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Klaus Zapf

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Klaus Zapf
Klaus Zapf.jpg
Gelebt 17. Mai 1952–20. August 2014
Beruf Unternehmer
URL zapf.de

Klaus Emil Heinrich Zapf (1952-2014) war ein deutscher Umzugsunternehmer sowie der Gründer und Miteigentümer der Firma Zapf Umzüge[wp] in Berlin.

Klaus Zapf (2005) - Vom links­radikalen Möbel­packer zum Multimillionär[1]


Heirat

Suche Millionär

1

24 war Annette, als sie diese Anzeige aufgab. Und nicht etwa in der ZEIT, wie man meinen sollte, oder in der Frankfurter Allgemeinen, sondern in der Zweiten Hand, einem Berliner Klein­anzeigen­blatt. Dort stand sie in der Rubrik "Feste Partnerschaften", direkt unter den Umzugs­kartons. Was daraufhin geschah, erzählt diese Geschichte. Aber erst müssen wir wissen, wer Annette eigentlich war.

Sie kam aus dem Osten, hatte dort eine Ausbildung zur Grund­schul­lehrerin absolviert und arbeitete, solange sie keine Stelle bekam, in einem Berliner Kindergarten. Sie mochte diese Arbeit nicht und hatte außerdem ständig Streit mit einer Kollegin. Morgens in der U-Bahn betrachtete sie Frauen um die 50. Abends die gleichen Gesichter. Annette fand sie müde und grau. "Wer wird mich noch gut finden, wenn ich eines Tages so aussehe?", fragte sie sich.

Sie dachte an ihre Mutter, die sie nach der Arbeit großgezogen hatte. Sie dachte an ihre Großmutter, die immer zuhause gewesen war. Wenn in einer Ehe beide berufstätig und abends unzufrieden sind, gab es immer Streit, fand Annette. Und Annette war unzufrieden. Sie wusste, welche Art von Leben ihr besser gefiel. Sie wollte zuhause sein, ein Kind haben, am besten als Frau eines wohl­habenden Mannes. Es musste was geschehen. Sie brauchte einen neuen Start. So also kam die Kontakt­anzeige in die Zweite Hand. Direkt unter die Umzugskartons.

2.

Drei Briefe erreichten Annette. Der erste war voller Rechtschreibfehler. Der zweite gab als Adresse nur ein Postfach an. Unseriös, dachte Annette und war froh, dass sie sich hinter ihrer Chiffre­nummer verstecken konnte. Im dritten Brief standen nur wenige Sätze: "Ich glaube, dass ich auf Ihre Anzeige in Frage komme." Name, Adresse, Telefonnummer.

Am nächsten Abend wählte Annette die Nummer. Eine tiefe Stimme meldete sich. Der ist älter als ich, dachte Annette. Fünfzehn Jahre waren es genau. In diesem Telefon­gespräch erfuhr sie noch vieles. Es dauerte drei Stunden. "Ich konnte bequem sitzen", erzählt Annette. "Und er auch. Ich hätte jederzeit auflegen können und dann hätte er nie wieder etwas von mir gehört." Sie hat Fragen gestellt. Er hat geantwortet. Er hat Fragen gestellt, sie hat geantwortet. Ganz sachlich. Und zwischen­durch haben sie viel gelacht. "Ich will heiraten", sagte Annette, "Und ich will ein Kind." Das mit dem Kind wollte er nicht. Er erzählte ihr, dass er ein Speditions­unter­nehmen besitze: Zapf - Umzüge. Davon hatte Annette noch nie gehört. "Jeder kann sagen, dass er seriös ist, aber ob das dann auch stimmt?"

Was andere sich erst nach Wochen zu fragen trauen, haben sie gleich abgeklärt. Die Familien­ver­hält­nisse. Sein Einkommen. Er stellte fest, dass er sehr viel arbeite und dass das auch in Zukunft so sein würde. Sie stellte fest, dass sie in Zukunft nicht mehr arbeiten wollte. Sie entdecken ein gemeinsames Hobby: Lesen.

Nach dem dritten Telefon­gespräch verabredeten sie sich ins Theater. Annette kam mit dem Taxi. "Bleiben Sie kurz stehen, vielleicht komme ich gleich wieder", sagte sie zum Fahrer.

