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Sansibar-Massaker

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Das Sansibar-Massaker fand vom 12. bis zum 19. Januar 1964 auf der damals Sansibar genannten Insel Unguja[wp] statt.

Massaker

Am 10. Dezember 1963 erlangten die Hauptinsel Unguja[wp] (mit damals 444.000 Einwohnern) und Pemba[wp] (314.000 Einwohner) die Unabhängigkeit von Großbritannien[wp]. Sansibar[wp] wurde als konstitutionelle Monarchie aus der Kolonial­herrschaft entlassen. Die politisch-ökonomische Führung des Landes hatten der Sultan[wp] und die arabische Minderheit sowie eine indische Hindu-Minderheit inne.[1] Die schwarz­afrikanische Mehrheits­bevölkerung, bestehend aus den Ethnien Banutu und Schirasi, bildeten die ländliche Arbeiterschaft.

Bereits am 12. Januar 1964 kam es nach dem durch John Okello[wp] angeführten erfolgreichen Staatsstreich[wp], zum Sansibar-Massaker. Der selbsternannte Feldmarschall und ehemalige Maurergeselle John Okello führte eine Gruppe von etwa 600 schwarz­afrikanischen Aufständischen an. Sie sollen im kommunistischen Ausland ausgebildet und mit Waffen aus tschechoslowakischer Produktion ausgerüstet gewesen sein. Die völlig überraschte Regierung hoffte vergeblich auf die Hilfe Großbritanniens, das aber nicht das Missfallen bei den anderen jungen afrikanischen Staaten wegen eines militärischen Eingriffs zugunsten einer von Arabern und Indern dominierten Regierung in einer ehemaligen, afrikanischen Kolonie hervorrufen wollte und nicht intervenierte. Sultan Jamsheed bin Abdullah, der Sohn des 1963 verstorbenen Abdullah bin Khalifa, floh während der Revolutions­wirren von der Insel. Okello gründete noch am gleichen Tag den Revolutionsrat, der Abeid Karume zum Präsidenten der neuen Volksrepublik von Sansibar und Pemba[wp] ernannte. Die Angaben über die Anzahl der Opfer in der Woche zwischen dem 12. und dem 19. Januar 1964 differieren stark. Nach britischen Schätzungen wurden 15.000 Menschen ermordet. Andere Studien kommen auf geringere Zahlen. Außerdem kam es zu nicht erfassten Übergriffen wie Vergewaltigungen, Plünderungen und Folterungen. Nach dem Massenmord wurden die Leichen der Opfer mit LKWs zur Kaimauer im heutigen Forodhani Garden gebracht und im Meer entsorgt. Die offizielle Lesart in Sansibar stellt die Revolution sehr beschönigend dar. Babu, der erste Außenminister des Revolutionsrates, behauptet, dass nur einige wenige Menschen ums Leben kamen, weil einige die sich durch den Putsch bietende Möglichkeit ausgenutzt hätten, um straffrei brutale Racheakte zu begehen. Die dafür Verantwortlichen seien vor ein Gericht gestellt und verurteilt worden. Das Trauma der Ausschreitungen wirkt bis in die Gegenwart nach, da das Thema bis heute tabuisiert wird und keine Aufarbeitung oder gar Aussöhnung stattgefunden hat. Noch heute kommt es zu spontanen Begegnungen von Tätern und Opfern im öffentlichen Raum. Besonders dramatisch an den Ereignissen war, dass die Grenzen zwischen den Parteien nicht eindeutig ethnisch oder religiös definierbar waren, sondern innerhalb von Familien und Bekanntschaften verliefen.[2][3]

Sansibar-Revolution

Nach der Sansibar-Revolution[wp], bei der das Sultanat[wp] gestürzt wurde, übernahm ein Revolutionsrat der muslimischen Afro-Shirazi Party[wp] (ASP) und der links­radikalen Umma Party[wp] die Rolle einer Interims­regierung und rief die Volksrepublik Sansibar und Pemba[wp] aus. Sultan Dschamschid ibn Abdullah[wp] war in den Revolutions­wirren aus dem Land geflohen. Die Leitung des Rats übernahm ASP-Chef Abeid Amani Karume[wp] als Präsident. Abdulrahman Mohamed Babu[wp] von der Umma Party wurde Außenminister. Beide waren vom Putsch durch Revolutions­führer John Okello[wp] überrascht worden und befanden sich zu dem Zeitpunkt in Tanganjika.[4][5] Als erstes verbannte die neue Regierung den Sultan und verbot die alten Regierungs­parteien Zanzibar Nationalist Party[wp] (ZNP) und Zanzibar and Pemba People's Party[wp] (ZPPP).[6]

