kutschera beabsichtigte damit eine Gegenbewegung zu initiieren, mit dem Ziel der Verteidigung des Primats der Vernunft in der Gesellschaft gegen die Einflussnahme irrationalistischer Bewegungen und Gruppierungen, wie Homöopathen, Astrologen, Wünschel­ruten­gängern, Kreationisten[wp] und christlich-fundamentalistischen oder islamisch-fundamentalistischen Organisationen.

Wortmeldungen

Zitat: «[Es ist völlig sinnlos sich in einer öffentlichen Diskussionen mit Kreationisten zu stellen.] Die führenden Köpfe unter den Evolutions­gegnern sind exzellent geschulte Missionare. Sie sind didaktisch-rhetorisch vermutlich jedem Fach­wissen­schaftler überlegen. [...] Vor zehn Jahren habe ich zum ersten Mal in einem öffentlichen Vortrag an der Uni Kassel die Argumente der Kreationisten auseinander­genommen. Es gab einen Eklat, ich kam kaum aus dem Hörsaal; erreicht hatte ich nichts. Daraufhin habe ich meine Argumente in Buchform verbreitet.» - Ulrich Kutschera[1]
Zitat: «[Den Vorwurf], ich würde ein dogmatisches, evolutionistisches Weltbild verbreiten, eine Art atheistische Ersatz­religion, [...] habe ich in der zweiten Auflage meines Buchs "Streitpunkt Evolution" in einem Anhang im Detail diskutiert.» - Ulrich Kutschera[1]
Zitat: «Die Fachkollegen schätzen mein Engagement uneingeschränkt. Man freut sich, dass sich ein universitärer Fachvertreter die Zeit nimmt, um sich der Problematik zu stellen. Es könnte einmal schwierig werden, wenn es um meine Nachfolge in der AG Evolutions­biologie geht, weil die meisten Kollegen weder Zeit noch Lust haben, sich das anzutun. Doch die nächsten Jahre noch werde ich zusammen mit meinen Kollegen Thomas Junker und Martin Neukamm die AG Evolutions­biologie weiterführen.» - Ulrich Kutschera[1]
Zitat: «Alle Fragen, die die Welt uns aufwirft, können nur durch eine evolutionäre Einstellung zugänglich werden.» - Ernst Mayr[wp] (1904-2005)[2]

Evolutionskritik: Erschaffene Grundtypen und Gender-Ideologie

Die auf den Forschungs­arbeiten von Lamarck, Darwin, Wallace, Haeckel[wp], Weismann, Merezhkowsky, Dobzhansky, Mayr und anderen bedeutenden Biologen aufbauende Evolutions­biologie wird seit ihrer Etablierung u. a. wegen der naturalistischen Fakten-Inter­pretation als "atheistische Ideologie" bzw. "sozial konstruierte Welt­anschauung kritisiert.[3][4][5][6] Die Theorien der Kreationisten, wie beispielsweise das Grundtypen-Modell[wp] sind keine wissen­schaftliche Alternative. Sie vermischen religiöse Glaubens­inhalte ("Schöpfungsakte des biblischen Gottes") mit objektiven Fakten (z. B. rasche Mikro­evolution) zu einer "Theo-Biologie", die nach Ansicht eines Kritikers als Pseudowissenschaft zu bezeichnen ist.[7][8][9][6] Auch die christlich-religiös motivierte Intelligent Design[wp]-Theorie ist kein wissen­schaft­liches Aussagesystem, da die Anhänger dieser These von "perfekt erschaffenen Lebewesen" ausgehen. Organismen sind jedoch die Produkte einer nach Zufall und Notwendigkeit verlaufenden planlosen Evolution und durch zahlreiche "Design-Fehler" gekennzeichnet.[10][6]