Und dann traf sie Klaus im Foyer. Einen Bauch trug der vor sich her und einen Bart im Gesicht. Darüber wache, intelligente Augen. Er redete schnell. Annette nicht. Sie war verlegen und froh, dass sie in der Pause über das Stück sprechen konnten. Erst als sie danach essen gingen, kam die Unterhaltung wieder richtig in Gang. Schließlich wussten sie schon einiges voneinander. Sie besprachen nun die Kinderfrage. Er wollte keins, da blieb er fest. Sie sagte: "Ok, vorläufig nicht." Man blieb beim Sie. Als sie sich verabschiedeten, gab er ihr Geld für das Taxi.

Und Annette war froh, als sie zuhause ankam. "Ich konnte in Ruhe überlegen: Wie war's denn so gewesen?"

Nett genug, dass sie sich zu einem zweiten Treffen bereit erklärte. Spazieren­gehen am Samstag­nach­mittag. Sie wartete am Eingang des Parks. Doch Klaus erschien nicht. In diesem Moment der Enttäuschung merkte Annette, dass er ihr gefiel. Später stellte sich heraus, dass er beruflich verhindert gewesen war und Annette nicht erreichen konnte.

Beim dritten Treffen gingen sie dann doch spazieren. Und schließlich in Klaus Wohnung. Dort saßen sie sich im Wohnzimmer gegenüber. Und plötzlich sagte Klaus: "Also, wenn Sie mir versprechen, dass ich nie mit in den Urlaub fahren muss, würde ich Sie gern heiraten." Annette erschrak. Dann sagte sie Ja. Danach gaben sich Klaus und Annette ihren ersten Kuss.

3.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Hier hören die Märchen auf und die Wirklichkeit beginnt. Leben sie denn noch heute? Und wenn ja, wie?

Annette hatte nach dem Heiratsantrag noch genau einen Tag gearbeitet. An diesem Montag eskalierte der Streit mit ihrer Kollegin. Sie rief Klaus auf dem Handy an und sagte: "Ich will aufhören." Eigentlich war ausgemacht, dass sie es noch ein halbes Jahr aushält. "Gut", sagte Klaus nach einer Pause. "Wenn Du mich nicht nervst und die Verantwortung für Deine Frei­zeit­gestaltung selbst übernimmst."

"Ich bin sonst so zögerlich. Aber man muss ja mal was wagen", erzählt Annette später.

Sechs Monate später heirateten sie.

Zuerst stand Annette später auf, ging lange einkaufen, verbrachte eine Woche in einer Schönheitsfarm. Sie hatte ihr eigenes Konto, auf das Klaus jeden Monat einen festen Betrag überweist, und er fragte sie nie, was sie damit machte. "Die Gier ist schon befriedigt. Jetzt sind die Schränke voll und mit den Möbeln, die wir haben, wollen wir sterben. Ich kaufe nicht aus Langeweile." Sie ging schwimmen, in die Sauna, spielte Klavier auf dem neuen, weißen Flügel, fand Freundinnen, mit denen sie von nun an zweimal im Jahr in den Urlaub fuhr. Manchmal spürt Annette, wie neidisch manche Frauen waren, wenn sie sagten: "Was tust Du bloß den ganzen Tag?" Oder: "Du hast ja Zeit, dann mach das doch mal."

Die Schattenseiten: Irgendwann stellte Annette fest, dass sie in Gefahr geriet, zu vergammeln. "So richtig effektiv tut man ja nichts. Man zögert Sachen hinaus, erledigt sie nicht so schnell." Wenn die Freundinnen sie nicht mitgerissen hätten, zu Börsen­seminaren, Ausstellungen, wäre sie manchmal mittags um eins noch nicht richtig angezogen gewesen. Aber schließlich begriff sie: Es lag an ihr, was sie aus ihren Tagen machte.

Sechs Jahre sind Klaus und Annette nun verheiratet und seit acht Monaten gibt es auch noch Alma, die zufrieden lächelnde, gewindelte Tochter. Seitdem bestimmt das Kind den Rhythmus. Aber Annette hat immer noch Zeit genug für sich. Vier Tage in der Woche hilft ein Kinder­mädchen und eine Haushalts­hilfe. Hausfrau sei sie nicht, sagt Annette. Sie sei Haushalts­managerin.