Um sich vom unberechenbaren Okello zu distanzieren, entmachtete ihn Karume schrittweise. Okello durfte jedoch den sich selbst verliehenen Titel eines Feldmarschalls weiterhin führen.[4][5] Allerdings begannen Okellos Revolutionäre bald mit Vergeltungs­maßnahmen gegen die arabische und indische Bevölkerung von der Hauptinsel Unguja[wp]. Die Opfer wurden verprügelt, beraubt, vergewaltigt und ermordet.[4][5] Okello selbst erklärte in Radio­ansprachen, er habe Zehntausende "Feinde und Handlanger"[5] getötet oder inhaftiert, doch Schätzungen über die tatsächlichen Opferzahlen schwanken zwischen einigen Hundert und 20.000. Einige westliche Zeitungen schrieben von 2.000 bis 4.000 Toten.[7][8] Die höheren Zahlen könnten ihren Ursprung in Okellos Äußerungen und Meldungen einiger westlicher und arabischer Medien haben, die absichtsvoll übertrieben wurden.[5][9][10] Die Ermordung Gefangener arabischer Abstammung und ihre Beerdigung in einem Massengrab wurde durch ein italienisches Filmteam dokumentiert, das für den Film Africa Addio[wp] von einem Hubschrauber aus die Begebenheit filmte. Es ist das einzige Bilddokument zu diesen Morden.[11] Viele Araber flohen in den Oman[wp]. Europäer wurden auf Befehl Okellos nicht angegriffen.[4] Vor 1964 lebten auf Sansibar 230.000 "Festland-Afrikaner" und Schirazis[wp][12], 50.000 Araber und 20.000 Inder.[13][14]


Deutsche Übersetzung
Am 10. Dezember 1963 erhielt Sansibar[wp] seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich als konstitutionelle Monarchie unter dem Sultan. Dieser Zustand war von kurzer Dauer, da der Sultan und die demokratisch gewählte Regierung am 12. Januar 1964 in der Sansibar-Revolution unter der Führung von John Okello, einem ugandischen Bürger, der die Revolution mit seinen Anhängern auf der Insel organisiert und geleitet hat, gestürzt wurden. Scheich Abeid Amani Karume wurde zum Präsidenten der neu gegründeten Volksrepublik Sansibar und Pemba[wp] ernannt. Mehrere tausend ethnische Araber (5.000-12.000 Sansibars arabischer Abstammung) und indische Zivilisten wurden ermordet und Tausende weitere festgenommen oder ausgewiesen, ihr Eigentum entweder beschlagnahmt oder zerstört. Der Film Africa Addio[wp] dokumentiert die Gewalt und das Massaker an unbewaffneten ethnischen arabischen Zivilisten.
Englisches Original
On 10 December 1963, Zanzibar received its independence from the United Kingdom as a constitutional monarchy under the Sultan. This state of affairs was short-lived, as the Sultan and the democratically elected government were overthrown on 12 January 1964 in the Zanzibar Revolution[wp] led by John Okello, a Ugandan citizen who organized and led the revolution with his followers on the island. Sheikh Abeid Amani Karume was named president of the newly created People's Republic of Zanzibar and Pemba. Several thousand ethnic Arab (5,000-12,000 Zanzibaris of Arabic descent) and Indian civilians were murdered and thousands more detained or expelled, their property either confiscated or destroyed. The film Africa Addio documents the violence and massacre of unarmed ethnic Arab civilians.  - Englischsprachige Wikipedia [15]

Einzelnachweise

  1. Frank R. Pfetsch (Hrsg.): Konflikte seit 1945, Schwarzafrika. S. 96-97
  2. O. R. Mapuri: Zanzibar The 1964 Revolution: Achievements and Prospects. Nairobi 1996.
    A. M. Babu: The 1964 Revolution: Lumpen or Vanguard? Zanzibar under Colonial Rule. E. Ferguson und A. Sheriff (Hrsg.). London 1991, S. 220–247.
    D. Petterson: Revolution in Zanzibar. Boulder, 2002.
  3. Wikipedia: Sansibar-Archipel - Abschnitt "Erlangung der Unabhängigkeit und Revolution"
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Speller S. 7.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Parsons S. 107.
  6. Conley, Robert: Regime Banishes Sultan, New York Times, S. 4, 14. Januar 1964, abgerufen am 16. November 2008.
  7. Conley, Robert: Nationalism Is Viewed as Camouflage for Reds, New York Times, 19. Januar 1964, S. 1, abgerufen am 16. November 2008.
  8. Los Angeles Times: Slaughter in Zanzibar of Asians, Arabs Told, 20. Januar 1965, S. 4, abgerufen am 16. April 2009
  9. Plekhanov S. 91.
  10. Sheriff S. 241.
  11. Daly S. 42.
  12. Teile der ostafrikanischen Küsten­bevölkerung nennen sich "Schirazi".
  13. Speller S. 4.
  14. Wikipedia: Volksrepublik Sansibar und Pemba - Abschnitt "Geschichte"
  15. Wikipedia: History of Zanzibar - Abschnitt "Independence and revolution"

Netzverweise