In der Evolutionsbiologie werden, neben dem Studium von Hermaphroditen (Zwitter), insbesondere auch Gonochoristen (zwei­geschlechtliche Tiere und Pflanzen) bzgl. ihres Fort­pflanzungs­verhaltens studiert. Der Begriff Gender steht für die geschlechts­spezifische Entwicklung männlicher bzw. weiblicher Tiere oder Pflanzen innerhalb variabler Populationen, während das Kürzel Sex den Befruchtungs­vorgang (Verschmelzung Spermium/Eizelle) umschreibt.[7] Da geschlechts­reife Männchen als "Spermien-Produzenten" und Weibchen als "Eizellen-Bereit­steller" definiert sind, wird der Gender-Begriff oft nicht explizit verwendet, sondern als Selbst­verständ­lich­keit vorausgesetzt. Evolutions­forscher untersuchen u. a. die Rolle weiblicher bzw. männlicher adulter Individuen, die durch Eierstöcke (Ovarien) bzw. Hoden (Testes) gekennzeichnet sind. Wie beim Menschen gibt es auch im Tier- und Pflanzen­reich entwicklungs­biologische Missbildungen - der Begriff "Intersex-Wesen" entstammt der klassischen Insekten­forschung des Genetikers Richard Goldschmidt.[6][11] Da aber bei Säugetieren nahezu 99 % aller Individuen eindeutig männlich bzw. weiblich sind, wird die Population typischer Gonochoristen in zwei Gender-Typen mit unterschiedlichen Funktionen unterteilt. Die sozial­wissen­schaft­lichen "Gender-Studies bzw. -Forschungen" werden im natur­wissen­schaft­lichen Kontext kritisch beurteilt, insbesondere auch weil die organismische Evolution als "soziales Konstrukt" bezeichnet wird.[6] Daher spricht beispielsweise die Politik­wissen­schaft­lerin Jemima Repo von der "Biopolitik der sozial­wissen­schaft­lichen Gender-Studien" und stellt damit die fragwürdige Grundlage dieser Agenda zur Diskussion.[12]

Die moderne Evolutionsbiologie kann Phänomene wie die Epigenetik[wp], die Rolle mobiler genetischer Elemente und endogener Viren sowie die Regulationen durch nicht-kodierende RNAs problemlos in die erweiterte Synthetische Theorie integrieren.[11] Das 2014 gegründete, kontrovers aufgenommene Netzwerk Third Way of Evolution versucht einen dritten, rein molekular­biologischen Weg für Erklärungen von Evolutions­prozessen anzubieten.[13]

Literatur

  • Evolutionsbiologie. Eine allgemeine Einführung. Parey Buchverlag 2001, ISBN 3-8001-4567-7, ISBN 3-8263-3348-9

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Peter Carstens: Der Kreationismus ist ein florierendes Business, Geo am 9. August 2007
  2. Ernst Mayr[wp] (1904-2005) in einem Brief zur Gründung des AK Evolutionsbiologie vom 19. September 2002, zitiert von: evolutionsbiologen.de
  3. Thomas Junker[wp], Uwe Hoßfeld[wp]: Die Entdeckung der Evolution. Eine revolutionäre Idee und ihre Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt. 2. Auflage (2009)
  4. Douglas J. Futuyma[wp]: Evolutionary Biology. Third Edition. Sinauer Associates, Inc., Sunderland, Massachusetts (1998)
  5. Volker Storch[wp], Ulrich Welsch[wp], Michael Wink[wp]: Evolutionsbiologie. 2. Auflage. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg (2007)
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Ulrich Kutschera (2016): Das Gender-Paradoxon. Mann und Frau als evolvierte Menschentypen. Lit-Verlag: Berlin 2016, ISBN 978-3-643-13297-0.
  7. 7,0 7,1 Kutschera, U. (2008): Evolutionsbiologie. 3. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  8. Kutschera, U. (2009): Tatsache Evolution. Was Darwin nicht wissen konnte. Deutscher Taschenbuch Verlag, München.
  9. Kutschera, U. (2011): Darwiniana Nova. Verborgene Kunstformen der Natur. LIT-Verlag, Berlin.
  10. Kutschera, U. (2013): Design-Fehler in der Natur. Alfred Russel Wallace und die Gott-lose Evolution. LIT-Verlag, Berlin.
  11. 11,0 11,1 Kutschera, U. (2015) Evolutionsbiologie. Ursprung und Stammes­entwicklung der Organismen. 4. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
  12. Repo, J. (2016) The Biopolitics of Gender. Oxford University Press, New York
  13. Netzwerk The Third Way of Evolution

Querverweise

Netzverweise