Annette ist eine zierliche Frau. Sie trägt ihr Haar lang und hat schöne Augen. Sie spricht und bewegt sich langsam. Manchmal wirkt sie ein wenig schüchtern, empfindlich, zerbrechlich, dann lächelt sie wieder über etwas, ihre Augen leuchten und Stärke blitzt darin auf. Sie sitzt an einem großen Tisch in der geräumigen Altbau­wohnung mit gelb-lackierten Wänden ("unsere Lieblings­farbe"), weißen Leder­sesseln und Ölgemälden. Die Wohnung hat Witz und Charme und ist von der Unordnung geprägt, die ein kleines Kind in jeden Haushalt bringt.

Rückblick: "Wenn mich jemand fragen würde - ich würde es jederzeit wieder so machen. Klaus hat sein Wort gehalten. Und ich meines auch. Ich lasse ihn in Ruhe, wenn er arbeiten will und das ist eben meistens so. Dafür hat er mir alle Freiheiten eingeräumt. Manchmal fast zuviele. Er ist auch gar nicht eifer­süchtig. Hin und wieder nervt er mich schon, vor allem, wenn er abends durch die Fernseh­programme zappt. Und wenn er sein Essen in zehn Minuten herunter­schlingt. Und wenn er zuviel trinkt und dann auch noch damit kokettiert! Wir haben wenig Zeit zusammen. Er geht selbst am Sonntag noch einen halben Tag arbeiten. Ich glaube, ich nehme mehr Rücksicht auf ihn als er auf mich. Aber er ein sehr guter Vater und nimmt auch mal die Kleine, wenn ich abends allein weg will."

Im Flur wird es laut. Eine Männer­stimme dröhnt. "Das ist Klaus, er kommt mittags oft kurz vorbei und holt die Post ab." Die Tür geht auf, und ein stämmiger Mann stürmt herein, erfüllt den eben noch stillen Raum mit Eile, Lautstärke, Lachen, Hektik. Annette wird rot, als er ihr einen Kuss gibt. Und dann setzt er sich an den Tisch und reißt die Brief­um­schläge auf und das Kinder­mädchen bringt Alma herein, die umklammert den Zeigefinger ihres Vaters und dann steht er schon auf "Tschüs, meine Süße", und lacht noch einmal und Annette mit, und dann ist er schon wieder weg.

Halt, Halt, was sagt er eigentlich zu der ganzen Geschichte?

4.

Das erzählt er am Sonntag früh um Neun im Büro. Alle anderen Schreibtische in diesem riesigen Raum sind unbesetzt. Klaus Zapf sitzt an einem Schreibtisch, der sich in nichts von denen seiner Mitarbeiter unterscheidet, die Hemdsärmel hochgekrempelt bis zum Oberarm. Hosen­träger überspannen seinen mächtigen Bauch. Ein Bart im Gesicht, eine Schirmmütze auf dem kurz­geschorenen Kopf, dazwischen sitzen diese wachen, sensiblen, schnellen, neugierigen Augen. Er ist ein Mann, der zupacken kann, aber mit Überlegung.

Eine kurze Ehe hatte er schon hinter sich. Eigentlich wollte er nicht mehr heiraten. Es geht auch ohne diesen Zirkus, fand er. Die Anzeige fiel ihm nur auf, weil sie direkt unter den Umzugs­kartons stand. Er ist ein neugieriger Mensch. Wer ist denn das? fragte er sich und schrieb ihr diesen kurzen Brief, den wir schon kennen.

Warum hat er denn nun doch gleich geheiratet? Er lächelt: "Die Alte wollte es so haben, weil sie sonst keinen Stand hat und keine Rechts­sicherheit. Sie hat klar gesagt, was sie wollte. Ich habe darüber nachdenken dürfen."

Das hat ihm imponiert, diese Entschlossenheit. Und außerdem: "Es gibt nur noch wenige Bereiche im Leben, die Türen haben, hinter denen man sich seine Träume bewahren kann. In der Liebe geht das, denken die Leute. Oft verlieben sie sich, um sich selber zu erhöhen. Eine Zeitlang träumen sie dann ungestraft. Früher wurden die Ehen gestiftet. Mir ist nicht bekannt, dass die Scheidungsrate höher war als jetzt. Eine Beziehung besteht vor allem aus klaren Worten und Organisation. Liebe ist so was wie Glück. Kein Dauer­zustand. Man empfindet es in Sekundenbruchteilen. Diese klare Verabredung mit Annette. Das wollte ich mal ausprobieren. Das Vertrauen ist in den Jahren gewachsen. Die Liebe auch."

Erinnerung. "Annette war von großem Misstrauen beseelt. Das größte Problem war, dass es keine Konto­aus­züge gab, von denen sie die Million ablesen konnte. Vor dem ersten Treffen musste ich ihr erst mal einen Scheck schicken, für Klamotten." Er hört nicht auf zu grinsen. "Die geht ja kess ran, dachte ich. Aber ich bin ja Unternehmer. Und dass man Werbung machen muss, hat mir eingeleuchtet."

Aber heute ist Annette finanziell vollkommen von ihm abhängig. Das kann doch keine gleich­berechtigte Beziehung geben? Klaus Zapf lehnt sich im Stuhl zurück. "Ich weiß nicht, ob sie abhängig ist. Wir haben einen vernünftig gehaltenen Ehevertag. Ich kann sie nicht raus­schmeißen. Sie hat einen Dauer­versorgungs­anspruch." Und er setzt hinzu: "Wenn das nicht geklärt wäre, würde das Ding doch gegen die Wand laufen."

Wie ist er zu dieser Einstellung gekommen?

"In meinem Beruf sehe ich hinter viele Türen. Man kann den anderen Menschen viel abgucken. Große Spinnereien können sich da gar nicht einstellen. Die meisten Beziehungen gehen wegen Geld in die Brüche."

Und seine Ehe mit Annette? Kann die nicht in die Brüche gehen? "Warum soll das kaputtgehen? Das geht so lange, bis ich sterbe. Klar gibt es Konflikte. Wir sind verschieden. Annette genießt gern und stellt sich dar. Ich arbeite lieber und habe zur Selbst­dar­stellung gar keine Lust. Man muss einander leben lassen, sonst würde man ja verzweifeln. Und ich finde es auch besser, wenn man sich ergänzt, als wenn man eine zu große Ähnlichkeit miteinander hat. Das erweitert den Horizont. Man gewinnt was dazu. Wir tauschen uns stark aus. So wächst das Verständnis füreinander. Und außerdem: Wenn Du keinen Humor hast, dann platzt Du doch. Annette kann sich wie ein Terrier in ein Thema verbeißen und lässt nicht locker. Und wenn ich dann engagiert meinen Standpunkt vertrete, dann sagt sie: "Siehst Du, Du schreist." Dann muss ich lachen."

Und wie ist nun das Kind auf die Welt gekommen? Das wollte er doch nicht? "Am Anfang habe ich nicht gesehen, wie ich das unter einen Hut kriegen sollte. Und Annette wollte ich erst noch besser kennenlernen. Mit der Zeit ist das Vertrauen aufgekommen. Da haben wir es eben gebacken. Annette hat es als Kind nicht immer gut gehabt. Unser Kind soll schöne Erfahrungen machen."

Jetzt muss er aber wieder arbeiten. Klaus Zapf dreht sich zum Schreibtisch um und greift nach dem Telefonhörer.

5.

Zurück zu Annette.

Die reicht die quietschende Alma an das Kinder­mädchen weiter und setzt sich noch mal hin. Nein, den Traummann, der sie vor dem Alltag rettet, hat sie nicht gesucht und das ewig währende Glück nicht gefunden. "Es ist nicht das Goldene vom Ei und auch nicht alles irre. Aber wir sind zufrieden."

– Frida-Magazin[2]

Scheidung

Ihren Mann fand Annette mit der irren Heiratsanzeige: "Suche Millionär". Die Offenheit gefiel Deutschlands bekanntestem Umzugs­unter­nehmer Klaus Zapf (60). Er heiratete sie, Glück mit Tochter Alma (12). Jetzt ist Zapfen­streich in der Millionärs-Ehe.

Kollegenstress hatte Lehrerin Annette (damals 24) vor 17 Jahren darauf gebracht, die Anzeige aufzugeben. Damit traf sie den Nerv des eigen­willigen Millionärs. Fürs erste Date verlangte sie "Kleidergeld". Er verbuchte es als "Werbungs­kosten". Schnell wurde geheiratet.

Da Annette nicht mehr arbeiten, aber Sicherheit haben wollte, garantierte ein Ehevertrag Versorgung. Klaus Zapf in einem Interview: "Die Alte wollte es so, weil sie sonst keinen Stand hat und keine Rechtssicherheit." Sie liebte das gefüllte Konto, die teure Wohnung, Urlaubs­reisen. Allerdings stets ohne ihn. Klar seine Vorstellung: Er arbeite, ihre Freizeit habe sie alleine zu gestalten. Hin und wieder nerve er sie schon, wenn er zu viel trinke, damit auch noch kokettiere, sagte sie. Doch trotz seines burschikosen Auftretens war sie sicher: "Es ist nicht das Gelbe vom Ei. Aber wir sind zufrieden." Klaus Zapf zärtlich: "Das Vertrauen ist in den Jahren gewachsen. Die Liebe auch." Zuversichtlich meinte er: "Das geht so lange, bis ich sterbe."

Nun nicht mehr. In der SZ sagte Klaus Zapf jetzt: "Ich bin geschieden." Inzwischen ist der ehemals propere, aber durchaus attraktive Mann mit grauen Kopf- und Bart­haaren vollständig zugewachsen. Die Gesundheit litt. Er erzählte, dass er einen Herzanfall hatte und nicht mehr trinken dürfe. Depressiv klingt es, wenn er zitiert wird: "Schönheit ist nicht meine Welt und sie macht nicht satt." Tragisch klingt seine Meinung über sich selbst: "Voll gescheitert." Trotz der vielen Millionen.

– Berliner Kurier[3]

Unternehmertum

Bart, Bauch, Brille, und von allem reichlich - den Mann kannte ganz Berlin. Und den wichtigsten Teil seiner Karriere auch: Vom links­radikalen Möbelpacker zum Multi­millionär, auch damit war er in der Stadt garantiert ein Unikum. Klaus Emil Heinrich Zapf sah meist aus wie ein Bedürftiger, sammelte Pfand­flaschen, nannte sich "Rentner" und ging nach dem Abschied von der Firma viele Jahre lang den Vorständen deutscher Aktien­gesell­schaften auf die Nerven. Am Mittwoch ist er, schon länger herzkrank, im Alter von 62 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.

Denkbar war eine solche Karriere vermutlich nur in Berlin. Denn Zapf, geboren im badischen Eppingen, kam Anfang der 70er Jahre aus einem weit verbreiteten Motiv in die Stadt: Er wollte dem Wehrdienst entgehen. Und alle, die mit ihm kamen, zogen andauernd um, gründeten neue WGs, besetzten leer­stehende Häuser und verließen sie wieder - ein enormes Potenzial für einen schlauen Möbel­packer. Zapf, der tief in die linke Szene eingetaucht war und Rudi Dutschke[wp] zu seinen Freunden zählte, schmiss das Jurastudium, machte sich 1975 mit einem klapprigen Ford Transit selbstständig und beschäftigte sich anfangs vor allem mit der Entrümpelung ehemals besetzter Häuser.

Der Fuhrpark wuchs, die Laster mit den gelb-blauen Planen wurden stadtbekannt. Die auffällige Weltkugel darauf klaute er beim Tagesspiegel, ersetzte das Motto "Rerum Cognoscere Causas" durch "Mens agitat molem", der Geist bewegt die Masse. Auf den gleichen Planen hieß es auch zeitgeist­konform, die Firma befinde sich "im Besitz der Belegschaft", was dann aber von der Belegschaft in zunehmendem Maße angezweifelt wurde und schließlich nach einem Rechtsstreit in die Worte "mit Belegschafts­beteiligung" umgewandelt wurde. Später fiel, die Fakten waren stärker, auch dieser Halbsatz.

Monopol bei linken Wohnungswechslern

Zapf galt vor allem als billig. Sein Glanzstück bestand darin, ein paar Sekunden durch die Wohnung zu laufen und aus dem Ärmel eine Summe zu nennen, die alle überraschend niedrig fanden. Doch er konnte rechnen und seine Firma wuchs auf dieser Basis zu einem der umsatz­stärksten deutschen Umzugs­unter­nehmen. Doch es war nicht nur der Preis: Wer seinen Umzug bei Zapf bestellte, der bekam keine dumpfen Muskelmänner, sondern Gleichgesinnte aus dem akademischen Milieu, Selbst­verwirklicher und Welt­reisende, mit denen man beim Tee oder Joint zwischendurch gehörig über die Umtriebe des kapitalistischen Systems räsonieren konnte - und je mehr sich das herumsprach, desto kräftiger wuchs das Monopol von Zapfs Firma bei linken Wohnungs­wechslern heran.

  • Klaus Zapf: Gründer eines legendären Berliner Unternehmens
  • 1975 gründet Klaus Zapf sein Umzugsunternehmen in Berlin.
  • Der aus dem badischen Eppingen stammende Jurastudent brach zuvor sein Studium an der Freien Universität Berlin ab.
  • Das Firmenlogo, eine blaue Weltkugel, ist nach Firmenangaben an das Logo des Tagesspiegels angelehnt: Das Motto "Rerum cognoscere causas" ersetzt der Firmengründer in der ersten Zeit durch "Mens agitat molem": "Der Geist bewegt die Masse".
  • Mit dem Fall der Mauer wächst der Umzugsmarkt in Berlin exponential. Auch Zapf profitiert von der Wiedervereinigung. Die Gruppe wächst weiter.
  • In ganz Berlin und später auch in weiteren deutschen Großstädten fahren die markanten gelben Umzugswagen mit der blauen Schrift.
  • Nach eigenen Angaben betreut das Unternehmen an 14 selbstständigen Standorten mit rund 600 Mitarbeitern mehr als 60.000 Kunden pro Jahr.
  • Am bekanntesten ist der Standort in Kreuzberg. Doch das Traditions­unter­nehmen könnte selbst bald Kisten packen müssen. Auf dem Gelände sollen Wohnhäuser entstehen.
  • Zapf war auch wegen seiner Sympathien für die linke Szene bekannt. Immer wieder tauchte er im Fernsehen als Gast in Talkshows auf
  • Als Referenz an Zapfs linkes Engagement muss wohl auch diese Lenin-Statue auf dem Firmengelände in der Köpenicker Straße angesehen werden.

Und schlau war er, der Zapf. Zwar machte ihm das Ende des DDR-Sozialismus ideologisch mächtige Bauchschmerzen, doch es tat nicht so weh, dass er die Gründung einer Filiale in Bonn versäumt hätte. Dort schätzte man später, dass er zwei Drittel des Regierungs­umzugs abgewickelt habe. Der Schweinestaat wurde zur Geldquelle, und Zapf immer noch reicher, der finanziell Erfolgreichste der alten linken Bourgeoisie West-Berlins. Doch äußerlich blieb er, wie er war, und fand seine zweite Frau, weil die eine Anzeige mit der Überschrift "Millionär gesucht" aufgegeben hatte. Mit dem Scheitern dieser Ehe schaffte er es zuletzt sogar in die Boulevard­presse.

Im neuen Jahrtausend zog er sich aus dem Umzugs­geschäft zurück und suchte sich ein ganz anderes Betätigungs­feld. Er gründete die "Pomoschnik Rabotajet GmbH", zu deutsch: "Der Helfer arbeitet". Deren Unternehmens­ziel war es, Aktien aufzukaufen, die Vorstände der betreffenden Gesellschaften systematisch mit Klagen gegen deren Beschlüsse zu überziehen und damit die Eintragungen ins Handels­register zu verzögern - ein einträgliches Geschäft, das ihm den Titel "Schrecken der Konzerne", aber auch ein Schadens­ersatz­urteil einbrachte. Er verklagte Altana, Senator, Axel Springer, Karmann und zahlreiche andere quer durch die deutsche Börsenelite, nannte das "Entertainment­zirkus" und stellte es als Versuch dar, den Wirtschafts­eliten ihre Grenzen zu zeigen. Begleitend servierte er in Interviews Sprüche wie "Es gibt so viele wachstums­gläubige Vollidioten".

Ironie, Sarkasmus oder tiefere Bedeutung? Man kam an ihn nicht so recht heran. Seine eigene Bilanz fiel bitter aus. "Voll gescheitert", sagte er vor kurzem über sich. Aber das kann natürlich auch wieder so ein Spruch gewesen sein.

– Tagesspiegel[1]

Einzelnachweise

Querverweise

Netzverweise